Von dieser Position aus haben wir die perfekte Übersicht, ohne selbst sofort entdeckt zu werden.

 

... aha! Mit einem gezielten Schuss auf die Granate können wir gleich mehrere Gegner auf einmal ausschalten.

Um es mittelbegabten Schützen nicht allzu schwer zu machen, zeigt auf "einfach" ein kleiner roter Punkt neben dem Fadenkreuz an, wo die Kugel unter den aktuellen Bedingungen wirklich einschlägt. Besonders gut gelungen ist hier der mittlere Schwierigkeitsgrad, bei dem diese praktische Hilfe erst nach einigen Sekunden eingeblendet wird. Wer will, kann sich also auch auf “normal” ganz auf seine eigene Einschätzung verlassen. Auf dem höchsten Schwierigkeitsgrad, den wir euch der Herausforderung wegen stark ans Herz legen, fällt die Hilfe ganz weg. Dann müsst ihr zwangsweise die Windanzeige genauso im Auge behalten wie die Entfernung zum Ziel. Aufgepasst: Den Schwierigkeitsgrad könnt ihr während einer Mission nicht mehr verändern.

Wir müssen wohl kaum erwähnen, dass ihr zielgenauer seid, wenn ihr in die Hocke geht oder euch hinlegt. Dann gilt es nur noch, zur rechten Zeit per Shift-Taste den Atem anzuhalten, und das Ziel ist schon so gut wie getroffen. Sehr schön: Im Gegensatz zum Vorgänger durchschlagen die Projektile nicht nur Fensterscheiben, sondern auch Holz und dünne Wände. Gut für uns, schlecht für die Gegner, denn dadurch werden auch Doppelkills möglich. Aber warum immer einzelnen Feinden eine Kugel verpassen? Viel spaßiger ist doch folgendes Szenario: Ganz nah an eine Gruppe von Feinden heranzoomen und nach am Gürtel hängenden Granaten Ausschau halten. Das Ergebnis eines sehr präzisen Schusses könnt ihr euch selbst ausmalen.
 
Die meiste Zeit über seid ihr übrigens zu zweit unterwegs, denn ein Scharfschütze ist nur so gut wie sein Spotter. Dieser hilfreiche KI-Kamerad behält die Umgebung genau im Auge und markiert Feinde mit seinem Fernglas. Das ist realistisch, außerdem gibt es gelegentlich auch mal einen netten Dialog zu hören. So hilfreich der Spotter aber auch ist, zuweilen waren wir von dessen Können geradezu enttäuscht. Nicht etwa, weil er seinen Job nicht gut machen würde. Nein, vielmehr, weil er seinen Job zu gut macht. Denn der Begleiter gibt euch in der Solo-Kampagne quasi die ganze Zeit genau vor, wann ihr welchen Gegner ins Visier nehmen sollt. So werdet ihr nur selten gefordert, eigene Taktiken zu entwickeln und selbst zu entscheiden, in welcher Reihenfolge ihr die Lichter der Gegner ausknipst. Ein Koop-Modus fehlt übrigens.

Abwechslung gibt es in Ghost Warrior 2 kaum. Hier dürfen wir zwar eine Kamera statt einem Gewehr bedienen, einen großen Unterschied macht das aber nicht.

 
Alles so eng hierIhr habt es auf den Bildern bestimmt schon gesehen. In Sniper – Ghost Warrior 2 gibt es einige recht weitläufige Dschungellandschaften samt einladenden Sandstränden. Die verwendete CryEngine 3 ist für die Darstellung offener Welten durchaus bekannt ist, man denke ans erste Far Cry oder ans erste Crysis. Dumm nur, dass sich Ghost Warrior 2 mit diesen Spielen in keiner Weise vergleichen lässt! Die Scharfschützen-Welt ist extrem linear aufgebaut und lässt uns kaum Möglichkeiten, optionale Wege einzuschlagen und unser Vorgehen selbst zu planen. Hier hätten die Entwickler mit ein wenig Mut weitläufige Levels entwerfen und uns unterschiedliche Schusspositionen geben müssen. In der aktuellen Form sehen wir nur eine große Welt, die wir aufgrund unlogischer künstlicher Grenzen kaum erkunden dürfen. Auf diese Weise geht auch der Wiederspielwert verloren, zumal es sich auch nicht lohnt, die wenigen optionalen Pfade zu erkunden. Abgesehen von ein paar Geheimnissen, die euch nichts bringen, findet ihr maximal einen Verbandskasten oder Munition. Als ob wir jemals einen Mangel an Kugeln gehabt hätten ...
 
In der linearen Welt wird euch auch nur wenig Abwechslung geboten, was bei einer Scharfschützen-Simulation aber weniger schwer wiegt als bei anderen Spielen. Dennoch wiederholen sich die Abläufe ein wenig zu häufig. Wir schleichen von A nach B, schießen Gegner aus der Entfernung nieder, eskortieren gelegentlich einen Trupp Soldaten. An einer Stelle dürfen wir auch mal Bildmaterial mit der Kamera beschaffen, was im Endeffekt aber sehr nah an der Sniper-Erfahrung dran ist: zoomen, günstigen Moment abwarten, abdrücken. Weiterhin gibt es die obligatorische Szene, in der wir gefangen genommen werden und kurzzeitig ohne Ausrüstung zurechtkommen müssen. Trotz des bekannten Szenarios gefällt uns dieser Abschnitt besonders gut, da wir hier eine zeitlang ganz allein unterwegs sind und nicht alles vorgekaut bekommen. Ebenfalls nett ist die Flucht aus einer einstürzenden Höhle, was man in ähnlicher Form aber schon in vielen Shootern erlebt hat; echte Überraschungen erwarten euch also nicht.

Und dennoch: Den bekannten Ansätzen zum Trotz ist Sniper 2 fast durchweg spannend und spaßig. Warum? Weil die fehlende Abwechslung kaum auffällt. Das ist die gute Nachricht. Die schlechte ist, dass das hauptsächlich an der extrem kurzen Spielzeit liegt. Gerade mal fünf Stunden haben wir benötigt, um den Abspann über den Bildschirm flimmern zu sehen. Selbst auf dem höchsten Schwierigkeitsgrad werdet ihr kaum mehr als sieben Stunden für die Kampagne benötigen.

Weitläufige Landschaften sollen die lineare Realität von Sniper 2 vertuschen, die eher dieser Brücke ähnelt.