Wo hört der Spaß auf?

Der Lebenszyklus komplexer Spiele User-Artikel

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Actionspiele und Twitch-Skill

Anhand von actionlastigeren Spiele wie Counter-Strike oder Spelunky lässt sich die Unterscheidung zwischen Phase 2 und 4 noch deutlicher erkennen. Sind die Regeln begriffen, geht es in der zweiten Phase vor allem um Konzepte: Wo sollte ich in welcher Situation stehen? Welchen Gegner sollte ich wann angreifen? Lohnt es sich, auf eine noch bessere Gelegenheit zu warten? Wieviel Risiko sollte ich in meiner momentanen Lage eingehen? Sind die Antworten auf diese Fragen weitgehend gefunden, folgt in Phase 4 das Training der puren physischen Ausführung, des sogenannten „Twitch-Skills". In Counter-Strike bedeutet das besonders schnelles und genaues Zielen - im Idealfall auf den Kopf des Gegners. In Spelunky hingegen steht der Kampf mit den Unwegsamkeiten der Steuerung und der Physik des Sprungs im Vordergrund. Natürlich wurden diese Skills zwangsläufig schon in Phase 2 nebenbei geübt, allerdings lag der Fokus dort noch auf der übergeordneten strategischen Ebene. Reine Reaktionsspiele wie Guitar Hero lassen die zweite Phase übrigens beinahe komplett aus und erfordern einzig und allein das Meistern der einzelnen Tracks. Ist das einmal geschafft, lohnt das Spielen kaum noch.
Huch! Wo ist denn nur die Phase 2 geblieben?

Auch in Starcraft ist das akkurate und schnelle Klicken beziehungsweise Tastendrücken von beinahe genauso großer Bedeutung wie die strategische Finesse. Gegebenenfalls wird hier sogar zwischen Phase 2 und 4 hin- und hergesprungen, falls ein vorübergehend ausreichender Punkt der (teilweisen) konzeptionellen Meisterschaft erreicht wurde. Allerdings ist die beinahe unbegrenzte Nützlichkeit von immer mehr „Actions Per Minute" (APM) der Grund dafür, dass Spieler Jahre allein mit der Perfektionierung ihres „Micro-" und „Macro-Games" - und somit in Phase 4 - verbringen können.

Nicht unpassend dazu wird der Blizzard-Hit daher gerne als „Schach auf Speed" bezeichnet. Auch im Lebenszyklus von Schach gibt es jedoch eine vierte Phase. Diese beinhaltet natürlich keine Steigerung der Genauigkeit und Reaktionsfähigkeit, sondern beispielsweise das Auswendiglernen spezifischer Zugreihenfolgen beziehungsweise der angemessenen Reaktionen auf diese bei der Eröffnung oder im Endspiel. Dies hat mit dem strategischen Lernen und Entdecken aus Phase 2 (Stellungsbewertung und -entwicklung) nichts mehr zu tun.

Eleganz und Intuition
 
Einer der wichtigsten Grundsätze für gutes Game-Design ist die Eleganz. Sie ist verantwortlich dafür, wie effizient dem Spieler die vorhandene Spieltiefe zugänglich gemacht wird. Im Allgemeinen sollte ein Spiel möglichst leicht zu erlernen und dennoch schwer zu meistern sein. Das „leichte Erlernen" bezieht sich dabei vor allem auf die Regeln und eine initiale Idee davon, was „gute Aktionen" im Systemkontext bedeuten. Der Spieler sollte also möglichst schnell zu einem ausreichenden Verständnis gelangen, um selbständig Strategien formen und bewerten zu können. Im Bezug auf den Lebenszyklus bedeutet dies, dass es möglich sein sollte, die erste Phase relativ schnell zu durchlaufen. Am Übergangspunkt in die zweite Phase hat der Spieler genügend Informationen, um durch weiteres kontinuierliches Spielen stetig an Kompetenz zu gewinnen. Die zweite Phase selbst sollte anschließend von maximal möglicher Länge sein, da sie den größten Gegenwert bietet und stets einen weiteren Zuwachs an Spielspaß verspricht.

Die Idee liegt daher nahe, die erste Phase derart intuitiv zu gestalten, dass der Spieler diese beinahe komplett überspringen kann. Allerdings bedeutet „Intuitivität" dabei in den meisten Fällen schlicht und ergreifend, dass es ein ähnliches oder gar beinahe identisches Design bereits in einem anderen Spiel zu sehen gab. Dies führt des Weiteren dazu, dass auch der Gehalt der zweiten Phase deutliche Einbußen hinnehmen muss. Schließlich wissen die Spieler schon aus einem anderen Spiel, wie sie den „neuen" Titel „gut" zu spielen haben. Als passende Beispiele dienen zahlreiche moderne Single-Player-Shooter, Action-Adventures oder auch Puzzle-Plattformer, die sich spielmechanisch meistenteils kaum von anderen Vertretern ihrer jeweiligen Genres unterscheiden. Durch diese „Design-Taktik" wird ihnen auch der letzte Funke systemischer Interessantheit geraubt. Da es sich in aller Regel aber um rein Content-basierte Spiele handelt, die ohnehin nie aufgrund ihres eigentlichen Gameplays von Wert waren, ist dies von untergeordneter Bedeutung.

Schlussbemerkungen

Es stellt sich abschließend die Frage: Wo hört der Spaß auf? An welchem Punkt auf der Lebenszyklus-Kurve springt der Spieler ab? Das kommt ganz darauf an. Ist die primäre Motivation tatsächlich die Verbesserung der eigenen Fähigkeiten, so scheint das Spielen weit über den Punkt der konzeptionellen Meisterschaft hinaus unsinnig – sofern selbiger überhaupt erreicht wird, schließlich gestaltet sich schon der finale „Aufstieg" aufgrund der abnehmenden Steigung zunehmend mühsam. Das Durchlaufen der repetitiven Phase 4 erfordert letztlich in erster Linie eines: Zeit. Viel effizienter wäre es an dieser Stelle, das Spiel als „durchschaut" abzuhaken, es beiseite zu legen und sich eine neue Herausforderung zu suchen. Insbesondere kompetitives Spielen geht in vielen Fällen jedoch deutlich darüber hinaus und erstreckt sich bis tief in die vierte Phase hinein. Dies liegt daran, dass hier nicht mehr allein die intrinsische Motivation des Dazulernens eine Rolle spielt, sondern darüber hinaus auch Ruhm und Anerkennung beim Sieg über die Gegenspieler locken. Obwohl das Spiel bereits weitestgehend beherrscht wird und der intellektuelle Gegenwert im Verhältnis zur investierten Zeit gering ist, wird weitergespielt.
Professionell ist nicht immer zwangsläufig auch „besser".

Noch einen Schritt weiter gehen dementsprechend die Pro-Gamer, für die in Form von Preisgeld, Gehalt und Ruf weitere extrinsische Motivatoren von enormer Bedeutung sind. Sie haben „ihr" Spiel in der Regel praktisch gelöst. Gerade gegenüber Normalspielern können sie sich nur noch in Skill-Nuancen verbessern. Jegliche noch so kleine weitere Verbesserung erfordert einen exorbitant hohen Zeitaufwand, der in keinem Verhältnis zum tatsächlichen geistigen Ertrag steht. Dennoch wechseln sie das Spiel in aller Regel nicht, denn sie verdienen ihren Lebensunterhalt gerade damit, sich in die fünfte Phase des Lebenszyklus hineinzuarbeiten und jeden noch so kleinen potenziellen Vorteil zu 100 % auszunutzen. Insofern bleibt allen „gescheiterten" Starcraft- oder LoL-Amateuren am Ende doch ein schöner Trost: Pro-Gamer spielen - auf gewisse Weise - alles andere als optimal.
Nachtfischer 22. Juni 2014 - 11:31 — vor 9 Jahren zuletzt aktualisiert
Jadiger 16 Übertalent - 5509 - 22. Juni 2014 - 12:06 #

Dota 2 wäre ein wesentlich besseres Beispiel als Lol. Lol ist leicht zu erlernen aber eben schwer zu meistern, bei Dota 2 ist selbst der Einstieg schwer. Bei Dota 2 gibt wesentlich mehr taktische Finesse wie in LoL und an Komplexität weit vor Lol.
Wenn man mal bedenkt das Dota 2 fast ein 1:1 Umsetzung der Mod ist, dürfte der Lebenszyklus auch deutlich länger sein wie bei Lol. Den die meisten die Dota 2 spielen in hohen Rankings haben die Mod gespielt.

Spitter 14 Komm-Experte - - 2255 - 22. Juni 2014 - 12:20 #

Da kann ich dir soweit zustimmen als das ich Dota nun seid der ersten version der MoD map spiele . Mit einer kleinen Pause und dann ab version 4.31 wieder voll bis zu Dota 2 .

Das Spiel ist wesentlich älter als LoL und hatt einen Wahnsinns Zyklus.

Ob es Technisch bzw Taktisch anspruchsvoller ist (da streiten sich die Lager) wage ich nicht zu urteilen. Habe LoL nie gespielt.

Jonas S. 21 AAA-Gamer - P - 25069 - 22. Juni 2014 - 13:50 #

Dota ist hardcore ich hab bestimmt 200 Matches gebraucht um halbwegs mithalten zu können. LoL selber habe ich nie gespielt und Dota 1 auch nicht weil zu einsteigerunfreundlich da finde ich Dota 2 auf jeden Fall besser.

Nachtfischer 16 Übertalent - 5634 - 22. Juni 2014 - 14:31 #

Naja, ein "besseres" Beispiel ist es deshalb nicht. Bei Dota 2 nimmt die erste Phase eben NOCH wesentlich mehr Zeit in Anspruch.

Frohgemuet 15 Kenner - - 3920 - 22. Juni 2014 - 20:18 #

Danke für den Kommentar!

"Mein Spiel is mehr hardcore als deines" hat mit dem Artikel nicht viel zu tun.

mrkhfloppy 22 Motivator - 35681 - 22. Juni 2014 - 12:17 #

Danke für den (abermals) schönen und interessanten Artikel. Manchmal ist es schaurig, wie Du unser Hobby filetierst, aber in der Praxis blende ich dies meist aus. Ich denke, dass man die meisten Bereiche des Lebens auf eine einfache (primitive?) Ebene herunterbrechen kann, insofern kann ich beruhigt weiterspielen :D

Ich frage mich gerade, ob nicht beide Theorien auch auf das gleiche Spiel angewand werden können. In Civilisation zum Beispiel ist das durchdringen der Spieltiefe die Triebfeder. Verschiedene Siegbedingungen und Wege dorthin gilt es zu erforschen und zu verstehen (Typ Regelwerk). Gleichzeitig schaltet man dafür ständig neuen Content frei, um das Ziel zu erreichen. Man braucht den besseren Wissenschaftler, den es erst in Zeitalter W gibt, der dann X mehr Punkte generiert, was mir Errungenschaft Y bereits Z Runden schneller ermöglicht. Im Prinzip dient das alles, damit die Ressourcenzahlen oben Links schneller Wachsen und man eine gewählte Strategie umsetzen kann.

vicbrother (unregistriert) 22. Juni 2014 - 13:01 #

Ich glaube das Civ mehrere Probleme hat:

1. Siegbedinungen die sich nicht überschneiden und daher nicht zum PvP sondern zum PvE führen.

2. Erscheint mit Civ eh wie ein Puzzle. Wann sollte ich welchen Fortschritt haben, welche Einheitentypen sollten mich benutzen. Dazu gibt es noch eine Komponente, die der Nachbarn und deren politischer Richtung. Mehr ist es aber nicht.

Murmel aus dem Feuer (unregistriert) 23. Juni 2014 - 12:34 #

Na dann lass dich mal schön von den Speerträgern beutzen ;-)

Nachtfischer 16 Übertalent - 5634 - 22. Juni 2014 - 14:32 #

Sicherlich gibt es auch Content-basierte Spiele, in denen systemische Komplexität eine Rolle spielt. Civ würde ich dennoch klar in zweitere Kategorie einordnen. Die Wissenschaftler sind nicht wirklich "Content", sondern einfach Teil der Regeln. Content wäre so etwas wie eine Kampagne oder fixe Szenarien.

Nachtfischer 16 Übertalent - 5634 - 22. Juni 2014 - 14:40 #

Ich wollte dich auch nicht "beunruhigen" beim Spielen. :D

Allerdings glaube ich, es kann nicht schaden, die Dinge auch mal bewusste wahrzunehmen. Das heißt nicht, dass man keine Freude mehr am Spielen haben könnte. Es ist nur vielleicht eine etwas andere Freude.

