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LucasArts vs. Sierra (1) User-Artikel

TheLastToKnow 18. Juni 2022 - 8:44 — vor 1 Jahr aktualisiert
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Der Kampf geht weiter...
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Die Firma: Gut bewertet = gut verkauft?

Packungsbeilagen aus alten Lucas-Arts-Adventures
Sascha: Es ist wohl kein Geheimnis, dass nahezu alle LucasArts-Adventures hohe bis sehr hohe Wertungen einfahren konnten, bei Bedarf zum Beispiel schön nachlesbar auf Seiten wie kultboy.com. Gerade in Magazinen wie PowerPlay (einige Wertungen weit über 90%) oder ASM (bis zu 12 von 12 möglichen Punkten) waren Höchstwertungen nicht selten. Das ist ein deutliches Indiz dafür, dass die Qualität dieser Spiele im Vergleich zur Konkurrenz zu diesen Zeiten unübertroffen war. Auch ein Blick auf die MetaCritic-Seite oder hier in die User-Wertungen von GamersGlobal bestätigen dieses Ergebnis.

Wenn man dieser Verkaufszahlen-Übersicht auf Wikipedia Glauben schenken darf, hat sich dies aber wohl nicht immer bezahlt gemacht. Die Gründe dafür mögen vielfältig sein. Einer davon war wohl der Umstand, dass ein nicht unerheblich großer Teil der damaligen Spieler auf den Kauf des Spiels verzichtet hat, da es viel günstiger und teilweise auch einfacher war, seine Leerdisketten bei einem Freund mit einer Sicherheitskopie bespielen zu lassen. Immerhin konnte diese Spieler-Gruppe mit einem Beitrag zur Kickstarter-Kampagne von Ron Gilberts Thimbleweed Park "Absolution" für diese "Sünde" erhalten.

Wer damals also nicht zu den Käufern gehört hat, verpasste damit auch tolle Packungsbeilagen. Wie zum Beispiel die heute noch legendären Kopierschutz-Codescheiben der ersten beiden Monkey-Island-Spiele, die Nachtecho-Zeitung aus Zak McKracken oder das Gralstagebuch aus Indiana Jones and the Last Crusade. Diese liebevoll gestalteten Goodies waren oft gleichzeitig auch Lösungshinweise, ohne die sich die Rätsel teilweise schwierig gestaltet haben. 

Dies hat aber nicht geholfen, die Schwarzkopien zu verhindern. Die Materialien wurde einfach mitkopiert. Die Codescheiben wurde nachgebastelt und mit Rotschrift für Kopierer unkenntlich gemachte Seiten wie bei den "Exit Visa Codes" bei Zak McKracken wurden einfach abgeschrieben - oder von Crackern direkt aus dem Programmcode entfernt. 

Wer damals zu den ehrlichen Käufern zählte und seine Exemplare gut aufbewahrt hat, gehört heute auf jeden Fall zu den Gewinnern. Er darf sich über Schmuckstücke in seiner Sammlung freuen, die je nach Zustand einige hundert Euro Sammlerwert haben. Pro Spiel.

Jürgen: Verkaufszahlen sind immer so eine Sache. Keine Firma gibt sie gerne raus und so richtig Butter bei die Fische finde ich auch heutzutage nicht im Netz. Es gibt eine schöne Seite, die sich mit den (angeblichen) Verkaufszahlen der King's-Quest-Reihe beschäftigt. So seien von King's Quest 6 innerhalb der ersten Woche 400.000 Exemplare verkauft worden. Oder King's Quest 8 habe doppelt so viele Exemplare verkauft wie Grim Fandango. Nachprüfbar ist das natürlich alles nicht. Auffällig bleibt bei den angeblichen Zahlen jedenfalls, dass sich die heutzutage so verrufenen Sierra-Spiele auch bei der zigten Fortsetzung sehr gut verkauft haben.
Du riechst so gut: Die CyberSniff 2000(TM)


