Q-lumne 13: 3rd-Person-Perspektive

Q-lumne 13: 3rd-Person-Perspektive User-Artikel

Dark Souls Limbo

Q-Bert / 14. März 2020 - 12:06 — vor 4 Jahren aktualisiert

Teaser

Katharsis (κάθαρσις „Reinigung“) bezeichnet in der Psychologie die Hypothese, dass das Ausleben innerer Konflikte und verdrängter Emotionen zu einer Reduktion dieser Konflikte und Gefühle führt.
Dieser Inhalt wäre ohne die Premium-User nicht finanzierbar. Doch wir brauchen dringend mehr Unterstützer: Hilf auch du mit!

Dieser Tag sollte ein Highlight werden. Ein Rausch der Gefühle. Doch da war gar nichts. Alles war so wie immer. Der ganze Lärm und Stress um ihn herum – er hatte versucht, all das auszublenden. Er war müde, hatte kaum geschlafen. Casey wollte gehen, doch er bat sie zu bleiben. Also blieb sie. Sie legte sich neben ihn und er hielt ihre Hand, bis sie eingeschlafen war.
 

Schlaf.


Er dachte an die Zeit zurück, als er nächtelang durchgezockt hatte. World of Warcraft. Hier konnte er sein, wer er wollte und tun, wozu er Lust hatte. Mehrere Chars hatte er auf Cap gelevelt. Kannte jeden Winkel im Spiel in- und auswendig und doch wurde es nie langweilig. Eine wahnsinnig tolle Zeit. Nein, er war nicht süchtig wie einige seiner Gamer-Freunde. Er konnte seinen Alltag und das Zocken immer in Einklang bringen. Am Tag erledigte er die Dinge, die der Tag ihm auferlegte. Schule, Training, Hausaufgaben. Aber die Nacht, die Nacht gehörte dem Spiel. Ach, Casey. Schlaf ruhig.

Lärm im Treppenhaus riss ihn aus seinen Gedanken. Auf andere Menschen hatte er jetzt keinen Bock. „Sei still und hau ab!“, zischte er, doch der Nervtöter wollte über was reden. Also schickte er eine noch unhöflichere Message durch die geschlossene Tür und die verfehlte ihre Wirkung nicht.
 

Reden.


Früher wollte er über alles reden. Er liebte Sprache, Kunst und Musik schon in der Schule. Nur Mathe war nie seine Leidenschaft. Bah! Doch irgendwann nahm er sich vor, jedes Schuljahr wie einen Level in Dark Souls zu begreifen. Man muss sich anstregen und grinden, um immer besser zu werden. Er war wahnsinnig stolz, als er Mathe auf eine Zweiminus hochgeskillt hatte! Als er seiner Mutter das Zeugnis präsentierte, las sie es und legte es wortlos zur Seite. Er sah ihr an, dass sie enttäuscht war. Sie hatte große Pläne für ihn, aber mit seinem Notendurchschnitt lag er weit hinter ihrem Soll. Daran änderte auch die Zweiminus in Mathe nichts. Manchmal wünschte er, sie würde ihn anbrüllen. Ihm eine runterhauen. Alles, nur nicht schweigen. Das Schweigen war immer das Schlimmste. Ach, Mama. Rede doch.

Er brauchte frische Luft. Die Scheißtür klemmte, aber darum wollte er sich jetzt nicht kümmern. Er ging zum Fenster, öffnete es und sah auf die Straße. Die Menschen draußen irrten wie Insekten herum, zerstäubten sich in alle Richtungen. Er sah zu, wie achtlos die Leute aneinander vorbei liefen, ohne ein einziges Mal zu kollidieren.
 

Zuversicht.


Die Geometrie der gegenüberliegenden Häuserfassaden erinnerte ihn an Minecraft. Noch so ein Spiel, das ihm durch eine schwere Phase half, als er motivations- und lustlos war. Er war damals drauf und dran abzurutschen. Ein paar falsche Freunde, ein paar falsche Substanzen. Aber Minecraft hatte ihn vom Absturz abgehalten, einfach weil das Spiel spannender war als sein Reallife. Die Community gab ihm Anerkennung für seinen kreativen Input. Das Teamwork fühlte sich gut an, ingame wie offgame. Ach, Minecraft. Think positive.

