Thomas Schmitz 28. November 2020 - 9:00 — vor 3 Jahren aktualisiert
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Vor dem Spiel kann ich per Gestikulieren die gewünschte Marschrichtung bestimmen. Nicht immer ist die Auswirkung klar ersichtlich.
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Vertragsverhandlungen und Jugendtrainer
Und wie spielt sich der FM21 sonst? Ganz ehrlich: So, wie man es erwartet hätte. Wie eingangs schon beschrieben, kann ich einfach alles im Verein an mich reißen und jede Vertragsverhandlung führen, jeden Scoutingauftrag vergeben, jeden Transfer abschließen und mich auch noch um die Aufstellung der vereinseigenen U19 kümmern. Ich habe ja sonst nichts zu tun. Aber wozu habe ich denn dieses ganze foule, pardon, faule Gesindel, das bei mir im Vereinsheim rumlümmelt?
Also soll der Sportdirektor sich gefälligst um Verträge und Transfers kümmern, der Chefscout nach einem Transfermeeting, das ich mit dem Vorstand und dem Sportdirektor abhalte, selbstständig nach Verstärkungen suchen und der Jugendtrainer den Nachwuchs hochpäppeln. Dumm nur: Das klappt nicht immer optimal. Schon in der 2019er-Version hatte ich manchmal erstaunt zur Kenntnis genommen, für welche Graupen sich mein Sportdirektor interessiert. Das ist leider auch beim FM21 nicht unbedingt besser geworden. Kurz vor Schließung des Transferfensters verfiel mein Mitarbeiter in einen wahren Kaufrausch von untalentierten Nachwuchskräften, die noch nicht mal in meiner U19 einen Stammplatz bekamen. Also muss ich doch wieder ran!
Was mich aber am meisten ärgert, ist das User-Interface. Damit meine ich nicht die vereinzelt auftretenden Bugs (ich hatte beim Test zwar keinen einzigen Absturz, aber kleinere Fehler; so funktioniert der Einzelansprachenbutton in den Halbzeitpausen nicht richtig). Ich meine die Anordnung von Fenstern und Co. Vielleicht liegt es auch am großen Monitor, dass ich oft nach Informationen suchen musste. Nehmen wir die Pressekonferenzen: Ich klicke erst unten am Bildschirm, dann wandern die Augen nach oben zu den Fragen der Journalisten. Meine Antworten stehen wieder unten, ich wähle eine aus, dann lese ich oben die Reaktion. Ganz oft habe ich das Gefühl, das hätte man besser lösen können.
Während einer Pressekonferenz haben wir immer diverse Antwortmöglichkeiten auf die Fragen der Journalisten.
Echte Liebe
Okay, wer bis hierhin durchgehalten hat, könnte meinen, dass ich mehr Kritik äußere als so mancher TV-Experte und keinen Spaß mit dem FM21 hatte. Das Gegenteil ist der Fall – ganz so wie bei einer Prognose von Dietmar Hamann. Der Football Manager 2021 ist in seiner neuesten Inkarnation das Nonplusultra für Managerfans – und das nicht etwa nur mangels Alternativen (irgendwann kommt ja ein neues Anstoss). In Sachen Komplexität bleibe ich aber bei meiner Aussage von vor zwei Jahren: Das Spiel ist ein Monster. Kein gruseliges, auch wenn es manchmal so ausschaut, sondern eines, mit dem man eigentlich den Rest seines Lebens (oder das Jahr bis zur nächsten Version) verbringen möchte.
Kein Fußballmanager hat jemals so ausschweifend und umfangreich simuliert, was hinter den Kulissen eines Vereins passiert. Jede meiner Entscheidungen ist nachvollziehbar. Jede taktische Variante wird auf dem Rasen umgesetzt. Wenn etwas schief läuft, kann ich davon ausgehen, dass ich als Cheftrainer irgendwo Mist gebaut habe. Meine Spieler verletzen sich reihenweise? Vielleicht sollte ich die Trainingsintensität etwas runterschrauben oder Bankdrücker langsam wieder ans Team heranführen. Die Journalisten fürchten mich? Nun ja, wenn ich sie permanent ankeife, kein Wunder. Hinzu kommen noch die unqualifizierten Kommentare in den sozialen Netzwerken. Es hat niemand gesagt, dass das Leben als "echter" virtueller Trainer einfach ist.
