Spiele sind im Grunde Wettkämpfe bedeutsamer und uneindeutiger Entscheidungen. Im Folgenden sollen zwei besondere Formen dieser Entscheidungen, „No-Brainer” und „Brain-Burner”, zunächst definiert und anschließend anhand diverser Beispiele in Beziehung zueinander gesetzt werden.
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Spielen ohne Hirn
Sogenannte
„No-Brainer” sind Entscheidungen, die sich selbst treffen. Entscheidungen, mit denen Spieler moderner Videogames am laufenden Band konfrontiert werden: „Soll ich das +2-Schwert ausrüsten und mein +1-Schwert verkaufen?” oder „Soll ich hinter der zufällig(?) hier rumstehenden Kiste in Deckung gehen oder blind ins Sichtfeld meiner Feinde rennen?” und so weiter. Es gibt hier eine
eindeutig beste Alternative und jede – nicht mal furchtbar schlaue – künstliche Intelligenz könnte die Entscheidung genauso gut und optimal treffen wie ein jeder Spieler. Warum wird der Spieler also überhaupt gefragt? Ist in diesem Fall nicht der bloße Prozess des „Entscheidens” Zeitverschwendung? Ganz ähnlich verhält es sich übrigens in Fällen, in denen der Spieler
überhaupt keine Informationen hat, die die Entscheidung beeinflussen könnten: „Kopf oder Zahl?” Diese Entscheidung kann ein weiterer vorhergehender Münzwurf genauso kompetent treffen wie jede Form von Intelligenz. Ein weiteres Beispiel: „+1 Angriff oder +1 Verteidigung?”
Potenziell interessante Entscheidungen sind also solche, bei denen der Spieler mehr als 0 % (Raten), jedoch weniger als 100 % (Wissen) an Informationen hat.
Spielen mit Kopfschmerzen
Ein weiteres Phänomen, das der Effizienz von Spielen (als Wettkämpfe uneindeutigen Entscheidens) gefährlich werden kann, ist jedoch gänzlich anderer Natur: Als „Brain-Burner” werden Spiele bezeichnet, die die Spieler mit sehr vielen Möglichkeiten ausstatten und gleichzeitig mit ausreichend Informationen versorgen, die es sinnvoll erscheinen lassen, über all diese Möglichkeiten etwa gleich intensiv nachzudenken. Häufig einhergehend mit dieser Beobachtung ist eine Spieler-„Krankheit” namens „Analysis Paralysis”. Spieler mit „AP” können sich – generell, jedoch insbesondere beim Spielen von „Brain-Burnern” – nicht davon lösen, tatsächlich jede mögliche Aktion so weit wie möglich zu durchdenken. Sie können nicht „einfach aufhören” mit ihrer Analyse und irgendeinen „wahrscheinlich guten” Zug machen, sondern müssen davon überzeugt sein, einen sehr guten beziehungsweise sogar „den besten” Zug gefunden zu haben. Natürlich ist das Auftreten dieser mentalen Lähmung von Spieler zu Spieler verschieden, jedoch können bestimmte Strukturen von Entscheidungen in Spielen dieses Verhalten bei nahezu jedem Teilnehmer forcieren.
Angenehm zu treffende Entscheidungen sind also solche, bei denen der Spieler nicht übermäßig viele Möglichkeiten zur Auswahl hat, die auf den ersten Blick alle gleichwertig erscheinen und sich erst bei tiefgreifender Analyse qualitativ unterscheiden.
Beispiele
Im
Schach gibt es im Prinzip keine „No-Brainer”-Entscheidungen, abgesehen von den Situationen, in denen der eigene König im Schach steht und es nur eine bzw. eine sinnvolle Möglichkeit gibt, dies aufzulösen. Auf der anderen Seite hat Schach jedoch enormes „Brain-Burner”-Potenzial: Um das Spiel auf einem vernünftigen Niveau zu spielen, ist es absolut
notwendig, eine große Anzahl der möglichen eigenen Züge – und die möglicherweise darauf folgenden des Gegners – zu durchdenken, denn dies ist schließlich (menschen-)möglich. Und es sollte am besten auch noch möglichst schnell passieren, denn in der Regel ist die Bedenkzeit begrenzt, spätestens durch die Ungeduld des Gegners. Dadurch artet Schach gerade für Einsteiger schnell in Stress aus.
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19 x 19 ist sicher nicht das Ende. |
Interessanterweise hat
Go, ein noch abstrakteres Brettspiel, dieses Problem nicht in diesem Maße, denn hier ist die Anzahl der möglichen Aktionen so groß, dass die „Brute-Force”-Methode nicht mehr sinnvoll ist. Stattdessen spielt Intuition eine größere Rolle. Anders ausgedrückt: Go hat eine höhere Toleranz für suboptimale Züge als Schach (Frank Lantz nennt das
„Donkey Space”).
Neuroshima Hex gilt als
Taktikspiel, das heißt es setzt den Fokus auf sich kurzfristig auswirkende Entscheidungen. Das allein ist schon ein Indikator dafür, dass wahrscheinlich kein „Brain-Burner” vorliegt. Dennoch hat der Spieler in den meisten Zügen relativ viele Möglichkeiten, wo und wie er seine Einheiten auf dem Spielfeld platziert. Der „Brain-Burner”-Gefahr entgeht das Spiel jedoch durch die ausgiebige Nutzung vom größten Feind jeder Vorausplanung: Zufall. Der Spieler zieht, sobald er an der Reihe ist, drei Plättchen. Von diesen muss er eines verwerfen und zwei einsetzen. In der nächsten Runde werden drei neue Plättchen gezogen. Das heißt der Spieler hat keinerlei beziehungsweise nur sehr bedingt die Möglichkeit, überhaupt vorauszuplanen. Jedoch ergeben sich daraus Probleme ganz anderer Natur: Spiele zwischen gleichermaßen fähigen Kontrahenten laufen auf einen Glückswettbewerb hinaus. Zudem kann es vorkommen, dass in einer gegebenen Situation völlig unbrauchbare Plättchen gezogen werden, die sich quasi „von selbst verwerfen” (es treten also „No-Brainer” auf).