Einen Augenblick dachte er, das hübsche Mädchen, das um die Straßenecke rannte, wäre Kátha gewesen! Die Frisur und die Klamotten hätten gepasst, aber ihm war klar, dass es nur ein dummer Zufall war. Seltsam, wie oft er noch an sie denken musste.
 

Liebe.


Kátha lernte er auf einer Gamerveranstaltung kennen. Es dauerte nur ein paar Tage, dann verabredeten sie sich in einem Café. Schmetterlingsgefühle, Kribbeln, es passte alles. Er malte sich aus, wie sie einmal heiraten, Kinder kriegen und alt werden. Sollte wohl nicht sein. Eine Begründung gab es nicht. Sie löschte ihn auf Facebook, antwortete nicht mehr auf WhatsApp, reagierte nicht auf Anrufe. Da war es wieder, das Schweigen, das er so hasste. Genau zu dieser Zeit fand er League of Legends. Das Spiel hatte eine harte Lernkurve und eine noch härtere Community! Hier kassierte er als Noob heftige und regelmäßige Prügel. „Hör auf zu flennen, was einen nicht umbringt, macht einen hart!“, sagte sein Vater dann immer. Er kämpfte sich durch, wurde stärker. Ja, LOL. Das Spiel gab ihm mit jedem Sieg das Gefühl von Kontrolle zurück, das sein Vater ihm genommen hatte. Ach, Kátha. Love sucks.

Er schloss das Fenster und ging zurück zu Casey. Er setzte sich neben sie auf den Boden. Er war erschöpft, fühlte sich ausgelaugt. Er musste eine wichtige Entscheidung treffen. Doch eigentlich hatte er sie schon vor Stunden getroffen.
 

Entscheidung.


Fast ein Jahr arbeitete er als Praktikant für ein Startup. Immer hieß es, nur einen Monat noch, dann haben wir eine feste Stelle für dich. Aber einen Monat später kam irgendwas dazwischen. Zuletzt konfrontierte er seinen Chef mit einem Ultimatum. Der hat nur gelacht und ihm Hausverbot erteilt. Ach, Arschloch. Schlechte Entscheidung. Er war nicht wütend. Nicht einmal enttäuscht. Hätte er noch seinen PC gehabt, um eine Partie Torchlight zu zocken und sich in eine andere Realität zu flüchten, wären die Dinge vielleicht anders gelaufen. Aber den PC musste er verkaufen, um über die Runden zu kommen. Zwei Tage verließ er seine Wohnung nicht. Fast regungslos verharrte er in Positionen, über Stunden. Dann stand er auf, fuhr zu seinen Eltern. Er wusste, wo sein Vater alles versteckt hatte und er nahm sich, was er brauchte. In der Küche traf er seine Mutter beim Frühstück. Auf dem Weg nach draußen stolperte er fast über seinen Vater. Mehr als ein leises „Ciao“ hatte er nicht mehr übrig für ihn.

Bei den Nachverhandlungen mit dem Chef hinterließen seine Argumente einen durchschlagenden Eindruck, genau wie er es sich an den Tagen zuvor überlegt hatte. Die Sekretärin mochte er immer gerne. Casey war die Einzige, die lächelte, wenn er morgens ins Büro kam. In diesen letzten Momenten waren seine Gedanken völlig klar. Er presste die Waffe unter sein Kinn, spürte das Metall auf seiner Haut. „Und diese Idioten werden es wieder auf die Videospiele schieben!“ 

 
⚠ Q-lumne, was willst du mir sagen?
Ausgangspunkt für den Text war der ZDF-Film "Play", der Videospiele einseitig als Ursache für psychische Erkrankungen und Gewalt darstellt. Der fiktive Protagonist in "3rd Person Perspektive" durchlebt eine schwere Depression, ausgelöst durch wiederholte emotionale Gewalt. Er flieht in eine Katharsis (Wikipedia). Videospiele sind in diesem Beispiel nicht Schuld an den Ereignissen, sie tragen letztlich aber auch nicht zur Lösung der Probleme bei.

Wenn du den Verdacht hast, ein enger Freund oder Verwandter könnte an Depression leiden oder Suizidgedanken haben, lass ihn nicht allein! Sprich ihn an! An jeder Stelle dieser Geschichte wäre ein offenes Gespräch ein möglicher Ausweg aus der Eskalation! Professionellen Rat findest du zum Beispiel bei der Deutschen Depressionshilfe.

