Report zum id-Egoshooter

E3: Rage Report

Rage ist ein Ego-Shooter von id, aber gar nicht typisch: Wann in der id-Vergangenheit (außer im Doom-3-Intro) redeten NPCs mit dem Spieler, musste man nicht alles töten, was sich bewegte, war man in einer großen, offenen Welt unterwegs, fuhr halsbrecherisch mit Vehikeln? Wir haben das fantastisch aussehende Spiel auf der E3 erlebt.
Jörg Langer 18. Juni 2010 - 17:58 — vor 13 Jahren aktualisiert
PC 360 PS3
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Das obige Bild in 2560er Auflösung ansehen.

Schon der Bethesda-Stand an sich präsentierte sich eher wie eine Festung: In den von einem Fallout-New-Vegas-Screenshot inspirierten Stand (samt Dino!) führte nur ein Eingang. Der Rage-Vorführraum aber war nochmals extra gesichert, hier ohne vorherigen Termin hinein zu kommen, bedurfte schon größerer Anstrengungen. Aber wir haben es geschafft und eines der technisch beeindruckendsten Spiele der E3 gesehen -- wovon auch die in 2560er Auflösung anschaubaren Screenshots dieser Preview zeugen. Als erstes Spiel verwendet Rage John Carmacks neue id-Tech-5-Engine, und die soll auf allen Plattformen konstant mit 60 Bildern pro Sekunde laufen ("Nicht 60 und dann 58 und dann 59, 60. Die ganze Zeit."). Aber welchen spielerischen Eindruck machte die erste neue id-Marke seit mindestens zehn Jahren auf uns? Matt Hooper und Jason Kim von id präsentierten das Spiel rund 30 Minuten lang, und wir bekamen einiges zu sehen.

Hinter dieser streng bewachten Tür ("Du stehst nicht auf meiner Liste!") wartete die Rage-Präsentation.

Das Eden Project


Ein Asteroid saust auf die Erde zu, groß genug, um alles Leben darauf zu bedrohen. Die Regierungen der Welt ersinnen das Eden Project: Über den Planeten verteilt, werden Tausende von Überlebenskapseln tief im Erdboden vergraben, mit jeweils einem Dutzend Insassen. Nach dem Einschlag und den zu erwartendenden Nebeneffekten wie Springfluten und Co. sollen die Überlebenden dann herausklettern und die menschliche Zivilisation neu begründen. Klingt schon im Ansatz nicht gut, und klappt auch nicht so richtig: Als der Spieler aus seinem Pod krabbelt, ist schon viel Zeit vergangen, er sieht sich mitten in einem wenig heimeligen Wasteland, um ihn herum Mutanten und Banditen, und statt einem "Aufbau West" gibt es nur wenige Stützpunkte, in denen die Menschen jeden Tag aufs Neue gegen den Tod kämpfen. Zu allem Überdruss gibt es auch noch die "Authority" (Autorität), eine Science-Fiction-Fraktion, die womöglich etwas mit dem Asteroiden zu tun hatte.

Die ersten Spiel-Viertelstunden überspringen die Präsentatoren, hier werden wir im fertigen Spiel die Bedienung erlernen (nicht schwer, es handelt sich um einen Ego-Shooter) und die Welt um uns herum. Aber auf der E3 starten wir direkt vor der Hütte von Crazy Joe. Der Detailgrad der Welt ist erstaunlich, kein Meter Boden scheint dem anderen zu gleichen, die Hütte aus einzelnen Holzbalken gezimmert. Crazy Joe macht seinem Namen alle Ehre und zuckt beim Sprechen mächtig herum. Er erklärt uns, dass die Mutantenplage immer schlimmer werde, und dass die "Autoritäten" Experimente mit ihnen veranstalten. Zwischensequenzen soll es im Spiel nicht geben, erklärt dazu Matt Hooper: "Du bekommst deine Infos und Erklärungen zur Welt direkt von den Charakteren im Spiel." Außerdem reagieren die NPCs auf den Spieler. Zu Beginn tragen wir noch unser Project-Eden-Outfit, entsprechend werden wir als Fremder betrachtet. Nachdem wir einige Missionen erfüllt und uns anders ausstaffiert haben, wächst auch der uns entgegengebrachte Respekt, bis wir gegen Spielende fast schon als Held verehrt werden.