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For The Win! |
Besser macht es For The Win. Auch hier handelt es sich nach weit verbreiteter Ansicht um ein in erster Linie taktisches Spiel, jedoch gibt es keinerlei Zufallselemente, die die Auswirkungen der getroffenen Entscheidungen reduzieren könnten. Der Spieler kann zwar in beschränktem Maße vorausplanen, jedoch ändert sich die Gesamtsituation durch die Reaktion (beziehungsweise Reaktionen, denn die Anzahl der Aktionen pro Runde liegt wahlweise bei einer oder zwei) des Gegners auf unterschiedlichste Weisen regelmäßig so stark, dass es sich bei den zu treffenden Entscheidungen in der Regel um eine Frage nach dem bestmöglichen Zug allein in der aktuell gegebenen Situation handelt.
Interessanter Beitrag - allerdings bringe ich Teile deines Fazits nicht ganz mit deinen Erläuterungen vorher überein. Habe jetzt leider keine Zeit ausführlicher zu werden, werde mich aber sicher später noch einmal äußern.
Guter Artikel. Insbesondere das erste Beispiel mit dem "+1 oder +2 Schwert" findet man doch leider sehr häufig in Spielen. Wie sieht es denn aus, wenn das +1 und +2-Schwert noch weitere unterschiedliche Eigenschaften haben? Ist es dann Wissen oder Raten?
Zum Thema Analyse: Der zweitbeste Zug ist doch ebenso gut wie der beste, solange man den Zug korrigieren kann. Beispiel Echtzeitspiele: Hier ist Zeit ein gleitender Faktor, man kann umdenken und Handlungen ohne große Folgen rückgängig machen. Im Schach ist das anders, jeder Zug ist wichtig, da der Faktor Zeit sehr betont wird und der Raum, also die Spielfläche, sehr klein ist.
Wenn das Schwert noch andere Eigenschaften hat, dann kommt es natürlich auf diese an. Am interessantesten sind in der Regel z.B. Waffen, die völlig neue strategische Optionen eröffnen. Viel zu oft versteifen sich RPGs aber auf das stupide "mehr DPS = besser".
"Der zweitbeste Zug ist doch ebenso gut wie der beste, solange man den Zug korrigieren kann."
Richtig, das ist das, was im Artikel als "Donkey Space" bezeichnet wurde mit Link-Quelle.
Leider ist es bei einigen Spielen einfach nur Raten, da einem das System viele Details vorenthält. Sowas wie eine nicht näher bestimmte "Chance on hit" oder die übliche Frage, ob gleichartige Modifikatoren additiv oder multiplikativ zusammenwirken. Sobald man das einmal rausgefunden und berechnet hat (beispielsweise durch entsprechende Addons), wird die Entscheidung wieder zum no-brainer. In WoW beispielsweise kann man seinen Charakter durch aufwändige Simulationsprogramme jagen, die einem dann sagen, welcher Gegenstand der beste ist bzw. welche Werte optimalerweise auf welchem Gegenstand verändert werden sollen.
WoW ist ja auch ein einfaches Hau-Drauf-Spiel mit Tank-DamageDealer-Healer-System, wo viele Spieler vor einem unglaublich überladenen Bildschirm mit vielen Statistiken sitzen.
In einem Strategiespiel wie Age of Wonders muss ich etwas anders agieren, ich respawne nicht, ich verliere Einheiten, ich verliere strategische Punkte und Ressourcen und die Gegner haben Stärken und Schwächen. Entsprechend brauche ich unterschiedliche Einheiten für unterschiedliche Einsatzszwecke.
Wieder ein sehr schöner User-Artikel, wiederum eine Verknüpfung zwischen Brett- und PC-Spielen.
Zwei Dinge sind mir aufgefallen:
„+1 Angriff oder +1 Verteidigung?” - das erwähnst du als Beispiel für Raten, ist aber ohne Kontext mMn nicht eindeutig. Ich weiß im Allgemeinen, was die Werte "Angriff" und "Verteidigung" bei mir bzw. beim Gegner bewirken. Und diese Auswahl dürfte durchaus Konsequenzen haben, die ich vorher kenne und bedenken kann.
"Kindom Builders" - hier gibt es ja insbesondere auch die Sonder-Plättchen (wie immer die genau heißen), die mit zusätzlichen Zug-Optionen deutlich mehr Möglichkeiten eröffnen. Deren bestmögliche Verwendung ist mMn der primäre Zeitfresser bei diesem Spiel; vielleicht ist es da im Sinne des Spielflusses doch ganz gut, dass das eigentliche Siedlungen bauen jeweils auf eine Landschaft beschränkt ist.
+1 Angriff und +1 Verteidigung kann man sicherlich auch anhand seiner Spielstrategie wissentlich wählen: Möchte man defensiv spielen oder eher offensiv?
Letztlich stellen sich aber nach der Einteilung alle RPGs als Ratespiele heraus, da man die Reaktion des Gegenüber nicht abschätzen kann.
Das Raten genervt hat mich insbesondere im neuen XCOM: Die Forschung war doch relativ ziellos.
In Strategiespielen ist manchmal ein wenig Glück sinnvoll - schliesslich kann der Wiederspielwert damit erhöht und auch Gewinnchancen für alle bis zum Schluss aufrechterhalten werden. Wichtig ist dabei aber die Intention des Designers und nicht die blosse Einteilung in Raten/Wissen.
Ja, XCOM hat genau das typische "RPG-Problem".
"„+1 Angriff oder +1 Verteidigung?” - das erwähnst du als Beispiel für Raten, ist aber ohne Kontext mMn nicht eindeutig."
Das stimmt schon, aber die REGEL ist doch, dass es z.B. in RPGs einfach darum geht, dass sich zwei "HP-Boxsäcke" möglichst schnell gegenseitig auf 0 bringen wollen. Und da ist +1 Angriff exakt genauso toll wie +1 Verteidigung.
"Sonder-Plättchen"
In der Tat sind die dadurch zu erhaltenden Spezialfähigkeiten ein Kernfaktor. Wie gesagt, ich finde es nicht schlecht, dass der Siedlungsbau so stark eingeschränkt ist. Insbesondere die ersten drei Runden sollte der Spieler jedoch erneut ziehen dürfen, wenn er mehrfach die gleiche Landschaft zieht. Sonst ist er später zu stark eingeschränkt und hat eigentlich schon nach 2-3 Runden verloren.
Gut, bei zwei Boxsäcken mag das zutreffen. Ich dachte beispielsweise an Bosskämpfe, wo man eine unvermeidbare Attacke ohne die +1 Verteidigung vielleicht nicht überlebt. Oder an das Ausschalten vieler kleiner Gegner, für die man mit +1 Angriff dann nur einen statt 2 Schläge braucht. Kann man auch gut auf Rundenstrategie anwenden.