Gnu im Schuh (unregistriert) 22. Juni 2014 - 12:21 #

Mir liegt der Stil dieser Artikel gar nicht. Zum Beispiel der Satz: "Spieler wurden seit Jahrzehnten daran gewöhnt, diese Art des expliziten Fortschritts zu mögen oder zumindest als Gegebenheit hinzunehmen."

Das ist doch Quatsch! Spiele sind kommerzielle Produkte - und da ist die Sache doch sehr demokratisch. Jeder ausgegebene Euro/Dollar/etc. ist eine Stimme. Wenn viele Leute wie blöde Call-Of-Duty kaufen, dann werden Publisher auch wie blöde solche Spiele in Auftrag geben. Ebenso wie Free-To-Play oder andere Sachen.

Nachtfischer 16 Übertalent - 5634 - 22. Juni 2014 - 14:34 #

1. Insbesondere heutige Marketing-Budgets widersprechen deiner These, dass die Verkaufszahlen nur davon abhängen würden, was die Käufer "wirklich" wollen.

2. Ich zitiere mal Alan Moore: "It is not the job of artists to give the audience what the audience want. If the audience knew what they needed, then they would not be the audience; they would be the artists. It is the job of artists to give the audience what they need."

Murmel aus dem Feuer (unregistriert) 23. Juni 2014 - 12:43 #

Die wenigsten Spiele gehen allerdings als Kunst durch, sondern sind nichts weiter als designte Industrieprodukte. Design=/=Kunst. Und die wiederum orientieren sich selbstverständlich am Markt. Dass Unternehmen versuchen die Vorlieben der Käufer zu beeinflussen durch Marketing/Werbung, ist ganz normal. Heißt aber noch lange nicht, dass die Kunden nur darauf basierend ihre Kauf- und Konsumentscheidungen treffen würden

Nachtfischer 16 Übertalent - 5634 - 23. Juni 2014 - 12:49 #

Die Definition von "Kunst" und "Nichtkunst" ist mühsam und nicht zielführend. Meines Erachtens sind alle Spiele Ausdruck irgendeines kreativen Schaffens und daher Kunst. Das "Kunstsein" an sich ist kein Gütekriterium. Aber an sich ist Candy Crush genauso "Kunst" wie Half-Life und das wiederum genauso wie Through The Desert.

Die Käufer werden aber auch nicht nur durch Marketing beeinflusst, sondern auch einfach durch die Beschaffenheit des Marktes: Wenn es mehrere Jahrzehnte nichts als Vanilleeis gäbe, dann wäre die aktuelle Generation vielleicht kaum mehr an Schokoladeneis interessiert. Noch schlimmer wird es aber, wenn das Vanilleeis "Instant-Befriedigung" verschafft während das Schokoladeneis zwar von tieferem und langfristigerem Wert ist, allerdings vor dem Genuss etwas Arbeit erfordert. So sah - wie von Terrel in seinen verlinkten Artikeln erläutert - die Spielelandschaft der letzten Jahrzehnte aus.

Murmel aus dem Feuer (unregistriert) 23. Juni 2014 - 13:02 #

Wenn allerdings jedes kreative Schaffen für dich schon als Kunst durchgeht, würde das im Umkehrschluss und im Zusammenhang mit deinem Zitat von Alan Moore bedeuten, dass wir -"the audience"- keinerlei Entscheidungsfreiheit bei keinerlei Produkten, Waren oder dergleichen - von der Primärproduktion (Landwirtschaft, Fischerei, Jagd, Sammeln) von Lebensmitteln vielleicht einmal abgesehen (allerdings gibt es auch hier Kreativität)- verdienen. Denn letzlich ist ein Großteil menschlichen Daseins kreatives Schaffen. Da wir aber als Publikum ja laut Moore nicht wissen, was wir brauchen, müssten wir also alles Hinnehmen, was uns serviert wird. Das halte ich doch für eine sehr gewagte These.

Nachtfischer 16 Übertalent - 5634 - 23. Juni 2014 - 13:16 #

Offensichtlich haben wir Entscheidungsfreiheit und nehmen nicht alles hin, was uns serviert wird. Darum geht es bei Moores Aussage auch gar nicht, sondern darum, dass nicht immer das Erfolgreichste bzw. das, von dem die meisten Menschen sagen würden, dass es ihnen gefällt, auch tatsächlich das Beste ist. Dass nicht immer das oberflächlich "Tolle" auch wirklich toll ist. Er will sagen, dass das Publikum in weiten Teilen nicht tief genug in die Materie eingearbeitet ist, um erkennen zu können, was wirklich gut ist.

Spiritogre 19 Megatalent - 13401 - 23. Juni 2014 - 22:16 #

Und dann kommt noch hinzu, dass Geschmäcker unterschiedlich sind und einem das "Beste" eben doch nicht so gut gefällt wie etwas "schlechteres".

Nachtfischer 16 Übertalent - 5634 - 23. Juni 2014 - 22:43 #

Es ist nicht immer alles mit "Geschmack" zu erklären. Es gibt schon objektive Kriterien für "gute" Kunst.

In der visuellen Kunst WISSEN wir von Dingen wie der kompositionellen Drittel-Regel, wie Konturen dazu genutzt werden können, um das Auge auf eine bestimmte Sache zu ziehen, und natürlich von der Farbenlehre.

In der Musik WISSEN wir von Dominanz, Modi, Harmonielehre. Wir kennen Richtlinien dessen, was für das menschliche Gehirn gut klingt.

In so ziemlich jeder Kunst haben wir Dinge herausgefunden, die objektiv dazu beitragen, dass Menschen effektiver und verlässlicher durch Kunstwerke erreicht werden können.

Warum sollten wir das mit Spielen nicht auch tun können? Wir sind noch nicht sonderlich weit, deshalb erscheint noch vieles als "mystisch". Große Kunst zeichnet sich gerade dadurch aus, dass sie unser Verständnis der mechanistischen Zusammenhänge erweitert und uns mit einer besonders "kunstvollen" Verwendung derselben verblüfft.

Murmel aus dem Feuer (unregistriert) 23. Juni 2014 - 13:07 #

Und bezüglich der Beschaffenheit des Marktes darf man nie vergessen, dass dieser aus mehrern Spielern besteht. Sprich Käufer und Verkäufer. Und als Käufer hat man letzlich die größere Macht. Kein Verkäufer kann mich dazu zwingen bei ihm zu kaufen. Umgekehrt kann ich mich bewusst dafür entscheiden bei jemandem nicht zu kaufen. Also wird der Verkäufer in erster Linie darauf bedacht sein, den Geschmack des Publikums zu treffen. Den Geschmack des Publikms in eine bestimmte Richtung zu lenken mittels Werbung, wird immer erst das Mittel der Wahl sein, um sich gegen die Konkurrenz der anderen Verkäufer durchzusetzen. "Eisschleck Schokoeis ist viel leckerer als Eisleckschokoeis!

Nachtfischer 16 Übertalent - 5634 - 23. Juni 2014 - 13:29 #

Das Problem ist, dass das Medium (Video-)Spiel derart unterentwickelt ist, dass der (induzierte) "Geschmack des Publikums" kaum noch der Einzigartigkeit der Kunstform entspricht. Sprich: Es kaufen ("mögen") viel mehr Leute Spiele als eigentlich Leute das Spielen mögen.

Siehe: http://critical-gaming.com/blog/2012/4/4/a-defense-of-gameplay-pt1.html

Meursault 14 Komm-Experte - 2660 - 22. Juni 2014 - 12:37 #

Danke für den Artikel.
Ich habe im Frühjahr 2013 nach langer Zeit wieder angefangen mehr zu spielen und zwar Starcraft 2 im Battle.Net, 1on1. Ich habe früher schon Warcraft 3 online gespielt und kam deswegen recht gut rein. Ich glaube, es hat ca. 3 Monate gedauert, bis ich in Stufe 3 war. Dann habe ich noch ca. ein halbes Jahr gespielt, bin dabei noch deutlich besser geworden - kam aber irgendwann an den Punkt, wo ich keine Lust mehr hatte, weil ich eben nicht mehr besser wurde - bzw. das Besser-Werden zu anstrengend und zeitaufwendig wurde.
Irgendwann hatte ich dann das Gefühl, dass die Anfangsphase, als ich das Spiel noch (kennen)gelernt habe, spaßiger war, als das jetztige Spielen in der Ladder. Auf jeden Fall, sehe ich die Kurve in meiner Starcraft 2-Erfahrung wiedergespiegelt. Irgendwann nahm der "Intelektuelle Wert" einfach ab, da es repetitiv und anstrengender wurde. Es war aber eine tolle Zeit und ich habe es sehr gerne gespielt und erinnere mich jetzt noch an einige denkwürdige Spiele.

Krusk 15 Kenner - 2850 - 22. Juni 2014 - 12:54 #

^Schöner Artikel der einige Theorien gut verständlich beschreibt, stilistisches Lob gibt es für den Schlusssatz, der den Leser mit einem angenehmen Gefühl aus der Analyse entlässt.

vicbrother (unregistriert) 22. Juni 2014 - 12:58 #

Statt Inhalten (also gesehenem Content) ist der Spieler in den von der Spielmechanik dominierten Spielen also dann uninteressiert, wenn er die KI durchschaut hat (Dominanzphase). Aber erst mit der Dominanzphase motiviert man sich zum Training und erlebt Erfolge, vor allem im Multiplayer. Ist das ganze dann nicht eher die Aufforderung, Content nachzuliefern und Fortsetzungen zu schreiben?

Nachtfischer 16 Übertalent - 5634 - 22. Juni 2014 - 14:37 #

Achtung: Ich beziehe mich explizit nicht NUR auf die KI. Auch Spiele ohne KI können systemische Komplexität aufweisen und durchschaut werden.

Eine schwache KI ist noch kein Grund dafür, dass die systemische Komplexität nicht gegeben ist. Wenn du sie eben im Multiplayer findest, dann ist das so.

Inwiefern braucht es dazu mehr Content?

vicbrother (unregistriert) 22. Juni 2014 - 15:40 #

Mehr Content um das Spiel wieder für den Spieler interessant zu machen, zB neue Völker für neue Strategien mit den alten Spielmechaniken

Nachtfischer 16 Übertalent - 5634 - 22. Juni 2014 - 15:59 #

Das ist aber doch nur notwendig bzw. überhaupt ein probates Mittel, wenn das Spiel systemisch nicht tief genug ist. Es würde z.B. niemand "mehr Content" für Go fordern.

Sp00kyFox (unregistriert) 22. Juni 2014 - 17:44 #

für go gibts ja viele varianten die eine abwechslung darstellen trotz ausreichend systematischer tiefe der regulären version.

Nachtfischer 16 Übertalent - 5634 - 22. Juni 2014 - 18:03 #

Das schließt sich ja nicht aus. Aber wenn z.B. in Kürze neue Hearthstone-Karten veröffentlicht werden, dann ist das ja keine "Variante".

vicbrother (unregistriert) 22. Juni 2014 - 18:08 #

Ist aber Content der sich strategisch niederschlägt. Wobei man bei den Trading Card Games bemerken darf, dass diese das Prinzip schon bis zur Perfektion betreiben: Seit 1995 gibt es Magic und es wird vor allem durch den Contentnachschub am Leben erhalten.

vicbrother (unregistriert) 22. Juni 2014 - 18:07 #

Also ein Spiel wie Age of Wonders 3 ist systemtechnisch schon tief und komplex, aber weiterer Content erhöht die Immersion, erhöht die strategischen Möglichkeiten, erhöht die Wiederspielbarkeit und damit verschiebt sich auf Phase 4 und 5 zu gunsten des Spiels.

Nachtfischer 16 Übertalent - 5634 - 22. Juni 2014 - 18:12 #

Das Problem, das ich damit habe, ist, dass es immer eine optimale Menge an Content für ein Regelwerk gibt. Mehr für zu Uneleganz oder Ineffizienz. Es kann gut sein, dass AoW 3 diesen Punkt mit dem ursprünglichen Release noch nicht erreicht hatte. Aber "mehr" ist nicht immer "besser".

vicbrother (unregistriert) 22. Juni 2014 - 18:19 #

Mehr ist zwar nicht immer besser, aber dennoch legitim. Schau dir Dominions IV an: Von Dominions I mit 300 Spells auf ca 1.000 in IV. Auch Regeln wurden geändert, aber das Spiel lebt vor allem von den Möglichkeiten des Contents die durch Spielregeln gestützt werden.

