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Nicht erst seit
Minecraft sind Indie-Spiele groß angesagt. Heerscharen von Spielern erfreuen sich an den Kreationen von eher unbekannten Entwicklern. Denn die besseren von ihnen bieten, was den meisten Vollpreisspielen abgeht: neue Ideen und einen klaren Vorrang des Spielprinzips vor der Präsentation. Damit ernten sie nicht nur Sympathie bei den Käufern, die laut eigener Aussage die Nase voll haben von Mainstream-Shootern und Co., sondern erschaffen gelegentlich sogar kleine Meisterwerke, die weltweit Bekanntheit erlangen. Dazu zählen beispielsweise herzerwärmende Geschichten wie
To the Moon (
GG-Test), herausfordernde Frustfallen à la
Super Meat Boy und sicher auch das schleimig-schöne
World of Goo. Die Macher des letztgenannten Türmchenbauers wollen mit ihrem neuen Werk (und ihrem neuen Studio) nun an alte Erfolge anknüpfen. Dafür rühren sie auch kräftig die Indie-Werbetrommel und betonen, dass
Little Inferno zu 100 Prozent indie sei, programmiert von lediglich drei Typen, komplett ohne Büro, Publisher oder irgendwelche Finanzierungen. Ob dabei erneut ein kleines Meisterwerk herausgekommen ist? Lest selbst.
Zündel-Entertainment
"Herzlichen Glückwunsch zu deinem neuen Little Inferno Entertainment Kamin!" So in etwa werdet ihr von Little Inferno begrüßt. Das zentrale Spielelement, die Feuerstelle, stammt von der Tomorrow Corporation – übrigens auch der Name des Entwickler-Teams – und steht in so ziemlich jedem virtuellen Haushalt, auch in eurem. Und was macht man mit so einem Kamin? Richtig, hier wird ordentlich gezündelt und allerlei Zeugs verbrannt. Damit ist der Großteil des Indie-Titels auch schon erklärt, denn tatsächlich schaut ihr 95 Prozent der Spielzeit auf euren großzügig geschnittenen Kamin und klickt herum. Warum klicken? Weil überall dort, wo ihr die linke Maustaste betätigt, Flammen entstehen, die alles verbrennen, was nicht niet- und nagelfest ist – und eigentlich auch das, was niet- und nagelfest ist. Dabei handelt es sich natürlich nicht um gewöhnliche Holzscheite, sondern hauptsächlich Spielzeug aller Art. Von einfachen Puppen wie Piraten über bunte Bauklötze bis hin zu ferngesteuerten Autos ist alles dabei, was man in einem gut sortierten Kinderzimmer erwartet. Darüber hinaus gibt es auch jede Menge ungewöhnliche Gegenstände wie eine Internet-Cloud, Miniraketen, Spinneneier und sogar Himmelskörper wie den Mond oder eine kleine Sonne. Oder anders ausgedrückt: Es gibt nichts, was es nicht gibt.
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Little Inferno, wie ihr es die meiste Zeit über seht: Ihr starrt auf euren Kamin, platziert dort Gegenstände und verbrennt sie. |
Jedes verbrannte Spielzeug erzeugt – aus welchen Gründen auch immer – Geld, das ihr in neue Gegenstände investiert. Die Items wählt ihr aus insgesamt sieben Katalogen, die ihr nach und nach freischaltet. Ein Katalog enthält stets 20 Gegenstände, nach Adam Riese (der eigentlich Adam Ries heißt) stehen euch also 140 Items zur Verfügung. Diese haben ganz unterschiedliche Eigenschaften und reagieren entsprechend aufeinander. Trockeneis etwa gefriert andere Items bei Berührung und der Spielzeug-Öltanker verspritzt Öl beim Verbrennen. Ihr verfügt also über ganz schön viele Gegenstände, die auf wenige Inventarplätze verteilt werden wollen. Zu Beginn sind das lediglich vier Slots, die sich mit dem nötigen Kleingeld erweitern lassen. Nach dem Kauf steht euch das Spielzeug aber nicht sofort zur Verfügung, sondern muss erst geliefert werden, was zwischen zehn Sekunden und drei Minuten in Anspruch nimmt, je nachdem, wie teuer der gewählte Gegenstand ist. Mit Briefmarken, die ihr beim Verbrennen freischaltet, könnt ihr die Lieferung beschleunigen. Dass Little Inferno dabei auf Zeitlimits, Punkte und Bewertungen verzichtet, stört überhaupt nicht. Schließlich geht es nur darum, uns „warmzuhalten im Leuchten unseres High Definition Entertainment Produkts“, um Miss Nancy zu zitieren, die Geschäftsführerin der Tomorrow Corporation.