Da Sascha oben auf die traumhaften ASM-Wertung einiger LucasArts-Titel eingeht: Ausgerechnet Leisure Suit Larry 2 räumt bei der ASM 11 von 12 Punkten ab. Das mit Abstand schlechteste Spiel der ganzen Reihe. Natürlich garniert mit Screenshots aus den ersten fünf Minuten des Spiels. Auch sehr gute Besprechungen wie die zu Space Quest 4 von Anatol Locker aus der PowerPlay 6/91 werden von ihren Autoren heutzutage zum Beispiel im Spieleveteranen-Podcast wieder einkassiert, weil der Schwierigkeitsgrad des Spiels wohl im Laufe der Jahrzehnte plötzlich nach oben geschnellt sein muss... Im Schnitt bewegen sich die Besprechungen auf Kultboy alle um die 80 herum. Wie gesagt: gerne begründet mit Bildern aus der Anfangsphase des Spiels. Das waren noch goldene Tester-Zeiten.

Auch Sierra hat sich an Kopierschutz-Beigaben versucht. Mit ähnlich durchschlagendem Erfolg wie LucasArts, wenn es um die Eindämmung von Kopien ging. Seien es die Raumschiff-Codes für Space Quest 4 oder die AeroDork-Codes für Leisure Suit Larry 5 - Passionate Patty Does a Little Undercover Work. So richtig genutzt hat das alles nicht. Ein paar Comics bei Gabriel Knight hier, ein Playspy-Heft da: Spielerisch relevant waren die Beigaben selten. Außer natürlich die legendäre CyberSniff-2000-Rubbelkarte bei Leisure Suit Larry - Yacht nach Liebe.
1990: Innovatives Piraten-Abenteuer mit lustigem Antiheld oder der fünfte Märchen-Aufguss mit nerviger Eule?
(Monkey Island vs. King's Quest 5)
 

Die Technik: Perfekte Präsentation oder Fehlversuch?

Jürgen: Welche Firma hier wann irgendetwas Wichtiges zur Entwicklung des Genres beigetragen hat (Kurzfassung: Ganz schön oft war es Sierra), klang ja jetzt schon ein bisschen an. Während wir in einem zweiten Artikel mehr inhaltlich auf die Spiele eingehen werden, gibt es hier einen kurzen Überblick über die technischen Sprünge, mit denen sich die beiden Kontrahenten hervorgetan haben.

Waren die ersten Jahre durch die technischen Möglichkeiten eingeschränkt, so gab es natürlich trotzdem wunderschöne Pixel-Grafiken zu bestaunen. Und spätestens seit Creative Director Bill Davis mit Leisure Suit Larry 5 zwei Jahre vor DotT dafür gesorgt hat, dass die Optik der Spiele auch mal etwas verrückter sein darf, ist für jeden Geschmack etwas dabei. Im Sound-Bereich setzte die Firma ab King's Quest 4 - The Perils of Rosella auf den Roland MT-32 und schuf damit bis dahin selten gehörte Klangwelten. Hier gibt es ein schönes Vergleichsvideo, das die Fähigkeiten dieses kleinen Kastens wunderbar demonstriert. 

Neue Techniken? Her damit! Sierra produzierte mit Phantasmagoria und The Beast Within - Ein Gabriel Knight-Krimi zwei der besten FMV-Spiele aller Zeiten. Dazu natürlich noch Urban Runner. Neun Jahre, bevor LucasArts mit The Adventurer auf den Zug aufsprang, hatte Sierra bereits ihr Fan-Magazin InterAction am Start. Und Sierra bot von Anfang an den Käufern die Möglichkeit, Spiele zurückzuschicken. Gefällt nicht? Geld zurück. Das war Marketing!

Sascha: Sorry, ich musste kurz lachen. Ich möchte ja die FMV-Fans nicht vor den Kopf stoßen, aber gerade Gabriel Knight 2 ist mit das unfreiwillig komischste Spiel, das ich je gespielt habe. Gut, dass LucasArts so einen Quatsch nicht mitgemacht hat.