Autor: Thomas Schmitz, Redaktion: Jörg Langer (GamersGlobal)
Meinung: Thomas Schmitz
Machen wir es kurz: Football Manager 2021ist das perfekte Spiel für jeden Lockdown. Egal ob light oder knallhart. Und auch auf die einsame Insel kann man ihn mitnehmen. Denn wenn ich diesen Gigant richtig spiele, brauche ich niemals mehr ein anderes Spiel. Für eine Saison benötige ich so lange wie für manch ausgewachsenes Rollenspiel – und die werden ja auch nicht unbedingt kürzer heutzutage.
Ein wenig Leidensfähigkeit muss man mitbringen. Die lila-farbenen Menüs brennen sich auf die Netzhaut ein. Und auf den ersten Blick wirkt der FM21 so abweisend wie ein schroffer Nachbar. Man will erst mal nichts mit ihm zu tun haben. Hat man sich dann aber näher mit ihm beschäftigt, merkt man erst, was wirklich in ihm steckt.
Ich habe ja schon viele Fußballmanagerspiele in meinem Leben gespielt, aber so komplex wie diese Reihe war keines! Dabei verzichtet Football Manager 2021 auf Spökes. Es geht um das Team, um nicht mehr. Was sich jetzt wie eine Reduktion anhört, ist eigentlich das genaue Gegenteil. Jeder Aspekt eines Fußballteams wird beleuchtet, vom aktuellen Kader über die Kaderplanung, vom Mannschaftsgefüge bis zur Nachwuchsarbeit. Dabei bleibt es dem Spieler selbst überlassen, wie tief er in das Spiel einsteigen möchte: Man kann, wenn man will, mit jedem Spieltag Stunden verbringen, eigene Taktiken entwickeln, sogar ganze Matchpläne entwerfen. Oder man lässt sich die Arbeit von den Mitarbeitern abnehmen.
Jede Aktion bewirkt eine Reaktion. Manchmal, wie bei den neuen Gesten, offenbar nicht so stark, wie der Entwickler das gerne hätte. Aber das, was in meinem Team passiert, was der Vorstand über mich denkt und auch die Meinung der Medien, bleibt in den meisten Fällen nachvollziehbar. Und so viel es traditionell in dieser Reihe optisch zu bemängeln gibt, so wenig gibt es am Spiel zu kritisieren. Football Manager 2021 bleibt das Nonplusultra der Fußballmanagerspiele – und das wäre er vermutlich auch, wenn es noch echte Konkurrenz für ihn geben würde.
FOOTBALL MANAGER 2021 PCXOneXbox XMacOS
Einstieg/Bedienung
FM-Veteranen finden sich schnell zurecht...
Kurztutorials für jeden wichtigen Bereich
Abgespeckte Touch-Version für Einsteiger im Preis inbegriffen (VÖ: 1. Dezember)
Mitarbeiter geben viele Hinweise
...Einsteiger hingegen gar nicht
Verschachtelte Fenster
Auf den ersten Blick abschreckend
Spieltiefe/Balance
Komplexitätsgrad ist unglaublich hoch
Hunderte Stunden Spielspaß
Auswirkungen von Entscheidungen nachvollziehbar
Spieler entscheidet, wie tief er ins Spiel einsteigt
Komplettes Teammanagement abgebildet
Medienanfragen lockern die Atmosphäre ein wenig auf
Fokussierung auf die Mannschaft
Extrem hoher Datensatz (2500 Mannschaften aus 52 Ligen spielbar, bis zu 117 werden simuliert)
KI-Mitarbeiter agieren nicht immer schlau
(Wenige) Bugs
Gestensystem unverständlich
Grafik/Technik
3D-Engine wurde verbessert...
Speichern dauert nicht mehr so lange wie im Vorgänger
Ich kann das Wechselbad aus Faszination und überfordernder Komplexität gut nachvollziehen.