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Sieben Kataloge mit thematischen Ausrichtungen wie hier Videospielen gibt es freizuschalten. |
Fahrrad + Pirat = Neuer Katalog
Keine Punkte, kein Zeitlimit. Klingt, als könntet ihr in Little Inferno gar nichts erreichen. Stimmt aber nicht, schließlich gilt es, die sieben Kataloge freizuschalten. Dafür müsst ihr zunächst alle Gegenstände des vorigen Katalogs mindestens einmal erstanden haben. Das geht schnell und quasi automatisch, weil ihr fast immer über genügend Geld verfügt und sehen wollt, was wohl das nächste Item beim Verbrennen so macht. Doch das simple Anzünden von Zeugs genügt nicht. Für den zweiten Katalog müsst ihr zusätzlich mindestens drei Kombinationen gefunden haben, also bestimmte Gegenstände gemeinsam zu Asche verarbeiten. Für den dritten Katalog benötigt ihr bereits acht Kombos und für die späteren selbstverständlich noch mehr. Einige der Kombinationen, die ihr über ein Menü einsehen könnt, erhaltet ihr durch einfaches Herumprobieren. Für die meisten müsst ihr allerdings etwas nachdenken. Einziger Hinweis ist der Name der Kombination, angezeigt im erwähnten Menü.
Aber Vorsicht, nicht alle Kombos haben eindeutige Titel wie „Fahrrad-Piraten-Kombo“. Bei der „Filmabend-Kombo“ etwa verbrennt ihr einen Fernseher zusammen mit Mais, der bei Hitze zu leckerem Popcorn wird. Was sich aber hinter Namen wie „Flugzeugmodus“ oder „Gehirne Ahoy HIYA“ verbirgt, müsst ihr selbst herausfinden. Maximal drei Gegenstände werden für die Kombos gemeinsam verbrannt, aber ihr dürft aus Spaß auch sieben oder mehr Items in Flammen aufgehen lassen. Die Suche nach den insgesamt 99 Kombinationen ist lustig und motivierend, frustet aber gelegentlich auch. Etwa wenn euch für den nächsten Katalog nur noch eine Kombo fehlt und ihr partout nicht darauf kommt, was das Spiel von euch will. Ein mehrstufiges Hilfesystem wie in den
Professor-
Layton-Spielen hätte Abhilfe geschafft; vielleicht hättet ihr die Hinweise mit den kostbaren Briefmarken freischalten können, um den Schwierigkeitsgrad hoch zu halten. Sei’s drum, ungeduldige Spieler recherchieren ohnehin online, wenn sie eine Lösung suchen.
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Die Story wird entweder durch Videos (zu sehen im Teaserbild) oder das Einblenden charmanter bis gruseliger Nachrichten vorangetrieben. |
Geschichte mit Herz
Sachen verbrennen. Fast nichts anderes gibt es in Little Inferno zu tun, und dennoch erzählt es eine berührende Geschichte. Alle paar Minuten erhalten wir Briefe von einer gewissen Sugar Plumps, die sich als unsere Nachbarin entpuppt. Auch sie verfügt über einen Little-Inferno-Kamin und liebt nichts mehr, als Dinge zu verbrennen. Ihre Nachrichten sind nicht nur gefüllt mit Rechtschreib- und Grammatikfehlern, sondern allen voran mit Witz und Charme. Zu Beginn sind ihre Briefe belanglos, gelegentlich dürfen wir ihr zur Abwechslung einen Gegenstand schicken. Doch mit der Zeit werden ihre Texte nachdenklicher. Nach etwa einer halben Stunde Spielzeit fragt sich Sugar Plumps das erste Mal, wieso alle Leute ständig neue Sachen kaufen, nur um sie zu verbrennen. Und warum erhält man eigentlich Geld dafür? Kann das ewig so weitergehen? Stimmt hier irgendetwas nicht?
Nun, dass irgendetwas nicht stimmt, so viel steht fest. Das zeigt schon ein Produktvideo des Little Inferno, das die Hintergründe ein wenig beleuchtet. Denn draußen schneit es. Nicht etwa erst seit ein paar Tagen, sondern solange sich die Menschen zurückerinnern können. Die Welt wird immer kälter, weshalb wir alle vor dem Kamin sitzen und uns warm halten. Eine düstere Stimme erklärt einem Kind in dem Video, dass er schön brav weiterzündeln und keine Fragen stellen soll. Gruselig. Obwohl es in der Welt offensichtlich nicht zum Besten steht, schaffen es die Menschen einfach nicht, sich vom Kamin abzuwenden, und sei es nur, um den Kopf um 180 Grad zu drehen. Auch wir, wie Sugar Plumps, fragen uns bald, was wohl über dem Schornstein sein mag. Gerade die tolle Musikuntermalung beim Lesen der Briefe kreiert eine ganz eigene, dichte Atmosphäre. Und schon bald ist es nicht mehr die Suche nach Kombinationen, sondern die Geschichte, die uns zum Weiterspielen motiviert. Dafür werden wir am Ende auch mit einer spieltechnisch gänzlich anderen, wenn auch kurzen Sequenz belohnt, die zumindest uns richtig ans Herz ging. Mehr wollen wir hier aber nicht verraten.