Wie man an den bereits oben erwähnten Magazinwertungen ablesen kann, haben die LucasArts-Adventures ihre Konkurrenz auch in Sachen Technik meist meilenweit hinter sich gelassen. Zum immer weiter verbesserten SCUMM-System kam zum Beispiel die zuerst 1991 in Monkey Island 2 - LeChuck's Revenge verwendete iMuse-Technik hinzu, die dafür sorgte, dass alle Spielszenen immer mit der passenden Musik mit ineinandergreifenden Übergängen versorgt wurden. Die Werke von Komponisten wie Michael Land sind auch heute noch legendär. Kennt jemand die Namen von Sierra-Komponisten auswendig, ohne nachschauen zu müssen?

Auch die Grafiken waren immer State-of-the-Art, dank Künstlern wie Mark Ferrari, der Spiele wie Loom oder The Secret of Monkey Island zu Pixel-Kunstwerken erhoben hat. Oder Peter Chan, der 1993 den unverwechselbar schrägen Day of the Tentacle-Stil geschaffen hat. Und nicht zuletzt auch Bill Tiller, der für die auch heute noch sehr ansehnliche Comic-Grafik von The Curse of Monkey Island verantwortlich war.

Ich denke, mehr werde ich wohl nicht erwähnen müssen und frage mich auch nur kurz, was Umtauschgarantien oder Fanmagazine mit der Technik zu tun haben.

Jürgen: Medien-Techniken. Ähem.


 
1993: Verkehrte Welt. Sam and Max spielen im Vollbild, während Larry 6 den Bildschirm mit Inventar und Symbolen vollklatscht.
 

Die Technik: Schön spielbar oder komplizierte Klickerei?

Jürgen: Nach den ersten Erfolgen der Firma mit den Hi-Res-Adventures produzierte Sierra mit einem für für damalige Zeiten unglaublichen Budget und Zeitaufwand an King's Quest als Referenzspiel für IBMs neuen PCjr. Ein Gerät, dem entschieden weniger Erfolg beschieden war als König Grahams erstem Abenteuer. Und bevor der Elephant im Raum immer lauter trötet: Ja, man stirbt in Sierra-Adventures. Und zwar ganz schön oft. Das begann in Mystery House und hörte in den meisten Reihen bis zum Schluss nicht auf. Ist das eine Sierra-Spezialität? Nein. Ist es eine Unart? Hm. Ich bin trotz meiner Vorliebe für die Spiele dieser Firma nicht blind für die Probleme. Das habe ich in meinem Artikel über die beiden Larry-Teile 2 und 3 ja auch lang und breit erklärt. Ich bin aber ganz klar dagegen, die Sierra-Tode alle über einen Kamm zu scheren. Es gibt die, an denen schlechtes Game-Design schuld ist. Akzeptiert. Aber während es heutzutage schick ist, sich durch Dark Souls oder Soulslikes zu sterben, wird Graham oder Roger jeder einzelne Bildschirmtod groß angekreidet. Wofür genau ist diese Speicherfunktion eigentlich gut? Ah, jetzt ja!

Sascha: Wie du versuchst, einen der schlimmsten Adventure-Design-Fails zu verteidigen, in dem du einen Vergleich mit einem Spiel aus einem völlig anderen Genre anstellst, in dem es darum geht, zu töten und getötet zu werden, wirkt nun wirklich äußerst verzweifelt. Am Rande sei erwähnt, dass spätestens seit Monkey Island alle Dead Ends und Tode aus LucasArts-Adventures verbannt wurden, was natürlich der einzig richtige Schritt war.