Nachtfischer 16 Übertalent - 5634 - 22. Juni 2014 - 18:27 #

Also bei 1000 Spells halte ich es schon für sehr fragwürdig, ob die wirklich alle vollkommen notwendig, durchdacht, interessant und ausbalanciert sind.

Solche Spiele WIRKEN häufig interessant, weil es eben eine Weile dauert, bis man sich durch den Content gewühlt hat, sind es aber aus systemischer Sicht gar nichts so sonderlich.

vicbrother (unregistriert) 22. Juni 2014 - 19:45 #

Ausbalanciert: Das wird überschätzt. Sauron macht in HdR deshalb soviel Athmosphäre, weil er nicht ausbalanciert ist ;)

1000 Spells: Nun, erstmal teilen diese sich auf die "Zauberreiche" auf, dann gibt es unterschiedliche Umgebungsbedingungen (zB Unterwasser), dann verschiedene Schadensarten und Auswirkungen,... ( Datenbank siehe: http://larzm42.github.io/dom4inspector/ ) Sind also gar nicht soviele... ;)

Nachtfischer 16 Übertalent - 5634 - 23. Juni 2014 - 9:19 #

1. In einem SPIEL müsste er schon ausbalanciert sein.

2. Es lässt sich darüber streiten, ob er nicht auch im Film ausbalanciert ist. Immerhin wird er ja besiegt und hat offensichtlich Schwachstellen. Wäre Sauron einfach in der Lage mit dem Finger zu schnipsen und "Bumm! Alle Helden tot!", wäre das nicht nur ein furchtbares Spiel, sondern auch eine völlig witzlose Story.

vicbrother (unregistriert) 23. Juni 2014 - 10:25 #

Gut, also Sauron muss erst zur vollen Stärke kommen, weshalb er den Ring braucht. Aber gerade die HdR-Brettspiele bauen ja auf diesem Mechanismus auf: Sauron gewinnt, sobald er die volle Stärke hat - "Bumm, alle tot" (Master of Magic hatte hierfür übrigens zwei globale Zauber). Das schafft Motivation durch die Bedrohung, jeder Schritt und Entscheidung wird auch unter dem Gesichtspunkt der Geschwindigkeit getroffen. Das macht diese Spiele spannend (und wird in der Filmtriologie leider nicht vermittelt).

Nachtfischer 16 Übertalent - 5634 - 23. Juni 2014 - 10:56 #

Okay, Sauron ist stark, aber LANGSAM. Es ist wie in einem Kampfsport-Spiel, wo du einen starken und einen schwachen Kick hast. Der schwache muss schneller sein (o.ä.), damit er überhaupt Sinn ergibt. Darum geht es doch im Balancing. Also ist auch das von dir gemeinte HdR-Brettspiel ausbalanciert.

vicbrother (unregistriert) 23. Juni 2014 - 11:31 #

Ich weiss nicht ob man es ausbalanciert nennen kann: Es gibt nur einen Weg zum Sieg und der ist oftmals mit Glück verbunden.

Nachtfischer 16 Übertalent - 5634 - 23. Juni 2014 - 11:36 #

Dann klingt es - sofern es sich um ein Strategie- und kein Glücksspiel handeln soll - nach einer Balancing-Schwäche, die behoben werden sollte.

vicbrother (unregistriert) 23. Juni 2014 - 11:45 #

Du kennst die Geschichte des HdR. Sie lebt von der Einzigartigkeit des Erfolgs durch seine Widrigkeiten, seiner Spannung durch die Bedrohung, der Rückschläge und unverhofften Glücksmomente. Dazu muss die eigene Angst überwunden und ins Feindesland vorgedrungen werden - man wächst über sich hinaus. Das macht die Geschichte so grossartig und beinhaltet eine starke moralische Botschaft.

Warum soll es nicht Spiele geben, die man immer wieder verliert bis man sie dann doch einmal gewinnt und sich dafür lange an diese erinnert? Das geht natürlich nicht, wenn das Spiel durch seine Regeln motivieren soll, das geht m.E. nur, wenn die Motivation zum Spielen durch die Geschichte im Spiel hervorgerufen wird.

Nachtfischer 16 Übertalent - 5634 - 23. Juni 2014 - 12:02 #

Spiele sind keine Geschichten. Im Gegenteil: Das, was in Geschichten notwendig ist, um sie spannend zu machen, funktioniert in Spielen als solches nicht: http://www.dinofarmgames.com/false-choice-bad-for-stories-bad-for-games-inevitable-in-story-games/

vicbrother (unregistriert) 23. Juni 2014 - 13:51 #

Das ist mir zu dogmatisch. Worauf willst du in dem Artikel hinaus?

Nachtfischer 16 Übertalent - 5634 - 23. Juni 2014 - 14:01 #

Wäre "dogmatisch" nicht eine Aussage OHNE Argumente?

Mit welchem Artikel? Mit diesem hier?

vicbrother (unregistriert) 23. Juni 2014 - 14:58 #

Dogmatisch erschien mir deine Aussage "Spiele sind keine Geschichten" und führe ich auf das nichtberücksichtigen meiner Argumente zurück ;)

Mit dem Artikel den du verlinkt hast. Er wiederholt deine Thesen, die ja auch was für sich haben, aber er geht nicht auf meine Phantasie beim Spielen ein, die ich durch eine gute Storyeinführung+echte Entscheidungen+Spielentwicklung habe. Ich will ja keine Story nachspielen (weshalb für mich klassische RPGs immer uninteressanter werden) sondern eine eigene erleben. Gib mir Motivation durch eine gute Einführung, eine gute Geschichte und den Verlauf entscheide ich im Spiel. Warum soll ein Spiel, welches man nur schwer gewinnen kann, dann nicht ebenso motivierend sein?

Nachtfischer 16 Übertalent - 5634 - 23. Juni 2014 - 15:12 #

Ich meinte damit natürlich lineare (cineastische) Geschichten.

Natürlich kannst du durch das Spielen deine eigene Geschichte erzählen.

Was du willst, würde ich eher als Thema oder Setting bezeichnen.

Aber: Kann ein Spiel, welches man nur schwer gewinnen kann, nicht auch ohne ein solches motivierend sein?

Ich würde behaupten, dass es die primäre Funktion des Themas ist, die Mechanismen intuitiv zu gestalten. Mit dem Medium Spiel - mit Interaktivität - hat es ansonsten ja nicht direkt etwas zu tun.

vicbrother (unregistriert) 23. Juni 2014 - 18:46 #

Lineare cineastische Geschichten habe ich schon lange abgehakt ;)

Ein Thema/Setting ist für mich nur eine grobe Einordnung eines Spiels, zB globale Fantasy-Rundenstrategie.

Viele Spiele haben ein ähnliches Thema, aber beantwortet dies schon die Frage, wer ich im Spiel bin, was ich dort tun kann und welches meine (moralische) Verpflichtung ist? Ich denke das kann nur die Geschichte, die mich in die Welt einordnet und mir eine Rolle zuweist.

Diese Einordnung kann mich dazu motivieren ein sehr schweres Spiel gewinnen zu wollen. Ich glaube nicht, dass man immer wieder anläuft weil die Mechanismen so toll sind, als Mensch braucht man ein Ziel, würde ich jedenfalls behaupten. In vielen Spielen ist dies ein Showdown mit dem Endboss - und im Internet diskutieren die Spieler wie man ihn am besten gewinnt. Die Mechanismen hierfür hat man schon früh im Spiel gelernt, aber die Erfüllung, der Gewinn eines Spiels, dafür spielt man.

Nachtfischer 16 Übertalent - 5634 - 23. Juni 2014 - 19:17 #

Du hast gelernt, was die Mechanismen sind und wie sie isoliert funktionieren. Aber hast du auch die systemischen Komplexitäten in ihrer Gänze erfasst? Hast du die Heuristiken, die du für "gute Strategien" entwickelt hast ausreichend verfeinert? Ist dein systemisches Verständnis groß genug, um regelmäßig zu gewinnen? Dafür spielt man. ;)

Ernsthaft: Wieso braucht es da eine "moralische" Motivation und eine mechanische sollte nicht reichen?

vicbrother (unregistriert) 23. Juni 2014 - 19:39 #

Zuerst fange ich ein Spiel an weil mit das Thema gefällt.
Die Geschichte führt mich zu den Mechaniken und dessen Arbeitsweise.
Die Geschichte führt mich immer wieder dazu, das Spiel besser zu spielen, der größere Held zu sein, mich mehr mit den Mechanismen für dieses Ziel zu beschäftigen.

Warum es eine moralische Motivation braucht? Weil ich ein Held bin. Und ein großer Held werden möchte. Aber kein Mechaniker ;)

Muss ein Spiel einen nicht thematisch packen, damit man es spielt? Schau dir die SC-Jünger an, sie kennen die Mechanismen nicht, sie wollen es spielen weil sie den beabsichtigten Content kennen.

Nachtfischer 16 Übertalent - 5634 - 23. Juni 2014 - 22:05 #

Nein, ich denke nicht, dass es das muss. Ein Spiel braucht kein Thema, um einen zu "packen". Das geht auch allein durch die Interessantheit und Spannung des Gameplays.

Mit SC meinst du StarCraft? Da sind Mechanismen (jedenfalls im Multiplayer) doch nun wirklich alles. Das ist ja schon fast ein abstraktes Strategiespiel.

vicbrother (unregistriert) 23. Juni 2014 - 22:20 #

Star Citizen.

Da ein Spiel dich packt aufgrund der Mechanismen, sind wohl beide Ansätze wahr ;)

Spiritogre 19 Megatalent - 13401 - 23. Juni 2014 - 22:29 #

Der Artikel ist doof, er lobt Star Wars und kritisiert Harry Potter. Sorry, beide sind weitab davon entfernt perfekt zu sein, dennoch ist Harry Potter einiges intelligenter und eigenständiger aufgebaut.

Davon ab möchte ich dem "Spiele sind keine Geschichten" vehement widersprechen! "Das Leben ist ein Spiel" kommt mir bei der Aussage sofort in den Sinn. Man kann vielleicht sagen, Geschichten haben Spiele. Aber die Reihenfolge und welches von beiden was enthält sind eigentlich irrelevant. Ich spiele fast ausschließlich stark storybasierte Titel, die Spielelemente sind eine Ergänzung. Eines ohne das andere würde nicht funktionieren, da schlicht zu langweilig.

Nachtfischer 16 Übertalent - 5634 - 23. Juni 2014 - 22:44 #

Dann bist du offensichtlich genau einer der zahlreichen modernen Spieler, die eigentlich gar keine Spiele mögen. Siehe Artikel (Seite 1) bzw. dort: http://critical-gaming.com/blog/2012/4/4/a-defense-of-gameplay-pt1.html

Und die pure Behauptung, dass Harry Potter intelligenter und eigenständiger wäre, müsste erstmal ausgiebig verteidigt werden. Aber bitte an anderer Stelle. ;)

vicbrother (unregistriert) 24. Juni 2014 - 13:15 #

Ich mag lieber Strategiespiele und Open-World-RPGs, in denen ich a) als Person gut in die Geschichte eingeführt und eingebunden werde und b) sich die Geschichte frei durch meine Entscheidungen weiterentwickelt. Eintauchen ins Spiel - das geht nur mit einer Geschichte.