Stimmt, der Zufallsfaktor in den ersten Runden von KB ist ziemlich entscheidend, besonders da die Plättchen gerne schnell weg sind. Vielleicht nehmen wir beim nächsten Mal entsprechende Hausregeln.
Bei der Entscheidung +1 Angriff oder +1 Verteidigung gibt es noch einen Faktor: Wenn ich auf ersteres gehe beschleunigt sich der Kampf. Beide Seiten bekommen schneller aufs Maul. Und ich gehe das Risiko ein ohne mich zu wehren zu sterben. Wenn ich auf Verteidigung setze wird das Spiel ausgebremst. Ich habe mehr Zeit für Überlegungen oder Heiltränke.
Nur die aller simpelsten Spiele lassen sich darauf reduzieren, dass es egal ist. Sogar Diablo 3 würde ich nicht soweit reduzieren, auch wenn das Spiel knapp davor ist.
Bei KB kann man hervorragend gegen den Glücksfaktor mit Können arbeiten. Man muss sich halt zu Beginn so stellen, dass man noch flexibel bleibt bzw. dies sogar durch die Spezialfähigkeiten ausbaut.
Natürlich bleibt der Glücksfaktor erhalten. Aber der Gewinner hat bisher auch immer etwas richtig gemacht.
Ich finde den Begriff No-Brainer hier fehl am platz:
en.wiktionary.org/wiki/no-brainer
1. Warum?
2. Selbst wenn, dann ist das nur ein Einwand auf Wortebene. Nenne das Konzept (das ich im Artikel explizit definiere) wie du möchtest. Konzepte sind wichtig, nicht Worte.
"An easy or obvious [...] decision [...] requiring little or no thought."
Genau so wird der Begriff hier auch verwendet.
Am schönsten sind noch die Spiele, wo Entscheidungen auf den ersten Blick wie "No-Brainer" aussehen (will ich mehr Truppen? Klar will ich mehr Truppen!), aber sich mittel- und langfristig dann als suboptimal herausstellen. Beispiel sind gerade die Hygienefaktoren wie "Fütterung".
Civilization (das Brettspiel, nicht das Computerspiel) macht das ganz gut vor. Expansion ist ein Primärziel, damit steigt dann aber der Nahrungsbedarf überproportional. Große Reiche sind somit zwar kurzfristig stark, zerbröseln dann aber auch ganz schnell wieder. Sieger ist nicht der, der am schnellsten wächst, sondern wer sein Reich möglichst stabil hält.
Leider sind gerade solche Konzepte sehr selten. In der Regel funktionieren Strategiespiele (Brett wie PC) immer nur nach dem Prinzip, dass der ohnehin Starke immer weitere Vorteile bekommt und dadurch immer noch stärker wird. Bekannter Vertreter: Risiko. Mehr Länder = mehr Nachschub = noch mehr Länder = noch mehr Nachschub usw.
Also bitte MEHR "lästige Pflichtaufgaben", die starken Spielern die Expansion immer schwerer machen, anstatt es ihnen immer leichter zu machen. Erst durch solche konträren Faktoren bleiben Spiele bis zum Ende spannend und sind nicht schon nach 1/3 der Spielzeit eigentlich entschieden.
Gut gesprochen! Das sogenannte "Snowballing" ist ein weiteres wichtiges zu lösendes Problem beim Design. Ich würde jedoch dafür plädieren, diese "Läsigkeiten" weniger offensichtlich als "lästig" darzustellen. Sprich: Nicht die Hygienefaktoren zum ZENTRALEN Element machen, sondern sie in das eigentliche Spiel einbinden. Rosenberg hat gute Ansätze (und macht gute Spiele), konzentriert sich aber häufig zu sehr auf die Hygiene und zu wenig auf den eigentlichen Kern. Das zeigt sich auch an der Tatsache, dass man in Agricola für alles mögliche PunktABZÜGE bekommt, wenn man es NICHT tut. Das ist einfach psychologisch "unglücklich" ausgeführtes Design.
Ja, da hast du absolut Recht. Man sollte Spieler lieber nicht mit aufgesetzten Strafen gängeln. Manche (Computer)spiele verwenden ja z.B. "zufällige" Ereignisse, um steuernd einzugreifen. Die Katastrophen treffen aber immer den, der grad vorn ist, während der Lottogewinn an den geht, der hinten liegt. Sowas ist psychologisch wirklich unglücklich, weil man sich wünscht, Letzter zu sein.
Es ist schwierig, ein (Strategie-)Spiel zu designen, was im Laufe einer Partie immer schwerer wird und dein Können immer weiter herausfordert, anstatt mit zunehmender Dauer immer leichter zu werden. Gut finde ich Brettspiele, wo die Zugreihenfolge durch den Punktestand festgelegt wird (anstatt wie üblich "im Uhrzeigersinn"). Wenn z.B. der, der zuletzt ziehen darf, einen Vorteil hat, dann muss der Führende immer anfangen und der Punktletzte darf als Letzer ziehen. Sehr cleverer Mechanismus, weil er sich so organisch ins Spielgeschehen einfügt :)
M.E. laufen Strategiespiele viel zu linear, offensive Spielweisen werden belohnt, große Reiche und wissenschaftliches Rennen dominieren das Spiel.
Spiele wie Civ leiden leider an der Linearität und den fehlenden Hilfen für schwache Spieler: Nach wenigen Stunden ist oft klar, wer gewinnen wird, warum also sollten die schwachen Spieler im Multiplayer sich nicht ausloggen?
In Civ und ähnlichen Spielen würde ich daher beispielsweise die Forschung entlinearisieren, schliesslich kannten schon die Chinesen und Griechen in der Antike Dampfmaschinen, Feuerwerkskörper, Automaten usw. Wenn die Forschung delinearisiert ist, kann der Spieler also von vornherein freier seine Strategie wählen und das Spiel damit auch beschleunigen - ein echter Wettbewerb der besseren Strategien wird möglich.
Zufallskatastrophen sind zwar nicht schön, aber eine erklärbare Strafe bei großen Reichen. Besser wäre es aber, die schwachen Spieler zu unterstützen, denn beispielsweise sind in der Realität kleinere Reiche oft besser vernetzt, haben weniger Unruhen und große Persönlichkeiten wirken aufgrund der Nähe viel stärker auf das Volk.