Aber ich lasse mich auf einen Kompromiss ein: Selbst verschuldete Tode, die man meilenweit gegen den Wind hätte riechen müssen, dürfen Bestandteil eines Adventures sein, WENN man danach wieder direkt vor die Todesszene gesetzt wird. Leider sind echt viele Tode in Sierra-Adventures vollkommen willkürlich und sparen sich unfairerweise auch noch einen automatischen Speicherpunkt. Oder hast du wirklich Spaß daran, dauernd die gleichen Sachen noch einmal wiederholen zu müssen, nur weil du vor einer halben Stunde zuletzt gespeichert hast und dann beim Blumenpflücken gestorben bist? Wobei, da wären wir ja wieder bei den Soulslikes...

Jürgen: Ich stimme Dir teilweise zu. Es gibt einige (okay, einige mehr) Stellen, die einfach nur schlechtes Game-Design sind und die daraus resultierenden Tode sind mies. Es gibt einige Interviews zum Beispiel mit Al Lowe, in denen er solche Stellen als Lernprozess seines Teams verteidigt. Aber es bleibt natürlich dabei: Das macht keinen Spaß. Dagegen liebe ich Tode, die vermeidbar gewesen wären. Weil Sierra diese Stellen teilweise wunderbar zelebriert. So wie in diesem Video hier ab Minuten 2:59. Herrlich! Vollkommen unnötig und herrlich! Wie auch immer: Ich kann diesem heiligen Glaubenssatz, dass in Adventures nicht gestorben werden darf, nicht viel abgewinnen. Sierra hat es übertrieben, ohne Frage. Aber ernsthafteren Spielen wie The Dig oder Indiana Jones and the Fate of Atlantis hätte ein wenig mehr Gefahr gut zu Gesicht gestanden. 
 
Sascha: Ähm... Nein. Aber lassen wir das und kommen zur Steuerung. Die Bedeutung von SCUMM habe ich ja bereits erwähnt, und diese Steuerungsmethode, bei der man mit der Maus (oder dem Joystick) direkt Verben und Objekte in der Grafik anklicken konnte, wurde stetig weiterentwickelt. So wurde zum Beispiel aus dem Text-Inventar eine grafische Übersicht mit kleinen Icons, oder es wurde eine kontextsensitive Rechtsklick- oder eine Drag-and-Drop-Funktion hinzugebaut. Später wurde das Interface auch optisch stark verändert, so dass die Verben wegfielen und man Icons für die Aktionen anklicken musste und ein bildschirmfüllendes Inventar hatte. Bis 1997 war SCUMM der Unterbau für alle LucasArts-Adventures. Aber auch heute erfreut sich dieses Konzept noch großer Beliebtheit bei den Fans und hat viele Nachahmer bei anderen Firmen gefunden, was ja bekanntlich als das größte Lob gilt. 

Es ist übrigens heute so einfach wie nie, diese Klassiker noch einmal zu spielen. Neben einigen Remakes oder Remastered-Versionen für aktuelle Systeme, könnt ihr mit dem Interpreter ScummVM jedes LucasArts-Adventure auf quasi jedem Toaster zum Laufen bringen. Dank der Fans, die dieses Projekt erschaffen haben und bis heute mit Updates versorgen. Später wurden noch sehr viele Adventures weiterer Firmen hinzugefügt, aber wie der Name schon sagt: Ohne SCUMM hätte es auch nie ScummVM gegeben.

Am Rande möchte ich noch erwähnen, dass es unter anderem dank Boris Schneider-Johne für alle relevanten Titel seit Maniac Mansion qualitativ hochwertige deutsche Versionen gibt.

Jürgen: Steuerung, ja. Ein Thema für sich. Dass die alten Sierra-Spiele heutzutage wie ein Relikt wirken, verdanken sie natürlich ihrer Parser-plus-Figuren-Steuerung. Die war anno dunnemal ein riesiger Fortschritt, aber wenn so ein Tanker erst einmal in eine Richtung schippert, wendet er manchmal nicht schnell genug. Also dauerte es eine Weile, bis auch Sierra mit der Icon-Steuerung warm wurde. Ihre eigenen Versuche, die alten Spiele in verbesserten Fassungen wieder auf den Markt zu werfen, verliefen schon vor dieser Änderung im Sande, so dass Fan-Gruppen in die Bresche springen mussten und Icon-gesteuerte Remakes erstellt haben. Dazu gibt es einen empfehlenswerten Artikel eines nicht näher genannten Users.

