Nur 88 Minuten hat laut Steam The Beginner's Guide unseren Autor beschäftigt, doch tatsächlich spukte es noch einige Zeit länger im Kopf herum. Über Spiele als Medium und die Rolle des Erzählers. Spoilerwarnung!
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The Beginner's Guide war Davey Wredens nächstes Spiel nach The Stanley Parable, das einigen Lesern mehr ein Begriff sein dürfte, denn die Parabel war ein ziemlich großer Erfolg. Es war aber auch ein Spiel, das schwer zu erklären ist. Letzteres gilt genauso für den Beginner's Guide. Um ihn zu erklären brauchen wir sogar ein neues Wort: Kurzspiele. Kurzspiele sind zu Spielen, was Kurzfilme zu Filmen sind. Denn genau in solche – vermeintlich vollständige Erfahrungen kürzerer Dauer – wirft einen der Beginner's Guide. Oder behauptet es zumindest.
Im ersten Level, einer de_dust nachempfunden Counter-Strike Map, erklärt der Erzähler was nun passieren wird. Es ginge hier um eine Reihe von Spielen des Spielemachers Coda, seines Freundes, gebaut in der Source Engine. Dieser habe aufgehört Spiele zu entwickeln, ist abgetaucht, und war auch vorher nie an deren Verbreitung interessiert, darum habe er, Davey Wreden, diese genommen und werde nun durch sie führen. Denn sie seien interessant und sollen nicht in Vergessenheit geraten.
Durch die Kurzspiele
Und im Grunde passiert das dann auch, zumindest könnte man das glauben. In verschiedenen kurzen Karten werden unterschiedliche Spielekonzepte vorgestellt, wobei diese nach kürzester Zeit etwas abstrus werden. Durch einen Fehler sei Coda auf den Geschmack für absurdere Spieleerfahrungen gekommen. Dieser Fehler war ein Energiestrahl, der nicht tötete, sondern den Spieler emporhob und so das Weltall samt Levelinhalt sehen ließ. Danach werden die Spiele also Stück für Stück seltsamer, und der Erzähler muss immer wieder ihre Konzepte erklären.
Der Raum
Auch entwickelt Coda eine Vorliebe für unspielbare Inhalte. Beispielsweise eine riesige Treppe, auf deren Mitte die Spielfigur aber vollständig verlangsamt wird. Der Erzähler aber schnippt mit dem Finger und erklärt, dass Codas Spiele nicht immer spielbar waren, aber sie noch zusätzliche Inhalte enthalten, die er erfahrbar machen will. Also geht es weiter die Treppe hoch und in einen Raum voller kleiner Spielideen, was ausgiebig interpretiert wird.
Als Spieler fragt man sich nun, wie das sein kann. Dieser Coda muss ein sehr seltsamer Kerl sein, dass er Inhalte baut die nicht erfahrbar sind. Der Erzähler argumentiert auch genauso. Coda habe sich von der Welt distanziert und in seinem Kämmerchen herumgewerkelt, was er immer schade fand, und ihn deshalb zu mehr Offenheit motivieren wollte. Ein Beispiel für diese Entwicklung seien die Lampen am Ende eines Levels, die nach den ersten paar Kurzspielen ihr Ende markieren.
Erste Zweifel
Haken wir hier nochmal ein: An diesem Punkt ist das Geschehen noch glaubwürdig. Wreden hätte wirklich einen solchen Spielemacher gekannt haben können. Aber ein paar Dinge fügen sich nicht zusammen. Da ist beispielsweise die Musik: Obwohl die Spiele unfertig seien und nicht für andere bestimmt, sind teilweise ziemlich ausgefeilte Soundeffekte vorhanden, die oftmals mehr zu den Worten des Erzählers passen als zum angeblichen Charakter des Kurzspiels.
