Viva la Revólution!

Tropico User-Artikel

CharlieDerRunkle 5. Juni 2022 - 12:09 — vor 17 Wochen aktualisiert
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Ein Rebell stirbt einen ruhmreichen wie sinnlosen Tod beim Versuch, das Regime zu stürzen. Trottel.
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Eine gelungene Satire

Tropico nimmt sich selbst nicht ernst. Das merkt man an vielen humorigen Texten und Kommentaren, aber auch am Setting. Natürlich ist es eine Parodie auf Kuba, aber auch auf alle anderen karibischen und lateinamerikanischen Länder. Tropico ist der Inbegriff einer Bananenrepublik, es gibt Korruption, Wahlbetrug und Rum. Die Menschen freuen sich darüber, wenn wir einen amerikanischen Superstar engagieren, der für Unterhaltung sorgt. Breite Teile der Bevölkerung arbeiten in einfachen Berufen und leben eigentlich in bitterer Armut, merken das aber nicht, weil sie brav in die Kirche gehen, die Nachtclubs unsicher machen oder sich in den Dschungel schlagen, um von dort aus die Revolution gegen den Maximo Lider zu organisieren.
 
Trotzdem ist Tropico relativ komplex und sollte nicht unterschätzt werden. Es kann manchmal recht knifflig sein, die Wirtschaft in den Griff zu bekommen. Außerdem ist es manchmal eine Herausforderung, das politische Gleichgewicht zu halten, was die einzelnen Gruppierungen angeht. Zudem sollten wir die Bedürfnisse der Bevölkerung befriedigen. Das Jahrbuch mit seinen Listen und Statistiken kann uns dabei helfen, die Übersicht über unsere Finanzen und die Bevölkerung zu behalten, trotzdem benötigt es etwas Einarbeitungszeit, bis man endlich den Durchblick hat. Was allerdings kein Garant dafür ist, dass man das Spiel wirklich von vorne bis hinten versteht.
 

Wo ist der Pferdefuß? Ah, da ist er ja!

Wie praktisch jedes andere Spiel auch, hat Tropico seine Macken und Design-Schnitzer. Es gibt Bugs und Spielmechaniken, die nicht ganz nachvollziehbar sind. Beispielsweise ist es notwendig, errichtete Fabriken im Auge zu behalten, denn es kann sein, dass diese keinen Gewinn erzielen. Warum auch immer. Zudem können Waren nur über einen Hafen exportiert werden. Das führt manchmal zu der Situation, dass wir rote Zahlen schreiben, obwohl sich am Hafen die Kisten stapeln und nur darauf warten, auf ein Schiff verladen zu werden – aber manchmal sind die Hafenarbeiten zu faul, gehen lieber ein bisschen spazieren oder direkt nach Hause.
 
In der Landwirtschaft gibt es die einzelnen Zonen, in denen bestimmte Pflanzen angebaut werden können. Mais und Papayas wachsen praktisch überall, wollen wir Kaffee und Tabak anbauen, wird es schon schwieriger. Denn das Klima hat einen Einfluss darauf, wo welche Pflanze am besten gedeiht. Und diese Zonen wandern über die Insel, sodass wir auf einer Farm beispielsweise Tabak anbauen, diese sich jedoch kurz darauf in einer Zone befindet, in der Tabak nicht wächst. Wir sind also nur dabei, den einzelnen Farmen Anweisungen zu geben, welche Pflanzen sie nun anbauen sollen. Kein sehr effizientes System und eigentlich auch unnötig.
 
