Herzlich willkommen zum fünften Tag meiner Tokio-Fotogalerie 2017 – die zwei Tage zusammenfasst.
Nach der TGS bin ich ja fast ausschließlich mit Vidofilmen beschäftigt, und auch wenn nicht immer alles so klappt, wie geplant, klappen dafür eigentlich fast immer andere Dinge, die sich einfach so ergeben. Seid gespannt…
Von den titelgebenden drei Türmen seht ihr in diesem Foto den ältesten, und zwar den Tokyo Tower. Wie es mich dahin verschlagen hat, lest ihr in der folgenden Galerie.
Die beiden Business-Days der Tokyo Game Show sind vorüber, am Samstag drängen die eigentlichen Adressaten auf die Makuhari Messe: die Endkunden. Erstmals staut es sich überall ein wenig sogar auf der sonst so leeren Straße.
Mein Weg zur Kaihnmakuhari-Station ist zum Glück nicht sonderlich weit, denn ich bin schwer bepackt. Direkt vor dem Bahnhof seht ihr ein kleines Indiz dafür, dass die Japaner ziemlich Baseball-verrückt sind.
Und dann strömen sie heran, die (zumindest zum Teil) spielewütigen Massen. Es wäre Phantasie, zu behaupten, Japaner würden nie drängeln, aber die überwiegende Mehrzahl verhält sich doch erstaunlich diszipliniert, gerade, wenn es eng wird, weil zu viele Menschen unterwegs sind. Kein Geschiebe, kein Geschrei, kein lautes Wort.
Selbst wenn eines der Hindernisse durch einen Gaijin gebildet wird, der mit seinem Riesenkoffer plus Rucksack ausgerechnet jetzt am Bahnsteig stehen muss. Ich kann hier übrigens nicht weg, ich stehe schon direkt hinter der gelben Linie, also etwa 50cm von den Geleisen entfernt.
In Asakusa fühle ich mich immer wieder wohl, was an den kleinen Ladengeschäften liegt und den engen Gassen und dem (trotz der Touristenmassen des Sensou-ji-Tempels nebst Donnertors wegen) Eindruck, durch ein älteres, ursprünglicheres Tokio zu wandern.
Besagter Sensou-ji-Tempel (der auch einen großen Shinto-Schrein enthät) liegt nicht allzu sehr vom größten Turm der Welt entfernt, dem Tokyo Skytree. Er ist 634 Meter hoch nur das Burj Khalifa in Dubai ist noch höher. Die erste, größte Ausbuchtung des Turms ist das Main Observatory Deck auf 350 Meter Höhe, auf 450 Meter liegt dann die zweite von Besuchern (gegen Aufpreis) betretbare Plattform, im Bild die kleinere Ausbuchtung unterhalb des Antennenmasts.
Da oben war ich schon und habe ja auch schon Bilder von dort geschossen für die 2015er Fotogalerie. Was mich aber dieses Jahr an Asakusa und dem Skytree interessiert, ist etwas anderes: Beide liegen nämlich benachbart zu Ryogoku. Und dort …
… liegt das große Sumo-Stadion von Tokio, das Zentrum des japanischen Nationalsports. Wir sehen in diesem Foto rechts den Skytree und links das Dach des Stadions, in dem gerade die 2017er Meisterschaft ausgetragen wird (beziehungsweise heute, Sonntag, sind sie zu Ende gegangen).
Wer die Größenverhältnisse nicht ganz einordnen kann: Der Skytree ist ziemlich weit entfernt, das Stadion auch ein gutes Stück, und davor ist die Überdachung des Nachbar-Bahnsteigs der Ryogoku-Station, von der aus ich fotografiere.
Das Ryogoku-Viertel steht voll im Zeichen von Sumo. Zum einen begegnen einem doch recht häufig die groß und breitgewachsenen jungen Sumoringer in ihrer traditionellen Tracht.