Beispiel Fallen Enchantress: Hier erwirbt man sich Helden durch Ruhmespunkte. Bei bestimmten Punktezahlen bekommt man einen neuen Helden hinzu. Demotivierend ist es für einen Spieler natürlich, wenn nun ein Held im Kampfe stirbt. Daher können Helden hier nicht sterben, sie erscheinen einfach in der nächsten Stadt wieder und haben eine dauerhafte "Verletzung", d.h. ein Mali auf eine Eigenschaft. Problem ist nun allerdings auf der Gegenseite, diese hat keinen dauerhaften Erfolg und das Erfolgserlebnis wird beschnitten. Daher hätte vielleicht das Ableben eines Helden mit einer Stärkung einer anderen Eigenschaft aufgefangen werden sollen.
Beim Vorgänger von Fallen Enchantress, Elemental of War, gibt es ein Spielelement, wodurch die Produktivität aller Städte sinkt, je mehr Städte du gründest. Wer also wie bei Civ & Co. üblich massiv expandiert, produziert irgendwann gar nix mehr und rennt voll in eine Sackgasse. Das ist ein sehr schönes Beispiel für einen "Hygienefaktor", denn bei jeder neuen Siedlung musst Du nachdenken, ob die strategische Position (oder Ressource) einer neuen Siedlung den Produktionsmalus im gesamten Reich rechtfertigt und ob man nicht ggf. sogar eine andere Stadt dafür aufgibt. Das Gründen einer neuen Stadt ist kein "No-Brainer", sondern ein "Brain-Burner" :) Leider kranken beide Spiele (Fallen Enchantress und Elemental of War) an ganz anderer Stelle: der völlig passiven KI, die selbst auf höchster Stufe ein Witz ist.
Also "Elemental: War of Magic" war nur ein Editor.
Die Regeln in Elemental sind leider sehr verwirrend und die Waffen sind wirklich ein "+1 hier +1 da" Aber die Präsentation gefällt mir, Licht und Schatten würden auch anderen Strategiespielen mehr Atmosphäre geben.
Beide Spiele haben leider auch keine KI. Aber erzähl das Brad Wardell, er hat die KI geschrieben :D
"Die Katastrophen treffen aber immer den, der grad vorn ist, während der Lottogewinn an den geht, der hinten liegt."
Bestes Beispiel: Die Items in Mario Kart. Das Spiel ist zwiegespalten, will einerseits durchaus "Skill" im Gameplay haben (Stichwort: Powersliding) und andererseits ein "Party-Spiel" sein, bei dem "alle gleich gut" sind. Hätte man sich auf eine von beiden Formen konzentriert, wäre man besser gefahren. So ist es zu skillabhängig für ein Party-Spiel und zu zufallsbasiert für einen ernsthaften Wettbewerb.
Das +1 oder +2 Schwert Ding ist zwar eine einfache Entscheidung, allerdings hier total aus dem Kontext gerissen. Man könnte argumentieren, dass der Spieler eine solche Entscheidung nicht mehr treffen sollte und entweder das Kampfsystem nicht auf reinen DPS Zahlen basieren lassen oder das bessere Schwert einfach direkt automatisch ausrüsten.
Allerdings übersieht man hier, dass der Spieler das +2 Schwert in der Regel eine "Belohnung" des Spielers ist und das Ausrüsten mit zur Belohnung gehört (yea, jetzt kann ich mein olles +1 Schwert verkaufen und mein neues +2 Ausrüsten). Darüberhinaus bieten die meisten solcher Spiele mehrdimensionale Eigenschaften an (+1 Schaden, +1 Trefferchange oder +2 Schaden?) und machen die Entscheidung wieder schwieriger.
Und das Beispiel mit dem Deckung suchen ganz am Anfang ist auch schlecht, denn in vielen Shootern gehört das zur selbsverständlichkeit. Trotzdem machen diese Spiele spaß, denn es geht vor allem um Geschicklichkeit. Das wäre, als wenn man "Dart" als No-Brainer bezeichnen würde, da ja offensichtlich ist, dass man die 3x20 oder eben die Mitte treffen muss. Das geht aber am Kern des Spielprinzips vorbei.
Merke: Irgendwie taugen die vorgestellten Entscheidungsmerkmale nicht wirklich um Gamedesigner auf den Pfad eines guten Spieldesigns zu bringen. By the way: Schach ist ja trotzdem sehr beliebt...
Aber der Artikel ist trotzdem sehr schön geschrieben. Danke dafür!
Also das Spiele unterschiedliche Schwerpunkte setzen finde ich ganz wichtig. Ich sage es ja immer wieder: Das Gamedesign sollte mitbewertet werden, d.h. was der Entwickler mit seinen Mechanismen ausdrücken möchte. Er gibt uns eine Richtung vor, er gibt dem Spiel einen Ausdruck, er macht Spiele als Kunst.
Wieder möchte ich da Brad Wardell und Fallen Enchantress anführen: Einige Spieler und viele Tester haben die Grafik kritisiert. Die Grafik basiert auf Aquarellfarben und -techniken. Er argumentiert, dass ein Spiel sich auch durch seine Grafik einen einzigartigen, unverwechselbaren und wiedererkennbaren Charakter bekommt. Recht hat er. Aber viele Zeitschriften haben ohne oder trotz dieses Wissen die Grafik kritisiert. Ich finde es sehr schade, dass die Vielfalt von Spielen durch diese Unwissenheit bzw Ignoranz abnimmt. Sicherlich auch ein Grund, warum Indies boomen.
"Allerdings übersieht man hier, dass der Spieler das +2 Schwert in der Regel eine "Belohnung" des Spielers ist und das Ausrüsten mit zur Belohnung gehört"
Richtig. Und schon sind wir mitten drin im Kampf "Discipline vs. Compulsion". http://keithburgun.net/anti_videogame_manifesto/
"Trotzdem machen diese Spiele spaß, denn es geht vor allem um Geschicklichkeit."
Dass es Spaß macht hat niemand bestritten.
