Mari0-Entwickler im Interview

„Indie-Tributes als Werbungsquelle erkennen“ User-Artikel

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Der Vier-Spieler-Koop-Modus in Aktion.

GamersGlobal: Das unabhängige Arbeiten an einem Projekt bringt sicher viele Vorteile, aber auch Nachteile mit sich. Was sind aus deiner Sicht die jeweils größten Vor- und Nachteile?

Maurice Guégan: Der größte Vorteil ist die komplette Kontrolle über alle Aspekte des Spiels. Der größte Nachteil die komplette Kontrolle über alle Aspekte des Spiels. Wenn ich darüber nachdenke, wie ein Feature im fertigen Spiel auszusehen hat, dann muss ich das nicht vorher mit dem Director, Grafiker und Co-Programmiern besprechen. Ich kann mir Rat holen, wenn ich mir bei einer Sache unsicher bin, ansonsten aber meiner Kreativität freien Lauf lassen. Auf der anderen Seite gibt es aber auch Dinge, bei denen ich Hilfe bräuchte, wie beim Level- und Sounddesign sowie den Grafiken. Man ist schon sehr auf sich allein gestellt und muss in vielen Bereichen Erfahrung haben. Sollte man noch andere Leute im Boot haben, ist das natürlich vorteilhaft in solchen Dingen, kann aber durch die fristlose Art der unabhängigen Entwicklung zu Verspätungen und Frustration im Team führen.

GamersGlobal:
Könntest du dir auch vorstellen, für einen der großen Entwickler zu arbeiten? Müssten dafür bestimmte Voraussetzungen bestehen?

Maurice Guégan:
Das Verhalten gegenüber dem Endbenutzer würde für mich eine große Rolle spielen. Immer mehr Entwickler gehen immer aggressiver mit dem Thema DLC und Micropayments vor. Der Begriff „First-Day-DLC“ ist schon lange negativ besetzt. Es scheint darum zu gehen, soviel Geld wie möglich aus den Taschen der Benutzer, selbst nachdem diese das eigentliche Produkt gekauft haben, zu ziehen. Als Gegenbeispiel fällt mir als erstes Valve ein. Ende 2007 kam das Spiel Team Fortress 2 auf den Markt und noch heute wird es ständig mit Updates erweitert. Mittlerweile gibt es mindestens fünfmal soviel Content (Maps, Waffen, Gamemodes) in dem Spiel als zu Release, kostenlos. Selbst das Spiel ist seit einiger Zeit kostenlos und wird durch Micropayments unterstützt, die jedoch keinen Einfluss auf das Spiel haben.

GamersGlobal: Gibt es Indie-Spiele oder herkömmliche Titel, die du aus der Sicht eines Entwicklers – zum Beispiel wegen der Idee, dem Gameplay oder der Umsetzung – sehr gelungen findest?

Maurice Guégan: Mich beeindruckt immer noch, dass das Spiel Cave Story (GG-Steckbrief) von einer einzigen Person gemacht wurde. Grafiken, Code, Musik und Story wurden alle in vier Jahren mühevoll erstellt und setzen sich zu einem Spiel zusammen, das mit millionenschweren Titeln mithalten kann. Auch das Durchhaltevermögen von Pixel, dem Ersteller, bewundere ich. Ich kann mir nur schwer vorstellen, mehrere Jahre als Einzelperson an einem Projekt zu arbeiten. Cave Story ist definitiv ein faszinierendes Spiel von einem sehr, sehr talentiertem Kopf.

GamersGlobal: Kannst du unseren Lesern abschließend einige Tipps geben, welche (Independent-)Titel diese unbedingt ausprobieren sollten?

Maurice Guégan: Ich bin ein Fan von Platformern, und so kann ich vorallem Super Meat Boy von Team Meat (Steckbrief auf GamersGlobal) und VVVVVV von Distractionware (Steckbrief auf GamersGlobal) empfehlen. Das Erste ist ein eher klassisch gehaltener Platformer mit extrem hohen Schwierigkeitsgrad, dafür aber mit einer der besten Steuerungen die ich je gesehen habe. Das Zweitgenannte ist eine sehr gut ausgeführte Studie von einem einzigen Konzept, das dem Spiel aber trotzdem mehr als genug Inhalt verleiht.

Weiterführender Link und aktuelles Gameplay-Video
Weitere Informationen zu Mari0 sowie aktuelle Screenshots findet ihr auf der offiziellen Website des Entwicklerstudios. Abschließend könnt ihr euch ein Video anschauen, das euch den dynamischen Spiltscreen-Modus in Aktion zeigt. Weitere Spielpräsentationen findet ihr in diesem YouTube-Kanal.


ChrisL 14. November 2011 - 17:20 — vor 12 Jahren zuletzt aktualisiert
monkeypunch87 14 Komm-Experte - 2656 - 14. November 2011 - 18:21 #

Danke für das Klasse Interview! Mir ist nur nicht ganz klar, welcher User das Interview führt, es wäre schön, wenn man dies im ersten Satz mit erwähnen könnte. Aber das warst bestimmt du, ChrisL, oder?