Der Autor Q-Bert heißt eigentlich Micha. Und keine Sorge, er liebt sein Leben und hasst Gewalt – und zwar nicht erst dann, wenn sie für alle sichtbar zu Tage tritt. Er flieht trotzdem gerne mal für ein paar Stunden in eine schöne, virtuelle Welt – manchmal auch, um seine bösen Gedanken auszuleben.

Bild oben: „Spider Encounter“, Artwork aus dem Spiel Limbo, Playdead, 2010
Bild unten: „Spider Encounter“, Artwork aus dem Spiel Limbo, Playdead, 2010
Anzeige
Und als das Lamm das 7. Siegel brach, war Stille.
Q-Bert 14. März 2020 - 12:06 — vor 4 Jahren aktualisiert
Elfant 25 Platin-Gamer - 63208 - 14. März 2020 - 13:11 #

Du weißt, daß ich Dir bei der Darstellung in Play weiterhin widerspreche.

PS: Auch wenn mir die Kolumne gefällt, läßt mich Casey etwas verwirrt zurück.

Q-Bert 25 Platin-Gamer - P - 56357 - 14. März 2020 - 14:53 #

Ja, die Play-Debatte hat noch lange in meinem Kopf gearbeitet, wie du siehst...

Inwiefern verwirrt dich Casey?

Elfant 25 Platin-Gamer - 63208 - 14. März 2020 - 15:29 #

Ich überlege, ob Du in der Egoperspektive mit einem unzuverlässigen Erzähler arbeitest (sprich ob seine Interaktion mit ihr real ist) und wenn nein ob sie noch lebt.

Q-Bert 25 Platin-Gamer - P - 56357 - 14. März 2020 - 15:33 #

Sie ist Opfer Nummer 4 von 6.

Elfant 25 Platin-Gamer - 63208 - 14. März 2020 - 16:25 #

Zählweisenproblem: Vor oder nach den Eltern?

Q-Bert 25 Platin-Gamer - P - 56357 - 14. März 2020 - 17:55 #

Vater, Mutter, Chef, Candy, Typ vor der Tür, er selbst. Vorausgesetzt, er hat niemanden vom Fenster aus auf der Straße getroffen.

Admiral Anger 27 Spiele-Experte - P - 83414 - 14. März 2020 - 18:13 #

Ich hatte den Text ja schon ein paar Mal gelesen, aber ich hab immer viel weniger Leute gezählt. O_o

Noodles 26 Spiele-Kenner - P - 75314 - 14. März 2020 - 18:15 #

Ich auch. Aber wenn man es weiß, lesen sich einige Sätze ganz anders. ;)

Q-Bert 25 Platin-Gamer - P - 56357 - 14. März 2020 - 18:34 #

Ist ja auch sehr subtil. Der Zeitablauf ist:
Mama "trifft" er beim Frühstück, "stolpert" dann über Papa. Papa lag also schon vorher da. "Durchschlagende Argumente" beim Chef, dann "schläft" die Sekretärin Casey ein. Die Bürotür "klemmt", weil davor ein weiterer Kollege liegt.

Admiral Anger 27 Spiele-Experte - P - 83414 - 14. März 2020 - 18:46 #

Beim ersten Lesen hatte ich den Rampage-Gedanken überhaupt noch nicht auf dem Schirm und dachte fast, dass sich die Gewalt am Ende nur gegen ihn selbst richtet - so als dramatischer Abgang vor dem Chef. Dann wäre es auf eine seltsame Art fast sowas wie ein Happy End gewesen...
*Alexa, spiel Where is my mind von den Pixies*

Cupcake Knight 18 Doppel-Voter - 11032 - 14. März 2020 - 18:55 #

Ging mir auch so.

Harry67 20 Gold-Gamer - - 24309 - 14. März 2020 - 20:21 #

Jupp. Hab es als reines Suizid-Drama gelesen, mich aber noch gewundert, dass er bei seiner Erfolgschance im realen Leben tatsächlich den Abzug gefunden hat.

iYork 18 Doppel-Voter - 9513 - 15. März 2020 - 3:18 #

Na klar weil jemand der viel Pech im Leben hatte und von anderen wie Scheiße behandelt wird zu doof ist an einem Hebel zu ziehen.