Geschicklichkeit ist für mich kein Spiel-Element, denn es mindert stets die Wichtigkeit der Spielerentscheidungen. Ich kann in einem Shooter (oder RTS) PERFEKTE Entscheidungen treffen und immer die richtige "Strategie" wählen. Wenn ich aber 293 Aktionen weniger pro Minute ausführe als mein Gegner, verliere ich trotzdem. Die rein physische Ausführung ist ein klassisches Wettkampf-Element. Reine Wettkämpfe unterscheiden sich jedoch fundamental von Spielen als solchen. Siehe hierzu kurz: http://keithburgun.net/system-of-forms/
Oder das Video: http://www.youtube.com/watch?v=RzhdkYws_60
In kürze werde ich vermutlich auch zu diesem Thema einen Artikel hier veröffentlichen.
Beim Dart gibt es z.B. überhaupt keine Entscheidungen mehr. Es ist ein REINER Contest! Und als solcher grundsätzlich(!) vom SPIEL zu unterscheiden.
"Schach ist ja trotzdem sehr beliebt..."
Richtig! Dennoch kann die sehr hohe Einstiegsbarriere (wenn auf halbwegs vernünftigem kompetitiven Niveau gespielt werden soll) nicht verleugnet werden. Es geht viel ums Auswendiglernen (Eröffnungen etc.; übrigens ist reine Gedächtnisarbeit auch ein Feind von wirklichen ENTSCHEIDUNGEN) und dann kommt eben das "Brute-Force"-Vorausdenken.
Ich denke, vieles wird klarer, wenn man eine spezifischere Low-Level-Sicht auf Spiele als interaktive Systeme einnimmt und sie klar von Spielzeugen, Puzzles oder Contests trennt. Wie gesagt, später möglicherweise mehr.
"Ich denke, vieles wird klarer, wenn man eine spezifischere Low-Level-Sicht auf Spiele als interaktive Systeme einnimmt und sie klar von Spielzeugen, Puzzles oder Contests trennt." ~Nachtfischer
In deinem Artikel könntest du dann ja vielleicht auch eine generelle Einschätzung der Genres geben. Ego-Shooter und Action-Rollenspiele gehören demnach mehr zu den Contests, RPGs zu den Spielzeugen?
Ja, Geschicklichkeit ist ein klassisches Contest-Element. RPGs simulieren in der Regel eine Welt, sind also Spielzeug-artig. Alle diese Systeme haben aber auch Entscheidungen. Meine Theorie ist, dass man die verschiedenen Systemformen (Spielzeug, Puzzle, Contest, Spiel) zwar kombinieren KANN, das Gesamtsystem im Endeffekt jedoch immer darunter leidet, weil sich die verschiedenen Elemente gegenseitig im Weg stehen.
Übrigens ist das mit den Videospiel-"Genres" auch so eine Sache. "FPS" oder "Action-Rollenspiel" sind in aller Regel bereits fertige Designs, auf die dann einfach eine neue Verpackung gesetzt wird. Quasi Design-"Blaupausen". Die Bindung an diese seltsam definierten Genres verhindert Innovation und Design von grundauf. (Bei den Brettspielen sind Genres sinnvoller nach im Spiel beinhalteten "Kern-Mechanismen" definiert.)
In RPGs werde ich es nie verstehen, warum die Entscheidungspunkte nie als automatischer Speicherpunkt dienen...
Mit den Genres musst du das anders sehen: Als eine Weiterentwicklung eines Spiels in verschiedenen Facetten. Das Spiel soll mal leichter, mal schneller oder mal rätselhafter werden - je nach Design auf verschiedene Spieler zugeschnitten. Es ist ein evolutionärer Prozess, Revolutionen sind unberechenbar und es sind Glücksfälle wenn die Spiele dann funktionieren.
Nur wird ja zumeist nicht viel weiterentwickelt. Heutige Jump'n'Runs gleichen IM KERN stets Super Mario. Shooter sind IM KERN seit Domm das gleiche. Es werden lediglich "Gimmicks" hier und da hinzugefügt und die technologische Seite aufpoliert.
Game-Design sollte eigentlich die Erschaffung neuer KERNMECHANISMEN sein. Ein gutes Beispiel: Auro von Keith Burgun, das in den nächsten Monaten erscheinen soll. Es ist in seinem Kern so neuartig (man teilt NIE direkten, sondern stets indirekten Schaden durch Positionierung etc. aus), dass selbst erfahrene Spieler Probleme haben, das Konzept ohne Weiteres zu begreifen. Es ist ein NEUARTIGES Spiel, das NEUARTIGE Formen von Kreativität ermöglicht. Bei den Brettspielen werden jedes Jahr Spiele veröffentlicht, die völlig neue Mechanismen bieten, die quasi "aus der Luft gegriffen sind", die NEU ERDACHT wurden. Bei den Videospielen ist dies kaum (jedenfalls viel zu selten) der Fall.
Naja, ich zB interessiere mich für Rundenstrategiespiele, insbesondere mit Fantasy-Hintergrund (WK2-Szenarien finde ich zB moralisch bedenklich und werden m.E. insbesondere nur wegen dem US-Markt genutzt).
In der Rundenstrategie gibt es wenige Mechanismen: Fog of War, Zone of Control, Unterstützung benachbarter Einheiten, usw. Das ist auch ok. Interessant wird aber ein Spiel für mich dann, wenn es die Schlachten "wenige vs viele Einheiten", "Stack of Doom" und Langzeitmotivation gut und mit vielen taktischen Möglichkeiten lösen lassen. Ganz wichtig ist mir dabei ein transparentes Regelwerk.
Mir ist es nicht so wichtig, dass es neue Spiele mit ganz neuen Ideen gibt - MineCraft, Zombie vs Plants oder die Horror-Schleichspiele haben mich nicht begeistert - ich freue mich, wenn in meinem Genre sich die Spiele weiterentwickeln. Daher finde ich auch Fallen Enchantress so interessant: Viele neue Ideen, einige funktionieren zwar nicht, aber letztlich wird dieses Spiel andere wieder beeinflussen. Ebenso Warlocks: Schlechtes, unbalanciertes Spiel, aber es gibt keine Stacks of Doom.
GameDesign ist für mich daher die Erschaffung eines Spiels, welches a) die Ideen des Entwicklers ausdrückt (Spiele sind Kunst!), b) mich mit funktionierenden, transparenten und unkomplizierten Mechanismen das Spiel verstehen lässt und c) mich in seine Welt hineinzieht. Ein XCOM kann das nicht, die Idee ist, ein altes Spiel neu zu vermarkten, die Welt ist nur eine Aneinanderreihung von Szenarien und die Abläufe sind intransparent und zufallsbasiert.