Spielbar sind die Sierra-Sachen auch heute noch problemlos über die zum Beispiel auf GOG erhältlichen Versionen. Oder ihr nutzt diese tolle Technik namens ScummVM. Das steht für Sierra's Collected Ultimate Modern Matchless Video Masterpieces.

Sascha: Oh, dieser Artikel, den du da erwähnst, ist ja unfassbar gut geschrieben! Wobei dieser hier sogar noch interessanter ist, da er sich auf LucasArts bezieht. Übrigens finde ich es auch bemerkenswert, dass ScummVM nach und nach den draußen im Dunkeln stehenden, verlassenen, durchnässten und durchgefrorenen armen Sierra-Adventures ein wohliges neues gemeinsames Zuhause geboten hat. Kein Adventure wird allein gelassen, und sei es noch so hässlich oder langweilig.

Und damit sind wir fertig mit dem ersten Teil. Im abschließenden zweiten Teil geht es ans Eingemachte: Wir besprechen die eigentlichen Spiele beziehungsweise deren Inhalte und versuchen dann, ein gemeinsames Fazit zu ziehen.
Immerhin hat er es jetzt hinter sich. (Einer der Tausend Tode in Sierra-Adventures)
TheLastToKnow 18. Juni 2022 - 8:44 — vor 1 Jahr aktualisiert
Ridger 22 Motivator - P - 34694 - 18. Juni 2022 - 10:23 #

Ist der Artikel doppelt?

StefanH 26 Spiele-Kenner - - 65051 - 18. Juni 2022 - 10:28 #

Nee, ein (hervorragender) Zwei-Teiler ;)

Jürgen (unregistriert) 18. Juni 2022 - 10:28 #

Es ist ein Zweiteiler. Wir hatten ursprünglich eine ganz andere Idee, wie wir die Artikel aufziehen wollten (mit Links hin und her springen) und das hier ist das lesbarere Endprodukt.

Ridger 22 Motivator - P - 34694 - 18. Juni 2022 - 10:35 #

Ach so. Habe das auf meinem Handy nicht gesehen, weil die (1) und (2) ganz nach links in die nächste Zeile rutschten. Sorry.

Edelstoffl 16 Übertalent - P - 5418 - 18. Juni 2022 - 10:54 #

So ein geiler Beitrag - vielen Dank!

Henning Lindhoff 19 Megatalent - P - 14430 - 18. Juni 2022 - 10:57 #

Schönes Format auf den ersten Blick. Den Text gönne ich mir, wenn ich etwas Zeit habe. Vielleicht klappt es beim nächsten Mal ja als Video. Das wäre auch spannend.

euph 30 Pro-Gamer - P - 129971 - 18. Juni 2022 - 12:05 #

Ui, gut das es heute so heiß ist, da hat man Zeit für so zwei lange Artikel!

v3to (unregistriert) 18. Juni 2022 - 12:20 #

An sich stehe ich selbst klar auf Seiten von LucasArts-Adventures stehe. LucasArts war für mich sowas wie Hanna Barbara - irgendwo cool, traf den Zeitgeist, man erkennt es auf den ersten Blick und wenn sich der Humor abnutzt, bleibt es irgendwie nett. Es war Anfang der 90er auch technische Referenz.