Harry67 20 Gold-Gamer - - 24309 - 15. März 2020 - 9:30 #

Ich hab es nicht als realistische Dokumentation eines Menschenlebens gelesen, sondern als holzschnittartige überspitzte Fiktion, ein Spielen mit Klischees.

Das Risiko für Gewaltverbrechen ist bei anderen psychischen Erkrankungen übrigens deutlich höher. Auch ein Studienergebnis, dass einen Zeitraum von 3 Jahren bei Depressiven untersuchte, kam auf 98% bei denen es nicht zu Gewalttaten kam.

Da Depression und Erfolglosigkeit aber sowieso zwei unterschiedliche Paar Schuhe sind, kann man an Q-Berts Fiktion eh nur künstlerische Maßstäbe anlegen. Ich habe die Dramaturgie halt etwas anders gelesen ;)

iYork 18 Doppel-Voter - 9513 - 15. März 2020 - 23:03 #

Äh ja. Ich versehe nicht was du sagen willst aber du wirst schon Unrecht haben.

Harry67 20 Gold-Gamer - - 24309 - 16. März 2020 - 6:31 #

Weil es ja es immer nur ums Recht haben geht ^^
Hat hier aus meiner Sicht gar nichts zu suchen ...

iYork 18 Doppel-Voter - 9513 - 5. April 2020 - 3:46 #

Das sagt ja genau der richtige.

Harry67 20 Gold-Gamer - - 24309 - 5. April 2020 - 6:23 #

... zu genau der richtigen.

Q-Bert 25 Platin-Gamer - P - 56357 - 15. März 2020 - 0:58 #

Meine größere Sorge war, dass der Leser "zu früh" bemerkt, worauf der Text hinausläuft - also schon beim ersten Lesen, bevor es zum letzten Absatz geht.

Ein dramatischer Abgang vor dem Chef, ohne das Arschloch mitzunehmen, ist MIR nun wiederum nie in den Sinn gekommen... das sagt dann wohl einiges über meine eigene Psyche aus <:]

Elfant 25 Platin-Gamer - 63208 - 15. März 2020 - 2:36 #

Die Ruhe durch die geschlossene Tür, war bei mir das entscheide Element.

Ich hing bei Casey, weil meine Zeitline falsch war beziehungsweise ich beide Caseys separieren wollte. Die mehreren Stunden und die zwei Tage in der Wohnung brachten mich dazu.

Wie schon mehrfach geschrieben, wurde ist es ein guter Text.

Admiral Anger 27 Spiele-Experte - P - 83414 - 15. März 2020 - 20:29 #

Vielleicht sagt das auch mehr über meine Psyche aus, weil jemanden sein Leben lang zu traumatisieren evtl. viel schlimmer als der Tod ist.

iYork 18 Doppel-Voter - 9513 - 15. März 2020 - 23:04 #

Solche Leute traumatisiert nichts. Die ärgern sich nur über den Fleck im Teppich.

Q-Bert 25 Platin-Gamer - P - 56357 - 16. März 2020 - 2:24 #

Ich glaube, ich bin da mehr bei iYork :)

Ich war ja jahrelang als externer Dienstleister bei einem fernsehbekannten Klingelton-Anbieter. Da war das so, dass Praktikanten über Monate hingehalten wurden und wenn die dann mal nach Geld gefragt haben, wurden sie nach draussen begleitet, es gab Hausverbot und die persönlichen Sachen wurden nachgeschickt. Kaum ein Tag, an dem ich vor Ort war, wo nicht ein junger Mensch heulend vor der Tür stand. Ich hab mich dabei immer gefragt, warum der Boss nie Angst hatte, dass mal abends jemand auf dem Parkplatz mit nem Baseballschläger auf ihn wartet...

Cupcake Knight 18 Doppel-Voter - 11032 - 16. März 2020 - 2:26 #

C-AAA-pitalism, wobei es hier nicht um Games geht.
Aber wie kann man so ein Verhalten an den Tag legen und dann ruhig ins Bett gehen?