Als wir Crazy Joes Hütte verlassen, warten die ersten Banditen auf uns. Zum Glück sind wir bewaffnet, und schalten in klassischer Doom-Manier einen nach dem anderen aus. Ja, dabei geht es brutal zu, so köpfen wir den ersten mit einem geschleuderten Messer (es könnte auch ein aus Klingen bestehender Bumerang gewesen sein), und strecken dann die übrigen mit unserer Pistole blutig nieder. Ein Spiel, das mit Sicherheit auf eine "ab 18" in Deutschland zusteuert, das aber gleichzeitig nicht "grundlos brutal" wirkt (wie manch anderes Spiel auf der E3) -- Mutanten greifen uns an? Dann töten wir sie, auf welche Weise das auch immer möglich ist.

Vehikel als wichtiger Spielbestandteil


Vehikel spielen eine große Rolle in Rage, es gibt sie als Buggys, Jeeps mit Allradantrieb, als halbe rollende Festungen. Sie sie dienen der Überbrückung größerer Distanzen in der weiten, offenen Spielwelt. Es gibt Kämpfe zwischen Vehikeln und Wettrennen und oft wird sich beides nicht klar voneinander trennen lassen. Die anfänglichen Aufgaben, erst mal zu einem eigenen Buggy zu kommen, überspringen die Präsentatoren, statt dessen steigen wir als nächstes in einen Buggy, der bereits mit einem doppelten MG am Überrollkäfig ausgestattet ist. Damit brettern wir nun über die karge Landschaft und schießen mehrere Banditen nieder, die auch in Vehikeln unterwegs sind. Im tatsächlichen Spiel wird das umso befriedigender wirken, da wir in dieser Gegend zunächst unbewaffnet umhergefahren sind. Es handelt sich aber nicht um einen dedizierten "Fahr-Level", wie es beispielsweise Castlevania Lords of Shadow mit den Reitsequenzen macht; wir können jederzeit den Buggy anhalten und aussteigen. Das macht Jason Kim auch, um einen Raketenwerfer zu zücken und einen Aussichtsturm der Banditen zu zerstören. Danach geht die wilde Fahrt weiter, zum vermutlich größten Ort des Spiels, Wellspring.

Wellspring wirkt irgendwie unpassend in einem id-Spiel, denn es ist voll von Leuten, die wir nicht umbringen sollen. Es erinnert vielmehr an eine mittelgroße Fallout-3-Stadt, voll mit Leben, ansprechbaren NPCs und dem einen oder anderen Händler. "Täuscht euch nicht, Rage wird ein waschechter Egoshooter", wirft Matt Hooper ein. Aber eben einer mit Open-World-Flair, auch wenn die jeweils nächste Aufgabe immer sonnenklar sein soll. Wellspring sieht sehr glaubwürdig aus, es mixt Westernelemente mit zarten Asien-Einsprengseln, allerdings in einem realistischeren Stil als das in dieser Beziehung ähnliche Red Steel 2. Der Detailgrad der Engine zeigt sich an vielen Kleinigkeiten, seien es die Wandtexturen oder die Gesichter der Passanten. Wir kommen an einigen Spielern vorbei, die sich mit einem Hologramm-Brettspiel vergnügen -- ein Hinweis auf die fremde Macht, die auf die Erde gekommen ist und ihre Technologie mitgebracht hat? Wir können mitspielen: Ein Sheriff steht in der Mitte des Feldes, aus den vier Diagonalen kommen Banditen auf ihn zu, er muss sie abwehren.

Unser Buggy (den wir beim Fahren tatsächlich von hinten sehen, zu Fuß sind wir in Egoperspektive unterwegs) ist bereits mit zwei MGs ausgerüstet. (Bitte aufs Bild mittelklicken, um es in 2560er Auflösung zu sehen!)

Olphas 26 Spiele-Kenner - - 66921 - 18. Juni 2010 - 19:00 #

Die neue Engine sieht, vor allem auch in Videos, einfach unfassbar gut aus. Und das Spiel an sich klingt auch sehr vielversprechend. Ich freu mich drauf!

Corthalion 16 Übertalent - 4865 - 18. Juni 2010 - 19:09 #

Der Grafikstil erinnert mich ein wenig an Borderlands. Ich hoffe aber, dass Rage actionreicher und - ja, anders wird als Borderlands. Das Spiel nämlich fand ich ziemlich langweilig.

Bernd Wener 19 Megatalent - 14832 - 18. Juni 2010 - 21:00 #

Das klingt alles viel zu gut, um wahr zu sein. Relativ eigenständiges Szenario, phänomenale Grafik und leichte Openworld-Anleihen. Ich bin tierisch gespannt auf das Game.