Was mich allerdings immer wieder erstaunt, ist wie PNC-Adventures in den USA eingeschätzt werden. Dort haben LA-Adventures zwar auch einen wirklich guten Ruf, allerdings sind Sierra-Adventures scheinbar übermächtig - gerade auch, was die Stories in den Spielen angeht. Mag an der Verbreitung liegen, allerdings ist da durchaus was dran, dass man bei Sierra eine weit größere Spannbreite bekam. Das Unternehmen war halt nicht so fokussiert auf einen
bestimmten Bereich des Genres. Wenn man unter der Haube schaut, waren die Spiele trotz grober Grafik technisch lange Zeit weit vorne (die Hintergründe waren vor der MCGA/VGA-Ära btw Vektorgrafik). Bei aller Kritik an FMV-Adventures funktionieren die mMn besser als die Tank-Steuerungs-Experimente von LA.

Ich muss übrigens Sascha widersprechen. Beast Within hat zwar durch die unfreiwillige Komik einen fetten Fußabdruck hinterlassen (was nebenbei bemerkt auch Spaß macht). Im Vergleich zu sämtlichen LA-Adventures zu der Zeit und auch danach, steckte da wesentlich mehr Spiel drin. Ich persönlich mag Full Throttle und Grim Fandango lieber, nur ändert das nichts daran, dass man bei Beast Within prächtig unterhalten wird und man richtig viel Gegenwert fürs Geld bekam. Ich hatte vor einiger Zeit Phantasmagoria 2 gespielt, welches zwar die Rätsel massiv zurückfährt, aber sich vermutlich deshalb als interaktiver 90ies-B-Movie unerwartet gut funktioniert.

Sonst würde ich noch ein paar eigene Meinungen einstreuen:

Ich spiele LA-Adventures ungern auf deutsch, da ich ehrlich gesagt die Boris-Schneider-Texte tendenziell fremdschämig finde.

Sierra-Adventures wird gerne unlogische Rätsel vorgeworfen. Bei Licht betrachtet, sind die in LA-Adventures aber nicht unbedingt besser designt. Der große Unterschied liegt eher darin, dass bei LA-Adventures deutlich mehr Wert auf indirekte Hinweise gelegt wurde und falsche Entscheidungen im Sinne des Skriptings nicht zum Tod führen. Das sollte sich mMn auch so manches moderne PNC-Adventure vor Augen halten, welches einen allen allen Ecken und Enden mit Lore zuschmeißt und vom Kern der Spiele eher ablenkt.

Stichwort Tode bei Sierra-Adventures. Der relative Fortschritt, bei LA-Adventures nicht zu sterben hat das Kernproblem der Unendlichkeit von Fehlentscheidungen in Adventures auch nicht gelöst. Bzw das Verben-Menü wurde damals auch kritisiert, die Phantasie des Spielers hinsichtlich seiner Möglichkeiten zu beschneiden und gleichzeitig bleibt aber das Übermaß an Skript-Kombinationen, die zu einem It-doesn't-work führen (und man dennoch regelmäßig wild durcheinander kombiniert hat, weil die Logik in LA-Adventures auch nicht immer direkt nachvollziehbar war). Wenn man vereinfacht sieht, sind das alles kleine Sackgassen, die Sierra an kritischen Stellen mit Game-over gleichsetzte. War an sich auch eine Notwendigkeit, wenn man nicht will, dass man die Spiele gleich nach zwei Stunden durch hat. Es war dennoch in beiden Varianten mehr ein Kompromiss aus der Not heraus. Das wurde mMn erst mit Loom und Full Throttle entschlackt.

Was Sierra-Adventures mMn gemeinhin etwas besser raus hatten als die Titel von LA war die Exploration. Nicht falsch verstehen, denn die machte auch bei LucasArts viel aus, nur hatte bei Sierra das Auskundschaften der Umgebung zb bei Gabriel Knight oder den Kings-Quest-Spielen als Spielelement präsenter.

Monkey Island 4 ist und bleibt mMn ein missratenes Spiel. Es war für mich ein Augenöffner im negativen Sinne und es stört mich immer noch, dass ich mich von dem wohlwollend gefärbten Test in der PC Player damals habe blenden lassen.

