Mari0-Entwickler im Interview

„Indie-Tributes als Werbungsquelle erkennen“ User-Artikel

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Mari0 wird euch unter anderem auch veränderbare Skins und verschiedene Portalfarben bieten.

GamersGlobal: Ihr macht auf eurer Website ausführlich deutlich, dass durch Mari0 keine Verletzung von Markenrechten entsteht. Unter anderem, weil der Titel eine Parodie darstellt und das Ganze ein Hobby-Projekt ist. Was entgegnest du Lesern, die das möglicherweise für blauäugig halten?

Maurice Guégan: Wir weisen deutlich darauf hin, dass durch unser Projekt keinerlei Imageschaden für andere entsteht. Wir betreiben unser Projekt nicht kommerziell, haben also keinen Gewinn, den wir erzielen. Das Ganze kann man eher als Parodie sehen, mit der wir niemandem schaden.

GamersGlobal: In der Vergangenheit wurden Indie-Spiele oder Modifikationen teilweise durch den Markeninhaber verboten. Wie steht du allgemein zu diesem Thema?

Maurice Guégan: Allgemein muss man natürlich aufpassen, dass man dem Original nicht schadet. Hier kommt es  besonders darauf an, dass man sein Projekt nicht kommerziell betreibt, also keine Gewinnabsichten hegt. Bringt man allerdings ein Spiel aus reinem Spaß am Programmieren heraus, so schadet dies sicherlich niemandem. Dann sollte eine Firma auch vielleicht Indie-Tributes als Werbungsquelle erkennen und zumindest in Ruhe lassen oder sogar unterstützen.

GamersGlobal: Durch die Weiterverwendung sehr bekannter Produkte von Nintendo und Valve stehen euch zwei prominente und erfolgreiche Unternehmen gegenüber – habt ihr keine Bedenken, dass diese eurer Mari0-Spiel untersagen?

Maurice Guégan: Natürlich hoffen wir, dass uns dies erspart bleibt. Aber wir glauben auch nicht, dass Nintendo etwas gegen unser Projekt einzuwenden hat. Schließlich ist Mari0 ja auch ein Stück weit Werbung für das klassische Mario und Nintendo wird wohl weder einen finanziellen noch einen Imageschaden haben. Valve war bei solchen Angelegenheiten immer recht locker, deshalb machen wir uns um die keine Sorgen.

GamersGlobal: Für Independent-Spiele interessiert sich in den letzten Jahren eine stetig wachsende Spielergemeinschaft. Womit könnte das deiner Ansicht nach zusammenhängen?
Spieler sind eher dazu bereit, für ein durch Kritiken gut befundenes Indiegame zu bezahlen.

Maurice Guégan: Viele Spieler wollen etwas Neues und Besonderes in Spielen erleben. Große Firmen wie Activision Blizzard und EA Games stehen jedoch neuen Konzepten immer sehr kritisch gegenüber. Weitere Mitarbeiter der 20. Version von FIFA zuzuteilen, ist eine sicherere Investition als auf neue IPs zu setzen. Indiedeveloper hingegen entstehen meist sogar aus kreativen Ideen und so sind Spieler eher dazu bereit, für ein durch Kritiken gut befundenes Indiegame zu bezahlen.

GamersGlobal: Das Thema Onlinezwang wird derzeit unter den Spielern heiß diskutiert, aber es gibt auch Entwicklerstudios, die sich bewusst dagegen aussprechen. Was haltet ihr als Spiele-Entwickler davon, dass ein Spiel zwingend eine Onlineverbindung benötigt?

Maurice Guégan: Mir fehlen hierzu die Zahlen. Softwarepiraterie ist ein großes Problem für heutige Spieleentwickler, und ich kann verstehen, wenn sich ein Studio durch hohe Piraterieanteile in ihrer finanziellen Zukunft bedroht fühlt. Ich kann mich erinnern, dass 2D Boy, Indiedeveloper und Macher des gelobten World of Goo, eine Zahl von 90% illegal erworbenen Kopien des Spiels veröffentlichte. Ich möchte nicht behaupten, jeder dieser Installationen sei ein verlorener Gewinn, jedoch würde ich mir als gewinnabhängiges Studio auch überlegen, wie ich diese Zahl runterdrücken kann.

GamersGlobal: Wird es die heutigen global agierenden Entwickler und Publisher in ihrer jetzigen Form in fünf oder zehn Jahren noch geben?

Maurice Guégan: Ich denke, gerade durch diese Umstellung auf digitale Downloads, die in den letzten Jahren stark zu sehen war, werden immer mehr Entwickler ihre Spiele auf der ganzen Welt ohne Probleme anbieten können. Große Studios werden durch ihre Franchises auch weiterhin eine große Verbreitung auf diesen Märkten finden.