So richtig und wertvoll ich viele deine Ausführungen finde, muss ich dir doch irgendwie engstirnigkeit vorwerfen. Die Fokussierung des Designs auf Entscheidungen ist für manche Spiele sicher richtig. Allerdings haben Spiele verschiedenen Ansprüche. Die ersten Videospiele überhaupt waren Geschicklichkeitssspiele und haben vergleichsweise wenige oder keine Entscheidungen verlangt (Pong?!) und auch einige der populärsten Videospiele aller Zeiten schneiden laut deiner Definition sehr schlecht ab. Das sollte dir zu denken geben. Vieleicht sind die tausenden dir entgegenkommenden Falschfahrer doch auf der richtigen Spur. ;)
Deine Anfangsdefinition greift schlicht ein vielen wichtigen und populären Spielen vorbei. Die Behauptung das Super Mario Brothers keine Spielelemente enthält, ist doch merkwürdig. Was enthält es dann?
Es gibt verschiedene Ideen davon, was die Grundlage von Spielen bieten bilden soll. Und keine einzige davon, kann behaupten die einzig "wirkliche" zu sein.
Ein Faster Than Light ist aufgrund der Zufallselemente so faszinierend, weil ich versuchen muss mein Schiff so aufzubauen, dass es möglichst gegen alles besteht, was der Zufallsgenerator mir entgegenwirft. Dabei darf ich den Masterplan aber nicht vergessen (den Endgegner killen) und muss ständig die Risiken bewerten. Ohne die Zufallselemente wäre viel langweiliger und vermutlich auch einfacher.
The Walking Dead bietet quasi überhaupt keine Entscheidungen wie sie dir vorschweben, da die Konsequenzen nicht vollständig absehbar sind (beim ersten Spielen). Will mich TWD mit kniffligen Entscheidungen herausfordern oder meine Geschicklichkeit testen? Mit Sicherheit will es das nicht. Trotzdem ist es herausragendes Spiel. Es will mich in die Geschichte reißen und mein eigenes Abenteuer bestehen lassen. Dabei soll ich (schwere) Entscheidungen treffen, die eher die emotionale Ebene berühren. Das können eigentlich nur Spiele, da Büchern und Filmen das interaktive Element fehlt.
Und ein Rayman:Origins ist in jeder Hinsicht (abgesehen von den Entscheidungen natürlicg) ein großes Spielevergnügen und kommt völlig ohne Entscheidungen aus, die Konsequenzen hätten.
Ich halte deine Ausführungen nicht für falsch (naja, Details vieleicht schon: Zufallselemente) aber würde behaupten, dass sie nicht so unversal anwendbar sind, wie du es gern hättest.
Nachtfischer definiert "Spiel" gemäß Spieltheorie, und damit anders als man es üblichweise tut, wo man Call-of-Duty, Starcraft, FIFA und Schach alles in einen Topf wirft und das alles "Spiel" nennt. Er unterscheidet zwischen:
"Spiel" = Wettkampf mit Regelsystem, schwierige Entscheidungen mit Konseqenzen
"Spielzeug" = reglementierte Interaktion ohne Zielvorgabe, z.B. ein Ball, Flight Simulator, Minecraft.
"Puzzles" = Rätsel mit eindeutig korrekter Lösung ohne zusätzliches Qualitätsmaß, z.B. Kreuzworträtsel, Monkey Island, Portal.
"Wettkämpfe" = Vergleich des Perfektionsgrades der Teilnehmer im jeweiliegen Gebiet, aber ohne Entscheidungen zu treffen, z.B. 100-Meter-Lauf, Gewichtheben, Guitar Hero.
Seine Ausführungen beziehen sich auf "echte" Spiele gemäß dieser Unterteilung, was ja nicht bedeutet, dass Walking Dead, Rayman oder Mario nicht auch Spaß machen! Nur ist eben nicht alles, was Spaß macht, automatisch auch ein "Spiel" gemäß Spieltheorie.
Ich finde das "üblicherweise" in diesem Fall aber zielführender, da die Begriffe sehr häufig sehr unpassend für einen Großteil der Definitionsmenge ist.
Die Spieltheorie, sofern wir vom gleichen reden, ist ja doch etwas sehr spezielles und meiner Meinung nach nicht geeignet, wertende Aussagen zu Videospielen oder auch Brettspielen zutreffen. Das kann in spezfischen Feldern natürlich funktionieren und ein Spiel das mit Entscheidungen vorgaukelt und dann nur "no-brainer" verlangt, hat natürlich ein Problem.
"Ich finde das "üblicherweise" in diesem Fall aber zielführender, da die Begriffe sehr häufig sehr unpassend für einen Großteil der Definitionsmenge ist."
In vielen Wissenschaften ist es die Regel, dass alltäglich gebrauchte Begriffe im spezifischen wissenschaftlichen Zusammenhang anders definiert werden (z.B. Physik). Warum sollte das mit Spielen so abwegig sein? (Die Frage ist natürlich rhetorisch, aber die "Antwort" ist auch klar: Abwegig wirkt es, weil wir keine solide und funktionale Theorie der Spiele im Hintergrund haben. Im Gegensatz zur Musik, Malerei, Storytelling etc.)
NUR mit spezifischen Kriterien können ÜBERHAUPT wertende Aussagen getroffen werden. Ansonsten ist die Bewertung absolut arbiträr und für jeden Außenstehenden nutzlos.
"Gemäß der Spieltheorie" würde ich nicht sagen. Es ist schon etwas anderes.
Fifa und Starcraft sind übrigens ganz klar Spiele, in denen man Entscheidungen trifft (auch wenn sie eine Geschlicklichkeitskomponente haben).
Aber ja: Wichtig ist, dass es nicht darum geht, zu sagen: "Das ist kein Spiel, das ist doof!" Es ist so, dass die Systeme, die ich als Spiele bezeichne (d.h. Entschweidungswettbewerbe) mich am meisten interessieren und ich mir SPEZIFISCH über diese Systeme Gedanken mache. Ich habe NIE gesagt, dass alle anderen Systeme anderen Leuten nicht genauso gut und viel Spaß machen könnten.
Ich finde es wichtig, auch mal einen andere Sichtweise auf ein Spiel zu gewinnen. Leider bilden Spielemagazine sehr seltsame Gewohnheiten heraus: Ego-Shooter brauchen viele abwechslungsreiche Waffen, ein Strategiespiel wie Total War mit schlechter KI wird sehr gut bewertet.