ChrisL 30 Pro-Gamer - P - 199512 - 14. November 2011 - 18:25 #

Na gut, gab' es mal eingefügt. :) Danke für das Lob!

monkeypunch87 14 Komm-Experte - 2656 - 14. November 2011 - 18:53 #

Solche "kleinen" User-Interviews würde ich sehr gerne öfter lesen. Sie sind spannend und man kann auch "Kleinst-"Entwickler zu Wort kommen lassen. Für mich sind solche Interviews auf jeden Fall ehrlicher als diese Standard-Marketing-Antworten der großen Studios und Publisher.

Wie kommt man zu solch ein Interview? Hast du einfach bei denen angefragt oder hattest du schon vorher Kontakt?

ChrisL 30 Pro-Gamer - P - 199512 - 14. November 2011 - 21:12 #

Richtig, ich habe "einfach angefragt" und -- wie man sieht -- eine positive Reaktion erhalten. :)

Crowsen (unregistriert) 14. November 2011 - 21:56 #

Finde das auch sehr schön zu lesen :) Das Interview ist wirklich toll und Maurice wirkt äußerst sympathisch. Ich kann mich da nur monkeypunch anschließen: Würde ebenfalls gerne öfter soetwas lesen :)

heini_xxl 18 Doppel-Voter - P - 9619 - 14. November 2011 - 22:10 #

find auch sehr gut! gibt sonst kaum ein forum, wo man gesammelt solche informationen bekommt.

Sokar 24 Trolljäger - - 48131 - 15. November 2011 - 13:41 #

OSX als Linux-basiert zu bezeichnen, das gibt böses Blut bei den BSDlern ;)
Kurze Erklärung: die Berkeley Software Distribution (kurz BSD, entstand an der Universität von Kalifornien in Berkeley) ist ein direkter Abkömmling von Unix (das wurde von Ken Thompson, Denis Ritchie und anderen in den Bell Labs entwickelt). Linux von Linus Torvalds dagegen ist ein Unix-Klon, sprich es bildet dieses nach und ist in weiten Teilen binärkompatibel (sprich Programme, die für Unix entwickelt wurden funktionieren häufig auch auf Linux, ohne dass sie neu kompiliert werden müssen bzw nur mit kleinen Änderungen), hat aber sonst nichts damit gemein.
Da Linux mit der GPL aber eine Lizenz nutzt, die verlangt, dass Änderungen am Quellcode und daran angehängte Module veröffentlicht werden müssen, entschied Apple sich dafür, BSD mit seiner (für kommerzielle Betriebe mit dem klassischen Geschäftsmodell mit geheimen Quellcode) liberaleren Lizenz als Basis für OSX zu nutzen. So muss Apple nur Teile seinen Quellcodes freigeben (imho nur am Kernel und anderen Teilen, die von BSD übernommen wurden, aber eigene Module und ihr Code, wie die der Oberfläche und anderer Programme nicht). Das ganze kann man hier schön sehen, im Unix-"Stammbaum": http://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Unix_history-simple.svg

Aber genug der Klugshicerei, sehr gutes Interview =)
Mari0 ist aufjedenfall ein Titel, den ich im Auge behalten werden, als alter Mario-2D-Platformer-Fanboy. Indie-Titel haben bei mir auch immer einen besonderen Platz, auch wenn mir manche doch zu abgedreht sind (wie kürzlich The Binding of Isaac).

ChrisL 30 Pro-Gamer - P - 199512 - 15. November 2011 - 15:50 #

Hallo Sok4R, danke für deinen ausführlichen Kommentar. Der entsprechende Satz ist jedoch als Aufzählung der Systeme formuliert -- OSX wird mMn nicht als Linux-basiert bezeichnet.

Flugtier 10 Kommunikator - 466 - 15. November 2011 - 19:45 #

Das ist wirklich ein sehr schönes Interview. Vielen Dank dafür! Weitere fragen zur Entwicklung selber würden mich noch interessieren. Wie hat sich die Spielidee entwickelt und wie wird an das Projekt ran gegangen. Ein Foto vom Entwicklerteam oder vom Interviewten wären auch schön. Vielleicht kann man sich noch ein wenig von der Seite "IndieGames - The Weblog" abschauen ;) Ich freue mich schon auf weitere Interviews und Artikel über die Indie-Szene.

ChrisL 30 Pro-Gamer - P - 199512 - 15. November 2011 - 19:48 #

Auch dir danke für die lobenden Worte! Stichwort Foto: So ein Interview beruht ja auch auf Gegenseitigkeit -- wenn der Gesprächspartner kein Foto veröffentlicht haben möchte, dann muss ich das schlicht akzeptieren, auch wenn es für den Artikel nicht verkehrt wäre. ;)