Die Geschichte entwickelt sich weiter. Es kam zu einem Bruch zwischen Wreden und Coda. Coda wollte keine Spiele mehr machen und verarbeitet dies sowie seine Isolation in immer düster werdenden Szenarien. Wreden aber wollte weitere Spiele, und zeigte sie deshalb anderen Leuten. Das alles führt zu einem Finale: Spielfiguren, die weitere Spiele fordern. Coda als tote Maschine, und schließlich (wie gesagt: Hier ist alles voller Spoiler) ein Level, in dem Coda mit Wreden bricht. Er wolle keinen Kontakt mehr, die Spiele seien nicht für ihn, und er solle aufhören, Lampen in seine Karten einzubauen.
Ich fand The Beginner's Guide eine spannende Erfahrung. Erst hab ich mich gefragt, worauf man hier hinaus will. Das schlug dann schnell in ein regelrecht schlechtes Gewissen um, weil ich das Gefühl hatte in etwas reingezogen zu werden, dass mich überhaupt nichts angeht. Ein Spiel sollte man hier nicht erwarten, aber als Erzählexperiment fand ich das sehr gelungen.
Bruno Lawrie
22 Motivator - P+ - 32101 - 18. Juni 2017 - 17:34 #
Das würde ich so unterschreiben. V.a. wenn man sowas wie "Stanley's Parable" erwartet (ist ja von einem Entwickler dieses Spiels), sollte man echt gewarnt sein. "Stanley's Parable" macht zu einem Teil spielerisch Spaß, was man von "The Beginner's Guide" gar nicht sagen kann. Erzählerisch durchaus interessant wenn man offen für Anderes ist, spielerisch ein (gewollter!) Totalausfall.
Man sollte nicht mit dem Anspruch an die Sache gehen, dass man ein Spiel spielt. Da wird man sehr enttäuscht. So ging's mir leider.
Wer sowas wie "Stanley's Parable" will, sollte übrigens mal "Dr. Langeskov, The Tiger, and The Terribly Cursed Emerald: A Whirlwind Heist" ansehen. Gibt's gratis auf Steam, dauert eine halbe Stunde und macht erzählerisch und spielerisch Spaß. Ist vom anderen Entwickler von "Stanley's Parable".
Boris
17 Shapeshifter - 7640 - 18. Juni 2017 - 17:56 #
> sollte übrigens mal "Dr. Langeskov, The Tiger, and The Terribly
> Cursed Emerald: A Whirlwind Heist" ansehen
Oh ja! Das kann ich nur unterschreiben. Wer an The Stanley Parable Gefallen hatte, sollte das auf jeden Fall probieren. So kurz wie es ist, kann man da eh nix falsch machen.
JackoBoxo
20 Gold-Gamer - P - 20539 - 18. Juni 2017 - 20:52 #
Danke für den Bericht. Hat mich sehr neugierig gemacht. Gleich mal auf die Wishlist... Ach? Ich hab das schon auf meinem PoS?!? (Gabs wohl mal im Humble Bundle ;-) )
Umso besser!
Puhh... ähhh. Also ja, gut geschrieben ist der Artikel auf jeden Fall. Aber so ganz verstanden, was das Spiel mir nun sagen will, habe ich (trotzdem) nicht. Muss ich das jetzt selber erleben? Die ganzen Diskussionen um das Spiel wirken auf mich eher abschreckend. Ich vermute mal, ich mag lieber "richtige" Spiele, und weniger Kunst. Klar, Story und Emotionen befürworte ich sehr (Life is Strange!), aber wenn es in die Metaebenen und darüber hinaus geht, dann steige ich aus, fürchte ich. Aber Danke für den Artikel, jetzt bin ich mir halbwegs sicher, dass ich das Spiel ignorieren kann... glaube ich ^^
Gut geschrieben aber nicht ganz schlüssig: Bei den ganzen Spoilern hätte man dann auch ruhig etwas genauer auf den Plot/die Message des Spiels eingehen können. So weiss ich jetzt zuviel um es nochmal selbst spielen zu wollen und doch zu wenig um die Handlung zu verstehen.
habs ohne vorwissen mal installiert und war dann am ende verwundert, wie genial diese erfahrung eig. war, obwohl nur mit der eigenen wertung des erlebten, seitens des erzählers gespielt wird.