Jürgen (unregistriert) 18. Juni 2022 - 12:57 #

Toller Kommentar! Danke dir dafür.

thoohl 20 Gold-Gamer - - 22739 - 18. Juni 2022 - 13:37 #

Schöner Beitrag. Aber wie wäre es mit Baphomets Fluch Teil 1. Bestes Adventure. ;-)

Deklest 13 Koop-Gamer - 1475 - 18. Juni 2022 - 15:43 #

Was für ein geiler Artikel. Ich habe nie Adventure gespielt und nur am Rande mal mitbekommen, dass es da eine Konkurrenz zwischen den beiden Firmen bzw. den Fans gab, aber es in so einem Artikel aufbereitet zu lesen, ist schon richtig gut. Ich werde mich jetzt sofort an den zweiten Teil machen.

Mata Harry 13 Koop-Gamer - 1619 - 18. Juni 2022 - 21:02 #

Wie wäre es denn mit einer Abstimmung, um diese Frage ein für alle mal zu klären? :-)

TheLastToKnow 30 Pro-Gamer - - 125252 - 18. Juni 2022 - 21:18 #

Sonntagsfrage?! :D

Mata Harry 13 Koop-Gamer - 1619 - 18. Juni 2022 - 21:48 #

So in etwa habe ich mir das gedacht.

Und dann aber ohne so Wischiwaschi Antworten wie "Mir gefallen aber beide"...

Sierra ODER Lucasarts

*Auswahl Ende*

Jürgen (unregistriert) 18. Juni 2022 - 22:11 #

Wenn es bei dir so einfach ist, dann raus damit.

Mata Harry 13 Koop-Gamer - 1619 - 19. Juni 2022 - 16:25 #

Definitiv Sierra! Und das sage ich, obwohl Monkey Island mein Lieblingsadventure ist. ;) Sierra hat einfach mehr Klasse.

Q-Bert 25 Platin-Gamer - P - 56324 - 19. Juni 2022 - 4:31 #

Längst eingereicht.... ;]

Q-Bert
18.6.2022 - 14:52

Hi Hagen,

heute gingen ja die beiden User-Rumble-Artikel von Jürgen und TheLastToKnow online zum Thema "LucasArts vs. Sierra". Was hältst du von der Idee, dazu eine passende Sonntagsfrage zu bringen?

LucasArts vs. Sierra - wer gewinnt den User-Rumble?
a) LucasArts (TheLastToKnow)
b) Sierra (Jürgen)

Herzliche Grüße,

Q/Micha

Henmann 17 Shapeshifter - P - 8181 - 19. Juni 2022 - 16:11 #

Und Hagen lässt doch wieder die obligatorische Antwort
"Ich mag beide gleichermaßen" zu. Also doch nicht so einfach.

Q-Bert 25 Platin-Gamer - P - 56324 - 19. Juni 2022 - 19:45 #

Antwort "c) beide" hätte ich persönlich weggelassen, aber trotzdem freue ich mich, dass Hagen den Vorschlag so kurzfristig aufgegriffen hat :)

Mata Harry 13 Koop-Gamer - 1619 - 19. Juni 2022 - 10:20 #

Sehr gut! :D

Noodles 26 Spiele-Kenner - P - 75006 - 19. Juni 2022 - 18:04 #

Unterhaltsamer erster Teil, jetzt wird Teil 2 gelesen. :)

Zille 21 AAA-Gamer - - 26480 - 19. Juni 2022 - 19:09 #

Toll gemachter Artikel bis hierher - Teil 2 muss noch ein wenig warten. Wobei ich eigenlich nur LucasArts-Adventures gespielt habe. Indiana Jones oder Piraten waren einfach für mich interessanter, als King's Quest.

Ridger 22 Motivator - P - 34694 - 21. Juni 2022 - 13:48 #

Schöner Artikel!