Nachtfischer 16 Übertalent - 5634 - 24. Juni 2014 - 13:55 #

Das ist aber eine rein subjektive Empfindung. Du brauchst (an sich) spielfremde Elemente, um in ein Spiel einzutauchen. Ich brauche die z.B. gar nicht. Ich kann wunderbar in For The Win oder Outwitters eintauchen. Ganz ohne Geschichte oder Charaktere.

vicbrother (unregistriert) 24. Juni 2014 - 19:36 #

Daher sage ich ja: Es scheint zwei Ansätze für Spieler zu geben die sich für die Mechanismen interessieren ;)

Major_Panno 15 Kenner - 3707 - 22. Juni 2014 - 14:18 #

Genialer Artikel. Ehrlich gesagt beruhigt mich das alles ein bisschen, da ich mich immer gefragt habe, warum ich ein Spiel irgendwann nicht mehr anfasse. Die Antwort ist denkbar einfach: mir war Phase 4 zu blöd, da das Spiel für mich keinen "intelektuellen Wert" mehr hatte.
Wenn ich in einem content-basierendem Spiel alles gesehen habe, oder in einem komplexen Spiel alles gemeistert habe, bleibt mir oft nur das dauernde Trainieren und Wiederholen bzw. das Antreten gegen Online-Strategen im PvP. Oft ziehe ich da entweder den kürzeren oder ich merke, dass ich einfach nur viel mehr Zeit in das Spiel reinstecken müsste, um auf dem gleichen Niveau spielen zu können, wie die anderen.
Da es mich aber als Mensch, der auch noch andere Hobbies wie Spiele hat, eher langweilt, nun stundenlang der berühmten Karotte vor der Nase hinterher zu jagen, lege ich das Spiel weg und spiele entweder was neues oder mache andere Dinge wie Serien schauen, Bücher lesen, Gitarre spielen.
Ich dachte immer, dass das ein dämliches Konsumverhalten meinerseits wäre. Ist es wohl auch, aber nun ist mir klar, dass die Ursache wohl einfach die Sättigung ist und ich keinen "intelektuellen Wert" des Spiels mehr sehe. Das geht sogar bei mir mittlerweile soweit, dass ich einen etwaigen Nachfolger eines Spiels schon von Anfang an nicht interessant finde, wenn er nichts weiteres zu bieten hat, als lediglich mehr Content in einer anderen Spielwelt, die sich aber kaum von dem Vorgänger unterscheidet, wie beispielsweise Assassins Creed.

Nachtfischer 16 Übertalent - 5634 - 22. Juni 2014 - 14:42 #

Sehr schöner Kommentar! Freut mich, dass meine Beobachtungen auch hier zutreffende Beispiele zu Tage fördern.

Das mit den Nachfolgern ist nur zu verständlich. Wie im Artikel gesagt: Hier werden mit der Intuitivität (denn man kennt das ja alles schon) auch gleich große Teile der Interessantheit mit "wegrationalisiert".

Major_Panno 15 Kenner - 3707 - 22. Juni 2014 - 15:09 #

Danke schön :-) Ja, es ist tatsächlich so. Ich zitiere hier auch gern meinen Vater, der sagte mir schon als ich noch Jugendlicher war: "Beschäftige dich mit den Dingen, die dich weiter bringen."
Genauso sehe ich das heute auch noch. Wieso soll ich mich mit was beschäftigen, dass null Anreiz hat zu erkunden und mich gleichzeitig langweilt, weil ich es problemlos meistern kann?
Bei Filmen sehe ich die Sache da noch anders, wenn man zum Beispiel abends was trinken war und um 23 Uhr noch der Vorschlag kommt, ins Kino zu gehen, muss der Film nicht das Meisterwerk des Jahrhunderts sein. Bei einem Spiel, in das ich in der Regel mehr als 90 Minuten Zeit stecke und für das ich in der Regel auch deutlich mehr Geld bezahle, erwarte ich da aber durchaus ein bisschen mehr als "ganz nett".

Horschtele 16 Übertalent - 5693 - 22. Juni 2014 - 14:24 #

Interessanter Artikel mit diskussionswürdigen Thesen. Die generelle Bestimmung dieser 2 Game-Design-Paradigmen finde ich passend für die heutige Spielelandschaft. Zustimmung auch dazu, dass die meisten populären und medienbestimmenden Titel heute rein Content basiert sind, und das das den Spielgeschmack der meisten Spielern (vor allem bei Gamersglobal) trifft. Spiele wie Call of Duty, Bioshock, Assasins Creed, usw. fallen perfekt in diese Sparte. Solche Spiele sind auch beliebt bei den Spielemagazinen, weil sie besser messbar sind. Es lässt sich mit geringem Aufwand gut untersuchen, wieviel Content (und damit Spielwert) denn tatsächlich enthalten ist.

Solche Spiele interessieren mich seit Ende der Schulzeit nicht mehr. Schätze, deshalb bin ich laut Terrell "unmodern". Stattdessen bin ich seit Jahr und Tag Dota verfallen.

Frohgemuet 15 Kenner - - 3920 - 22. Juni 2014 - 20:25 #

Ich denke, das kommt immer drauf an, wie gut messbar oder "in Mode" Spiele sind. Ich erinnere mich noch früher an Spieletests in Printmedien, wo Einheiten erklärt wurden, oder eben genau solch Content bewertet wurde (so und so viele verschiedene Units), und TROTZDEM war ein Civ II dann eben nicht contentbasiert.

Es ist auch eine Frage der Zeit, die zur Verfügung steht. Wenn ich keine Zeit habe, mich in ein komplexes Spiel einzuarbeiten werde ich nicht über Stufe 1 oder 2 hinauskommen, dann eben lieber ein atmosphärisches Spiel bei dem ich ohne viel Arbeit vorankomme.

vicbrother (unregistriert) 22. Juni 2014 - 23:13 #

Der Contentvergleich diente bei Civ II vielleicht einem anderen Zweck: Bei Civ II konnte man schnell erkennen, wie das Spiel von der Mechanik läuft die für alle gelten. Die Besprechung des Content weckt in den potentiellen Spielern die Ausarbeitung von Strategien durch die Abfolge von Bauprojekten.

Ich finde die Immersion sehr wichtig: Stimmt die Immersion, dann wird auch ein Normalspieler mehr Interesse an den Spielmechaniken zeigen und automatisch in die nächste Phase kommen.

Frohgemuet 15 Kenner - - 3920 - 23. Juni 2014 - 8:40 #

Ja, da hast du recht... Inzwischen geht es mir aber so, dass ich lieber weniger Units habe, bei Battle World Kronos könnte man ruhig welche streichen ;), dann wird eben Phase 2 nicht so lange (allerdings der Spaß am Spiel ebenfalls nicht, wenn ich bei Phase 4 aussteige).

Die Immersion ist immens wichtig für mich. Das lässt mich über Unzunlänglichkeiten in der Spielmechanik durchaus hinwegsehen.

Aber allgemein ist das ganze Thema ziemlich subjektiv, denn über Geschmack lässt sich bekanntlich nicht streiten.

Nachtfischer 16 Übertalent - 5634 - 23. Juni 2014 - 8:57 #

Ihr werft hier ja immer wieder den Begriff "Immersion" um euch. Was genau meint ihr damit?

Und ist es konsistent mit den Ergebnissen dieser Studie? http://www.selfdeterminationtheory.org/SDT/documents/2010_PrzybylskiRigbyRyan_ROGP.pdf

Sie zeigte, dass Immersion nicht von (z.B.) Grafik und Sound abhängig ist, sondern viel mehr von der Bedienung psychologischer Motivatoren.

"Many game designers and players assume that a sense of immersion is based mainly on the fidelity of the graphics and sound provided by a virtual environment. It is interesting that our findings suggest a minor role for these elements. Instead, the major predictor of presence is the degree to which games satisfy motivational needs. Video game play that satisfies the needs for competence, autonomy, and relatedness robustly increases a player’s sense of immersion, both across different game types (Ryan et al., 2006) and game contents (Przybylski et al., 2009). In other words, when players have their needs satisfied within the game, they are more phenomenologically embedded in the emotional, physical, and narrative elements of the game world."

Und damit geht die Forschung eher konform mit Ideen wie dieser: http://expensiveplanetarium.blogspot.de/2011/02/immersion.html

"Ironically, it's actually when we look past the graphics, sound, controls, and everything else that people normally consider the elements of immersion, that we become immersed. When the Pong-paddle becomes an extension of our arm, or our thoughts, and we subtly, unconsciously, shift our weight in our chairs. When we frantically spin the falling Tetris piece, shouting a bizarre litany of curses. This is when we are fully immersed in a game, and it has absolutely nothing to do with visuals or technology. So what does it have to do with, then? [...]
If you want your game to be immersive, express it in as "few strokes" as you can. How simple could your game possibly be while still expressing your gameplay idea? If you achieve a simple elegance (like that of Tetris, Portal, or Go), then you are on the right track. Each new level of complexity you add is another chance that the player will be shaken from his trance and disassociate himself with your game."

vicbrother (unregistriert) 23. Juni 2014 - 10:36 #

Immersion: Damit meine ich, meine Identifikation mit dem Spiel, zB durch meine Darstellung darin oder durch die Überführung meines Realen Ich vor dem Rechner in das Spiel. Ich erinnere da an Battle Isle, wo mein Rechner zur MilOp wird, oder an Master of Magic, wo ich ein Zauberer bin, der aber unbedingt gewinnen muss, andernfalls würde ich verbannt werden/sterben. Beides fand ich sehr motivierend. Battle Isle Baute im Spiel dann doch aber stark ab, weil mehr von gleichen Einheiten ist nicht mehr Spiel, während Master of Magic mich mit immer mächtigeren Zaubern belohnte und weiter motivierte.

Ich spiele noch heute Master of Magic: Obwohl ich die Grafik noch heute für gelungen finde (kurze passende Effekte, Farben der Einheiten nach "Reichsfarbe", abstrakte Darstellung der Figuren und schöne Icons) und die Musik nur abgeschaltet zu ertragen ist, sind diese keine Faktoren die mich vom Spiel abhalten. Die Immersion ist für mich sehr hoch, ich spiele es immer wieder gern.

Nachtfischer 16 Übertalent - 5634 - 23. Juni 2014 - 11:03 #

In deiner Auffassung ist Immersion also rein thematisch. Und z.B. Schach hat gar keine Immersion.

vicbrother (unregistriert) 23. Juni 2014 - 11:39 #

Für mich hat Schach keine Immersion.
Es lebt nicht davon, dass ich mich in den König hineinversetzen kann, sondern dass mir die Eleganz gefällt: Es ist ein Zweikampf, alle Figuren sind sichtbar, alle Regeln bekannt, es gibt keine Komplexität durch Hitpoints sondern nur unterschiedliche Zugarten, allein die Gedanken des Gegners sind verborgen. Go ist mir dagegen wieder zu komplex: Das Spielfeld ist unübersichtlich, die Zugmöglichkeiten sind nicht linear absehbar.

PC-Spiele müssen für mich eine Immersion über die Story bieten, vielleicht fühle ich mich sonst zu allein mit den Regeln und seiner Komplexität, von denen ich weiss, dass ein Rechner sie immer besser beherrschen wird als ein Mensch. Die Personalisierung in Spielen finde ich daher sehr wichtig: Der Kampf mit einem schlagbaren Gegner aus einem Zwang - der moralischen Verpflichtung - heraus gewinnen zu müssen, um ein höheres Ziel zu erreichen.

Frohgemuet 15 Kenner - - 3920 - 23. Juni 2014 - 13:54 #

Diese "Immersion" mit der ich um mich werfe, ist das Hineinversetzen in das Spiel, in das davon gefesselt sein. Hab ich wohl mal einen Begriff benutzt, ohne vorher die Definition zu googeln?

Es ist für mich ziemlich unabhängig von der Grafik oder Sound. Die Atmosphäre zählt. Wasteland 1 fesselt mich mehr als Fallout 2, obwohl graphisch Welten dazwischen liegen. Schleichfahrt fesselt mich mehr als Aquanox 2, weil die Story mich mehr in ihren Bann zieht.

Oft sind es Kleinigkeiten die dazu beitragen... Ein Soundeffekt, liebevoll designte Einheiten.

Schach als Beispiel: du wirst lachen, aber im Suff haben wir tatsächlich mal so getan als wäre die Partie Schach eine ultimative Schlacht um die Herrschaft im Königreich. :D Aber es ist dann doch zu abstrakt um mich in die Welt hineinzuziehen (weil es ja keine hat).

Nachtfischer 16 Übertalent - 5634 - 23. Juni 2014 - 13:58 #

Also hältst du (bzw. haltet ihr) die Forschungsergebnisse für ungültig, dass Immersion eigentlich mindestens genauso viel mit der Spielmechanik zu tun wie mit Handlung/Setting/etc.

Frohgemuet 15 Kenner - - 3920 - 23. Juni 2014 - 21:36 #

Ich kann nur für mich sprechen,... Nein, ich halte sie keineswegs für ungültig.

Ich denke (ohne die Studien gelesen zu haben), dass der Mix es ausmacht. Ich würde sagen für mich persönlich 10 % Grafik, 50 % Atmosphäre und Setting (Handlung nicht unbedingt so im Vordergrund), 40 % Spielmechanik.

