Pocket City 2

Pocket City 2 User-Artikel

City Builder für iOS & Android

Nischenliebhaber / 6. Mai 2023 - 2:04 — vor 50 Wochen aktualisiert
Steckbrief
AndroidiOS
Strategie
Aufbauspiel
Codebrew Games
Codebrew Games
08.04.2023
Link

Teaser

Anfang April erschien für iOS und Android Pocket City 2 - ein City Builder ohne Free-to-Play-Mechanik oder Werbung. Ich habe mir den Titel näher angeschaut und gebe euch eine Einschätzung.
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Wer in den App Stores von Apple und Google nach Städtebau-Simulationen sucht, findet zahlreiche Titel. Doch eines haben sie gemeinsam: Es sind Free-to-Play-Spiele. Das Gameplay besteht nicht darin, eine Strategie zu entwickeln, sondern diese Spiele nerven mit Wartezeiten und anderen Spielzeitverlängerungen - es sei denn natürlich, man investiert richtig viel Geld. In diesem Markt hat der kanadische Entwickler Bobby Li 2018 mit Pocket City nicht nur einen Anachronismus, sondern auch einen echten Überraschungserfolg veröffentlicht. Ein Spiel komplett ohne Werbung und Mikrotransaktionen und mit dem Gameplay-Loop, den man aus alten SimCity-Zeiten kennt. Das kam nicht nur bei den Kritikern, sondern auch bei den Spielern gut an. Allein im App Store von Google wurde das Spiel über eine Million Mal heruntergeladen - ein beachtlicher Erfolg für eine kostenpflichtige App.

Dennoch blieb auch Pocket City nicht frei von Kritik. So wurden häufig fehlende Inhalte im Endgame und mangelnde Langzeitmotivation bemängelt. Wer einmal alles freigeschaltet hatte, war durch und es gab keine Herausforderung mehr. Anfang April erschien nun der zweite Teil von Pocket City - mit dem Versprechen, mehr Inhalte und ein besseres Gameplay zu bieten.

Nun habe ich die ersten 10 Stunden in Pocket City 2 hinter mir und bevor ich mit meinem User-Test beginne, ein paar Worte zu meinem Genre-Hintergrund: Ich habe in den 90er Jahren sehr gerne Aufbausimulationen wie SimCity oder Theme Park gespielt. Als das Genre dann immer komplexer wurde, hat es mich irgendwann verloren. Ich mag es von der Spielmechanik her lieber übersichtlich. Erst Cities: Skylines konnte mich wieder vollends begeistern, da hier der Fokus mehr auf das Gestalten der Welt liegt.
 

Vertrautes Gameplay

Wenn ihr das Spiel startet, findet ihr euch auf einem kleinen Ausschnitt einer großen Karte wieder. Wie im Vorgängerspiel müsst ihr nach und nach neue Gebiete kaufen. Doch so weit ist es noch nicht. Am Anfang steht das Rathaus. Hier werden nicht nur die Steuern festgelegt, sondern auch Forschungspunkte gegen neue Technologien zur Energiegewinnung und Stadtprogramme für Bildung oder Tourismus eingetauscht. Außerdem hat man von hier aus Zugriff auf alle relevanten Statistiken der Stadt. Jetzt geht es aber erst einmal darum, die ersten Gebiete zu bauen. Wie in SimCity gibt es auch in Pocket City 2 drei entscheidende Zonen: Wohnen, Industrie und Handel. Drei kleine Balken am oberen Bildschirmrand zeigen jederzeit an, welche Zone gerade benötigt wird. Natürlich sollten Wohn- und Industriegebiete weit voneinander entfernt sein - niemand möchte neben Fabriken wohnen. Am besten füllt ihr den Raum zwischen Industrie und Wohnen mit Geschäften, Natur, Freizeitangeboten und Sehenswürdigkeiten. Natürlich braucht ihr auch Energie wie Strom und Wasser, und der Inhalt der Kanalisation muss geklärt werden. Doch in den ersten Stunden bleibt euch nichts anderes übrig, als die Seen zu verschmutzen und Müllberge anzuhäufen.
Märkte und Straßenfeste sind gute Möglichkeiten um Geld einzunehmen und der Bevölkerung Abwechslung zu bieten.

Der Einstieg ist sehr intuitiv. Jedes Element auf dem Bildschirm wird erklärt und die verschiedenen Quests nehmen euch an die Hand. Beispiele für Quests wären: Ausbau von bestimmten Gebäuden, den Wert eines bestimmten Bereiches wie Bildung zu erhöhen oder auch das erfolgreiche Abschließen eines Minispiels.