Dennoch hat mich dies "Monster" (wie im Text zurecht beschrieben) vor einem Jahr total überfordert. Und das ist offensichtlich so geblieben.
Ich gebe es zu: alleine um oberflächlich die Grundübersicht im Tutorial durchzugehen, vergeht eine Ewigkeit. Dann klickt man einfach ein wenig und denkt: das verstehe ich schon intuitiv irgendwie - und bekommt vom Manager direkt den Hintern versohlt. Man fühlt sich wie der Grundschüler im Matheunterricht der Oberstufe.
Ich hatte beim Kauf den Gedanken an den "Bundesliga Manager" (auf dem Amiga vor 30 Jahren) und dachte das wäre für ein Wochenende genau das richtige. Leider sind die beiden vergleichbar wie die Reparatur von einem damaligen Matchbox-Auto mit der Reparatur von einem echten Motor.
Kurz: für mich hat es _leider_ keinen Spaß gemacht. Ich gucke da wie ein Schwein ins Uhrwerk.
Thomas Schmitz
Freier Redakteur - P - 14356 - 28. November 2020 - 11:59 #
Ja, das stimmt. Ich kenne das von früher mit dem Bundesliga Manager Professional oder den ersten drei Anstoss-Titeln. Die habe ich immer mit einem Kumpel im Hotseat-Modus gespielt. Der andere hat sich dann halt ganz gesund Chips und Cola reingepfiffen. Da war eine Saison an zwei Nachmittagen durch. Hier ist in der Zeit gerade mal die Saison-Vorbereitung Geschichte...
heini_xxl
18 Doppel-Voter - P - 9626 - 28. November 2020 - 13:26 #
So isses. Habe die geschenkte Version aus dem Epic Store (der Vorgänger) versucht zu lieben, in wohliger Sentimentalität an Anstoss-Samstage zur Bundesliga-Konferenz im Radio, aber es ist einfach zuviel Einarbeitung. "Wie ein Schwein ins Uhrwerk gucken" wird jetzt in meinen aktiven Wortschatz befördert!
Triton
19 Megatalent - P - 17168 - 29. November 2020 - 12:13 #
Also ich hatte mir Football Manager 2020 als es im September kostenlos im Epic Store gab zugelegt. Fast 20 Stunden habe ich im Spiel verbracht, aber mir ist das einfach zu Komplex. Ich spiele zwar auch gerne komplexe Spiele mit einiges an Einarbeitung, das aber ist mir zu viel.
Ich warte jetzt auf Anstoss 2022, das habe ich mit dem Ultra-Paket bei der Kickstarter Kampagne unterstützt.
Thomas Schmitz
Freier Redakteur - P - 14356 - 29. November 2020 - 13:01 #
Wie weit bist du denn in den 20 Stunden gekommen? Ich empfehle dir, ganz viele Aufgaben auf Mitarbeiter zu verteilen. Oder einfach mal die mitgelieferte Touch-Version zu probieren (falls die beim Epic-Deal auch dabei war).
Q-Bert
25 Platin-Gamer - P - 56960 - 30. November 2020 - 0:27 #
Ein umfassender Test, er beantwortet alle Fragen und ich fühle mich kompetent beraten :]. Obwohl ich solche "Tabellenkalukationen" eigentlich ganz gerne mag, werd ich das Lila-Laune-Monster aber wohl auslassen.
Hat jemand einen Tipp, wo man das alte "Anstoß" / "Bundesliga Manager" Feeling von damals nochmal hervorholen kann?
Per Emulator ist schon etwas anstrengend und hässlich. Aber es gibt doch bestimmt auch Onlinegames die sowas ermöglichen, ohne das man ein Fußball-Ingenieur-Studium absolviert haben müsste.
Ich werde nie wieder die Faszination wie damals am CPC mit dem Football Manager 2 erleben. Ist einfach nicht mein Genre. Wobei ich schon verstehen kann, dass eine wenigstens virtuelle Meisterschaft für Schalke dem ein oder anderen Spieler gefallen wird.
Viel Spaß beim Lesen!
Ich kann das Wechselbad aus Faszination und überfordernder Komplexität gut nachvollziehen.