Schauen wir uns ein Spiel wie XCOM an: Die Basis wird gepuzzelt, die Forschung ist relativ zufällig, in den Kampf geht man ohne echte Teamplanung, die Kämpfe basieren auf a)Zufall bei den Gegnern in Anzahl/Art und Stellung und dann kämpft man sie b) auf Basis der Schadensvorhersage nieder. Geht man das Spiel aus diesem Blickwinkel an, so bleibt eine tolle Präsentation, aber eine mittelmässige KI und wenig durchdachtes Gameplay. Als Zeitvertreib ok.
XCOM hat wahrlich tiefgreifende Probleme in Sachen Gameplay. Die dominante Strategie ist schnell gefunden und funktioniert dank äußerst seichter "Spieltiefe" IMMER.
Ein gelungener Podcast dazu: http://keithburgun.net/gdt-podcast-episode-6-xcom-and-the-rpg-problem/
Ich hab XCOM im Ironman begonnen und bis zum Endkampf-Bug, der leider ein Gamestopper ist im Ironman, ohne Truppenverluste durchgespielt (Spielstufe "normal"). Das widerspricht dann der These, dass XCOM ohne Planung und rein zufällig funktioniert.
"Zufällig" (im Sinne von "beliebig") wird XCOM eher durch die Spielweise: Wenn ich weiss, ich kann jederzeit neu laden, dann artet das Spiel in Trial&Error aus. Man zieht, guckt was passiert, läd, zieht nochmal usw... im Ironman-Modus wird aus XCOM aber ein komplett anderes, durchweg planbares Spiel.
Das eigentliche Problem an der XCOM-Spielmechanik ist aber, dass sie 1. total simpel ist und 2. extrem schnell zu durchschauen. Kurz gesagt: Im Strategiepart so schnell und so viele Satelliten bauen wie möglich (No-Brainer!), im Taktikkampf die Soldaten als Gruppe zusammenhalten (2 Sniper im Background) und langsam vorrücken. Der Geduldige hat hier leichtes Spiel.
Ich habe das Spiel nur im Ironman-Modus gespielt und genau das gleiche: Keine Verluste. Aber warum? Weil ich logisch zog und meine Gruppe nicht aufsplitterte und entsprechend leicht gewann. Das Spiel basiert aber dennoch auf den von mir beschriebenen Mechanismen.
"Die Behauptung das Super Mario Brothers keine Spielelemente enthält, ist doch merkwürdig. Was enthält es dann?"
Super Mario ist ein klassisches Ausführungspuzzle. Da es nur um die Lösung der Levels geht, ist es an sich ein Puzzle (d.h. der Zustand ist entweder gelöst oder nicht). Übrigens: Speedrunning verändert die Regeln des Systems zu einem Contest. Denn nun ist das Abschneiden der Spieler MESSBAR geworden.
Zurück zum Puzzle: Bei Super Mario gibt es dauerhaft keine Entscheidungen. Möglicherweise noch beim ersten Versuch, aber sobald man auch nur ein zweites mal ein Level versucht, setzt schon das Gedächtnis ein. Man beginnt auswendig zu lernen, man trifft keinerlei Entscheidungen mehr. Es geht um die KORREKTE AUSFÜHRUNG DER LÖSUNG. Ein AusführungsPUZZLE eben.
"Es gibt verschiedene Ideen davon, was die Grundlage von Spielen bieten bilden soll. Und keine einzige davon, kann behaupten die einzig "wirkliche" zu sein."
Ein typischer Fehlschluss. Es geht doch hier gar nicht um "DAS WIRKLICHE". Es handelt sich um eine PRÄSKRIPTIVE Theorie, aus deren Definition nützliche Fakten über eine bestimmte Form interaktiver Systeme (d.h. Entscheidungswettbewerbe, die ich "Spiele" nenne) abgeleitet werden können. (siehe hierzu auch: http://www.dinofarmgames.com/the-subjective-objective-in-video-games/)
Ich halte es für NOTWENDIG, eine Unterscheidung zu treffen zwischen verschiedenen Interaktionsformen, um überhaupt SINNVOLLE Aussagen treffen zu können. Man kann nicht Minecraft, Portal, Guitar Hero und Starcraft in EINE GEMEINSAME Kategorie stecken. Das wäre genauso wie einen Ball, Sudoku, Gewichtheben und Schach in eine Kategorie zu packen. In der physischen Welt werden diese Systeme klar voneinander getrennt, in der digitalen keinesfalls. Alles sind einfach "Videospiele" und dementsprechend arbiträr sind die Kriterien. Ich will nicht, dass jeder meine (bzw. Burguns) Theorie als "DAS WAHRE" anerkennt, sondern sich einfach tiefgreifende Gedanken zum Thema macht.
"[FTL...] Ohne die Zufallselemente wäre viel langweiliger und vermutlich auch einfacher."
Ich gehe noch weiter: Ohne Zufallselemente wäre Faster Than Light überhaupt kein Spiel. Dann würde es nämlich genau wie Super Mario zu einem auswendig zu lernenden Puzzle. Ich verstehe nicht, wo dieses Beispiel mir widerspricht? Das einzige Problem, dass ich bei FTL sehe, ist dass der Zufall sehr weit "ausschwingt" und einzelne Durchgänge daher kaum miteinander vergleichbar sind. Kompetitiv über mehrere Durchgänge betrachtet macht das Spiel also wenig Sinn.
"The Walking Dead"
Als Adventure natürlich ein klassisches Puzzle. Alle "Entscheidungen", die du triffst sind nicht direkt auf den Game-State bezogen, sondern ändern die Story, die für dich abgespielt wird. Mit meiner Definition von "Spiel" hat das NICHTS zu tun.
"Rayman: Origins"
Siehe Mario.
"unversal anwendbar"
Das sollen sie ja gerade nicht sein. Sie sollen für einen spezifisch definierten Teilbereich interaktiver Systeme gelten.
Schöner Artikel bezüglich Spieldesign. Das hilft bestimmt dem einen oder anderen seine eigenen Ideen zu überdenken oder einfach mal über seine Lieblingsspiele nachzudenken.
Glücklicherweise gibt es viele Spiele zwischen No-Brainer und Brain-Burner, denn beides kann Spaß machen.
Vielen Dank, würde mich über mehr solcher Artikel freuen!