Q-Bert 25 Platin-Gamer - P - 56357 - 16. März 2020 - 4:36 #

Müsste man mal seine Frau fragen :) Aber als (laut Forbes) einer der 2000 reichsten Menschen der Welt kann man das anscheinend. Für seinen Führungsstil ist Oliver seit Jahren berüchtigt:
https://www.handelsblatt.com/finanzen/maerkte/ipo/rocket-internet-masche-unberechenbarer-fuehrungsstil/10611654-4.html

Ich hatte wenig mit Oliver direkt zu tun, aber ein paar Mal sind wir auch aneinander gerasselt. Er hat sich nen "Spaß" draus gemacht, unmögliche Aufgaben zu stellen wie "bis morgen früh liefert ihr 50 schwarze PCs oder ihr seid raus!"... wir haben dann EINEN schwarzen PC geliefert, das Ding an seinen Schreibtisch gestellt und er hat nie wieder nachgefragt. Manche Menschen wollen verarscht werden.

Die Sache mit den Praktis war viel heftiger. Und selbst, wenn ihn das schlechte Gewissen nicht um den Schlaf bringt, so muss ihm doch klar sein, dass er rein statistisch gesehen irgendwann an einen Psychopathen geraten kann, der das nicht einfach runterschluckt. Vielleicht ist das der Unterschied: Ich traue anderen Menschen wirklich jedes Verbrechen zu - und bin deswegen fast immer nett zu allen :)

Danywilde 30 Pro-Gamer - P - 163008 - 18. März 2020 - 13:16 #

Ich habe das mit Parkplatz und Angriff indirekt miterleben müssen, war ein Kunde von einem Freund von mir. Ich kannte beide von gemeinsamen Weihnachtsfeiern.

Die Assistentin eines Geschäftsführers wurde von ihm über Jahre erniedrigt und hat nie was gesagt oder sich gewehrt. Einmal war es dann zu viel und sie hat ihn Abends im Büro erstochen und sich anschließend selbst getötet. Die ersten Kollegen haben das am nächsten Morgen dann entdecken dürfen.

Q-Bert 25 Platin-Gamer - P - 56357 - 18. März 2020 - 19:14 #

Schlimm :( Dass sowas passiert, wundert mich leider gar nicht - eher wundere ich mich darüber, dass es anscheinend sehr selten passiert.

Was ich persönlich gar nicht nachvollziehen kann, ist, warum manche Leute Ärger so lange in sich hinein fressen. Wenn mir was nicht passt, dann sage ich es sofort oder bei der nächsten Gelegenheit, damit sich gar nicht erst irgendwas anstaut. Aber ich hab das auch schon erlebt, dass ein Angestellter nach fast 10 Jahren gekündigt hat und mir dann einen Schwall von Vorwürfen gemacht hat, was ihm alles nicht gefallen hat ... ich hab ihn nur gefragt, warum er NACH seiner Kündigung damit ankommt?! Wenn er ein paar Jahre vorher was gesagt hätte, hätten wir einiges ändern können bzw. auch Missverständnisse ausräumen.

Drapondur 30 Pro-Gamer - - 161753 - 14. März 2020 - 14:09 #

Schöner Artikel. Regt zum Nachdenken an.

Jürgen (unregistriert) 14. März 2020 - 14:12 #

Ich hab Dir ja im Vorfeld bereits geschrieben, dass ich diesen Artikel hier für Deine bisher beste Leistung halte. Leider kann ich nur drei Kudos vergeben.

Hendrik 28 Party-Gamer - P - 105030 - 14. März 2020 - 14:12 #

Harter Stoff. Danke Micha.

TSH-Lightning 26 Spiele-Kenner - - 65103 - 14. März 2020 - 14:24 #

Toll geschrieben, aber ich mag es nicht. Das zieht einen beim Lesen ja schon runter.

Q-Bert 25 Platin-Gamer - P - 56357 - 14. März 2020 - 15:24 #

Kann ich verstehen. Der Text ist ein bisschen wie „This war of mine“. Ständig will ich solche düsteren Sachen nicht sehen. Ab und zu mal finde ich es okay, auch wenn das Spiel keinen „Spass“ im engeren Sinne macht.

Labrador Nelson 31 Gamer-Veteran - P - 266485 - 14. März 2020 - 17:46 #

Guter Text. Hat mich durchweg gefesselt. Schön geschrieben. Danke. Hier hat die Katharsis nur leider ihre Wirkung verfehlt, wenn ich das richtig verstehe.

Q-Bert 25 Platin-Gamer - P - 56357 - 14. März 2020 - 18:13 #

Laut Wiki gilt die Katharsis-These unter Fachleuten als widerlegt. Es funktioniert wohl nicht, z.B. im Keller auf nen Sandsack einzuprügeln, um Aggression abzubauen. Ich selbst bin mir da nicht sicher und neige eher dazu zu glauben, dass es kurzfristig befreiend wirken kann, in nem Spiel einfach mal Dampf abzulassen.