Zum anderen bieten diverse Lokale „Chanko Dining“ an. Chanko ist die traditionelle Mastspeise in den Sumo-Beyas („Ställen“), mit denen sich die Sumoringer nach dem mehrstündigen Morgentraining ein Frühstück reinziehen, dass es locker auf mehrere Tausend Kalorien bringt.
Ich habe mich in eines der Restaurants gesetzt und mutig ein Chanko-Menü bestellt. Das isses, und das eigentliche Chanko ist rechtsoben. Allerdings weiß ich nicht, wie davon die Sumoringer fett werden können: Es enthielt ziemlich viel Gemüse und etwas Tofu, als Haupteinlage schwammen Fischstückchen darin.
Ist das „echte“ Chanko vielleicht öliger? Schwebt da nicht etwas Fisch, sondern viel Fleisch drin? Und essen die Sumoringer vielleicht einfach größere Mengen davon? Ich denke, die Antwort lautet dreimal Ja.
Hier ist ein junger Sumoringer, der noch etwas wachsen muss, vor allem in die Breite. Der dürfte allerdings auch noch keine 20 sein. Andere Ringer bringen es da schon …
… auf etwas andere Dimensionen, auch wenn hier natürlich der Vergleichsmensch ein Kind ist.
Ach ja, meine durch den Zwischenhändler doppelt-als-normal- teure Karte hat mich rechtzeitig erreicht, sie wird auch am Einlass angenommen, und mit einem englischen Faltplan über die heutigen Kämpfe ausgestattet betrete ich die Halle.
Dort ist noch nicht allzu viel los, es kämpfen am frühen Nachmittag erst mal die „Anfänger“, bevor es dann mit den „Fortgeschrittenen“ weitergeht, bevor dann die höchste Klasse (und auch die schwerste) antritt. Dementsprechend füllt sich das Stadion erst am mittleren Nachmittag so richtig.
Hier habe ich im richtigen Moment auf den Auflöser gedrückt: Gerade wirft der rechte Ringer (das ist gleichzeitig auch die Ostseite) mit feschem Schwung eine Handvoll Salz in den Ring. Der Kämpfer der Westseite wird es ihm gleich nachtun.
Vorher wurden bereits ihre Namen laut ausgerufen, sie haben den Ring betreten, sich gestreckt, sich gegenüber aufgebaut (bei den beiden weißen Linien in der Mitte), sich dann wieder aufgerichtet, und sind nun eben Salzholen gegangen. Teilweise wird nun nach dem erneuten sich in Stellung bringen wieder abgebrochen, woraufhin sich beide mit einem farbigen Lappen das Gesicht oder auch mal die Achselhöhlen abtrocknen…
… bevor es dann zum dritten Mal in die Hocke geht. Wenn nun einer der beiden auf den Boden klopft, springen beide Schwergewichte auf und gehen aufeinander los.
Der Kampf ist für den verloren, der zuerst den Sand des Rings mit etwas anderem als den Füßen berührt, oder der als erstes eine Stelle außerhalb des Rings berührt.
Oft ist letzters schon nach wenigen Sekunden der Fall, weil ihn der Gegner schlichtweg aus dem Ring geschoben hat. Oft gibt es aber an der Ringmarkierung einen längeren Ringkampf, wo es dann teils der weiter außen stehende schafft, sich um den Gegner herumzuwinden und plötzlich diesen aus dem Ring zu drängen. Andere von mir beobachtete Taktiken: Dem Gegner heftig und oft ins Gesicht zu schlagen, oder ihn durch Hochheben oder Judo-artige Griffe zu Fall zu bringen. Teils haut es den Unterlegenen auch in die Sitzreihen hinein, die Leute, die ihr hier direkt am Ring sitzen seht, leben durchaus nicht ungefährlich (sind aber meist andere Sumos oder Kampfrichter).
Ab etwa 15:00 Uhr ist es dann in der Halle gerappelt voll, und die wahren Schwergewichte treten an. Die Wettkämpfe gehen insgesamt knapp zwei Wochen lang, davor gab es schon in anderen Städten Vorausscheidungen (beziehungsweise ich glaube, die Ringer sammeln Siege in allen Turnierkämpfen, und das sorgt dann für ihre Einteilung oder Zulassung für die Finals).
