Geisterjagd im verfluchten Kloster

Koudelka User-Artikel

CharlieDerRunkle 2. Oktober 2021 - 9:22 — vor 10 Wochen aktualisiert
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Dieses reizende ältere Pärchen serviert uns Giftsuppe. Lecker!
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In den Bann gezogen

Was mich von Anfang an beeindruckt hat, war die unheimliche Atmosphäre. Natürlich spielt auch der Grafikstil eine Rolle, der aufgrund der Limitierungen der PlayStation teils sehr gewöhnungsbedürftig ist, in diesem Falle aber ganz gut passt. Man merkt dem Spiel an, dass die Entwickler sehr viel Wert auf das Erscheinungsbild der einzelnen Gegner gelegt haben; so gibt es zwar auch die üblichen Verdächtigen wie Geister, Skelette und Zombies, aber auch Lovecraft-eske Kreaturen. Die Boss-Gegner unterscheiden sich voneinander und haben alle unterschiedliche Schwachpunkte. Von der Geschichte und der Darstellung der Umgebung sowie der Gegner her könnte das Spiel aus der Feder von Clive Barker stammen. Nicht umsonst fühlte ich mich an einigen Stellen an Clive Barker's Undying erinnert.
 
Auch die Geheimnisse des Klosters tragen zur Atmosphäre bei. Warum ermordet das nette Pärchen vom Anfang jeden, der es wagt, einen Fuß in das Kloster zu setzen? Woher kommen all die Monster? Und was hat es mit dem kleinen Mädchen auf sich, dessen Geist uns immer wieder über den Weg läuft? Beziehungsweise schwebt? Und welche Rolle spielt das Schiff, dessen Untergang viele Seelen auf den Grund der Themse beförderte? Fragen über Fragen… Das Lüften eines Geheimnisses wirft immer nur neue Fragen auf. Die spannende Geschichte animiert, weiterzuspielen, auch wenn die Kämpfe manchmal etwas langatmig sind. Das Interessante an Koudelka ist, dass es für die verschiedenen Geheimnisse mehrere Lösungen geben kann, basierend auf dem Fortschritt des Spielers. So dringen wir in die Zelle des Mädchens ein und werden mit ihrem Geist konfrontiert. Haben wir vorher die Briefe gefunden, die ihre Mutter an sie geschrieben hat, können wir sie besänftigen, anderenfalls wird sie sich in ein Monster verwandeln und uns angreifen.
 
Im Laufe der Zeit werden die drei Protagonisten zu einem eingespielten Team. Koudelka ist eine sehr gute Zauberin, während Edward ein guter Kämpfer ist. James ist eine Mischung aus beiden, insbesondere als Heiler kann er gute Dienste leisten. An einer Stelle des Spiels werden die Kampfgefährten jedoch getrennt, was das bisherige Konzept auf den Kopf stellt. Koudelka muss sich nun alleine gegen die immer wieder angreifenden Monster zur Wehr setzen. Irgendwann trifft sie die anderen beiden Protagonisten wieder. Nun können sie sich dem größten Geheimnis des Klosters widmen und Patricks Experimenten ein Ende bereiten.
Die Karte erhalten wir erst im Laufe des Spiels.
 

Viele ärgerliche Kleinigkeiten

Natürlich ist auch Koudelka nicht perfekt. Die Grafik der PlayStation erschwert es, wichtige Gegenstände zu erkennen, die wir mitnehmen sollten. Wie bereits angedeutet, ist es möglich, dass wir bestimmte relevante Items einfach übersehen. Und das Spiel lässt das zu und uns somit ins Verderben rennen (dazu später mehr). Finden wir entgegen allen Widrigkeiten bestimmte Gegenstände, zeigt sich das nächste Problem: Alles, was wir finden, kommt in ein und dasselbe Inventar, dessen Größe begrenzt ist. Quest-Gegenstände, Waffen, Heiltränke und magische Accessoires nehmen irgendwann überhand, sodass wir uns genau überlegen müssen, was wir mitnehmen und was wir (beispielsweise nach einem Kampf) zurück lassen.
 