Jede Bevölkerungsgruppe, aber auch jeder Bereich wie Bildung, Medizin oder Handel hat einen eigenen Vertreter, mit denen ihr euch im Laufe des Spiels anfreundet. Entweder indem ihr deren Aufgaben erfüllt oder ihnen Geschenke macht. Erledigte Quests bringen euch zusätzlich Geld, Forschungspunkte oder auch Ressourcen. Das Spiel verfügt über ein einfaches Ressourcenmanagement. Setzt ihr Bauernhöfe auf ein Feld, beginnen diese Nahrungsmittel zu produzieren. Holzfäller in einem Wald produzieren Holz. Und es gibt Steinvorkommen, die im Tagebau wertvolle Mineralien liefern. Diese können entweder am Hafen verkauft oder zum Beispiel zum Aufwerten eigener Gebäude wie Feuerwehr oder Polizei genutzt werden. So entsteht ein einfacher Warenkreislauf, der aber bei weitem nicht die Komplexität wie zum Beispiel in der Anno-Reihe erlangt.
 
Die Statistiken geben Auskunft über Potential zur Verbesserung.
Und so breitet ihr euch immer weiter aus. Die Stadt wächst und gedeiht, und mit Hilfe von Erfahrungspunkten steigt ihr eine von 100 Stufen auf. Durch das Erreichen bestimmter Stufen, aber auch durch die Freundschaft zu den Einwohnern, werden nach und nach neue Gebäude und Spielelemente freigeschaltet. So bringen zum Beispiel Plakatwände Einnahmen. Wer dagegen Hotels an touristischen Hotspots wie Freizeitparks oder Sehenswürdigkeiten platziert, kann mit Touristen rechnen. Und in regelmäßigen Abständen können Events wie Stadtteilfeste und Märkte veranstaltet werden. Bei Erfolg steigert man so die Zufriedenheit der Bevölkerung und generiert weitere Einnahmen. Aber Vorsicht: Der Erfolg hängt von verschiedenen Faktoren wie Tageszeit und Wetter ab. Ein Stadtfest am frühen Morgen bei Regen macht wenig Sinn.
 

Erkunden wir die Stadt aus der Third-Person-Perspektive

Jeder, der schon einmal eine Städtebau-Simulation gespielt hat, kennt diesen Moment: Man hat endlich neue Technologien freigeschaltet und die Stromerzeugung nachhaltiger ausgerichtet. Das hat viel Geld gekostet! Jetzt möchte man vielleicht eine neue Straßenbahnlinie bauen, um den Verkehr zu entlasten. Aber nun heißt es warten, bis die Steuereinnahmen wieder genug Geld bringen. Die meiste Zeit sitzt man vor dem Bildschirm und hat nichts zu tun.

Das dachte sich wohl auch der Entwickler und so gibt es in Pocket City 2 neben der Simulation noch eine weitere Ebene: Man kann die Stadt jederzeit in 3D erkunden! Bevor jetzt die Erwartungen in die Höhe schießen: Wir reden hier nicht von einer aufwendigen Open World à la GTA V, an der hunderte Entwickler gearbeitet haben. Vielmehr wird die Stadt in der 3D-Ebene so dargestellt, wie sie gebaut wurde. Die Grafik ist sehr blockhaft und erinnert an Mitte der 90er Jahre, oder wie man heute sagen würde: „Low Poly“. Trotzdem: Vor dem Hintergrund, dass das Spiel von einer einzelnen Person entwickelt wurde, ist es immer noch beeindruckend.
Als Bürgermeister Taxi fahren? Kein Problem! Während des Spielverlaufs werden etliche Minispiele freigeschaltet.

Was könnt ihr in dieser Welt tun? Manchmal könnt ihr mit den Bewohnern interagieren, zum Beispiel wenn es darum geht, bei einem Unfall Erste Hilfe zu leisten oder wenn eine alte Frau einen illegalen Straßenmarkt organisiert. Mit der Zeit werden auch viele Minispiele freigeschaltet. So gibt es zum Beispiel von Anfang an die Möglichkeit, Taxi zu fahren. Und nach dem Bau eines Basketballplatzes hat man auch die Möglichkeit, ein paar Bälle zu werfen. Oder ihr geht in das Schulgebäude und sucht nach Notizen - eine sehr schöne Möglichkeit schnell an Forschungspunkte zu kommen. Und dann sind überall Schatzkisten versteckt - ob auf den Dächern oder im Wald. In ihnen findet ihr zum Beispiel Einrichtungsgegenstände für das eigene Haus. Diese können aber auch in den gebauten Läden gekauft werden. Oder wie wäre es, als Bürgermeister an illegalen Straßenrennen teilzunehmen? Während der Kampagne werden in der Tat zahlreiche Möglichkeiten freigeschaltet, sich abzulenken.

