2K-Games-Präsident im Gespräch

Interview mit Christoph Hartmann Interview

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Mafia 2 soll an den Erfolg seines Vorgängers anknüpfen, der besonders mit seiner Geschichte glänzen konnte.

GamersGlobal:  Jetzt mal ehrlich, wäre es nicht schön, sich den ganzen Aufwand und das Risiko bei Core Games zu sparen?

 

Christoph Hartmann: Die Casual Games sind natürlich eine Versuchung für Publisher, denn erstens generiert man mit ihnen schnelle Umsätze, und zweitens ist das Risiko geringer. Und falls es mal klappt und ein Spiel ein Hit wird, dann ist der Profit größer. Wenn sich Firmen aber nur darauf konzentrieren, werden sie langfristig keine Innovationen schaffen, weder technisch noch bei den Inhalten. Marktwachstum kommt aus der Weiterentwicklung der Technologie. Wie viele Wii-Spiele, die alle gleich aussehen und das Gleiche machen, kann ich denn haben in einem Markt? Außerdem ist es mein Job bei einem börsennotierten Unternehmen, Shareholder Value zu schaffen. Und was sind Werte? Die großen IPs wie GTA und Gears of War und Halo! Am Ende machen solche Titel 80 Prozent des Firmenwerts aus! Eine Firma wie Bethesda, die nur zwei Serien hat – Elder Scrolls und jetzt Fallout 3 – hat doch zehnmal mehr Value als irgendwer, der 15 Pony-Spiele und Kochbücher herausbringt.


GamersGlobal: Der Firmenwert von Take 2 hat sich ungefähr halbiert, seit die Führungsriege im Sommer das Kaufangebot von Electronic Arts ausgeschlagen hat. Überhaupt waren die letzten anderthalb Jahre sehr turbulent für Ihre Mutterfirma...


Christoph Hartmann: Halt, ich bin Präsident eines Labels, nicht von Take 2. Ich persönlich hätte aber keinerlei Interesse an einer Übernahme durch EA. Die Freiheit, um Spiele wie Bioshock zu machen – die hätte ich bei EA nicht! Ideen klappen mal, und mal klappen sie nicht, aber es einfach probieren zu können, das geht nur in einem Umfeld wie dem unsrigen. Take 2 hat langfristig Riesenvorteile gegenüber den anderen Publishern! Die Produkte stehen bei uns immer im Vordergrund, die Firma ist immer noch schmal in ihrer Struktur. Klar, die Börse schreibt am liebsten darüber, wer die meiste Anzahl von Bleistiften verkauft, und sie verstehen nicht, dass das Games-Business anders funktioniert. Aber Bleistift-Firmen wachsen auch nicht um 10 Prozent im Jahr, und sie haben auch keine große Zukunft. Ich schaue eigentlich nicht mehr auf den Börsenkurs, denn der geht zurzeit bei allen Firmen so rauf- und runter, dass er nicht mehr den Firmenwert ausdrückt. Man muss sich ja nur die Kurssprünge der VW-Aktie anschauen. Eines weiß ich: Die beste Garantie für unsere Firma, unabhängig zu bleiben, sind großartige Produkte, keine langweiligen Sequels. Und das ist die Mission für 2K Games.

Laut Aussage Hartmanns muss man neue Franchises auf drei Teile auslegen. Können Fans schon mit Mafia 3 rechnen?

GamersGlobal: Macht 2K Games etwa keine Sequels? Was ist mit Bioshock 2, Mafia 2...


Christoph Hartmann: Ich habe nichts gegen Sequels an sich, im Gegenteil: Heutzutage muss man eine neue Franchise von vornherein auf drei Teile auslegen, das rechnet sich sonst nicht. Aber bei einem Nicht-Sportspiel jedes Jahr einen Teil herauszubringen, das kann nicht funktionieren.

GamersGlobal: Hat aus deiner Sicht eine der Firstpartys ein Interesse daran, in den nächsten vier Jahren eine neue Konsole herauszubringen?