Wobei das alles seine Vor- und Nachteile haben kann. Skyrim hat mich unheimlich in sich reingesogen, wegen der Spielmechanik (1st Person, direkte Action Kämpfe), gleichzeitig war das aber auch das, was es für mich relativ früh langweilig werden lies: Manchmal hektisch, Statuswerte vs. direkt steuern und treffen.
Das ist bei mir aber auch je nach Tagesform abhängig. Mal hab ich bock auf Echtzeitstrategie, mal auf Rundentaktik... und da macht die Spielmechanik viel aus, ob ich nun eher hektisch agiere (und mich dann in die Rolle des Feldherren versetzt fühle, der handeln muss) und alles im Auge behalte, oder ob ich in Ruhe überlegen kann und Zug für Zug plane (und mich in der Rolle des Feldherrn - als Stratege sehe).

Um das mal zu entschärfen (fühl mich etwas wie in nem Verhör :D ): Ich rede von meiner Meinung, meinen Eindrücken. Dass vieles davon nur unterbewusst geschieht und noch andere Gründe hat, die ich nicht erkenne (wie du sagst: Einfluss der Spielmechanik), leugne ich keineswegs.

Kurzer Nachtrag: Und wenn ich deinen ursprünglichen Post zur Immersion lese: Dem stimme ich durchaus zu,... dass das viel von den Motivatoren abhängt. Wie du schon sagtest: viele durch die Spielmechanik. Wenn auch mir nicht immer so bewusst - oder wieso sollte ich bei älteren Spielen, deren Grafik überholt ist, immer noch Immersion verspüren? Wobei ich bei mir trotzdem immer einen starken Drang durch die Story empfinde.

vicbrother (unregistriert) 23. Juni 2014 - 22:29 #

Ich sagte schon: Immersion ist wichtig. Die Mechanismen runden das ganze doch nur ab oder? Widerspricht eine Mechanik der Spielimmersion (zB Respawn, Heilzauber und -tränke, Endlosmunition) ist es für uns doch ein schlechtes Spiel.

Skyrim: Da zog mich das Erkunden, aber die Mechanik passte wunderbar dazu: Open World, Aufleveln nach Benutzung, Sternzeichen als Peakanzeige, einfache aber sinnvolle Zauber usw. Die Grafik war nicht so toll, aber das Spiel war die Welt. Es gab sogar Mechanismen die ich mir besser wünschte und die die Welt störten, wie das Neubefüllen von Höhlen und Ruinen mit Banditen/Soldaten oder unsterbliche Questgeber.

Nachtfischer 16 Übertalent - 5634 - 23. Juni 2014 - 22:49 #

Na, wir wollen mal nicht übertreiben. Dass Immersion (für viele Spieler) eine Rolle spielt, ist klar. Es ist aber schon eine fast absurde Behauptung, dass Immersion WICHTIGER für ein Spiel wäre als die Mechanik. Ganz simples Gedankenexperiment: Nimm alle thematischen Elemente aus einem Spiel heraus, die die Immersion steigern könnten. Du hast immer noch ein funktionierendes Spiel. Ein Regelwerk, das - wenn es gut ist - auf interessante Art und Weise auf deinen Input reagiert und mit dir kommuniziert. Nimm hingegen die gesamte Spielmechanik heraus und du hast KEIN Spiel mehr. Du hast eine lose Skizze einer Fantasy-Welt, die in keinster Weise mehr interaktiv ist.

Die Spielmechanik ist das Herz eines Spiels.

SimSinn 17 Shapeshifter - 7139 - 24. Juni 2014 - 9:14 #

Das kommt aber sehr stark auf das zu betrachtende Spiel an. Auf ein Civilization trifft deine Aussage zu, auf Gone Home, Dreamfall oder Kentucky Route Zero nicht. Bei diesen und ähnlichen Spielen wurde die Spielmechanik auf ein Minimum reduziert und sie funktionieren trotzdem prächtig.

Die meisten Strategiespiele auf der anderen Seite nutzen Story, Grafik, Sound und so weiter (immersionsfördernde Faktoren) in erster Linie um das Erlebnis der Spielmechanik zu verbessern. Andersrum funktioniert das aber auch, denn so manches Spiel nutzt die Mechanik lediglich um die Geschichte für den Spieler intensiver zu machen.

Also, je nach Spielkonzept können andere immersionsfördernde Faktoren wichtiger sein als die Spielmechanik. Das halte ich keineswegs für eine "absurde Behauptung".

Nachtfischer 16 Übertalent - 5634 - 24. Juni 2014 - 10:38 #

Was bedeutet "sie funktionieren prächtig" im Zusammenhang mit Gone Home und Co.? Sind sind definitiv unmöglich an den gleichen Maßstäben zu messen wie ein Civilization.

vicbrother (unregistriert) 24. Juni 2014 - 13:19 #

Gut, dann habe ich ein Spiel auch Mechaniken das ich nicht spielen möchte:
Nackte Drahtgittermodelle ziehen durch nackte Räume ohne Waffen und Rüstung. Mechanismen vorhanden, aber kein Spiel.

Nehme ich die Spielmechanismen raus habe ich ein Bild, es bewegt sich ja nichts mehr.

Nachtfischer 16 Übertalent - 5634 - 24. Juni 2014 - 13:53 #

Inwiefern ist das kein Spiel? Genauer gesagt würde ich sagen, es handelt sich um ein Spielzeug, da es ein bloßes interaktives System ohne Ziele, ohne Gewinnen, ohne Verlieren ist. Du ziehst Linien durch ein Gitter. Das ist ein Spielzeug. Ob es gut ist oder nicht, ist eine VÖLLIG andere Frage. Nochmal: Das "Spielsein" an sich ist kein Qualitätskriterium.

Und ja, wenn du die Mechanismen rausnimmst, dann hast du kein Spiel mehr. Genau das sagte ich ja.

vicbrother (unregistriert) 24. Juni 2014 - 19:39 #

Ja, ich habe dann ein Spielzeug (Toy), aber kein Spiel (Game).

Nachtfischer 16 Übertalent - 5634 - 24. Juni 2014 - 20:07 #

Ich meinte mit Spiel jetzt das, was der Normalspieler meint. Also ein interaktives Unterhaltungssystem.

SimSinn 17 Shapeshifter - 7139 - 24. Juni 2014 - 10:08 #

"Sie zeigte, dass Immersion nicht von (z.B.) Grafik und Sound abhängig ist, sondern viel mehr von der Bedienung psychologischer Motivatoren."

Das ist fast richtig. Korrekter im Sinne der Studie wäre es zu sagen, dass Immersion nicht von der technischen Qualität(!) der Grafik und des Sounds abhängt. Aber der Artikel sagt nicht, dass Grafik und Sound keine Rolle spielen, zumindest habe ich keinen solchen Passus gelesen. In jedem Fall halte ich die Aussage des Artikels für schlüssig und nachvollziehbar. Immersion kommt dann zustande, wenn ein Spiel beim Spieler die notwendigen psychologischen und emotionalen Bedürfnisse anspricht bzw. erfüllt.

Wie du dann aber den Bogen zum von dir verlinkten Blogeintrag schlägst, ist mir ehrlich gesagt schleierhaft. Mal abgesehen davon, dass ich den Eintrag aus verschiedenen Gründen für nicht besonders gelungen halte, sehe ich nicht, was dessen Grundaussage mit der vorgenannten Studie zu tun hat. Der Autor des Blogs ist der Auffassung, dass Grafik und Sound nicht zur Immersion beitragen, sondern lediglich Gameplay. Aber das entspricht nicht ansatzweise den Schlüssen und Ergebnissen der Studie. Auf den Gedanken könnte man nur kommen, wenn man annimmt, dass die in der Studie genannten psychologischen Motive nur durch Spielmechanik bedient werden können. Solch eine Annahme hätte jedoch in meinen Augen keine Grundlage und wäre damit eher fragwürdig.

Nachtfischer 16 Übertalent - 5634 - 24. Juni 2014 - 10:37 #

Der Blogeintrag sollte nur zeigen, dass "Immersion" kein einheitlich definierter Begriff ist. Jeder hat seine eigene Auffassung davon. Fast wie beim "Spaß".

Die Studie zeigt, dass Kompetenz, Autonomie und Eingebundenheit die primären Motivatoren sind. Alle drei können(!) völlig unabhängig von audiovisuellen Faktoren entstehen. Ich denke, da sind wir uns einig. Wenn nun die Immersion von der Bedürfnisbefriedigung abhängt, kann also auch diese unabhängig davon entstehen.

vicbrother (unregistriert) 24. Juni 2014 - 13:24 #

Die Immersion ist m.E. keine reine Bedürfnisbefriedigung, vielmehr entsteht die Immersion durch eine Auseinandersetzung des Spielers mit dem Spiel und seiner Geschichte.

KingPott 17 Shapeshifter - 7272 - 22. Juni 2014 - 15:04 #

Ich möchte nur ein kleines Danke hinterlassen. Der Artikel hat mich gut unterhalten und wird mich wohl mit seinem Inhalt noch ein paar Tage verfolgen.

Der Marian 21 AAA-Gamer - P - 29632 - 22. Juni 2014 - 19:01 #

Mal wieder ein sehr gut geschriebender Artikel.
Hier ist auf Seite 3 übrigens noch ein Wort an falscher Stelle: "Lebenszyklus von Schach gibt jedoch es eine vierte Phase"

Ich finde mich selbst gar nicht so recht in den Phasen wieder, bzw. ist mein persönlicher Peak oft schon vor Phase 3, da ich einfach nicht die Zeit habe ein Spiel wirklich zu meistern. Spaß habe ich oft trotzdem sehr viel.

Frohgemuet 15 Kenner - - 3920 - 22. Juni 2014 - 20:21 #

Mein Senf, ohne alle Kommentare gelesen zu haben:

Ich ertappe mich oft dabei, nur bis Stufe 3 motiviert zu sein. Wenn es dann auf Stufe 4 zugeht, will ich gar nicht alles perfekt können und das Spiel reizt mich nicht mehr wirklich. Bei Point-and-Click Adventures sehr stark bemerkt: Ohne Lösung schaff ich ein Rätsel nicht, Lösung gegoogelt und auf einmal interessiert es mich nicht mehr die Lösung zu schaffen.

Moriarty1779 19 Megatalent - - 17151 - 22. Juni 2014 - 23:22 #

Interessanter Artikel. Ich selbst gehöre zu den Spielern, die ein Spiel oft schon in Phase 1 oder 2 aufhört zu reizen. Dies führe ich vor allem darauf zurück, dass das Hobby "Spielen" im Grunde kein einheitliches Aussehen hat. Investiere ich Zeit z.B. in das Erlernen und Meistern von Karate, dann gibt es ein formulierbares Ziel: Ich möchte den schwarzen Gurt tragen oder ähnlich. Dieses Ziel kann Motivator sein, eine lange Zeit in das Erlernen und mitunter Jahre oder Jahrzehnte in das Meistern dieser Sportart zu investieren.

Deine Beschreibung setzt quasi eine Ebene tiefer an, beim eigentlichen Spiel. Ich habe jedoch noch kein Spiel gefunden, welches ich als Substitut für "das Spielen" an sich sehen würde. So geht der Prozess von Lernen und Meistern mit jedem Download aus dem App Store, mit jedem Steam-Kauf oder jeder auf dem Grabbeltisch mitgenommen Spielepackung von vorn los. Und das nutzt sich unheimlich ab. Zumindest fehlt mir da das Gefühl, insgesamt eine Entwicklung zu machen, wenn diese eigentlich immer nur einen Wert im geschlossenen Universum eines spezifischen Spiels hat - mit einer Ausnahme:

Ich merke, dass ich generelle Regeln und Mechanismen in den Jahren immer schneller durchschaue, das liegt wahrscheinlich unter anderem an dem Lernen genereller und immer wieder recycelter Mechanismen. Mir haben sogar schon Coregamer davon berichtet, irgendwann selbst bei alltäglichen Handlungen immer das Bedürfnis zu haben, dahinter den Mechanismus zu entdecken.

In Deinem System würde ich also sagen, dass mir Phase 1 aufgrund des Mangels an wirklich neuen Mechanismen immer leichter fällt, und damit natürlich kürzer ausfällt. Trotzdem ist damit noch lange kein Spiel gemeistert, so dass der Sprung von Phase 1 nach 2 oder 3 in seinen Anforderungen unheimlich stark ansteigt. Vielleicht umso stärker, je schneller man Phase 1 durchläuft. Ich verliere dann einfach die Freude daran, bei gefühlt "einfachen" Tasks zu scheitern, die noch relativ zu Beginn des Spiels auftauchen. Wenn ich z.B. bei GTA 5 problemlos durch die ersten 15 Missionen hechte, und dann plötzlich einen Level dreimal
wiederholen muss, dann kann es sein, dass das Spiel die nächsten Wochen nicht mehr angefasst wird. Meist ist dann sowieso schon genug Nachschub verfügbar - was sicherlich auch ein Aspekt für die kurze Halbwertzeit der Spiele heute ist.