In meiner Geschichte fehlt am Ende das Licht im dunklen Dungeon der Gefühle, das "Torchlight". Es bleibt offen, ob die Sache damit vielleicht anders ausgegangen wäre.

Admiral Anger 27 Spiele-Experte - P - 83414 - 14. März 2020 - 19:07 #

Für mich persönlich funktioniert diese ganze These nur in die andere Richtung, aber ich habe auch keine Aggressionsprobleme. Manchmal kann es eben auch ganz schön sein, wenn man gewollt traurig ist.

Labrador Nelson 31 Gamer-Veteran - P - 266485 - 14. März 2020 - 20:07 #

Ich komm da eher aus der klassisch griechischen Katharsis-Vorstellung der Seelenreinigung durch die Betrachtung und Rezeption eines Dramas oder Tragödie. Ein Held oder Protagonist kann für mich stellvertretend etwas durchleben und mich dadurch von Gefühlen jeder Art, Affekten, Leidenschaften, Anhaftungen, Stress, Trauer oder was auch immer "befreien". Das denke ich ist in Kunst und Kultur immer noch geltend und nicht wie in der modernen Psychologie teilweise widerlegt. Wobei auch da die Meinungen auseinandergehen. Katharsis scheint heutzutage immer noch in Film, Fernsehen und Theater zu funktionieren.

Q-Bert 25 Platin-Gamer - P - 56357 - 15. März 2020 - 0:47 #

Dann besteht noch Hoffnung, dass wir spielend die Welt retten :)

Cupcake Knight 18 Doppel-Voter - 11032 - 14. März 2020 - 18:57 #

Irgendwie musste ich beim Lesen und nach deinen Kommentaren an den Film We need to talk about Kevin und das Buch Ich oder Ich (wobei es da um Schizophrenie und „nur“ den Mord an seinem Vater geht. Was eine reale Geschichte ist ) denken.

Q-Bert 25 Platin-Gamer - P - 56357 - 14. März 2020 - 19:31 #

Hm, kenne weder Buch noch Film, aber We need to talk about Kevin werd ich mir mal irgendwo besorgen...

Necromanus 20 Gold-Gamer - - 23096 - 14. März 2020 - 20:46 #

Ja Depressionen sind eine teuflische Sache. Andere tun sich sehr schwer es zu erkennen und dem Kranken zu helfen.

Sehr gut geschrieben Q-Bert, wie immer.

Extrapanzer 17 Shapeshifter - P - 7552 - 15. März 2020 - 0:49 #

Wenn das mit der (professionellen) Hilfe mal so einfach wäre ...
Im Februar hat sich ein junger Verwandter ziemlich gut informiert vergiftet und damit das Leben genommen, mitten in der Klausurphase des ersten Semesters. Wie so viel im Leben, ist er das sehr professionell angegangen, hat sich gut informiert, die letzten Stunden akribisch geplant, den Rettungswagen gerufen, als es bereits zu spät war, aber so früh, dass keine Zweifel aufkommen (Fremdverschulden, etc.).
Was sein enges Umfeld die letzten Wochen als Stimmungshoch wahrgenommen hat, war in Wirklichkeit Phase 3, die Lebensfreude resultierte daraus, dass er Methode und Termin festgesetzt hatte, die Last des Lebens endlich von ihm abfiel.
Die Alarmsignale wurden ignoriert, niemand fragte sich, wieso er in der heißen Phase nicht am Schreibtisch sitzt und lernt, sondern zuhause hockte, teilweise sogar werktags, obwohl noch Vorlesungszeit war.
Vorgeschichte war vorhanden ( Therapieversuche, jahrelang "Prozac", etc.)
Hinterher ist man immer schlauer!
Ich sehe erschreckend viele Parallelen zu einem weiteren Selbstmord in der Familie, auch da waren die primären Probleme abgestellt, ein neues Leben in einer neuen Stadt aufgebaut. Auch damals hat es nicht geholfen. Kurz nach der Entlassung aus der geschlossenen Psychotherapie passierte hier der Selbstmord, insgesamt 8 Jahre nach dem Neustart in der neuen Stadt.
Meine Hobby-Diagnose erspare ich Euch, aber ich würde gerne mal ausprobieren, solche Menschen in ein 24/7-All-Inklusive-Hotel zu stecken, ohne äußere Zwänge wie Wecker stellen, 8 Std. funktionieren, Erniedrigung im Job-Center, Freitag Treppe putzen, eigene Wohnung aufräumen, etc.