Schöner Artikel, nach Lesen der ersten Zeilen hab ich Nachtfischer schon erkannt ;)
Das mit dem +1 und +2 Schwert kann aber auch eine schwierige Entscheidung sein, denn normalerweise kann ich das +2 Schwert ja auch für mehr Geld verkaufen. Die Entscheidung kann also meine weitere Spielstrategie beeinflussen. Behalte ich mein +1 Schwert und bekomme durch den Verkauf mehr Gold um dann eine Wache bestechen zu können und in einem Verlies meinen Gefährten zu befreien? Dafür kann ich dann noch nicht in die Gebiete mit den "schweren" Gegnern, muss also etwas länger leveln. Oder nehme ich das +2 Schwert und lasse es auf einen Kampf mit der Wache ankommen bzw. wenn die ohnehin zu stark ist, gehe ich erstmal auf Beutezug im Norden und kehre nach ein paar Stunden zurück und befreie meinen Kumpel erst dann? Oder ist dieser dann vielleicht schon hingerichtet worden? Dann also doch besser auf das +2 Schwert verzichten...aber ich hätte das doch so gern...da wirkt dann Greed gegen Friendship. Vielleicht wird man später auch von anderen damit konfrontiert ("Du hast ihn im Verleis sterben lassen!") und schlägt den Weg des einsamen Helden ein. Das kann dann sogar edukativ sein. Man kann also aus der No-Brainer-+1-+2-Entscheidung durchaus was machen.
In der Regel gibt es in den Spielen soviel Gold, dass der Verkauf eines Gegenstandes überhaupt nicht mehr interessant ist. Das nimmt dir also die Entscheidung, das +2-Schwert zu behalten, ab.
Ja gut, das heißt ja aber nicht, dass das generell ein No-Brainer ist. Man KÖNNTE das Spiel ja auch anders stricken.
Das mit dem Geld wird vermutlich den Grund haben, dass man als Designer ja irgendwie sicherstellen muss, dass man ein RPG immer irgendwie durchspielen kann, unabhängig von seinen Entscheidungen. Eigentlich sollte es NICHT so sein, um auch ein RPG zum Brainer zu machen (und dann eben dynamisch erzeugte Enden anzubieten). Nur das Problem ist heut ja, siehe Skyrim, das ist so volle Spielwege, und wenn ich 60 Studnen reingesteckt hab ist das vom Designer echt arschig, wenn einem dann 10 Gold für das Schwert fehlen, dass ich für den Endkampf aber brauche.
Ich finde das ist eine riesengroße Design-Challenge, mehrere Spielwege möglich zu machen, aber eben mit so unterschiedlichem Ende, dass die Entscheidungen auch Sinn machen. Bei Jump'n'Runs ist das egal, ob ich den Pilz nun vergessen habe einzusammeln...wenn ich zu schwach bin starte ich den Level eben nochmal. Aber bei RPGs...
Das ist genau der inhärente Widerspruch von Spielzeug und Spiel in fast jedem (Open-World-)RPG. In Skyrim würde ich z.B. dafür plädieren noch viel mehr in die Spielzeug-Richtung (bzw. Simulation) zu gehen. Sachen wie Lebenspunkte, Schadenspunkte, Sterben des Hauptcharakters im Allgemeinen... das ist alles "Spielkram". Den sollte es da überhaupt nicht geben.
Interessanter Artikel, der das Thema anschneidet: http://www.dinofarmgames.com/false-choice-bad-for-stories-bad-for-games-inevitable-in-story-games/
Danke für den Link, hört sich interessant an.
Würdest Du denn sagen, Open-World und Spiel schließt sich auf jeden Fall aus? Es ist doch eigentlich nur ein Problem der Gameengine die Aktionen des Spielers zu bewerten und mit Konsequenzen zu versehen. Wenn die Rechenpower groß genug wäre, wäre ja vorstellbar, dass die Story des Spiels erst durch die Interaktion des Spielers generiert wird. Sagen wir, der Computer hätte die Fähigkeit eines menschlichen Gehirns, dann könnte er "kreativ" die Handlung erfinden.
Da wir das nicht haben, ist heut Open-World und Story meist etwas gegenläufig. Ich könnte mir allerdings gut vorstellen, dass man es so verbindet, dass die Story ohne den Spieler automatisch abläuft (beispielsweise ein Attentat auf eine berühmte Persönlichkeit, das Spiel startet 5 Stunden vorher und läuft in Echtzeit). Aber ich merke grad, auch das wäre letztlich ein Puzzle, bei dem die richtigen Schritte durchlaufen werden müssen, um ans "Ziel" zu kommen. Ähnlich wie früher bei den Artventures auf dem Amiga.
Open-World und Spiel schließt sich nicht zwangsläufig aus, ist aber extrem schwer auf einen Nenner zu bringen. Spiele basieren auf ihren Einschränkungen (REGELN), offene Welten gerade auf Freiheit, die klassischerweise eher zu einem Spielzeug passt. Ich denke, beide Seiten müssen Kompromisse eingehen in einem "Open-World-SPIEL".
Das mit der "generierten Story" ist natürlich rein technologisch noch SEHR weit weg. Aber darüber hinaus: Selbst wenn wir einen solchen Computer bzw. eine solche KI hätten, denke ich nicht, dass Spiele sich dadurch besser als geschichtenerzählendes Medium eignen. Dazu ist der inhärente Widerspruch aus Story und Spiel zu schwerwiegend. (http://keithburgun.net/are-games-a-storytelling-medium-guest-article-by-fabian-fischer/)
Open-World und Story sind dann natürlich auch keine Freunde. Je mehr Freiheiten es gibt, desto schlechter kann der Autor seine Story abstecken.
Leider ist es in vielen RPGs so, dass man eine Gruppe hat, die insgesamt eine ziemlich bestimmbare Menge von Eigenschaften hat, damit der Leveldesigner das Spiel garantiert durchspielbar macht.
Das Argument mit dem Gold halte ich von dir als nicht stichhaltig, denn im Programmcode könnten auch an Entscheidungspunkten der Goldstand und die in Kürze erforderliche Waffe verglichen und die Preise und die Belohnungen dynamisch angepasst werden. Alles kein Problem, es ist doch nur ein Spiel.
Ach ich vergaß noch, ich leide auch unter Analysis Paralysis, bin daher mittlwerweile dazu übergegangen "irgendwas" zu machen und damit Erfahrung aufzubauen. Nur ist das bei Spielen wie CIV eine echte Lebensaufgabe ;)
Respekt, sehr interessanter Artikel