Die Kämpfe werden mit der Zeit eintönig, außerdem ist nicht ganz klar, nach welcher Logik festgelegt wird, wann welche Person am Zug ist. Ebenso schwankt die Effizienz der Waffen und Zauber; in dem einen Kampf können wir mit Flammen einen Feind sofort grillen oder mit dem Schwert umhauen, während selbige in einem anderen Kampf dem Gegner nichts anhaben können. Und es ist nicht so, dass das logisch und nachvollziehbar wäre, immerhin können wir in der Logik dieser Spielwelt sogar körperlosen Wesen mit Projektilen Schaden zufügen. Vielleicht bin ich auch einfach nur zu blöd, um dieses überaus komplexe, auf mathematischen Formeln basierende Kampfsystem vollends zu verstehen, aber wenn man in einem Kampf mit einer bestimmten Waffe oder einem bestimmten Zauber einem Gegner mehrere Tausend HP abzieht, im nächsten Kampf hingegen 0 HP, ist das einfach unlogisch und inkonsequent…
 
An der Darstellung der Spielwelt stört mich das ebenfalls inkonsequente Design derselben. Ursprünglich als Kloster errichtet, sieht es an einigen Stellen wie eine mittelalterliche Burg aus, inklusive Folterkellern und Verliesen, an anderen Stellen erinnert es architektonisch stark an ein englisches Herrenhaus oder sogar ein Schloss.
 
Auch die eigentlich gute Geschichte mit ihren vielen Nebenhandlungen und Geheimnissen kommt etwas holprig daher. Es könnte natürlich an der Sprachbarriere liegen, aber manche Zusammenhänge erschließen sich nicht immer. Spielt man Koudelka also zum ersten Mal, kann es sein, dass am Ende noch so manche Frage offen ist. Abhilfe schaffen das erneute Durchspielen oder das Nachlesen im Internet, um die Hintergründe zu verstehen.
Wie auch immer die da reingekommen ist...
 
Maverick 34 GG-Veteran - - 1329101 - 2. Oktober 2021 - 9:23 #

Ein sehr schöner User-Artikel zu einem mir bisher unbekannten Titel bzw. Spiele-Reihe, hat Spaß gemacht zu lesen. :)

thoohl 20 Gold-Gamer - - 23468 - 2. Oktober 2021 - 9:41 #

Danke für die Beschreibung.

Schön finde ich:"Klar gibt es Titel, bei denen es sich lohnt, immer wieder von vorne anzufangen und neue Wege zu beschreiten und Dinge auszuprobieren, beispielsweise in jedem Spiel der The Elder Scrolls-Reihe"

War nach Spielzeit im dreistelligen h Bereich froh, auch relativ durch zu sein. Es ist aber auf jeden Fall so, dass mich das Wissen der Alternativen in diesen Spielen immer reizt, was wäre wenn, ich das aber meist nachlese. Also auch Entscheidungsstränge im Spiel.

Schönes Wochenende.

direx 22 Motivator - - 37040 - 2. Oktober 2021 - 11:08 #

Ich erinnere mich wieder, das Ding auf meine PS1 gespielt zu haben. Hat Spaß gemacht damals ...

Hendrik 28 Party-Gamer - P - 105028 - 2. Oktober 2021 - 12:06 #

Koudelka war cool seinerzeit. Aber Elaine fand ich zum kotzen schwer.

Saphirweapon 17 Shapeshifter - 7136 - 2. Oktober 2021 - 22:47 #

Dann hast du dich zuwenig mit dem Kampfsystem beschäfigt. Die Statuswerteverändernden Zaubersprüche waren einfach absolut OP. Auf maximalem Level (3) waren es entweder +9 für die eigenen Leute oder auch -9 für den Gegner. Spätestens damit verkamen alle Kämpfe zum Spaziergang. Aber auch ohne diese Sprüche war es viel zu einfach. Einfach bei Edward alles in Konstitution und keiner kam je an ihm vorbei und an deine magischen Glaskanonen in den hinteren Reihen ran.