Cupcake Knight 18 Doppel-Voter - 11032 - 15. März 2020 - 1:59 #

Das ist unter Umständen egal, also die äußeren Umstände.

Q-Bert 25 Platin-Gamer - P - 56357 - 15. März 2020 - 2:19 #

Danke erstmal für deinen Kommentar. Einen tatsächlichen Suizid im direkten Umfeld habe ich zum Glück nicht erlebt - mein Beileid.

Einige sehr enge Freunde leiden unter Depression. Ich weiß nicht, ob es "richtig" ist, ich bin kein Psychologe, aber ich denke, Kommunikation macht etwas mit Menschen. Manchmal spreche ich das Thema von selbst an und auch so beiläufige Sätze wie "macht alles keinen Sinn mehr" lasse ich nie umkommentiert. Oft ist es aber auch so, wenn man ein paar Stunden zusammensitzt, dann kommt das Thema ganz von selbst auf die Depression. Schon allein das Reden hilft, ist mein Eindruck. Oder ich hoffe es zumindest.

>>> ich würde gerne mal ausprobieren, solche Menschen in ein 24/7-All-Inklusive-Hotel zu stecken

Eine gute Freundin lebt seit Jahren in einem Quasi-24/7-All-Incl-Hotel. Sie schläft 12 Stunden am Tag, manchmal steht sie gar nicht auf. Sie hat keinerlei äußere Zwänge, keine Pflichten (alles nur "optional", wenn sie in der Lage ist, etwas zu tun), auch Geld ist genug da, weil ihr Mann gut verdient. Da denkt jeder zuerst "Hä? Was hat DIE denn für Probleme im Leben??". Sie ist trotzdem der schwerste Fall in meinem Umfeld, da sie auch kaum noch jemanden emotional an sich ranlässt. :[

iYork 18 Doppel-Voter - 9513 - 15. März 2020 - 3:12 #

Ich sollte es vorher schon lesen aber es geht wieder unter die Haut, Mikey. Ich kenne einige der Situationen leider zu gut.

rammmses 22 Motivator - P - 32639 - 15. März 2020 - 3:29 #

Das ist ziemlich gut finde ich. Den Erklärbär darunter und in Kommentaren würde ich aber sein lassen.

Q-Bert 25 Platin-Gamer - P - 56357 - 15. März 2020 - 14:17 #

Der Infokasten ist beim Thema Suizid dringend empfohlen, ethischer Codex im Journalismus. Die Diskussion in den Kommentaren ist natürlich nicht zwingend, aber für mich ein wichtiger Grund, solche Texte zu schreiben :)

Slaytanic 25 Platin-Gamer - - 62062 - 15. März 2020 - 23:30 #

Vielen Dank für die Q-Lumne.

TheRaffer 23 Langzeituser - P - 40297 - 17. März 2020 - 12:09 #

Okay, ich gebe zu, ich habe die Kommentare gebraucht, um zu verstehen, was ich da oben gelesen habe. :(

Q-Bert 25 Platin-Gamer - P - 56357 - 17. März 2020 - 18:40 #

Wer weiss? Vielleicht ist meine Interpretation ja völlig falsch? ^^

TheRaffer 23 Langzeituser - P - 40297 - 17. März 2020 - 20:41 #

Das bezweifle ich. ;)

Q-lumnen sind für mich immer eine Art Wundertüte: Ich öffne sie und weiß entweder innerhalb von ein paar Sekunden worauf du hinaus willst oder ich löse das Rätsel nie. Diesmal gab es ja dankenswerterweise Interpretationshilfen dazu.

Ganon 27 Spiele-Experte - - 83898 - 19. März 2020 - 13:19 #

Brim Lesen der Kommentare stelle ich fest, dass ich den Text nicht aufmerksam genug gelesen habe - oder zu blöd für so viel Subtilität bin. ;-)

Q-Bert 25 Platin-Gamer - P - 56357 - 19. März 2020 - 18:03 #

Das ist eine Q-lumne mit hohem Wiederlesewert.
Deswegen ist sie auch absichtlich so kurz :]