Konservativer Hüpftraum

Giana Sisters: Twisted Dreams Test

Tim Gross 29. März 2013 - 17:47 — vor 10 Jahren aktualisiert
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Herauszufinden, wie ihr die Bossgegner besiegen könnt, ist nicht schwer. Die praktische Umsetzung hingegen schon.
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Abwechslung hui, Umfang pfui?So viel Abwechslung wie in Giana Sisters bekommen Spieler selten geboten: Mal rennt ihr durch wunderschön ausgeleuchtete Höhlen, mal erkundet ihr steinige Burgruinen. Dann geht es auch schon in ein kunterbuntes Waldgebiet mit riesigen Pilzen, bevor ihr wenig später bedrohliche Unterwasserpassagen meistern müsst. Eine modrige Sumpflandschaft wartet mit fiesen Fallen auf, in den Piratenlevels geht es nicht nur unter Wasser richtig rund. Steile Schneeklippen wollen erklommen werden und, und, und. Dass man sich an den vielen Landschaften kaum satt sehen kann, liegt auch daran, dass die Welt zum Bersten voll ist mit Details. Immer und überall bewegt sich etwas im Hintergrund, staunt man über die Ideen der Entwickler. Wundert euch also nicht, wenn ohne erkennbaren Grund ein riesiger Drache vor euch auftaucht, der mit nonchalantem Schulterzucken ein Mädchen verspeist und im Anschluss einfach abhaut. Insbesondere der Wechsel von einer Welt in die andere hat es uns angetan. Genauso wie wir damals in Half-Life 2 aus Spaß an der Freude stundenlang mit der Physik herumspielten, wechseln wir in Twisted Dreams ohne zwingenden Grund von einer Welt in die andere. Einfach, weil das alles so hübsch aussieht, so flüssig animiert ist.
 
Der Umfang geht für uns allerdings nur halbwegs in Ordnung. Euch erwarten drei Welten mit insgesamt 23 Levels. Klingt nach viel, ist es aber nicht – zumindest nicht für jeden Spielertypen. Wer einfach einmal schnell durch das Spiel rennen mag, kann das tun und Giana Sisters nach maximal zwei Tagen in die Ecke legen. Wer hingegen gerne jeden noch so kleinen Winkel erkundet oder auch noch den letzten Kristall einsammeln möchte (diese benötigt ihr, um die Bosslevel freizuschalten), der kann deutlich länger Spaß an Giana Sisters haben. Zumal ihr weitere Spielmodi freischaltet, beispielsweise den Time-Attack-Modus. Bei Score-Attack hingegen solltet ihr möglichst alle Kristalle einsammeln und so viele Gegner wie machbar bezwingen. Für die Spieler, denen Twisted Dreams noch nicht schwer genug ist (mehr dazu im nächsten Absatz), gibt es außerdem zwei Hardcore-Spielmodi. Bei der ersten Variante werdet ihr bei einem virtuellen Tod zurück an den Levelanfang gesetzt. Bei der zweiten Variante hingegen verfügt ihr nur über ein Leben. Für das gesamte Spiel, wohlgemerkt.

Schwer aber fair – meistens
Das Original
Nicht nur japanische Unternehmen können tolle Jump-and-Runs entwickeln, wie Time Warp Productions 1987 mit The Great Giana Sisters bewies. Ihr C64-Abenteuer zeigte, dass man mit zwei Schwestern genauso viel Spaß haben kann wie mit zwei Klempner-Brüdern. Das liegt allerdings nicht zuletzt daran, dass ihr Spiel sehr starke Ähnlichkeiten zu Super Mario von Nintendo hatte. Tatsächlich war der erste Level mehr oder minder eine direkte Kopie des ersten Levels aus Super Mario Bros. Time Warp war sich der Nähe zum Italo-Hüpfer durchaus bewusst, denn auf der in Großbritannien erschienenen Ladenversion hieß es fast schon dreist: "The Brothers are History!" Eine klare Kampfansage. Der Streit mit Nintendo ließ nicht lange auf sich warten, ließ The Great Giana Sisters alsbald wieder aus den Läden verschwinden – trug aber sicher auch zum heutigen Kultstatus bei.
Sieht aus wie Mario, spielt sich wie Mario: Das Original Giana Sisters. (Mit freundlicher Genehmigung von MobyGames)
Wir würden euch ehrlich gesagt nicht wirklich zum Hardcore-Spielmodus raten (Masochisten ausgenommen), denn Giana Sisters: Twisted Dreams ist auch so schon ziemlich anspruchsvoll. Lasst euch nicht von unserem für Kinder geeigneten First15-Video täuschen, nach relativ kurzer Zeit zieht der Schwierigkeitsgrad erstaunlich an. Das lässt sich in etwa mit jemanden vergleichen, der zum ersten Mal einen Quentin-Tarantino-Film schaut und sich wundert, wenn nach einigen ausufernden Dialogen plötzlich das Blut bis an die Decke spritzt. Keine Angst, so brutal geht es in der Welt der beiden Schwestern nicht zu. Gewalt tut ihr höchstens eurem Gamepad an, wenn ihr an einer besonders kniffligen Stelle festhängt, die euch (was nicht selten passiert) millimetergenaue Sprünge abverlangt. Gerade in den drei Bosskämpfen kommt es auf höchste Präzision an.