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Die vielen Gegenstände reagieren oft auf die unterschiedlichsten Arten miteinander und sorgen teils für ansehnliche, bunte Effekte. |
Fazit: Indie, wie man es sich wünscht
Little Inferno ist eine ungewöhnliche Mischung aus Puzzle-, Sandbox- und Abenteuerspiel. Eigentlich müsste man von mangelnder Abwechslung sprechen, doch uns hat das Zündeln geradezu vor den Monitor gefesselt. Wie reagiert wohl die Internet-Cloud mit den Spam-Nachrichten? Was passiert, wenn man den Mond samt Anziehungskraft ansteckt und eine kleine Atombombe dazu wirft? Wer braucht schon eine Bedienungsanleitung, die kann man doch verbrennen! Das Herumprobieren mit den Items macht einfach Spaß. Und dann fehlt nur noch eine Kombination, um den nächsten Katalog mit neuen Gegenständen freizuschalten. Nebenbei freuen wir uns über viele Anspielungen auf andere Indie-Spiele wie
Plants vs. Zombies und
Super Meat Boy, deren Charaktere genauso sicher sind wie herkömmliche Holzpuppen – gar nicht. Das Ganze sieht dabei auch noch super und stilsicher aus, ohne grafisch besonders aufwendig zu sein. Das verrät bereits die Downloadgröße von unter 200 MB.
Little Inferno hat Stil. Es ist genauso witzig wie absurd, stellenweise gruselig, jederzeit kreativ und regt sogar zum Nachdenken an. Parallelen von der Welt in Little Inferno zu unserer sind geradezu offensichtlich, nur dass wir in der Realität eher auf Bildschirme statt in einen Kamin starren. Die Geschichte geht
ans Herz und hat mehr zu bieten, als man eingangs denkt. Gleichzeitig ist Little Inferno nach vier bis fünf Stunden auch schon vorbei und hat so gut wie keinen Wiederspielwert. Little Inferno wird nicht jedem gefallen. Wir können uns vorstellen, dass viele gar kein wirkliches Spiel in dem Indie-Titel sehen. Dennoch sprechen wir eine Kaufempfehlung aus, zumindest an die Spieler, die ungewöhnliche Ideen mögen. Little Inferno ist einfach anders und hat uns klasse unterhalten. Wer das nicht mag oder nachvollziehen kann, möge diesen Kurztest ausdrucken und einfach verbrennen.
Vielen dank für den Test, jetzt verstehe ich endlich warum es da geht. Klingt zumindest für mich schon irgendwie spannend...
Ich hatte mal einen Trailer vom Spiel gesehen und nicht ganz verstanden, um was es darin denn nun gehen soll? Aber nach diesem Test ist es mir klar und der macht mich wirklich neugierig auf den Titel...
Ich hatte das auf Steam gesehen und mir das Video dazu angeschaut, danach aber keine Ahnung gehabt, was das eigentlich alles soll. Nach dem Lesen dieses Tests klingt es aber plötzlich doch ziemlich interessant.
der test klingt für meine ohren wie ein werbetext - im positiven sinne. ich sollte mich viell. doch mal ein bisschen mehr im indiebereich informieren^^
Klingt spannend und der Preis geht auch okay.
Schöner Text. Kleine Korrektur: Little Inferno ist nur von einem der beiden World-of-Goo-Macher (und noch zwei anderen), der andere hat damit nicht zu tun.
Grade gekauft ^^danke für den Kurztest
Danke für den kleinen Test ;)
Schöner Test, macht echt Lust auf das Spiel (was ein bisschen wie dieses Müll-Crash/Verbrennungs-Spiel klingt, nur mit Story statt Highscore-Jagd). Aber eine Frage bleibt offen - kann man zwischendurch speichern bzw. gibt es feste Speicherpunkte? Oder muss ich in einem Rutsch durchspielen oder...?
Du hast 3 Speicherstände und das Spiel speichert automatisch.
So ist es :-) Und nach dem Beenden der Story kannst du auch weiterspielen, um alle Kombinationen freizuschalten.
Sehr schöner Test :)
drollig ^^
Die Grafik ist ja ganz nett :D
Als ich das auf Steam gesehen hab, dachte ich nur: wtf??? Aber nach eurem Test bin ich ehrlich gesagt sehr interessiert. Werd ich mir holen, wenns etwas preiswerter ist.
Ich warte auf die Android-Version, hab ich da auch mal was zum Zocken.
Unglaublich, dass Leute für so etwas Geld ausgeben.
ich finde es viel unglaublicher, dass leute für WoW immer noch geld ausgeben.
so verschieden sind die geschmäcker.
WoW ist auch überhaupt nicht mein Fall, aber da gibt es immerhin noch so etwas wie ein Spielprinzip. Das hier ist dagegen einfach nur absurd.
Bei diesem Spiel merkt man, dass sich die Entwickler eher um das Spiel als um die anschließende Verteilung desselben unter den Menschen gekümmert haben....das Spiel ist toll und ein Kleinod für sich, aber unter dem Trailer und/oder diversen Screenshots kann man sich leider überhaupt nichts vorstellen -.-
Schöner Test :D
macht süchtig.