Tim Gross bemäkelt Harry Potter:

Mach's mal anders, Harry Meinung

Lizenzspiele haben wahrlich kein leichtes Dasein, genießen sie doch einen zweifelhaften Ruf in der Spielergemeinde. GamersGlobal-Redakteur Tim Gross beschäftigt sich in seiner Kolumne mit einer der todgenudelsten Lizenzserien, dessen Original er innig liebt: Harry Potter.
Jörg Langer 1. August 2009 - 19:56 — vor 14 Jahren aktualisiert
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Harry Potter ist ein Phänomen. Ob man die Filme und vor allem Bücher liebt oder hasst, sie gehen weg wie warme Semmeln. Im letzten Jahr wurde gar die 400-Millionen-Marke-geknackt. Verkaufte Bücher, nicht Umsatz, der ist viel, viel größer! In 67 Sprachen wurden die Schinken übersetzt. Demnächst wird es sogar einen Harry-Potter-Theme-Park geben. Joanne K. Rowling hat es geschafft,  junge wie alte Leser zu begeistern. Die Community ist unglaublich riesig und begeistert sich für alles, was mit ihrer Lieblingsfigur in Verbindung steht.

EAs Versoftung: Bieder und langweilig

Nur, diese Millionen bekommen kein tolles Spiel!
Electronic Arts findet also eine wartende Kundschaft von Millionen vor, die sich auch für ein tolles Spiel begeistern würde. Nur, diese Millionen bekommen kein tolles Spiel! Trotz partieller Highlights ist die Videospiele-Umsetzung bieder und langweilig. Was gäbe es schöneres, als selbst einmal in die Zauberschule zu gehen, sich die riesige Bibliothek mit der Verbotenen Abteilung anzusehen, Hagrid zu besuchen, im großen Saal Frühstück zu sich zu nehmen, im Gemeinschaftsraum des eigenen Hauses vor dem Kamin im Sessel zu sitzen, Zauberschach spielen, vielleicht sogar der Maulenden Myrte einen Besuch in ihrer Toilette abstatten. Es gibt so viel zu tun, so viel zu entdecken! Schließlich darf auch der spannende Unterricht nicht vernachlässigt werden, und in der Freizeit kann man sich am Quidditch versuchen. Und das ist erst der Anfang, schließlich gibt es mehr als nur die Schule. Warum nicht die Winkelgasse, die Einkaufsstraße für Zauberer, besuchen? Oder wie wäre es mit einem heißen Butterbier im Dorf Hogsmeade; hier kann man auch gleich bei der Heulenden Hütte vorbeischauen, sie vielleicht sogar betreten. 

Doch auch im kürzlich erschienen neuesten Teil der EA-Spieleumsetzung, Harry Potter und der Halbblutprinz (GamersGlobal-Note: 6.0) blieb dieses Potenzial mal wieder ungenutzt -- Armins nicht gerade begeistertem Test kann ich leider nicht grundsätzlich widersprechen. Klar, Hogwarts ist auch im Spiel immer groß geraten und es gibt Geheimnisse zu entdecken, so wirklich lebendig wirkt das alles aber nicht. Und dann finden erwartungsvolle Spieler Unstimmigkeiten und Fleißaufgaben vor. Das mag genug sein für Casual Gamer, die nicht wissen, was Spiele können. Aber, hallo, es dürfte auch Millionen "echte" Computerspieler geben, die gleichzeitig Harr Potter mögen! Was für einen Spaß könnten diese Cracks mit einem qualitativ hochwertigen Spiel haben! Und weil ich nicht mehr ertragen kann, als Harry-Potter-Leser und Spielefan immer nur so einen Mist vorgesetzt zu bekommen, folgt nun ganz kostenlos für EA eine Idee, wie man es besser machen könnte.
 
Das Harry Potter MMO

Richtig gelesen, und jetzt Gedanken drüber machen! Harry Potter ist ein derart geeignetes Universum für ein Onlinerollenspiel, dass sich die Frage aufdrängt, warum es sowas in der boomenden Zeit der Onlinespiele noch nicht gibt. Gehen wir mal der Reihe nach: Tims Harry Potter MMO (Arbeitstitel) bietet eine riesige, frei begehbare Welt, in der immer wieder bekannte Orte liegen. Die Schüler werden auf vier Häuser aufgeteilt, Gryffindor, Ravenclaw, Hufflepuff und Slytherin, die alle um den Hauspokal ringen. Für genügend Konkurrenz wäre also gesorgt, schließlich verdient jeder Spieler Punkte für sein Haus durch das Erledigen von Aufgaben. Und davon warten etliche auf die Spieler, etwa mit Hagrid in den Verbotenen Wald gehen oder Zaubertränke mixen. Auch für Gegner wird durch diverse magische Kreaturen gesorgt, die sogar im Unterricht vorkommen können, etwa Gnome, Hinkepanks oder gar Irrwichte (Gestaltwandler). Letztere nehmen jeweils die Form dessen an, wovor der Spieler am meisten Angst hat. Das könnte beispielsweise ein Erzfeind sein, den man bei der Charaktererstellung auswählt.

Auch tägliche Special Events sind dank dem Zaubersport Quidditch ohne weiteres möglich. Man kann im Duellierclub, den es ja auch in Harry Potter und der Halbblutprinz gibt, mit anderen Spielern kämpfen; sogar PvP-Schlachtfelder sind denkbar. Und wie sieht es aus mit Story-Events? Da man ein einfacher Schüler ist, kann man durchaus auch in die Hauptfiguren Harry, Ron und Hermine rennen, oder sie sogar passiv unterstützen. Denn natürlich würde im Hintergrund der Böse lauern, dessen Namen wir nicht aussprechen dürfen! Es gibt so viele Möglichkeiten, dieses riesige Universum in ein gutes Spiel umzusetzen, und gemeinsam mit Millionen verrückter Fans zu erleben. Man könnte wie in den Büchern Altersstufen erklimmen, und nicht nur Levels. Eigene Zaubersprüche mit einem Modul-System erfinden. Lustige Süßigkeiten backen, die Spezialfertigkeiten geben -- oder ihren Verkoster in Unannehmlichkeiten bringen. Und und und. Vor allem: Bei einem guten Spiel werden auch Harry-Potter-Abgeneigte (und auch die gibt es, und auch die zählen viele Milliionen) einmal reinschnuppern. Schließlich beherbergt auch Azeroth nicht nur Fantasy-Fans.
 
Die Marke ist groß und wichtig genug!
Das ist nur ein Vorschlag für ein einziges Spiel. Viele der Ideen ließen sich mit Sicherheit in einem Singeplayer-Titel umsetzen, der uns einmal nicht mit seiner spielerischen Schlichtheit oder technischen Altbackenheit belästigt. Trotzdem sieht man sofort das große Potential, und wie ärmlich es bislang genutzt wurde. Das gilt auch für viele andere Lizenztitel, denkt nur an Terminator - Die Erlösung (GamersGlobal-Note: 3.0). Aber mir geht's hier um Harry. Und da im nächsten Jahr mindestens zwei neue Potter-Spiele kommen dürften (Buch 7 wird auf zwei Filme aufgeteilt), wünsche ich mir für eines davon eine vernünftige Umsetzung! Mit neuen Ideen und auch einer besseren Technik. Die Marke ist groß und wichtig genug! Das sollte den Entwicklern auch größere Ideen erlauben als nur den nächsten Engine-Wiederverwertungs-Klon. Riskante Ideen zahlen sich oft aus. Also: Mach's mal anders, Harry!

Euer Tim Gross (GamersGlobal)


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