1987 Rescue in Berlin

1987 Rescue in Berlin User-Artikel

Entwickler José A. González im Gespräch

Henning Lindhoff / 16. Juli 2022 - 10:40 — vor 1 Jahr aktualisiert
Steckbrief
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Adventure
José A. González
Irongate
08.08.2021
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Teaser

Grafiker und Hobby-Coder José A. González will mit seinem Adventure 1987 Rescue in Berlin zeigen, was der Amiga heute noch kann. Im Interview spricht er über die Entwicklung und seine Ambitionen.
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Ob Filmfigur und Terminator-Heldenmutter Sarah Connor auf der Herrentoilette, verhuschte Kassettenkinder im Musikladen oder extravagante Punks auf dem Parkplatz: Schon nach wenigen Spielminuten in 1987 Rescue in Berlin wisst ihr ganz genau, wo ihr seid – tief in den 80ern. Das Amiga-Spiel lässt glückliche Point-and-Click-Zeiten wieder aufleben, musste auf seinem langen Weg jedoch so einige Klippen umschiffen, wie Entwickler José A. González in diesem Gespräch verrät.

José, fangen wir mit deiner persönlichen Geschichte mit dem Amiga an.

Ich lernte den Amiga im Haus eines Klassenkameraden kennen, der mir erzählte, dass sein Computer Farbe darstellen und Musik spielen konnte. Als ich den Rechner sah, wusste ich, dass dies die Maschine sein würde, auf der ich zeichnen und die Kämpfe mit der Farbpalette meines ZX Spectrum hinter mir lassen konnte. Nachdem ich eine Menge Geld gespart hatte, konnte ich einen gebrauchten Amiga 500 kaufen. Ein paar Jahre später, als ich noch arbeitete, konnte ich mir einen Amiga 1200 mit Festplatte, CD-ROM und Videoaufnahme kaufen. Ich verbrachte viele Stunden am Amiga, spielte, zeichnete und animierte mit Deluxe Paint, entwarf mit Real 3D. Ich entwickelte sogar einige Spiele mit SEUCK, einem Programm, das auf einer Magazin-Diskette enthalten war. Ende der 90er-Jahre kaufte ich dann einen PC und bewahrte meine „Freundin“ im Keller des Hauses meiner Großmutter auf.

Aber dort ist sie nicht geblieben.

Richtig. Heute ist der Amiga wieder im Einsatz. Ich entspanne mich von den täglichen Problemen, indem ich Musik mache und Grafiken gestalte. Ich denke, ich werde ihn nie aufgeben. Für Partys benutze ich aber einen Amiga 600, den ich vor ein paar Jahren aus Einzelteilen zusammengebaut habe. Dieser Computer passt wunderbar in meine Aktentasche.

Deine Entwicklertätigkeit begann im Amiga-Wave-Kollektiv. Worum geht es dabei?

Amiga Wave war ein nettes Projekt, das ich begonnen habe, als ich noch naiver war. Ich habe viel in dieses Projekt investiert, aber leider hat die Zusammenarbeit mit einigen Mitstreitern nicht funktioniert. Ich verließ die Gruppe, um meine eigene Entwickler-Philosophie verfolgen zu können und anderen Entwicklern zu helfen.

Wie beschreibst du deine Entwickler-Philosophie?

Für mich ist Programmieren ein Hobby, und ich bin mir darüber im Klaren, dass damit kein Geld zu verdienen ist. Es geht nur um die Befriedigung, mir einen Kindheitstraum zu erfüllen, den ich in den 80er- und 90er-Jahren aufgrund mangelnder Unterstützung nicht verwirklichen konnte. Mein Ziel ist es heute, interessante Inhalte zu produzieren und anderen bei ihren Projekten zu helfen. Ich lerne nach und nach, ich entwerfe lustige Spiele mit viel Hingabe. Ich weiß, dass sie nicht perfekt sind, aber sie gehören zum Besten, was heute realistischerweise hergestellt werden kann.
 
In der Box: 1987 Rescue in Berlin bekommt ihr auch als physisches Spiel.

Das alles machst du unter dem Label IronGate.

Richtig. Ich habe dieses Studio gegründet, um die Kontrolle über meine Kreationen zu behalten. Mit diesem kleinen Label kann ich meine Entwicklungen veröffentlichen. Meine Schwerpunkte liegen im Bereich Videospiel, Musik, Pixelkunst, Animation und Demos. Ich habe mit mehreren Gruppen der Amiga-Szene zusammengearbeitet, ich habe eine Menge Pixelkunst mit Deluxe Paint gemacht und ich habe mittlerweile mehr als 20 Spiele für den Amiga entwickelt.

Wie hast du 1987 Rescue in Berlin entwickelt?