Shawn 13 Koop-Gamer - 1456 - 18. Juni 2010 - 21:31 #

Musste schmunzeln beim Lesen Deines Beitrags. - Hatte genau den gleichen Gedanken. Also hoffen wir gemeinsam, dass es schön genug ist, um doch wahr zu sein! ;-)

@Jörg: Natürlich bist Du ein echter, erfahrener und professioneller Redakteur, welcher nicht auf Lob angewiesen ist. Aber bitte lass Dir dennoch von einem Deiner Leser sagen, dass dieser Artikel mal wieder super geschrieben ist und sich wirklich herrlich liest! - Danke dafür. :-)

John of Gaunt 27 Spiele-Experte - 78508 - 19. Juni 2010 - 0:04 #

Eine wirklich beeindruckende Grafik, sieht ganz ausgezeichnet aus. Und das spielerische klingt auch sehr vielversprechend. Ich bin gespannt.

NanoBurn 11 Forenversteher - 565 - 19. Juni 2010 - 7:11 #

Danke für diesen genialen Bericht. Endlich mal wieder ein paar Neuigkeiten in Sachen Rage. Schade das nicht erwähnt wurde, in wie weit Rage der Mod-Community entgegen kommen wird. Egal, ich kann es kaum noch erwarten endlich wieder ein Spiel der Uhrväter des Genres zu zocken.

Sokar 24 Trolljäger - - 48422 - 20. Juni 2010 - 12:02 #

In einem Interview wurde bereits vor einiger Zeit gesagt, dass Rage wahrscheinlich ohne Mod-Tools erscheinen wird. Die Begründung war, dass selbst das erstellen von Levels so komplex ist, dass es Hobby-Modder überfordern würde - eine etwas fadenscheinige Begründung, ihmo. Mal sehen ob sich da noch was tut, 100% sicher hat es sich zumindest mal nicht angehört - außerdem weis id, wie wichtig die Mod-Community ist - ohne die würden viele ihrer Spiele heut sicher nicht mehr gespielt werden.

Ich freue mich trotzdem auf das Spiel. Bisher macht es für mich den Eindruck, dass es klassische id-Tugenden wie die Grafik und die Action mit neuen Spielelementen gut vermischt. Doom3 und Quake4 waren keine schlechten Spielen, aber eben sehr klassich ausgelegt, wenn id so weiter gemacht hätte währen sie wohl untergegangen. Rage schlägt imho den richtigen Weg ein, neue Elemente in das Spiel reinzubringen, ohne alles über den Haufen zu werfen. Ich freu mich schon drauf, schade nur dass es erst nächstes Jahr rauskommt =/

TattooZett 09 Triple-Talent - 231 - 19. Juni 2010 - 11:29 #

Könnte man sagen, Rage ist so ähnlich wie Borderlands, nur mit vernünftiger Grafik? ;-) Freu mich nämlich schon ziemlich auf das Spiel und Borderlands war da schon ein guter Zeitvertreib während der Warterei...

Jörg Langer Chefredakteur - P - 470398 - 20. Juni 2010 - 21:45 #

Nee, gar nicht. Das Szenario ist ernsthaft, die Grafik realistisch. Und während Borderlands im Prinzip ein Action-Rollenspiel ist, handelt es sich bei Rage um einen Egoshooter als Hauptgenre.

TattooZett 09 Triple-Talent - 231 - 21. Juni 2010 - 12:37 #

Ich hab mich glaub ich falsch ausgedrückt...ich meinte damit lediglich, ob es ähnlich ist vom Prinzip Open World, Science Fiction Szenario auf nem entfernten Planeten usw.? Nur dann eben als Ego-Shooter und ernsthaft. Borderlands ist ja mehr ein abgedrehter, spielbarer Rollenspiel-Comic. Das ging mir bei Borderlands eh gewaltig auf den Senkel, das man die Waffenupgrades bzw. die guten Waffen immer nur per Zufall bekommen hat.

Earl iGrey 16 Übertalent - 5093 - 23. Juni 2010 - 18:57 #

Das ist doch ein Fallout-Paralleluniversum. Ist das Unkreativ?

SUB ZER0 10 Kommunikator - 525 - 27. Juni 2010 - 11:12 #

Ich hoffe mal ernsthaft das das Spiel für die 360 gut programmiert wurde und so aussieht wie auf den Screenshots. Ich fände es schade wenn man als Konsolenspieler dem PC gegenüber grafisch das Nachsehen hätte. Die Unreal Engine hat ja gezeigt das dies nicht sein muß.