Auch ein Zeitvertreib: Ihr könnt euch ein eigenes Haus kaufen und es mit verschiedenen Möbeln einrichten. Oder ihr geht ins Tierheim und adoptiert ein Haustier? Wenn euer Haus geschmackvoll eingerichtet ist, wird die nächste Party mit allen wichtigen Leuten der Stadt bestimmt ein voller Erfolg. Ja, ihr habt richtig gelesen. Ihr könnt sogar Partys schmeißen. Aber erwartet keine soziale Interaktion wie bei den Sims.

Das alles hört sich wie fürchterliches Feature Creep aus der Hölle an. Und ja, einiges ist auch nicht richtig ausgereift. Manchmal, wie bei den Straßenrennen, zickt auch gerne mal die Steuerung (oder ich bin zu alt für die Touch-Steuerung). Diese Aktivitäten helfen trotzdem ein lebendiges Gefühl für die eigene Stadt zu bekommen. Und für 5-10 Minuten sind die Minispiele allemal unterhaltsam. Also genau die Zeit, die man sonst nur mit dem oben erwähnten Warten auf mehr Geld verbringen würde.
 

Wertschätzung

Kommen wir nun zum Fazit. Der Simulationsteil ist - wie im Vorgänger - sehr gelungen. Die Steuerung über den Touchscreen macht Spaß, die Navigation ist sehr übersichtlich gestaltet und die Stadt zu bauen, stellt für mich das Highlight des Spiels dar. Für Freunde des schönen Bauens gibt es mit Gebäuden aus unterschiedlichen Bereichen, verschiedenen Straßen, Wegen, Pflanzen und Bergen genügend Möglichkeiten. Natürlich erreicht das Spiel zu keinem Zeitpunkt die gestalterische Tiefe von Cities: Skylines. Das sollte auch nicht euer Anspruch sein. Trotzdem lassen sich mit der Zeit wirklich schöne Szenarien erstellen. Und auch der spielerische Anspruch kommt in den ersten Stunden nicht zu kurz, da Ausgaben und Einnahmen oft berücksichtigt werden wollen.

Der ganze Teil mit der Stadterkundung, den Minispielen und dem simplen „Sozialsystem“ fällt dagegen deutlich ab. Vieles davon ist rein optional und kann ignoriert werden. Trotzdem merkt man hier die Einschränkung, dass das Spiel von einem einzelnen Entwickler programmiert wurde. Was hätte wohl ein ganzes Team hervorgebracht? Für den kurzen Zeitvertreib zwischendurch ist dieser Teil des Spiels dennoch recht unterhaltsam. Durch seinen optionalen Charakter ist er nicht so schlecht, dass er meinen positiven Gesamteindruck schmälern würde.

Wer eine nette Städtebausimulation ohne Werbung und Free-to-Play-Mechanik für sein Tablet sucht, sollte sich Pocket City 2 auf jeden Fall anschauen. Für den aufgerufenen Preis von 5,99€ wird einiges an Inhalt geboten. Vorausgesetzt, das Erwartungsmanagement stimmt: Wer auf ein mobiles Cities: Skylines gehofft hat, wird definitiv enttäuscht werden. Dafür ist Pocket City 2 eine gute Alternative zu all den Free-to-Play-Spielen in den App Stores.
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Katastrophenalarm! Was gibt es schöneres, als die eigene Stadt in Schutt und Asche zu legen?
Nischenliebhaber 6. Mai 2023 - 2:04 — vor 50 Wochen aktualisiert
TheLastToKnow 30 Pro-Gamer - - 125259 - 6. Mai 2023 - 8:52 #

Danke für den Artikel! Lohnt es sich, den zweiten Teil zu spielen, wenn man im ersten schon alles gesehen hat? Sorgen die Neuerungen für etwas mehr Langzeitspielspaß?

Nischenliebhaber 18 Doppel-Voter - 10919 - 6. Mai 2023 - 9:54 #

In meinem Erleben schon. Also der Umfang ist wesentlich größer. Beim ersten Teil war man in meiner Erinnerung nach ein paar Stunden durch. How Long to Beat scheint meine Erinnerung zu bestätigen. Jetzt nach 15 Stunden kann ich sagen, dass ich bei Stadtlevel 65 bin, also noch ein ganzes Stück entfernt von 100 Stadtstufen.