Es ist möglich, beim Start festzulegen, ob es im Verlauf des Spiels zufällige Ereignisse geben soll wie Naturkatastrophen oder dem Steigen/Fallen der Preise für bestimmte Exportprodukte. So kann es ab und zu einen Hurrikan geben, der nicht nur große Schäden auf unserer Insel anrichten kann, sondern womöglich unseren einzigen Hafen in Schutt und Asche legt. Haben wir mehrere Häfen oder genug Geld, um den zerstörten Hafen wieder aufzubauen, ist das kein Problem, sonst kann man das Spiel an der Stelle beenden, da wir ja nur über den Export Geld verdienen können, der allerdings nur möglich ist, wenn wir einen intakten Hafen besitzen…
Im Jahrbuch können wir unter anderem  einsehen, wie es um die politische Meinung der Bevölkerung steht.
 

Hasta la Victoria Siempre!

Immer weiter bis zum Sieg! (Danke, Google!) Trotz seiner Probleme und der notwendigen Einarbeitungszeit ist Tropico ein Spiel, das zu fesseln weiß. Wie wir wissen, gibt es drei Dinge, denen der Mensch endlos lange zusehen kann: Feuer, das brennt, Wasser, das fließt und andere Menschen, die arbeiten. Genau das können wir bei Tropico tun, wie auch bei den Siedler-Spielen können wir die einfach Leute dabei beobachten, wie sie ihren Berufen nachgehen – Bauarbeiter stampfen Gebäude aus dem Boden, Transporteure schleppen Waren von A nach B und Soldaten beschützen El Presidente gegen Rebellen.
 
Tropico ist ein Spiel, das man auf allen meinen Rechnern findet. Ich gebe mir das immer wieder zwischendurch, trete eine neue Präsidentschaft an und versuche, das beste aus dem kleinen karibischen Sandhaufen zu machen. Tropico ist so ein Spiel, das man nebenbei so vor sich hin plätschern lassen kann (ok, der Spielfluss wird oft und gerne durch überflüssige Meldungen unterbrochen, aber egal). Außerdem hatte Tropico erheblichen Einfluss auf meine politische Bildung genommen. Heutzutage würde ich mich als links-liberal einschätzen (da gibt es sogar einen Online-Test, nennt sich „Political Compass“, sehr zu empfehlen). Zurückführen lässt sich meine politische Grundhaltung darauf, dass bei Tropico die Kommunisten immer diejenigen waren, die sich über soziale Missstände beschwert und sich für die einfachen Leute eingesetzt haben. Fand ich damals ganz gut und sehe ich heute ähnlich. Natürlich bin ich vielen Dingen gegenüber kritisch, in der Realität sind sehr viele Sachen schief gelaufen, keine Frage, allein die Planwirtschaft hat so ihre Probleme. Es geht mehr um die Grundsätze, aber das würde jetzt zu weit führen.

Trotzdem hatte Tropico, wie gesagt, einen gewissen Einfluss darauf, dass ich angefangen habe, mich für Politik zu interessieren. Mit anderen Worten: Dass ich dieses Spiel mit 14 gezockt habe, hat meine politische Sicht auf die Dinge erheblich beeinflusst! Und da gibt's auch nichts zu lachen, ist wirklich so! Klingt bescheuert, aber andere bekommen ihre Bildung aus der BILD oder von Twitter und Telegramm. Also von daher…
 
Bei meinem Artikel habe ich mich auf die Gold-Edition von Tropico bezogen, die neben dem Hauptspiel das AddOn Paradise Island beinhaltet. Der Nachfolger Tropico 2 – Die Pirateninsel spielt irgendwann im 18. Jahrhundert, dabei müssen wir eine Piraten-Kolonie managen. Interessant, hat aber mit dem ursprünglichen Setting nicht mehr allzu viel zu tun und taugt auch nicht als Satire. Die neueren Serienteile haben mich da schon eher angesprochen, das ist aber auch wieder ein Thema für einen anderen Tag – oder Artikel, wie auch immer.
 