Das Spiel wurde zunächst entworfen, um im Magazin Amiga Format veröffentlicht zu werden, als Amiga Wave noch Spiele herstellte. Ich habe alles entworfen und die Programmierung jemand anderem überlassen. Die Zeitschrift wollte wissen, wann es fertig war, und der Programmierer sagte mir regelmäßig, dass es fast fertig sei. Aber es wurde nie fertig, sodass am Ende alles zusammenbrach. Und da ich derjenige war, der immer mit der Redaktion sprach, sah ich dabei nicht sonderlich gut aus. 

Du hast das Projekt also allein beendet.

Genau. Durch die Pandemie und die Lockdowns hatte ich Zeit, die Tools der Adventure-Entwicklung zu lernen. Und nach einer Menge Arbeit war ich in der Lage, 1987 Rescue in Berlin fertigzustellen. Ich wollte meinen Ruf bei der Zeitschrift wiederherstellen, und nach vielen Gesprächen willigten sie ein, sich das Spiel nochmals anzusehen. Nachdem sie es gesehen hatten, stimmten sie zu, es auf der Heft-CD-ROM zu veröffentlichen.
Visuelle Eindrücke aus 1987 Rescue in Berlin
Euer Abenteuer beginnt mit einer Schock-Meldung im TV.  1  Absicht oder Zufall? Unser Held sieht der „Klapperschlange“ Snake Plissken sehr ähnlich.  2  Auf der Straße diskutiert ihr auch über Rattenfleisch im Burger.  Im Musikladen könnt ihr einige Geschenke absahnen. 4 Auf der Herrentoilette begrüßt euch Sarah Connor höchstpersönlich. 5 Wer trällert denn dort neben Freddie Mercury? 6.
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Wie groß sind die Ähnlichkeiten zum ursprünglichen Projekt?

Nicht sehr groß. Ich habe das ursprüngliche Skript erweitert und die Grafik verbessert, einschließlich neuer Charaktere und neuer Szenarien. Es enthält auch die Musik von Narcisound, einer Legende der C64- und Amiga-Chiptune-Musik.

Welche Tools hast du verwendet?

Nun, für die Grafiken habe ich Deluxe Paint V verwendet, für die Entwicklung des Spiels habe ich GRAC benutzt, das einen eigenen Editor und eine eigene rudimentäre Programmiersprache hat. Es war wirklich schwierig, das alles zu lernen und herauszufinden, wie man bestimmte Dinge macht. Aber ich denke, alles hat sich zum Guten gewendet. 

Welche Spiele waren deine Vorbilder für 1987 Rescue in Berlin?

Es ist klar, dass ich früher eine Menge Adventures gespielt habe – ob Future Wars, die Indiana Jones- oder Monkey Island-Serien. Sie alle und noch viele mehr haben etwas in mir hinterlassen, das mich dazu inspirierte, meine eigenen Adventures zu entwickeln. Bei 1987 Rescue in Berlin hebe ich gerne den Humor hervor, es gibt viele Witze und absurde Situationen, die euch sicher zum Schmunzeln bringen.

Was hat dir damals an Monkey Island gefallen?

Ich mochte den Humor dieses Abenteuers, die unsinnigen Situationen, ich musste lachen und wartete immer auf den nächsten Witz.

Gibt es in 1987 explizite Bezüge zu Monkey Island?

Nicht speziell, aber wenn man sich die Nebenhandlungen ansieht, nehmen sie mit zunehmender Spieldauer immer mehr Gestalt an, bis sie mit der Haupthandlung verknüpft sind. Da sind etwa die Rattenfleisch-Burger, auf die viele Charaktere Bezug nehmen, was einen zunächst überrascht und anwidert, aber dann versteht man, dass es sich um eine postapokalyptische Welt handelt und es dort normal ist. Der Spieler versinkt immer mehr in der Geschichte. Und sobald er denkt, er müsse nur noch mit dem Flugzeug entschwinden, um das Missionsziel zu erreichen, nimmt die Geschichte eine neue Wendung und überrascht auf absurde, aber humorvolle Weise. Das ist es, was ich von einer guten Geschichte erwarte: Dass sie mich mitreißt und überrascht.
 
Ratten-Alarm: Die Meinungen über die Burger dieser Bude gehen auseinander.

Arbeitest du heutzutage auch professionell mit dem Amiga?

Beruflich arbeite ich mit einem PC. Ich widme mich dem Design und arbeite mit Corel Draw, 3D Studio Max und anderen Programmen. Ich bin hauptsächlich mit der Erstellung von Postern und allen Arten von angewandtem Design beschäftigt. Zum Amiga habe ich eher eine Hobby-Beziehung. Ich mache hauptsächlich Pixelkunst und Spiele. Für mich ist es eine Kunst, von der Gestaltung der Spielsteine bis hin zu den Objekten, Charakteren und sogar dem System-Icon – alles zählt.

Wie siehst du die Zukunft der Amiga-Szene?