Der Lebenszyklus dieser Konsolengeneration wird der längste sein

Christoph Hartmann: Eher nicht. Die Entwicklungskosten für die aktuelle Hardware waren bereits sehr hoch und werden für die nächste Generation nochmals viel höher sein, und das gleiche würde für die Spiele gelten. Und die haben sich bereits verdreifacht im Vergleich zur letzten Generation! Ich kann momentan nicht sagen, wie ein Geschäft überhaupt noch möglich wäre, wenn die Kosten nochmals derart steigen würden. Der Lebenszyklus der aktuellen Konsolengeneration wird der längste sein, den wir jemals gesehen haben, einfach aus wirtschaftlichen Gründen.

GamersGlobal: Wie wirkt sich die Finanzkrise auf die Spielebranche aus?

Christoph Hartmann: Normalerweise sagt man, dass die Unterhaltungsindustrie in einer Rezession anzieht. Ich glaube, dass sich die guten Spiele noch besser verkaufen werden, und die schlechteren Spiele schlechter. Wir müssen also noch mehr auf die Qualität achten. Gleichzeitig wird der Preisdruck stärker, auch bei Triple-A-Titeln. Aber insgesamt wird die Finanzkrise auf unsere Branche längst nicht so starke Auswirkungen haben wie etwa auf die Automobilbranche.

GamersGlobal: Was passiert mit der E3? Sie soll Anfang Juni ja wieder groß und prächtig werden, nachdem sie zwei Jahre lang eher ein Mauerblümchendasein gefristet hat.


Christoph Hartmann: Wenn man Aufmerksamkeit will, muss man auch Lärm machen! 2009 kommen noch mehr gute Spiele raus als 2008, alle Publisher haben also etwas vorzuzeigen. Die E3 kann eine hochattraktive Messe werden. Die GC hat mir immer sehr gut gefallen, doch sie hat nie den weltweiten Durchbruch geschafft, sie blieb ein deutscher oder europäischer Event. Wenn nun die E3 zurückkommen sollte – und das glaube ich! –, wird sich das auf die gamescom auswirken. Wir sind eine globale Industrie, deren Herz nun mal in Amerika schlägt.
Jörg Langer (GamersGlobal)
Tim Gross 12. Mai 2009 - 16:15 — vor 14 Jahren aktualisiert
knurd 14 Komm-Experte - 2089 - 18. Mai 2009 - 21:05 #

Schönes Interview. Wären doch alle Spieler wie Metalfans. :D

Joulupukki 10 Kommunikator - 396 - 18. Mai 2009 - 21:09 #

schönes Interview!

Ohne klugscheißen zu wollen weise ich jedoch mal wieder daraufhin,dass es "Der zweite Teil wird im Oktober dieseS Jahres erwartet" lauten muss. :D

Jörg Langer Chefredakteur - P - 470265 - 18. Mai 2009 - 22:31 #

Korrigiert!

Dennis Ziesecke 21 AAA-Gamer - 30866 - 18. Mai 2009 - 21:18 #

Gutes Interview, sympatisch wirkender Interviewpartner und gut gewählte Fragen :) .. Besonders der Vergleich mit der Musikindustrie gefällt mir.

Wi5in 15 Kenner - 3332 - 19. Mai 2009 - 21:26 #

mir auch :)

Stefan Schmitt 12 Trollwächter - 1009 - 18. Mai 2009 - 22:35 #

Klingt nach einer Lobhymne auf seinen Arbeitgeber. Hoffentlich sieht er das in 5 Jahren auch noch so. Irgendwie konnte er mich nicht wirklich überzeugen.

hoschi 13 Koop-Gamer - 1631 - 18. Mai 2009 - 23:24 #

schönes Interview. Vor allem die leicht kritisch angehauchten Fragen gefallen mir.

Name 19. Mai 2009 - 9:08 #

Wie kann man mehrfach Bioshock erwähnen und dann kein einziges Wort über DRM verlieren? Dieser Mann scheint doch der Hauptverantwortliche zu sein.
Oder hat er von vornherein klargestellt, daß er sich zu DRM nicht äußern wird?