Wo wir gerade bei den Endgegnern sind: Es ist keine Kunst, herauszufinden, wie ihr die Kerlchen besiegt. Die Kunst ist zumeist die praktische Umsetzung, denn das Spiel kommt euch vom Schwierigkeitsgrad auch dann nicht entgegen, wenn ihr bereits 50 Mal elendig verreckt seid. Wer nicht zu einem gewissen Grad frustresistent ist, sollte sich einen langen Abend mit den ungleichen Schwestern nochmal überlegen. Wer hingegen Super Meat Boy mit geschlossenen Augen und zwei Händen auf dem Rücken durchbringt, sollte keine Probleme haben. Sei noch erwähnt, dass der Schwierigkeitsgrad zwar fast exponentiell schnell ansteigt, es aber einige spätere Levels gibt, die im Vergleich lachhaft einfach sind.
 
Für Giana Sisters spricht bei aller Herausforderung die Steuerung, denn die ist unglaublich präzise. Nach kürzester Eingewöhnungszeit vollführt ihr die Sprünge genau so, wie ihr sie haben wollt. Auch auf dem PC lassen sich die beiden jungen Hüpfer gut steuern. Wer die Möglichkeit hat, sollte dennoch zum Gamepad greifen. Neben der Steuerung und der hübschen Grafik sind es die vielen Speicherpunkte, die den Frustfaktor einigermaßen im Zaum halten. Die meiste Zeit über sind die Checkpoints fair gesetzt, auch wenn es die eine oder andere Stelle gibt, bei der wir uns einen zusätzlichen gewünscht hätten. Aber das ist Meckern auf hohem Niveau, ein Jump-and-run muss eben auch fordernd sein. Sonst macht das Ganze doch nur halb so viel Spaß (Achievement Unlocked: Durchhalteparolen).
Immer mal wieder wird auch euer Hirn gefordert. Hier bekommt ihr es mit beweglichen Kisten zu tun, die je nach Welt hoch oder runter fahren. Findet ihr den Weg nach draußen?
Jörg Langer Chefredakteur - P - 469837 - 29. März 2013 - 18:00 #

Viel Spaß beim Lesen!

Tassadar 17 Shapeshifter - 8161 - 31. März 2013 - 2:44 #

Auch auf dem PC lassen sich die beiden jungen Hüpfer gut steuern. Wer die Möglichkeit hat, sollte dennoch zum Gamepad greifen. -> Diese Aussage ergibt so keinen Sinn. Im ersten Satz wird (zum wiederholten Male bei GamersGlobal) PC automatisch = nur Tastatur bzw. kein Gamepad gesetzt, obwohl das nun wirklich völlig überholt ist, um dann zu sagen, dass man möglichst ein Gamepad benutzen sollte. Warum steht da nicht einfach "Auch mit der Tastatur lassen sich die beiden..." ?

The Eidolon (unregistriert) 29. März 2013 - 18:55 #

Ist es nicht so dass Giana die einzige spielbare Figur ist die ihre entführte Schwester zu retten versucht?

Ernie (unregistriert) 29. März 2013 - 19:23 #

Gute Frage, ich habe das immer so gesehen das Giana und Maria in dem Blauen Wirbel, sozusagen im Traum verschmelzen und die Talente der beiden verschiedenen Schwestern nötig sind um aus der Welt es Drachen zu enkommen.
Das was der Drache da am anfang verschluckt, sieht jedenfalls nicht nach Maria aus.

The Eidolon (unregistriert) 29. März 2013 - 20:18 #

http://www.kickstarter.com/projects/project-giana/project-giana?ref=search

Hier ist die Rede von Punk Giana und Cute Giana.
Also dürfte es recht eindeutig sein dass es im Spiel keine spielbare Maria gibt.

Tim Gross 20 Gold-Gamer - 24171 - 30. März 2013 - 9:42 #

Stimmt, das war ein Denkfehler meinerseits, weil im Intro beide Schwestern in den Strudel gezogen werden.