In jedem Fall ist das Thema ein sehr interessantes - würde mich freuen, wenn Du weiterhin solch hochwertige Artikel lieferst!

Der Marian 21 AAA-Gamer - P - 29632 - 23. Juni 2014 - 0:05 #

Das fasst ziemlich gut zusammen, wie es auch mir bei den meisten Spielen geht.

Nachtfischer 16 Übertalent - 5634 - 23. Juni 2014 - 9:16 #

Danke für das Lob und den durchdachten Kommentar!

Es stimmt, dass wir - insbesondere bei wirklich innovativen Titeln - selten spielübergreifend bessere Spieler werden. Allerdings könnte es sich lohnen, eine etwas zurückgenommenere Sichtweise einzunehmen. Und eigentlich tust du dies auch schon, indem du bemerkst, dass du Regeln und Zusammenhänge GENERELL immer schneller durchschaust: Nicht "als Spieler", sondern "als Mensch" werden wir besser.

Spiele motivieren uns, weil unser Gehirn das Gefühl hat, an Wissen zu gewinnen (http://www.usc.edu/uscnews/stories/12543.html beziehungsweise http://www.selfdeterminationtheory.org/SDT/documents/2010_PrzybylskiRigbyRyan_ROGP.pdf). Vielerorts wurden daher ausgefeilte Methoden entwickelt, uns dies fühlen zu lassen, auch wenn es eigentlich gar nicht der Fall ist.

Wir bekommen übertriebene Komplimente für repetitive Routinearbeit und sehen Zahlen beim Wachsen zu (FarmVille, WoW, Diablo und Co.). Was lehrt uns das eigentlich? youtu.be/K0kup_anLeU?t=24m38s

Eigentlich triviale "X-Drückerei" wird derart pompös dargestellt, dass sie schwierig und herausfordernd aussieht, obwohl sie alles andere ist (God of War, Assassin's Creed): youtu.be/mGTV8qLbBWE?t=35m

Komplexe Spiele lehren uns, Zusammenhänge zu verstehen und somit systemische Probleme zu lösen. Viele Bildungsforscher halten dies für einen der wichtigsten "21st Century Skills". Dies ist auch einer der Hauptgründe dafür, dass das "Digital Game-based Learning" in den letzten 10 Jahren derart auf dem Vormarsch ist.

Dazu einige Zitate, die deine Beobachtungen stützen dürften:

"The sensation that gamers term ‘fun’ is derived from the act of mastering knowledge, skills and tools." (Daniel Cook, Game Designer)

"Challenge and learning are a large part of what makes good video games motivating and entertaining." (James Gee, Bildungsforscher)

"The primary and direct value that games have for us is that they teach us how to learn. [...] Quite simply, they allow us to train ourselves as thinkers. [...] It’s true that the byproduct of this training can usually be called fun. What’s actually going on, though, is that humans (being highly cerebral and curious creatures) have a natural biological hunger for further understanding the world around us. When we experience a feeling of self-improvement, or a feeling of having learned something new, our brains reward us by releasing endorphins." (Keith Burgun, Game Designer)

Abschließend zu deinem GTA-Beispiel: Da sieht man, was passiert, wenn es in content-basierten Spielen mal nicht weiter geht. Content und insbesondere Story implizieren ein stetiges, lineares Voranschreiten. Halbwegs anspruchsvolle Spielmechanik tut dies überhaupt nicht. Da liegt meines Erachtens ein fundamentaler Widerspruch vor.

HotteKrempel (unregistriert) 25. Juni 2014 - 21:14 #

"...Eigentlich triviale "X-Drückerei" wird derart pompös dargestellt, dass sie schwierig und herausfordernd aussieht, obwohl sie alles andere ist"

du sprichst mir aus der Seele, ich sehe seit Jahren wie der Anspruch immer mehr runtergefahren wird, manchmal denke ich das ist gewollt, aber lassen wir das....

Nachtfischer 16 Übertalent - 5634 - 25. Juni 2014 - 21:20 #

Natürlich ist es gewollt. Eben aus den Gründen, die Terrell in seiner "Defense of Gameplay" aufführt, die ich auf Seite 1 anspreche. Alles soll so einfach zu konsumieren sein, wie nur möglich.

Das ist als eine Art "Teufelskreis" wohl zugleich eine Folge (Stichwort: Entspannung) sowie eine Stütze ("Bloß nicht zu viel denken") des kapitalistischen Systems. Aber diese Diskussion würde in der Tat, wie von dir angedeutet, an dieser Stelle zu weit führen. ;)

Mario Donick 15 Kenner - 3219 - 23. Juni 2014 - 15:02 #

Schöner Artikel, und du wirst sowohl stilistisch als auch die inhaltliche Tiefe betreffend immer besser. :)

Olipool 19 Megatalent - P - 13529 - 27. Juni 2014 - 0:52 #

Wieder schön informativ und wieder was gelernt ;)
Zwei kurze Anmerkungen noch, die mir beim Lesen in den Sinn kamen:
-Der Spaß am sich verbessern wird ja besonders gut in RPGs gespiegelt, wo sich neben dem Spieler auch sein Avatar verbessert. In Dark Souls funktioniert das ganz hervorragend, weil man nicht primär seinen Char hochleveln will, das aber eben auch noch als Motivation an Bord hat
-Phase 1+2 können recht kurz sein, wenn auf Mechanismen der realen Welt zurück gegriffen wird. Beispiel hiefür: Trials. Prinzipiell basiert das auf physikalischen Gesetzen, die jeder intuitiv kennt. Bei diesen ist Phase 4 dann stark ausgeprägt, ohne aber antrengedn zu werden, weil allein das Betrachten der Physik Motivation ist.

Nachtfischer 16 Übertalent - 5634 - 27. Juni 2014 - 9:28 #

Danke!

Die Kombination aus gleichzeitigem Spieler- und Avatarfortschritt bringt meines Erachtens einige Probleme mit sich. Kurz gesagt: Die Klarheit, mit der ich sagen könnte, dass ich mich selbst verbessert hätte, wird durch das Stärkerwerden meines virtuellen Avatars verwässert. Habe ich nun etwas geschafft, weil ich besser geworden bin oder ist mein Avatar einfach nur stärker und ich mache eigentlich immer das gleiche? Mehr dazu in meinem Artikel zu Fortschrittssystemen: http://www.gamersglobal.de/user-artikel/levels-grinding-bestenlisten

Bei Trials stimme ich dir zu. Die Konzepte sind intuitiv klar, es geht vor allem um die Perfektion der Ausführung. An Punkt 3 oder in Phase 4 zu starten, ist nichts Schlechtes, es geht nur dann eben eher "bergab". Je mehr die Ausführung verinnerlicht ist, desto weniger spannend sind die Levels bei z.B. Trials.

Olipool 19 Megatalent - P - 13529 - 27. Juni 2014 - 10:34 #

Wobei ich sagen muss, dass die Verwässerung bei Dark Souls nicht stattfindet. Ja, ich kann Gegner schneller plätten, wenn mein Char stärker gelevelt ist, aber meistens ist entscheidend, die richtige Strategie pro Gegner zu lernen und das wiederum passiert im Spieler.

Mit Trials hast Du recht, es geht schneller bergab. Was aber ein sehr geschicktes Element ist, dass die Fehler des Spielers durch explosiove Gegenstände und Ragdollphysik sehr unterhaltsam sind. Ich finde, im Erfolgsfall freut man sich über seine gute Leistung und im Fehlerfall switcht man sofort raus und kann über den Hofnarr lachen. Dadurch kann man sich selbst auch noch neue Ziele setzen im Level, möglichst spektakulär zu scheitern (auch wenn das nicht sooo explizit unterstützt wird vom Spiel).
Wichtig auch das Ghosting, bei dem man ja immer sich selbst verfolgt. Dadurch gilt es nicht nur den Level zu meistern, sondern auch sich selbst.

vicbrother (unregistriert) 27. Juni 2014 - 13:34 #

Richtige Strategie pro Gegner? Ich habe Dark Souls nicht, aber ich sah ein paar Videos dazu. Mir erschien es, als wenn es nur reine Puzzles sind: Es gibt immer einen von den Entwickler vorgefertigten Lösungsweg pro Gegner.

Ich habe mir gestern das digitale Talisman gekauft: Ein Brettspiel aus den frühen 80ern. Hatte gar nicht so schlechte Spielmechaniken (wenn auch ein wenig unbalanced), die gut zur Geschichte passen :)

Nachtfischer 16 Übertalent - 5634 - 27. Juni 2014 - 14:46 #

In der Tat sind so ziemlich alle Kämpfe in Dark Souls auf Puzzle herunterzubrechen. Finde heraus, was die optimale Strategie ist und führe sie immer wieder perfekt aus. Ähnlich wie die (Boss-)kämpfe in Zelda.

Talisman ist doch dieses furchtbare Spiel, wo man zig Minuten damit verbringt, verzweifelt eine exakte Zahl auf zwei Würfeln zu bekommen, damit man zufällig auf das richtige Feld rücken kann. Ugh.

Olipool 19 Megatalent - P - 13529 - 27. Juni 2014 - 16:32 #

Hm nö, das mit den Puzzels kann ich so nicht stehen lassen.
Klar gibt es eine optimale Strategie, diese ist aber nicht die einzig mögliche, Fernkampf, Verzauberung der Waffe etc. da kann man sich heraussuchen was man mag. Und nur die richtige Strategie zu kennen, heißt noch lang nicht, dass man es umsetzen kann. Plötzlich taucht noch n kleinerer Gegener auf und schon kommt man ins Schwitzen, weil der Weg in den Rücken des Hauptgegners gefährlich wird. Riskiert man den Kampf trotzdem oder hat man vielleicht zu viele Seelen zu verlieren? Ich finde das schon recht dynamisch. Wie dem auch sei, der Skill ist zweifelsohne eine Komponente in der Lösung. Ein Puzzle ist doch eigentlich so definiert, dass es gelöst ist, wenn man verstanden hat, wie es zu lösen ist oder? Aber der Begriff ist schon recht weit, rein mathematisch kann man jegliches Spiel als Puzzle auffassen, weil es für jede Situation Regelsätze gibt, nach denen man verfahren kann. Und da es endlich (wenn auch sehr viele) Situationen geben kann, ist prinzipiell jedes Spiel als Puzzle lösbar (ich weiß, arg theoretisch gedacht :).

Nachtfischer 16 Übertalent - 5634 - 27. Juni 2014 - 17:38 #

Du hast zwar Recht, aber das was wir hier mit "Puzzle-artig" meinten ist die statische Natur der Kämpfe. Gerade die Bosskämpfe sind in Dark Souls (oder auch Zelda oder auch Metal Gear Solid oder auch Final Fantasy) selten wirklich dynamische Angelegenheiten. Stattdessen wird viel auf fest geregelte ("hartkodierte") Abläufe und Scripting gesetzt.

vicbrother (unregistriert) 27. Juni 2014 - 18:44 #

Genau. Das Spiel ist wohl auch nicht machbar, wenn man von den Vorstellungen der Entwickler abweicht, wie mancher Bossgegner zu besiegen ist.

Olipool 19 Megatalent - P - 13529 - 28. Juni 2014 - 2:07 #

Ja bei den Bossen mag das stimmen, die sind aber auch in der Minderheit :) Und ist doch auch ganz schön, AUCH Puzzleelemente drin zu haben.