Es kommt aber stark darauf an, was für ein Spielertyp man ist. Ich beispielsweise habe doch mehr Spaß daran mir mein Haus einzurichten und auch einige Minispiele machen mir mehr Spaß als ich mir das eingestehen möchte. Allein das weitet die Spielzeit ungemein aus. Wenn man die im Artikel beschriebene Mechanik rund um die Minispiele ignoriert, kann ich mir vorstellen, dass man wesentlich schneller vorankommt.

TheLastToKnow 30 Pro-Gamer - - 125259 - 6. Mai 2023 - 10:17 #

Klingt gut, das probiere ich aus. Danke

euph 30 Pro-Gamer - P - 130155 - 6. Mai 2023 - 10:08 #

Klingt interessant, aber auf ios kaufe ich keine Spiele mehr. Dann kommt wieder irgend ein Update und die App läuft nicht mehr. Darauf habe ich keine Lust.

Jürgen (unregistriert) 6. Mai 2023 - 10:43 #

So sieht es leider aus. Ich trauere meiner Infocom-App hinterher.

Nischenliebhaber 18 Doppel-Voter - 10919 - 6. Mai 2023 - 11:16 #

Lost Treasures of Infocom? Habe ich noch auf nem alten iPad 2 mit iOS 6. :D
Echt tragisch wie viele tausend gute iOS Spiele in den letzten 14 Jahren verschwunden sind.

Jürgen (unregistriert) 6. Mai 2023 - 11:28 #

Genau das. :(

Moriarty1779 19 Megatalent - - 17151 - 6. Mai 2023 - 13:22 #

Cool, danke! Bei all den F2P-Citybauspielen ist ein Überblick echt schwer…

Der Marian 21 AAA-Gamer - P - 29632 - 6. Mai 2023 - 13:43 #

Aber dies ist ja nun gar kein f2p, oder was meintest du?

Nischenliebhaber 18 Doppel-Voter - 10919 - 6. Mai 2023 - 13:48 #

Er meint, dass solche Spiele ohne F2P zwischen den Wust an F2P Titeln gnadenlos untergehen. Insbesondere im App Store von Google. In Apples App Store ist das IMO etwas besser. Aber auch nicht viel.

Es macht in beiden App Stores schlicht keinen Spaß einfach mal zu stöbern.

Moriarty1779 19 Megatalent - - 17151 - 6. Mai 2023 - 14:12 #

Genau das, hatte das etwas missverständlich geschrieben

Sokar 24 Trolljäger - - 48142 - 10. Mai 2023 - 12:23 #

Danke für den Artikel. Bei heise gab es die Tage ein interessantes Interview mit dem Entwickler: https://www.heise.de/hintergrund/Staedtebau-zum-Einmalpreis-Warum-Pocket-City-2-gegen-den-Strom-schwimmt-8979711.html

Ich bin bei Pocket City 2 etwas hin und her gerissen. Auf der einen Seite finde ich es gut, einen Gegenpol zu den immer komplexer werdenden und mit Features noch und nöcher vollgestopften Spiele zu haben (Hallo Anno 1800). Viele Klassiker haben im Kern eigentlich nur recht einfache Spielmechaniken, und die haben auch Spaß gemacht.
Andererseits: es ist ein Mobile-Spiel. Selbst ohne F2P und Vorurteile: ich spiele darauf nur sehr wenig. Wenn es für PC portiert würde, wäre ich sofort dabei. Stilsichere Low-Poly-Grafik sieht auch auf 27" gut aus ;)

Nischenliebhaber 18 Doppel-Voter - 10919 - 10. Mai 2023 - 15:33 #

Ich denke, dass es einen PC Port früher oder später geben wird. Der erste Teil ist letztes Jahr auch auf Steam erschienen.

Ich denke aber auch, dass das wohl noch dauern wird. Erstmal wird er das Spiel mit allen Features fertig stellen wollen, eh er sich an die Ports macht. Sonst würde das als Einzelentwickler nur Chaos geben, müsste er mehrere Plattformen gleichzeitig bedienen.

Wenn Du gar nicht warten kannst, kannst Du ja mal einen Android Emulator wie LD Player eine Chance geben. :-) https://www.ldplayer.net

TheRaffer 23 Langzeituser - P - 40313 - 14. Mai 2023 - 10:38 #

Klingt ja nach einem schönen Zeitvertreib. Die Plattform schrängt mich akut noch ein, aber eventuell kommt ja mal ein PC Port. :)