Tropico ist und bleibt eines meiner Lieblingsspiele, das nicht nur einen großen Einfluss auf meine Spielerkarriere, sondern auch auf mich als Menschen hatte. Lasst mich also abschließen mit einem Zitat Che Guevaras, der zwar echt übel drauf war, aber trotzdem manchmal sehr schlaue Sachen gesagt hat:
 
„Gibt es nicht genug Kaffee für alle, gibt es Kaffee für keinen!“
 
Nein, das war das falsche. Und ich hasse Kaffee. Moment. Hier ist das richtige:
 
„Solidarität ist die Zärtlichkeit der Völker.“
Nach und nach gedeiht Tropico. Es gibt eine Zeitung, einen Radiosender, eine Kathedrale und sogar eine Universität.
 
CharlieDerRunkle 5. Juni 2022 - 12:09 — vor 17 Wochen aktualisiert
Lencer 19 Megatalent - P - 14542 - 5. Juni 2022 - 12:51 #

Damals lange gespielt, muss ich sagen, das sieht auch heute noch gut aus.

TheLastToKnow 30 Pro-Gamer - - 125254 - 5. Juni 2022 - 13:09 #

Schöner Artikel zu einem tollen Spiel. Das mochte ich früher sehr gerne. Die Nachfolger habe ich aber nicht mehr gespielt.

SupArai 25 Platin-Gamer - - 61471 - 5. Juni 2022 - 14:23 #

Tropico fand ich damals echt klasse. Mit dem (verklärten?) Blick in die Vergangenheit war das der interessantere Aufbautitel im Vergleich zu den ansonsten biederen, mich schon damals langweilenden, Anno-Spielen dieser Welt.

Den Erstling habe ich damals auch viel gespielt. Einen der Nachfolger aber, glaube ich, nicht mehr. Tropico 6 schlummert noch irgendwo als Key, vielleicht schaue ich mir das mal an. Der Artikel hat Lust auf Karibik gemacht. Danke dafür! :-)

ds1979 20 Gold-Gamer - P - 21381 - 5. Juni 2022 - 15:23 #

Danke für den Artikel, bin erst mit Tropico 3 in die Serie eingestiegen und seitdem fest dabei.

Admiral Anger 27 Spiele-Experte - P - 83412 - 5. Juni 2022 - 17:38 #

Ich finde es noch immer total verrückt, dass man auch als Lou Bega spielen konnte... O_o

ds1979 20 Gold-Gamer - P - 21381 - 5. Juni 2022 - 17:44 #

Danke jetzt habe ich Mambo Number 5 wieder im Kopf! Kotz!

Admiral Anger 27 Spiele-Experte - P - 83412 - 5. Juni 2022 - 17:53 #

Ich wollte nicht der einzige sein, der leidet. :P

10vorne 14 Komm-Experte - P - 2162 - 5. Juni 2022 - 21:12 #

Hat jemand schon Tropico im Mehrspieler-Modus gespielt und kann es empfehlen?

MicBass 21 AAA-Gamer - P - 28961 - 6. Juni 2022 - 8:15 #

Danke für den tollen Artikel! Jetzt krieg ich wieder Lust auf eine Runde Tropico..

Maestro84 19 Megatalent - - 18450 - 6. Juni 2022 - 9:03 #

Ich hätte ja gerne eine Neuauflage des zweiten Teiles mit Piraten. Den mochte ich am Meisten.

Vampiro Freier Redakteur - - 121613 - 6. Juni 2022 - 10:45 #

Super Artikel, der die Vibes sehr gut rüberbringt. Ein gqnz tolles Spiel, auch heute noch sehr gut spielbar.

TheRaffer 23 Langzeituser - P - 40295 - 9. Juni 2022 - 15:53 #

Danke für den Artikel. Vielleicht gönne ich mir das Spiel mal. Gibt es ja mit Teil 2 recht bezahlbar. :)

Labrador Nelson 31 Gamer-Veteran - P - 266429 - 25. September 2022 - 17:46 #

Ein sehr schöner Artikel mit einem tollen Blick auf die Essenz des Spiels, begleitet mit der richtigen politischen Einstellung. Top!