Kenner der Episoden 20 Gold-Gamer - 22195 - 30. März 2013 - 15:06 #

Ich habe das bisher eher metaphorisch gesehen. Giana transformiert ihren Albtraum und sichselbst, um die Hindernisse im Traum leichter überwinden zu können. ;)

1000dinge 17 Shapeshifter - P - 8818 - 29. März 2013 - 20:29 #

Kein Spiel für mich, aber es sieht wirklich extrem gut aus und spielt sich gut (habs angespielt).

cdr_tofino (unregistriert) 29. März 2013 - 21:39 #

Fand die Demo auf der Xbox 360 auch OK, aber die 1.200 Points sind mir momentan noch zuviel. Aber es kommt bestimmte der nächste Sale auf Xbox Live.

DerUnbekannte (unregistriert) 29. März 2013 - 22:07 #

Ist wirklich ein schönes Spiel geworden. Und irgendwie ironisch, dass der damals rotzfreche Mario-Klon heute in Sachen Ideenreichtum und Liebe den Klempner ganz schön an die Wand spielt.

Baran 12 Trollwächter - 826 - 30. März 2013 - 0:16 #

Diese Aussage kann ich nur nachvollziehen, wenn du dich auf die 2D-Marios beziehst.

DerUnbekannte (unregistriert) 30. März 2013 - 11:00 #

Bezieht sich natürlich nur auf die New Super Mario Bros Reihe. ;)

Warwick (unregistriert) 30. März 2013 - 10:12 #

Wie ein anderer User schon sagte: auf die 2D-Marios bezogen mag das ja stimmen, ansonsten spielt GS:TD meiner Meinung nach mehrere Ligen unter den Mario-Qualitäten.

Bei mir war die Luft beim Spielen von GS:TD ganz schnell raus. Am Anfang konnte mich die Grafik und das Wechsel-Feature noch begeistern, aber später fehlt es dem Spiel an Abwechslung, die Level wirken generisch und der Steuerung fehlt der Präzisionsfeinschliff.

Mein aktueller 2D-JnR-König ist immer noch DKCR, welches auch hier zurecht einen sehr guten Test und eine sehr gute Note bekommen hat.

DerUnbekannte (unregistriert) 30. März 2013 - 11:24 #

Gerade die von dir genannten Negativpunkte sehe ich eher bei den aktuellen 2D Marios (und ja, ich meine in der Tat nur die 2D Spiele).
Giana empfinde ich im Gegensatz zu Mario (und besonders DK) sehr exakt in ihrer Steuerung und das freiere Erforschen der Level fühlt sich mitsamt der kleinen Puzzles zumindest abwechslungsreicher an. Eine Ideen-Wundertüte wie DKCR ist es vom Levelaufbau natürlich nicht ganz, hat dafür aber eigene Stärken.

Ach ja, noch ein Wort zum ansonsten gelungenen Review: Der Negativpunkt mit der fehlenden Story und der flachen Charakterzeichnung ist doch wohl ein Witz. Oder bin ich wirklich der einzige, der lieber gar keine Story hat, als irgendwelche Alibi-Handlungen, die nur Zeit verschwenden? Auf "Bowser hat Peach in einen Kuchen gestopft und sie samt diesem entführt" verzichte ich jedenfalls liebend gerne und komme dafür direkt ins Spiel. ;)

Tim Gross 20 Gold-Gamer - 24171 - 30. März 2013 - 14:23 #

Der Negativpunkt ist kein Witz. Mir ist eine Geschichte wichtig, und ich bin der Meinung, dass man eine solche auch in einem Jump-and-Run umsetzen kann. Trine 2 habe ich als gutes Beispiel dafür genannt, auch wenn man die beiden Spiele nur bedingt miteinander vergleichen kann. Aber wie im Test auch steht, ist das kein schwerwiegender Kritikpunkt, eben weil es sich um ein Jump-and-Run handelt :)

Tassadar 17 Shapeshifter - 8161 - 31. März 2013 - 2:46 #

Wurde denn jemals ein Mario-Spiel wegen seiner Hintergrundgeschichte hier kritisiert? Denn mehr Inhalt als die von Giana Sisters (also quasi Null) hat die auch nicht.

Tim Gross 20 Gold-Gamer - 24171 - 30. März 2013 - 11:26 #

Dass die Level generisch wirken, kann ich so nicht unterschreiben. Es gibt ein paar Versatzstücke, die sich wiederholen, okay, aber für mich ist das alles liebevoll gestaltet. Mag vielleicht Geschmackssache sein, aber die Steuerung als unpräzise zu bezeichnen, ist für mich nicht nachzuvollziehen. Oder spielst du am PC mit Tastatur?