Ich denke, der Amiga hat seinen Platz als Unterhaltungsmaschine gefunden. Er hat immer noch eine große Anzahl von Nutzern, deshalb wird das Betriebssystem weiterhin aktualisiert. Der Amiga wird immer in unseren Herzen bleiben. Die Zukunft liegt in der Kreation von Inhalten in Magazinen oder auf Kanälen wie Youtube, um Menschen zu ermutigen, Inhalte zu erstellen, und um denen zu helfen, die Zweifel oder Schwierigkeiten haben, sich weiterzuentwickeln. Zuletzt habe ich mich sehr über die Veröffentlichung des The A500 Mini gefreut. Ich habe ihn so schnell wie möglich bestellt und genieße es, ein Betriebssystem mit meinen Tools und meinen Spielen zu konfigurieren.

Hält der The A500 Mini aus deiner Sicht, was die Entwickler versprochen haben?

Meiner Meinung nach ja, sie haben es als Spielkonsole verkauft, für Gelegenheitsspieler ohne Komplikationen. Vor wenigen Tagen war ich auf einer Party. Da habe ich gesehen, wie Leute ihren A500 Mini mitgebracht haben. Er ist klein, wird über HDMI an den Fernseher angeschlossen und nimmt wenig Platz ein. Das ist ideal für solche Events – ein schönes Stück Hardware.

Eine Übersicht der Arbeiten von José A. González findet ihr hier. Sein Spiel 1987 Rescue in Berlin könnt ihr per E-Mail bei ihm bestellen. Viel Spaß!
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Party-Time: 1987 Rescue in Berlin stößt bei eingefleischten Amiga-Fans auf reges Interesse.

 
Henning Lindhoff 16. Juli 2022 - 10:40 — vor 1 Jahr aktualisiert
Henning Lindhoff 19 Megatalent - P - 14227 - 16. Juli 2022 - 9:41 #

Viel Spaß beim Lesen!

Danywilde 30 Pro-Gamer - - 157826 - 16. Juli 2022 - 10:08 #

Ein schöner Artikel, das Spiel schaue ich mir mal an.

Aber im letzten Bild wird doch ein Amiga 600 gezeigt und kein A500mini.

ds1979 20 Gold-Gamer - P - 20418 - 16. Juli 2022 - 10:34 #

Schönes Interview.

Maverick 34 GG-Veteran - - 1172630 - 16. Juli 2022 - 10:38 #

Das Interview war eine schöne Wochenend-Lektüre. Danke für den lesenswerten Artikel, Henning! :)

Henning Lindhoff 19 Megatalent - P - 14227 - 16. Juli 2022 - 11:55 #

Besten Dank, auch für deine Unterstützung.

Maverick 34 GG-Veteran - - 1172630 - 16. Juli 2022 - 17:13 #

Jederzeit gerne, aber den Dank leite ich an unseren Admiral Anger weiter, der den Artikel ja redigiert hat. Ich selbst war daran ja nur "im Hintergrund" beteiligt. ;-)

Harald Fränkel Freier Redakteur - P - 13736 - 16. Juli 2022 - 14:23 #

Ich hab das Game ja vor einiger Zeit im Rahmen eines "Die besten neuen Spiele-für den Amiga"-Videos kurz vorgestellt und fand es spielerisch nicht überragend und sehr kurz. Aber die 80er-Reminiszenzen sind echt witzig und sorgen für eine tolle nostalgische Atmosphäre, insofern hat es eine ausführlichere Vorstellung absolut verdient. Interessantes Interview, vielen Dank!

Henning Lindhoff 19 Megatalent - P - 14227 - 16. Juli 2022 - 14:53 #

Dein Artikel war für mich der Startschuss, mir das Spiel genauer anzusehen. Es hat auf jeden Fall einige interessante Ansätze.

Labrador Nelson 31 Gamer-Veteran - - 254777 - 16. Juli 2022 - 17:00 #

Ein schönes Interview, danke dafür! :)

rgru0109 14 Komm-Experte - P - 2608 - 17. Juli 2022 - 23:26 #

Toller Inhalt, danke

Slaytanic 25 Platin-Gamer - - 61756 - 18. Juli 2022 - 19:45 #

Sehr interessantes Interview, schönen Dank dafür.

MicBass 21 AAA-Gamer - P - 28521 - 20. Juli 2022 - 9:43 #

Ganz interessantes Interview, danke

Andreas Peter 12 Trollwächter - 1000 - 25. Juli 2022 - 15:05 #

Oh, auf dem Foto ist eine Frau.

ds1979 20 Gold-Gamer - P - 20418 - 26. Juli 2022 - 11:48 #

Habe vor kurzem die Big Box von dem Spiel erworben. Schneller und guter Kontakt und absolut fairer Preis. Das Ding gefällt mir.

Henning Lindhoff 19 Megatalent - P - 14227 - 27. Juli 2022 - 21:14 #

Sehr schön. Hab sie mir noch nicht gegönnt. Jose ist aber ein sehr sympathischer Machertyp. Würde mich über ein paar Details zur Box freuen.