Jac
19 Megatalent - P - 15576 - 19. Juni 2017 - 21:18 #
Warum der Bericht deinen Geschmack nicht trifft, erschließt sich mir nicht. Das Spiel selbst haut mich auch nicht um. Aber immerhin könntest Du ja anerkennen, dass sich mit dem Spiel auseinander gesetzt und zusätzlich eine Menge Aufwand in den Bericht gesteckt wurde.
Jürgen
27 Spiele-Experte - P - 80308 - 19. Juni 2017 - 21:48 #
Differenzierte Aussagen und Begründungen sind nicht so Dein Ding, oder?
Den Artikel fand ich schön geschrieben, aber das Spiel (oder die Erfahrung) ist wohl nichts für mich. Das klang mir alles zu sehr nach Meta-Ebene.
onli
18 Doppel-Voter - P - 10125 - 19. Juni 2017 - 22:43 #
Ja, das spielt definitiv auf der Meta-Ebene. Aber es funktioniert auch einfach als Geschichte. Ich kann verstehen, wenn man das Spiel nicht mag - auch ich hätte Probleme, es zu bewerten. Aber es ist überraschend einnehmend beim Erleben.
Hat das Meister Yoda verfasst?:
"Auch haben entwickelt Coda eine Vorliebe für unspielbare Inhalte."
Auch wenn die Macht stark ist, grüne Farbe sie fehlt. Korrigiert.
;)
Danke für den Artikel. Hat Spaß gemacht, ihn zu lesen. :-)
Ich hab zwar keine Ahnung was ich da gerade gelesen hab, war aber geil ;-)
Sowas ähnliches hab ich nach dem Ende von "The Beginner's Guide" auch gedacht, nur dass das Ergebnis weniger positiv war. :-)
Auch schön für ein "Was zum Teufel hab ich da eben gespielt?!": 30 Flights of Loving
Besser hätte ich es nicht ausdrücken können.
Klingt sehr interessant. Bei Gelegenheit werde ich es mal erwerben.
Ich fand The Beginner's Guide eine spannende Erfahrung. Erst hab ich mich gefragt, worauf man hier hinaus will. Das schlug dann schnell in ein regelrecht schlechtes Gewissen um, weil ich das Gefühl hatte in etwas reingezogen zu werden, dass mich überhaupt nichts angeht. Ein Spiel sollte man hier nicht erwarten, aber als Erzählexperiment fand ich das sehr gelungen.
Das würde ich so unterschreiben. V.a. wenn man sowas wie "Stanley's Parable" erwartet (ist ja von einem Entwickler dieses Spiels), sollte man echt gewarnt sein. "Stanley's Parable" macht zu einem Teil spielerisch Spaß, was man von "The Beginner's Guide" gar nicht sagen kann. Erzählerisch durchaus interessant wenn man offen für Anderes ist, spielerisch ein (gewollter!) Totalausfall.
Man sollte nicht mit dem Anspruch an die Sache gehen, dass man ein Spiel spielt. Da wird man sehr enttäuscht. So ging's mir leider.
Wer sowas wie "Stanley's Parable" will, sollte übrigens mal "Dr. Langeskov, The Tiger, and The Terribly Cursed Emerald: A Whirlwind Heist" ansehen. Gibt's gratis auf Steam, dauert eine halbe Stunde und macht erzählerisch und spielerisch Spaß. Ist vom anderen Entwickler von "Stanley's Parable".
> sollte übrigens mal "Dr. Langeskov, The Tiger, and The Terribly
> Cursed Emerald: A Whirlwind Heist" ansehen
Oh ja! Das kann ich nur unterschreiben. Wer an The Stanley Parable Gefallen hatte, sollte das auf jeden Fall probieren. So kurz wie es ist, kann man da eh nix falsch machen.