Nachtfischer 16 Übertalent - 5634 - 28. Juni 2014 - 2:18 #

Bloß sind es eben auch nicht wirklich gute Puzzles, da dann die Notwendigkeit der physischen Ausführung dazwischenfunkt. Und irgendwo schwirrt ja auch noch die unterdrückte strategische Komponente herum. ;)

http://www.gamersglobal.de/user-artikel/fundamentale-konflikte-moderner-videospiele

Olipool 19 Megatalent - P - 13529 - 28. Juni 2014 - 9:32 #

Hm den Artikel muss ich nochmal lesen, ich war grad der Meinung, dass grad eine gelungene Mischung spielerisch reizvoll sein kann.
Wenn ich jetzt mal ein RPG wie Risen mit Dark Souls bzgl. der Kämpfe vergleiche, dann ist ersteres fast nur physische Ausführung, wenn wir mal die Ich-kletter-wo-rauf-wo-die-KI-nicht-hinterhekommt-Strategie-Komponente ausklammern.
Dark Souls beschäftigt aber mehrere Hirnareale gleichzeitig. Und es funktioniert auch deshalb so gut, weil die Feedback-Loop so toll ist. Man kann förmlich spüren, wie das Schwert wo trifft oder geblockt ist, es ist stets nachvollziehbar, was passiert, nur deshalb kann die strategische Komponente auch funktionieren, weil man eben aus seinen Fehlern lernen kann.

vicbrother (unregistriert) 28. Juni 2014 - 18:54 #

Ob das Puzzle nun aus 100 oder 1000 Teilen besteht: Puzzle bleibt Puzzle.

vicbrother (unregistriert) 27. Juni 2014 - 18:42 #

Der Spassfaktor in Dark Souls scheinen mir das Risiko des Verlustes von Seelen zu sein. Die Kämpfe mögen härter als in anderen Spielen sein, aber letztlich hat jeder Gegner eingebaute Schwächen die es zu finden gilt und die man dann ausnutzen soll.
Das geht dann sogar soweit, dass das Umfeld entsprechend designt ist. Ich sah da ein Video mit einer Kutsche, wo in der Straßenmauer Einbuchtungen sind, in denen Spieler sich extra verstecken können um den Kampf überhaupt zu bestehen. Entsprechend ist der Kampf gelöst, sobald man das "Kampfskript" des Gegners erkannt hat und kann entsprechend handeln.

vicbrother (unregistriert) 27. Juni 2014 - 18:43 #

Talisman ist der Brettspielklassiker aus dem Jahr 1983, der immer wieder aufgelegt wird, weil es extrem viel Spass macht und eine sehr niedrige Einstiegshürde hat.

Es ist zwar etwas unbalanciert, aber es bildet gut eine Geschichte ab (man streifst durchs Land als kleiner Abenteuerer (äussere Region), sucht sich irgendwann eine eine größere Herausforderung (innere Region) um dann zur Eringung der Krone der Herrschaft aufzubrechen (die Region im Zentrum). Dabei sind viele Mechanismen gut durch die Geschichte erklärbar, zB steigert man Fähigkeiten durch das Besiegen von Monstern (Eintausch von Trophäen) und das Würfelglück wird durch Schicksalswürfe minimiert.

Gerade die Schicksalswürfe und normalen Würfe machen mit den anderen Mitspielern dabei den Spassfaktor aus: Das Spiel lebt von der Schadenfreude und ist sehr kommunikativ.

Sicher würde man heute einiges anders machen und zB mehr und bessere Monster einbauen. Aber das ist eben die Erkenntnis der Zeit.

PS: Man nutzt fast immer nur einen Würfel.

Nachtfischer 16 Übertalent - 5634 - 27. Juni 2014 - 20:39 #

Ja, ich habe gerade nachgeschaut und in der Tat habe ich Talisman: Prologue auf meinem iPad gespielt. Es war eine einzige Qual. Minutenlang völlig sinnlos und ohne Ereignisse um ein Feld herumzutänzeln, weil man zufällig die exakte Nummer nicht wirft? Und dann wird man noch mit Punktabzug dafür "bestraft", dass man nicht schneller "gewonnen" hat. Sorry, aber das geht nun wirklich gar nicht. Und das war kein Einzelfall. Bestimmt in der Hälfte der Szenarien, die ich gespielt habe, kam mir exakt diese Situation unter. Furchtbar. Die Kämpfe sind übrigens auch nur geringfügig besser. Interessant ist daran so gut wie überhaupt nichts. Alle Jubeljahre hat man überhaupt mal halbwegs so etwas wie eine Entscheidung zu treffen. Ansonsten ist das Candyland mit hübschen Fantasybildchen.

Ich kann verstehen, dass Schadenfreude und "Beer & Pretzels" das ganze erträglicher machen, das hat dann aber weniger mit einem guten Spiel als mit guter Gesellschaft zu tun. Als Single-Player-Angelegenheit ist es in jedem Fall nicht zu gebrauchen.

Übrigens: Bei meiner Mini-Recherche gerade bin ich auf ein Video von Touch Arcade gestoßen, bei dem sie "zufällig" genau das gleiche Problem haben und in eine gefühlte Endlosschleife des "nicht-die-exakt-passende-Zahl-Würfelns" geraten: http://youtu.be/cfeu5ocfPP0?t=10m20s

(Nebenbei: Woran merkt man, dass TA nicht gerade die beste Seite für mobiles Gaming ist? Einer der beiden Redakteure im Video meint ernsthaft: "Looks complicated!" Haha.)

vicbrother (unregistriert) 28. Juni 2014 - 9:25 #

"Beer&Pretzels" braucht es gar nicht - nur kommunikative Mitspieler.

Das Video zeigt, dass die beiden ziemlich blöd spielen - und dann mit nur einer Figur...

Du brauchst keine exakten Würfelwürfe im Spiel - über die Brücke in die innere Region kommst du mit beliebigen Würfen - nach dem Kampf gegen den Wächter - und im Zentrum zieht man eh nur noch ohne Würfel Schritt-für-Schritt. Das man in den beiden äusseren Regionen würfelt dient doch der abwechselnde Folge von Feldern, die damit auch die Geschichte wiederspiegeln: In Abenteuern weiss man nie was als nächstes kommt, wohin es einen als nächstes verschlägt. Es ist eben kein Strategiespiel und die Mechanik passt daher sehr gut.

Aber wie ich schon sagte, das Spiel ist von 1983. Da gab es sehr viele Würfelspiele, dazu noch viele Spiele die auf das eigene Geschick (da gab es zB ein Spiel mit Nilpferden welches Kugel schnappen musste usw) aufbauten...

Saphirweapon 17 Shapeshifter - 7136 - 27. Juni 2014 - 7:19 #

Ein sehr interessant zu lesender Artikel. Vielen Dank dafür !

Moriarty1779 19 Megatalent - - 17151 - 1. Juli 2014 - 10:49 #

Mal ein Gedankenspiel dazu:

Warum "spielen" Menschen?
"Spielen" wird von frühester Kindheit an genutzt, um die Welt zu erfahren, in Rollen zu schlüpfen, soziale Interaktionen auszuprobieren und zu verstehen. Dazu kommt der Abenteuergedanke. Es braucht nur einen Pappkarton, Stöcke und Phantasie und das Piratenabenteuer kann starten. Oder die Rittergeschichte. Oder die Prinzessinnenstory ;-)

Später im Leben kommt dann das Kompetitive hinzu, es wird dann meist in sportlicher Hinsicht gespielt - zusammen mit oder gegen Andere. Hier bestehen Regeln, an die es sich zu halten gilt, und die es zu verstehen und zu nutzen gilt. Das umfasst auch taktische und planerische Fähigkeiten, z.B. die Frage, ob ich lieber selbst den Korb werfe, und zwei Punkte für meine Mannschaft kassiere, oder dem Mitspieler passe, der einen Dreierwurf von seiner Position aus realisieren kann.

Eine Kombination aus all diesen Faktoren findet man zumeist in extra für das Spielen gestalteten Produkten - vom klassischen Dame-Spiel oder den Spielkarten bis hin zu Videospielen. Am Ende dieser Gedankenkette (und damit der Spieleevolution) steht das fiktive (von Star Trek bekannte) Holodeck - eine zu 100% realistische Simulation der Welt, die eine Interaktion mit dem "Spiel" zulässt, die von unserer Realität nicht zu unterscheiden ist - bis auf einen gravierenden Punkt: die Konsequenz des Handelns. Im Holodeck können wir z.B. spielen, als Astronaut eine riesige Weltraumschlacht zu erleben, und am Ende in der gleißenden Explosion unseres Raumschiffs ein "Leben zu verlieren" - und dann quicklebendig das Spiel zu beenden.

Wenn man also die seit Jahrzehnten bestehende Evolution digitaler Spielewelten betrachtet, und das Holodeck als "Endzustand" davon sehen würde, weil das Ziel, eine 100%ige Simulation der Realität (oder beliebiger Phantasiewelten) erreicht ist: WAS würden die Menschen dann eher damit anstellen? Contentbasiertes oder regelwerkbasiertes Spielen? Oder gäbe es keine Möglichkeit mehr, dies zu unterscheiden, was ja wiederum Rückschlüsse auf unser heutiges Spielen zulässt?

vicbrother (unregistriert) 1. Juli 2014 - 11:31 #

Geschichte (also das was erzählt und erlebt wird/werden soll) und Regelwerk gehen Hand in Hand. Aus der Geschichte werden Regeln abstrahiert, die diese möglichst gut abbilden sollen. Das ist in Brettspielen wie auch in Videospielen so.

Natürlich gibt es auch rein regelwerkbezogene Spiele, wie Abalone. Aber diese stellen m.E. eine Ausnahme dar, oft gibt es keinen Zufall und damit wird das Spiel auf ein "mathematisches Puzzle" reduziert (so wie beispielsweise Schach).

Nachtfischer 16 Übertalent - 5634 - 1. Juli 2014 - 18:11 #

Ich stimme dir zu, finde deine Verwendung des Begriffs "Geschichte" aber ein wenig zu frei. Unter einer Geschichte verstehe ich einen linearen Ereignisverlauf. Was du meinst, ist eher ein "Thema" oder ein "Setting". Abstrakte Spiele wie Abalone haben kein Setting. Schach nur ein sehr loses ("Krieg"). Aber auch Spiele wie "Die Siedler von Catan" oder "Lords of Waterdeep" erzählen, obwohl sie sehr wohl ein Setting haben, keine "Geschichte" im eigentliche Sinne.

vicbrother (unregistriert) 2. Juli 2014 - 14:01 #

Ich fragte mich schon, warum du den Begriff "Geschichte" nicht eher definiert haben wolltest...

"Thema" oder "Setting" ist zu groß, "Geschichte" ist schon passend. Man muss aber einschränken, dass die "Geschichte" eigentlich nur eine Einführung ist und eine grobe Zielrichtung (zB "Erobere die Welt") vorgibt. Sie ist jedemfall aber nicht linear oder vorhersehbar, sie spielt sich vor allem im Kopf des Spielers ab. Ein Spiel wird damit nacherzählbar, eine unterschätzte Eigenschaft, wie ich finde.

Nachtfischer 16 Übertalent - 5634 - 2. Juli 2014 - 14:46 #

Für mich ist das eben genau ein Setting. ^^

Es ist eine Grundsituation angelegt, in der sich das Spiel dann dynamisch entwickelt.

vicbrother (unregistriert) 2. Juli 2014 - 18:59 #

Alle drei Begriffe sind unzureichend, weil schon mit anderen Werten belegt.

Es gibt ein Thema/Setting (zB "Fantasy"), eine Einführung die den Spielanfang erklärt ("Wie komme ich zu diesem Spiel, in die Rolle, zu diesem Ring?"), aber auch Erklärungen für Geschichtsdetails (zB "Alte Bündnisse neu beleben") und seine Spielmechanik/-abbildung (zB "Sammle Artefakte und Rede mit den anderen Völkern") und eine Lösungsidee, die das Ziel beschreibt (zB "Wirf den Ring in das Feuer des Schicksalsberges") - dafür suchen wir einen neuen Oberbegriff der dann klarer ist.

Nachtfischer 16 Übertalent - 5634 - 1. Juli 2014 - 18:08 #

Das Holodeck ist alles, nur nicht der "Endzustand" von Spielen. Bestenfalls ist es der Endzustand von Spiel-ZEUGEN. Die unterscheiden sich davon aber fundamental.

Ich nehme an meinen letzten Artikel hast du gelesen? Der stellt die gleiche Ausgangsfrage wie du und zieht Ergebnisse aus der Psychologie heran: http://www.gamersglobal.de/user-artikel/warum-spielen-wir-wirklich

Außerdem zum fundamentalen Unterschied (und Konflikt) von Spiel und Spielzeug: http://www.gamersglobal.de/user-artikel/fundamentale-konflikte-moderner-videospiele

Und hier noch ein Artikel (nicht von mir) direkt zu deiner "Holodeck"-Annahme: http://keithburgun.net/toys-and-the-adult-mind/

Moriarty1779 19 Megatalent - - 17151 - 1. Juli 2014 - 23:06 #

Würdest Du behaupten, dass GamersGlobal zurecht das "Spiele-Magazin für Erwachsene" heißt, oder müsste es eher das "Magazin für digitale Spielzeuge" heißen?

Ich glaube nämlich langsam den Kern der Sache zu erkennen: Es ist einfach eine Frage des Namens. Du (stellvertretend für die Aktivisten in diesem Bereich) schreibst seit Monaten in verschiedenen Zusammenhängen, wie sehr sich heutige AAA-Titel von der Definition des "Spiels" wegbewegt haben.