Dennoch hat mich dies "Monster" (wie im Text zurecht beschrieben) vor einem Jahr total überfordert. Und das ist offensichtlich so geblieben.
Ich gebe es zu: alleine um oberflächlich die Grundübersicht im Tutorial durchzugehen, vergeht eine Ewigkeit. Dann klickt man einfach ein wenig und denkt: das verstehe ich schon intuitiv irgendwie - und bekommt vom Manager direkt den Hintern versohlt. Man fühlt sich wie der Grundschüler im Matheunterricht der Oberstufe.
Ich hatte beim Kauf den Gedanken an den "Bundesliga Manager" (auf dem Amiga vor 30 Jahren) und dachte das wäre für ein Wochenende genau das richtige. Leider sind die beiden vergleichbar wie die Reparatur von einem damaligen Matchbox-Auto mit der Reparatur von einem echten Motor.
Kurz: für mich hat es _leider_ keinen Spaß gemacht. Ich gucke da wie ein Schwein ins Uhrwerk.
Ja, das stimmt. Ich kenne das von früher mit dem Bundesliga Manager Professional oder den ersten drei Anstoss-Titeln. Die habe ich immer mit einem Kumpel im Hotseat-Modus gespielt. Der andere hat sich dann halt ganz gesund Chips und Cola reingepfiffen. Da war eine Saison an zwei Nachmittagen durch. Hier ist in der Zeit gerade mal die Saison-Vorbereitung Geschichte...
So isses. Habe die geschenkte Version aus dem Epic Store (der Vorgänger) versucht zu lieben, in wohliger Sentimentalität an Anstoss-Samstage zur Bundesliga-Konferenz im Radio, aber es ist einfach zuviel Einarbeitung. "Wie ein Schwein ins Uhrwerk gucken" wird jetzt in meinen aktiven Wortschatz befördert!
Schade, denn genau die BMP bzw. Anstoß Assoziation hatte ich zuerst auch. Aber so ist das dann nichts für mich.
Aber wieder ein klasse Test von Dir!
Danke!
Pflichtkauf.
Ich habe schon letztes Wochenende angefangen zu spielen. ;)
Derzeit alles etwas schwierig bei mir. ;)
Also ich hatte mir Football Manager 2020 als es im September kostenlos im Epic Store gab zugelegt. Fast 20 Stunden habe ich im Spiel verbracht, aber mir ist das einfach zu Komplex. Ich spiele zwar auch gerne komplexe Spiele mit einiges an Einarbeitung, das aber ist mir zu viel.
Ich warte jetzt auf Anstoss 2022, das habe ich mit dem Ultra-Paket bei der Kickstarter Kampagne unterstützt.
Wie weit bist du denn in den 20 Stunden gekommen? Ich empfehle dir, ganz viele Aufgaben auf Mitarbeiter zu verteilen. Oder einfach mal die mitgelieferte Touch-Version zu probieren (falls die beim Epic-Deal auch dabei war).
Ein umfassender Test, er beantwortet alle Fragen und ich fühle mich kompetent beraten :]. Obwohl ich solche "Tabellenkalukationen" eigentlich ganz gerne mag, werd ich das Lila-Laune-Monster aber wohl auslassen.
Hat jemand einen Tipp, wo man das alte "Anstoß" / "Bundesliga Manager" Feeling von damals nochmal hervorholen kann?
Per Emulator ist schon etwas anstrengend und hässlich. Aber es gibt doch bestimmt auch Onlinegames die sowas ermöglichen, ohne das man ein Fußball-Ingenieur-Studium absolviert haben müsste.
Ich werde nie wieder die Faszination wie damals am CPC mit dem Football Manager 2 erleben. Ist einfach nicht mein Genre. Wobei ich schon verstehen kann, dass eine wenigstens virtuelle Meisterschaft für Schalke dem ein oder anderen Spieler gefallen wird.
Puh, ich hätte ja nochmal richtig Lust auf sowas, aber direkt das Komplexitätsmonster? :(
Es ist immer wieder schön, etwas wofür man sich gar nicht interessiert, mit soviel Freude zu lesen. Danke!
Huch. Gern geschehen.