Sowas auf GG... Wow.
Geiler Artikel. Solche User-Werke sind echt ein dicker Pluspunkt auf GG. Mehr davon!
Dem kann ich nur zustimmen.
Heute Videospiele und Videospielberichte mit Niveau! Sehr schön, gerne mehr!
Danke für den Bericht. Hat mich sehr neugierig gemacht. Gleich mal auf die Wishlist... Ach? Ich hab das schon auf meinem PoS?!? (Gabs wohl mal im Humble Bundle ;-) )
Umso besser!
Tolles Spiel und toller Bericht dazu!
Ein wirklich sehr gelungener Artikel zu einem der tollsten Spiele! Viele Dank dafür!
Puhh... ähhh. Also ja, gut geschrieben ist der Artikel auf jeden Fall. Aber so ganz verstanden, was das Spiel mir nun sagen will, habe ich (trotzdem) nicht. Muss ich das jetzt selber erleben? Die ganzen Diskussionen um das Spiel wirken auf mich eher abschreckend. Ich vermute mal, ich mag lieber "richtige" Spiele, und weniger Kunst. Klar, Story und Emotionen befürworte ich sehr (Life is Strange!), aber wenn es in die Metaebenen und darüber hinaus geht, dann steige ich aus, fürchte ich. Aber Danke für den Artikel, jetzt bin ich mir halbwegs sicher, dass ich das Spiel ignorieren kann... glaube ich ^^
Gut geschrieben aber nicht ganz schlüssig: Bei den ganzen Spoilern hätte man dann auch ruhig etwas genauer auf den Plot/die Message des Spiels eingehen können. So weiss ich jetzt zuviel um es nochmal selbst spielen zu wollen und doch zu wenig um die Handlung zu verstehen.
Es gibt keinen Plot bzw. keine Message. Der Artikel ist letztlich genauso wie das Spiel (ohne es jetzt zu kennen, aber ich kenne The Stanley Parable).
Deswegen wäre das auch nichts für mich. Ist ganz lustig sich mal ein paar Minuten anzuschauen aber es fehlt mir da letztlich immer der Sinn.
Danke, jetzt habe ich doch Interesse das mal zu spielen
Fand das auch sehr spielenswert, wobei mir Stanley Parable noch besser gefallen hat. Das Dr. langelov and... Spiel ist auch sehr zu empfehlen.
habs ohne vorwissen mal installiert und war dann am ende verwundert, wie genial diese erfahrung eig. war, obwohl nur mit der eigenen wertung des erlebten, seitens des erzählers gespielt wird.
jedenfalls, toller artikel - gerne mehr davon!
Ein sehr schöner User-Artikel! Das Spiel selbst spricht mich persönlich nicht so an, aber deine Gedanken sind sehr gut nachvollziehbar.
Schlechtes Spiel, schlechter Bericht. Geschmäcker sind eben verschieden.
Warum der Bericht deinen Geschmack nicht trifft, erschließt sich mir nicht. Das Spiel selbst haut mich auch nicht um. Aber immerhin könntest Du ja anerkennen, dass sich mit dem Spiel auseinander gesetzt und zusätzlich eine Menge Aufwand in den Bericht gesteckt wurde.
Differenzierte Aussagen und Begründungen sind nicht so Dein Ding, oder?
Den Artikel fand ich schön geschrieben, aber das Spiel (oder die Erfahrung) ist wohl nichts für mich. Das klang mir alles zu sehr nach Meta-Ebene.
Ja, das spielt definitiv auf der Meta-Ebene. Aber es funktioniert auch einfach als Geschichte. Ich kann verstehen, wenn man das Spiel nicht mag - auch ich hätte Probleme, es zu bewerten. Aber es ist überraschend einnehmend beim Erleben.
Von mir gibt es ein verwirrtes "Häh!?" und ich glaube, dass das Spiel genau das erreichen will. Zumindest verstehe ich den Artikel so.