Würden nun einfach alle bisherigen Videospiel-Magazine, Publisher, Händler und Konsumenten nicht mehr von "Spielen" sprechen sondern von Spielzeugen, wäre das Problem nicht existent. Es gäbe die "drei" (nicht wörtlich nehmen) Indietitel, die als Videospiele gelten. Und dazu gäbe es eine neue Form der Unterhaltung, nennen wir sie "teilinteraktive Spielzeuge mit narrativem, contentbasierten Inhalt".
Etwas sperrig, aber was störts den Call-of-Duty-Spieler, wie die Wissenschaft das Produkt nennt, welches er und 95% der anderen "Spieler" mit Freude und Leidenschaft nutzen.

Nachtfischer 16 Übertalent - 5634 - 1. Juli 2014 - 23:56 #

Das trifft es nicht. Mein Problem ist nicht, dass Spielzeuge designt werden. Es gibt da durchaus auch gute Vertreter wie Minecraft oder Garry's Mod.

Das Problem ist, dass Entwickler größtenteils notdürftige Mischgebilde zusammenbasteln, die alles zugleich sein wollen und dabei nichts wirklich gut machen. Es ist der "Spray-and-Pray"-Ansatz. Schauen wir uns GTA an: An sich ist es ein exploratives Spielzeug. Startest du eine Mission, wird es plötzlich zum Puzzle. In Kampfsituationen ist es ein Wettbewerb (und da du vermutlich Entscheidungen triffst sogar ein "Burgun-Spiel"). Es ist von allem ein bisschen, aber nichts richtig konsequent. Und nur mit Konsequenz und Fokus auf einen Kernmechanismus werden wir je eine Chance haben, dem Konsumenten wirklich effizient Wert zu vermitteln.

Mehr dazu in einem SEHR lesenswerten Artikel hier: http://theludite.com/2014/06/13/world-of-warcraft-a-case-study-in-design-focus/

Moriarty1779 19 Megatalent - - 17151 - 2. Juli 2014 - 11:59 #

Und nur mit Konsequenz und Fokus auf einen Kernmechanismus werden wir je eine Chance haben, dem Konsumenten wirklich effizient Wert zu vermitteln.

Bis zu diesem Satz kann ich Dir folgen und stimme teils sogar zu. Aber mir erschliesst sich weder, warum es das vorrangige (auf Kosten anderer) Ziel sein soll, "dem Konsumenten Wert zu vermitteln", bei einem Unterhaltungsprodukt, welches ihm für einen marginalen Preis einen Zeitraum X nutzt.

Noch weniger mag ich einsehen, warum nur mit Fokus auf EINEN Kernmechanismus ein "perfektes" Spiel möglich ist. Stell Dir Dein liebstes Puzzlespiel, dein bestes Toy, Deinen reizvollsten Wettbewerb zusammen in einem Produkt vor, und alles ist dazu noch verbunden Durch eine Story, die DICH kontextbezogen mal das Puzzle lösen lässt, mal den Wettbewerb bestreiten. Aber alles was Du tust, steht nicht für sich allein, sondern trägt einen Teil zur Lösung des Gesamtspiels bei - die einzelnen Puzzles formen auf einer höheren Ebene ein weiteres Puzzle. Hinzu kommt der Aspekt des Annehmens einer Rolle, des spielerischen Erlebens von "Was-wäre-wenn"-Situationen. Alles Aspekte, die den Grundbedürfnisse des Menschen nach "Spiel" entsprechen - und die umfassen nunmal viele Gebiete - z.B. psychologische oder soziologische...

Hier glaube ich, wird dein rein ludologischer Ansatz dem Medium nicht gerecht. Offenbar wurde anhand bestehender analoger Spiele ein "Idealbild" definiert, welches das expressive Potential des Mediums "Videospiel" nicht komplett erfassen kann - weshalb auch wichtige Aspekte von Burgun und anderen stets ausgelassen werden. Wie wäre es, wenn Ludologen und Narratologen sich mal die Hand geben, noch mal die um Jahrzehnte ältere Forschung der Spielpsychologie mit ins Boot holen und dann mal ohne Schranken im Kopf ZUSAMMEN definieren, welche Möglichkeiten ein Videospiel denn überhaupt bieten kann. Es ist halt ein audiovisuelles Medium, da kann (muss nicht) Narration eine zentrale Rolle spielen, oder Triebbefriedigung, Umweltflucht, -erleben, Einüben... Wir brauchen einen (Video)Spielbegriff, der sich nicht nur mit Teilaspekten eines komplexen Mediums befasst, weil der Rest eben nicht ins Bild passt.

Nachtfischer 16 Übertalent - 5634 - 2. Juli 2014 - 14:58 #

1. Ein Produkt, das dir "Wert vermittelt", ist für dich nützlich. Viele Unterhaltungsprodukte vermitteln ausschließlich "Hygiene-Werte" (siehe Herzbergs Zwei-Faktoren-Theorie). Das heißt, sie lassen dich negative Werte aus deinem Leben entfernen (z.B. Stress durch Entspannung). Einige Produkte gehen jedoch darüber hinaus und versuchen, deinem Leben tatsächlichen (positiven) Wert hinzuzufügen.

2. Wenn ich mir das alles mit einer Story vorstelle, dann denke ich in erster Linie an die grundlegenden Konflikte zwischen Story und Interaktivität. Ein Spiel braucht keine Story, um großartig zu sein. Im Gegenteil! Der Gedanke, dass Spiele ohne Handlung nie von so großem Wert für die Menschheit sein könnten wie solche mit Handlung basiert auf der Annahme, dass Spiele keine an sich interessante Mechanik haben könnten. Und diese Annahme wiederum entspringt der Tatsache, dass wir uns noch in der STEINZEIT des Game-Designs und der Ludologie befinden. Wir sind noch nicht so weit wie Musiker, Geschichtenerzähler oder auch Filmemacher. Doch wir werden dahin kommen! Und dann wird das Medium Spiel eine EIGENE Identität haben und sie nicht eine von anderen Kunstformen zusammegeklaute.

Mehr zum Thema Story und Spiel unter anderem hier:
http://nachtfischer.wordpress.com/2014/06/18/jesper-juul-spiel-versus-story/
http://www.gamersglobal.de/user-artikel/spiele-als-geschichtenerzaehlendes-medium

Bei Bedarf gebe ich gerne dutzende weitere Quellen an, die auf das gigantische Konfliktpotenzial hinweisen!

Moriarty1779 19 Megatalent - - 17151 - 1. Juli 2014 - 23:47 #

Der Artikel von Burgun ist nicht uninteressant, er vergisst aber einen wichtigen Aspekt: Er sieht das Holodeck (oder die Matrix) nur als Simulationsmedium ohne Interaktion - im Grunde als Evolution des Fernsehschirms. Burgun zieht den Vergleich zu modernen Weltsimulationen wie GTA und fragt zurecht, wie wenig interessant die Leerlaufzeit zwischen den Missionen ist. Was machen Spieler wirklich in einer "Open-World"-Simulation? Wie oft ist es interessant, vom Hochhaus zu springen oder alles in Schutt und Asche zu legen?

Er vergisst aber etwas: Außer vielleicht Minecraft oder dessen Derivaten haben Spiele eine Handlung, ein Ziel. Eine Geschichte, sie bieten eine Rolle in die der Spieler schlüpfen kann. Der Schlüssel scheint mir immer die Narration zu sein.

Zum Holodeck - ist es wirklich kaum mehr als ein Ball? Ein Spielzeug?
Ein Film lässt mich den D-Day durch die Augen eines mir fremden Soldaten erleben. Ein heutiges Spiel lässt mich einen mich repräsentierenden Avatar durch eine Simulation des D-Day lenken. Je nach Umsetzung (vielleicht durch Hilfsmittel wie HeadUp-Displays) lässt sich hier sicher ein höherer Grad an Immersion erleben als beim Filmschauen.
Das Holodeck lässt mich mit meinem physischen Körper Teil der Spielwelt werden. Die Hürde des Steuerns oder des Avatars fällt weg. Ich selbst bin der der Soldat, der den D-Day erlebt. Mein Vorgesetzter brüllt mir im Donner der Kanonen das Ziel zu: den rettenden Graben zu erreichen. Der erste Versuch, direkt loszurennen schlägt fehl. Also neu laden. Diesmal sprinte ich erst nach rechts, dort liegen Hindernisse, die Deckung bieten. Am Himmel ziehen Jagdflieger ihre Kreise - zu spät gesehen, also neu laden. Beim genauen Hinschauen erkennt man Muster, also die beiden nächsten Flieger noch durchlassen und dann losrennen, es klappt...
Nach weiterer Beobachtung der Schussfrequenz der MG-Stellungen und deren Nachladepausen klappt es auch, den Graben zu erreichen. Level 1 beendet, durchgeschwitzt und voller Adrenalin. Und nun diese Bunkertür mir dem Zahlenschloss. Hier muss es doch irgendeinen Hinweis auf die Lösung geben...

...soviel zu meiner Vorstellung eines Spiels im Holodeck. Wirklich nur ein Ball?

Tr1nity 28 Party-Gamer - P - 110367 - 1. Juli 2014 - 23:52 #

Bitte in Zukunft die Bearbeiten-Funktion benutzen, wenn du noch was hinzufügen möchtest. Danke.

Moriarty1779 19 Megatalent - - 17151 - 2. Juli 2014 - 1:15 #

Danke für den Hinweis. In diesem Fall wollte ich es sogar tun, hatte aber "keine Berechtigung dazu".

Nachtfischer 16 Übertalent - 5634 - 2. Juli 2014 - 0:00 #

"Außer vielleicht Minecraft oder dessen Derivaten haben Spiele eine Handlung, ein Ziel. Eine Geschichte, sie bieten eine Rolle in die der Spieler schlüpfen kann. Der Schlüssel scheint mir immer die Narration zu sein."

Dann passen sie aber nicht mehr in die Definition dessen, was Burgun als "Toy" bezeichnet. Dann werden sie zum lösbaren Puzzle. Und darüber spricht er ja gerade nicht. Wenn das Holodeck bloß als "Controller" dient, dann reden wir über grundlegend andere Systeme als er in seinem Artikel.

Moriarty1779 19 Megatalent - - 17151 - 2. Juli 2014 - 1:31 #

Für mich von großer Bedeutung ist der Aspekt des Annehmens einer Rolle - ich schrieb es schon ein paar Kommentare weiter vorn: schon in frühester Kindheit genügt ein Pappkarton um zum Astronauten oder Ritter zu werden. Das Schlüpfen in Rollen, das spielerische Verkörpern dieser, ist für mich ein zentraler Aspekt jeglicher Spiele.

Im Film oder im Buch erfahre ich die Geschichte immer durch die Augen eines Fremden. Ich lese seine Gedanken, seine Wahrnehmung der Geschichte. Im Spiel sehe ich die Geschichte durch meine Augen, mein Avatar wird im Grunde durch meinen Haushalt an Erfahrungen, Emotionen und Werten zum Protagonisten, der die Geschichte auf individuelle und Subjektive Weise erlebt.
Das ist so nur im Medium Videospiel möglich.

Natürlich kann man das anders sehen, aber ich finde es schon erstaunlich, dass Burgun dies komplett ausklammert. In keiner seiner Klassifizierungen kann ich etwas herauslesen, was der menschlichen Urform des Spielens, dem Annehmen einer Rolle, gleichkommt. Gibt es einen Grund, diesen Aspekt außen vor zu lassen?

Nachtfischer 16 Übertalent - 5634 - 2. Juli 2014 - 14:52 #

Burgun befasst sich in seiner Taxonomie mit (geschlossenen) interaktiven Systemen. Das lose Rollenspielen ("so tun, als ob"), das vor allem durch die menschliche Fantasie und nicht explizit designte Mechanismen getragen wird, fällt dort nicht hinein. Sogenannte (Computer-)"Rollenspiele" können in alle Kategorien gehören. Es sind schlicht stark thematische Systeme. Manche sind in erster Linie Puzzles (Mass Effect), andere Spielzeuge (Skyrim), andere Spiele (Fallout).

Labrador Nelson 31 Gamer-Veteran - P - 266417 - 7. Juli 2014 - 2:48 #

Korrektur: "erlernt müssen." = "erlernt werden müssen."

Nachtfischer 16 Übertalent - 5634 - 7. Juli 2014 - 11:35 #

Vielen Dank!