Tassadar 17 Shapeshifter - 8161 - 31. März 2013 - 2:29 #

Habe am PC (mit Gamepad) noch keine präzisere Steuerung in einem Jump'n'Run erlebt. Besser geht es in der Beziehung eigentlich nicht.

Bahamut 13 Koop-Gamer - 1598 - 30. März 2013 - 3:46 #

Gutes Spiel, aber warum kommt der Test dazu jetzt erst?

Jörg Langer Chefredakteur - P - 469837 - 30. März 2013 - 22:38 #

Im Oktober hatten wir keine Kapazität frei, und jetzt war ein guter Anlass wegen der neuen Xbox-360-Fassung und der PC-Sammleredition, mit der Twisted Dreams erstmals auch im Handel erhältlich ist.

SirDalamar (unregistriert) 30. März 2013 - 6:55 #

Exzellente Arbeit, Herr Gross. Sie sind ein Meister des geschriebenen Wortes! Chapeau, chapeau!

Tim Gross 20 Gold-Gamer - 24171 - 30. März 2013 - 14:24 #

Ich werd ja ganz rot. Aber eine Frage: Hast du getrunken?^^

SirDalamar (unregistriert) 30. März 2013 - 21:16 #

Nicht mehr als sonst.

Karpfenkrapfen (unregistriert) 30. März 2013 - 17:07 #

Hallo, nachdem mein vorheriger Kommentar hier irgendwie vom Sytem geschluckt wurde:

Also erstmal: Klasse Test zu einem schönen Spiel. Endlich mal wieder ein gutes J&R auch für PC. Super Meat Boy war nett, aber mir nachher doch zu schwer und eben doch sehr retro.

Tim Gross 20 Gold-Gamer - 24171 - 30. März 2013 - 18:44 #

Dein Kommentar wurde nicht geschluckt, ich hab mich schlicht verklickt :-)

Lipo 14 Komm-Experte - 2226 - 31. März 2013 - 10:29 #

Habe es mir für die 360 gegönnt =)

SaRaHk 16 Übertalent - 5249 - 2. April 2013 - 20:59 #

Woah,ihr seid spät dranne mit dem Test, GG. Hätte ich mir schon viel früher mal gewünscht - stattdessen musste ich mich mit so Seiten wie C-Bild zufrieden geben. :/ (immerhin hat der Fränkel den Test geschrieben, wenigstens etwas)

Tim Gross 20 Gold-Gamer - 24171 - 2. April 2013 - 21:04 #

Spät? Quatsch, gerade rechtzeitig zum Erscheinen der Sammeledition und der Veröffentlichung auf 360 und Co. Ist doch logisch ... :)

Kenner der Episoden 20 Gold-Gamer - 22195 - 3. April 2013 - 13:12 #

Och, besser spät als nie. Immerhin hat das Spiel es heute morgen sogar ins Leverkusener Lokalradio geschafft. ;)

Doc Bobo 18 Doppel-Voter - 9079 - 3. April 2013 - 15:48 #

Ich muss auch sagen dass es schwer, aber meist fair zugeht, jeglicher Mangel an Konzentration jedoch sofort tödlich endet (was auf die Dauer halt etwas anstrengend und wenig spaßig ist...). Einige Passagen kann man nicht auf Anhieb schaffen, da müsste man schon hellsehen und einen Level "auswendig lernen" zu müssen, halte ich für eher schwaches Leveldesign, als im positiven Sinne "herausfordernd" zu sein. Dennoch will ich es 1x durchspielen, denn irgendwie will man es dann doch schaffen, von daher macht der Titel schon einiges richtiges.
BTW: Bin ja definitiv ein Chris H. Fan (Apidya, Jim Power etc..) , aber soooo gelungen finde ich den Soundtrack ehrlich gesagt nicht, dafür hört sich irgendwie alles zu ähnlich an, aber das ist ggf. auch nur Geschmackssache.

Tim Gross 20 Gold-Gamer - 24171 - 4. April 2013 - 11:41 #

Musik ist immer Geschmackssache und lässt sich in so einem Test natürlich nicht wirklich objektiv bewerten. Zumindest kann man nicht abstreiten, dass die Übergänge zwischen den Welten beim Sound sagenhaft gelöst sind.

Doc Bobo 18 Doppel-Voter - 9079 - 4. April 2013 - 15:00 #

Da bin ich 100% bei Dir, das ist super gemacht!

immerwütend 22 Motivator - 31893 - 15. April 2014 - 13:25 #

Ich fürchte, dafür bin ich zu alt... die Reaktion lässt halt nach :-/