Auch eine Minimap wird im Indie-Spiel enthalten sein. Beide Screenshots zeigen die Ansicht des Level-Editors.

monkeypunch87 14 Komm-Experte - 2656 - 14. November 2011 - 18:21 #

Danke für das Klasse Interview! Mir ist nur nicht ganz klar, welcher User das Interview führt, es wäre schön, wenn man dies im ersten Satz mit erwähnen könnte. Aber das warst bestimmt du, ChrisL, oder?

ChrisL 30 Pro-Gamer - P - 199512 - 14. November 2011 - 18:25 #

Na gut, gab' es mal eingefügt. :) Danke für das Lob!

monkeypunch87 14 Komm-Experte - 2656 - 14. November 2011 - 18:53 #

Solche "kleinen" User-Interviews würde ich sehr gerne öfter lesen. Sie sind spannend und man kann auch "Kleinst-"Entwickler zu Wort kommen lassen. Für mich sind solche Interviews auf jeden Fall ehrlicher als diese Standard-Marketing-Antworten der großen Studios und Publisher.

Wie kommt man zu solch ein Interview? Hast du einfach bei denen angefragt oder hattest du schon vorher Kontakt?

ChrisL 30 Pro-Gamer - P - 199512 - 14. November 2011 - 21:12 #

Richtig, ich habe "einfach angefragt" und -- wie man sieht -- eine positive Reaktion erhalten. :)

Crowsen (unregistriert) 14. November 2011 - 21:56 #

Finde das auch sehr schön zu lesen :) Das Interview ist wirklich toll und Maurice wirkt äußerst sympathisch. Ich kann mich da nur monkeypunch anschließen: Würde ebenfalls gerne öfter soetwas lesen :)

heini_xxl 18 Doppel-Voter - P - 9619 - 14. November 2011 - 22:10 #

find auch sehr gut! gibt sonst kaum ein forum, wo man gesammelt solche informationen bekommt.

Sokar 24 Trolljäger - - 48131 - 15. November 2011 - 13:41 #

OSX als Linux-basiert zu bezeichnen, das gibt böses Blut bei den BSDlern ;)
Kurze Erklärung: die Berkeley Software Distribution (kurz BSD, entstand an der Universität von Kalifornien in Berkeley) ist ein direkter Abkömmling von Unix (das wurde von Ken Thompson, Denis Ritchie und anderen in den Bell Labs entwickelt). Linux von Linus Torvalds dagegen ist ein Unix-Klon, sprich es bildet dieses nach und ist in weiten Teilen binärkompatibel (sprich Programme, die für Unix entwickelt wurden funktionieren häufig auch auf Linux, ohne dass sie neu kompiliert werden müssen bzw nur mit kleinen Änderungen), hat aber sonst nichts damit gemein.
Da Linux mit der GPL aber eine Lizenz nutzt, die verlangt, dass Änderungen am Quellcode und daran angehängte Module veröffentlicht werden müssen, entschied Apple sich dafür, BSD mit seiner (für kommerzielle Betriebe mit dem klassischen Geschäftsmodell mit geheimen Quellcode) liberaleren Lizenz als Basis für OSX zu nutzen. So muss Apple nur Teile seinen Quellcodes freigeben (imho nur am Kernel und anderen Teilen, die von BSD übernommen wurden, aber eigene Module und ihr Code, wie die der Oberfläche und anderer Programme nicht). Das ganze kann man hier schön sehen, im Unix-"Stammbaum": http://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Unix_history-simple.svg

Aber genug der Klugshicerei, sehr gutes Interview =)
Mari0 ist aufjedenfall ein Titel, den ich im Auge behalten werden, als alter Mario-2D-Platformer-Fanboy. Indie-Titel haben bei mir auch immer einen besonderen Platz, auch wenn mir manche doch zu abgedreht sind (wie kürzlich The Binding of Isaac).

ChrisL 30 Pro-Gamer - P - 199512 - 15. November 2011 - 15:50 #

Hallo Sok4R, danke für deinen ausführlichen Kommentar. Der entsprechende Satz ist jedoch als Aufzählung der Systeme formuliert -- OSX wird mMn nicht als Linux-basiert bezeichnet.

Flugtier 10 Kommunikator - 466 - 15. November 2011 - 19:45 #

Das ist wirklich ein sehr schönes Interview. Vielen Dank dafür! Weitere fragen zur Entwicklung selber würden mich noch interessieren. Wie hat sich die Spielidee entwickelt und wie wird an das Projekt ran gegangen. Ein Foto vom Entwicklerteam oder vom Interviewten wären auch schön. Vielleicht kann man sich noch ein wenig von der Seite "IndieGames - The Weblog" abschauen ;) Ich freue mich schon auf weitere Interviews und Artikel über die Indie-Szene.

ChrisL 30 Pro-Gamer - P - 199512 - 15. November 2011 - 19:48 #

Auch dir danke für die lobenden Worte! Stichwort Foto: So ein Interview beruht ja auch auf Gegenseitigkeit -- wenn der Gesprächspartner kein Foto veröffentlicht haben möchte, dann muss ich das schlicht akzeptieren, auch wenn es für den Artikel nicht verkehrt wäre. ;)