Hendrik 28 Party-Gamer - P - 105028 - 3. Oktober 2021 - 12:25 #

Kann durchaus sein. Ist zulange her. :)

Claus 31 Gamer-Veteran - - 421615 - 2. Oktober 2021 - 13:34 #

Wieder mal ein starker Artikel. Danke!

Sven Gellersen 23 Langzeituser - - 45112 - 2. Oktober 2021 - 16:07 #

Toller Artikel, Charlie!
Ich selbst habe damals nur über Gaming-Magazine von Koudelka gelesen, es aber nie gespielt. Das Einzige, woran ich mich glaube, zu erinnern, ist dass die Kampfumgebungen wohl schachbrettmäßig funktioniert haben.

Saphirweapon 17 Shapeshifter - 7136 - 2. Oktober 2021 - 22:48 #

Das ist korrekt. Die eigene Gruppe beginnt auf der unteren Seite des "Schachbretts" und die Gegner auf der oberen. Oberste Regel beim bewegen ist es, dass du nur dann eine Reihe nach vorne vorrücken kannst, wenn du damit nicht an einem Gegner vorbeiziehst. Steht zum Beispiel einer deiner Leute auf der 3. Reihe von unten, müssen die Gegner ihn erst besiegen ehe sie an dieser Reihe vorbei und im Nahkampf an die unteren Reihen kommen. Andersrum gilt das Konzept natürlich genauso und auch man selber kommt nicht gleich im Nahkampf an alle Gegner ran.

Q-Bert 25 Platin-Gamer - P - 56357 - 2. Oktober 2021 - 16:27 #

Das Spiel ist an mir vorbei gegangen, aber dieser tolle Artikel natürlich nicht! Prima, Charlie!

Saphirweapon 17 Shapeshifter - 7136 - 2. Oktober 2021 - 22:35 #

Schöner Artikel und eines meiner Lieblings-Spiele und eine Perle auf der PS1. Die Athmosphäre die das Spiel verströmt ist einmalig. Dazu die sehr gute Deutsche Synchronisation und die vielen launigen Gesprächsmomente innerhalb der Gruppe.

Leider ist der Umfang eher gering und der Schwierigkeitsgrad quasi nicht vorhanden.

CharlieDerRunkle 17 Shapeshifter - 7284 - 4. Oktober 2021 - 8:56 #

Nur so aus Interesse: Es gab eine deutsche Version von Koudelka??

Hendrik 28 Party-Gamer - P - 105028 - 4. Oktober 2021 - 9:21 #

Ja, viele der PS 1 RPGs wurden eingedeutscht. Auch Koudelka.

CharlieDerRunkle 17 Shapeshifter - 7284 - 4. Oktober 2021 - 12:16 #

Ich hatte keine Ahnung ^^ hab danach gescuht, aber irgendwie nichts gefunden^^

Hendrik 28 Party-Gamer - P - 105028 - 4. Oktober 2021 - 16:07 #

Du hast über Emu gespielt? Mit legaler ISO? Oder eher nicht so legal?

CharlieDerRunkle 17 Shapeshifter - 7284 - 4. Oktober 2021 - 17:34 #

ehrliche Antwort oder eine nette? :D oder eine sarkastische?

Hendrik 28 Party-Gamer - P - 105028 - 4. Oktober 2021 - 21:01 #

Gerne per PN. Und dann such es dir aus. :D

TheRaffer 23 Langzeituser - P - 40297 - 3. Oktober 2021 - 18:53 #

Danke für den Artikel. Ich hatte noch nie von dem Spiel gehört. Klingt atmosphärisch toll, aber nach Spieldesign aus der Hölle. :(

Ganon 27 Spiele-Experte - - 83896 - 17. Oktober 2021 - 17:01 #

"sonst gibt es drei weitere Leichen im Kloster, was nicht weiter auffällt, aber dennoch ärgerlich ist."

Hehehe! Von dem Spiel habe ich noch nie gehört. Siet auf den ersten Blick wie Resident Evil aus, spielt sichtbar wohl eher sie ein JRPG? Interessant. Der Artikel war jedenfalls sehr schön zu lesen.