Sumo ist extrem ritualisiert, hier etwa wird eine Art Leistungsnachweis durch den mittleren der drei hockenden Ringer erbracht. Er wird sich gleich erheben und eine Turnübung vorführen, die man den grobschlächtigen Cholesterinvertilgern wirklich nicht zutrauen würden.
Überhaupt fand ich meine paar Stunden in der Sumohalle (ich konnte aus Timinggründen leider nicht das Wettkampfende erleben) das klar Faszinierendste bislang bei meinem Tokio-Aufenthalt. In der Video-Doku „Tokio bei Tag“ werde ich noch ausführlich darauf eingehen.
Raus aus der Sumohalle, hoch auf den Roppongi-Hills-Komplex (denkt daran, dass diese Galerie nicht komplett an einem Tag „geschossen“ wurde). Mich hat es ernsthaft schon immer interessiert, wie es ganz oben auf so einem ganz hohen Wolkenkratzer aussieht. Naja, so eben.
Roppongi ist eine eher widerliche Gegend Tokios, zumindest, wenn man dort abends unterwegs ist. Es ist voll von Ausländern wie mir. Wobei ich nicht betrunken herumwanke und dabei möglichst laut bin. Jedenfalls bin ich nicht in Tokio, um alle paar Metern von Afrikanern „Want Girl? Have Girl!“ zugeraunt zu bekommen. Auch typische Nachtclubs nach westlichem Vorbild werdet ihr am ehesten in Roppongi finden.
Tagsüber aber ist Roppongi schlicht ein Geschäfts- und Einkaufsviertel, und der Mittelpunkt und Hohetempel des Viertels ist Roppongi Hills. Es ist ein Gebäudekomplex, der quasi ein Viertel im Viertel, das seinerseits eine Stadt in der Stadt darstellt, bildet.
Ich befinde mich hier ganz oben auf dem kostenpflichtigen Observation Deck des Mori-Towers, der mit 238 Metern eines der höchsten Gebäude Tokios ist (und noch dazu auf einer Erhebung steht). Er ist quasi der dritte der „Drei Türme“, die ich über diese Galerie drüber geschrieben habe.
Und vom Helikopterlandeplatz (den man nicht betreten darf, darüber wachen diverse Sicherheitsleute, man läuft auf Wegen außenrum) ist der Tokyo Tower nicht allzu weit entfernt.
Ich finde das mit den Türmen faszinierend, denn im Wolkenkratzer-Meer von Tokio geben sie mir Fixpunkte, wo ich wenigstens weiß, wo ungefähr ich mich befinde. Und wo wir schon mal den Tokyo-Tower aus der Ferne sehen…
… fahren wir doch einfach mal hin und sehen ihn uns aus der Nähe an.
Der Tokyo Tower ist 1957 gebaut worden und in Bauweise und Höhe (333 Meter) ein ziemliches Plagiat des Eiffelturms in Paris (324 Meter), auch wenn rot/weiß angemalt ist und nachts auch meist so angestrahlt wird.
… gehen wir doch mal hoch! Die Aussichtsplattform (mit zwei Stockwerken) befindet sich auf relativ bescheidenen 150 Metern, also unterhalb der von Roppongi Hills. Dennoch finde ich den Blick von hier besser als vom Skytree, den man ist zentraler in der Metropole, während der Skytree etwas abseits steht. Außerdem wirkt aus 450 Meter Höhe alles nur noch wie Spielzeugland – von hier aus kann man aber immer noch viele Details erkennen. Das in der Mitte müsste der Mori Tower von Roppongi Hills sein, übrigens, und weit dahinter seht ihr die Wolkenkratzer von Shinjuku, etwa 6 Kilometer entfernt.
Dann leiste ich mir im Cafe des Observation Decks einen Matcha-Pudding nebst normalem Kaffee. Ersterer besteht aus Eis, Knusperzeugs, Glibberzeugs und Matcha-Mocchi mit der ungefähren Konsistenz von Reifengummi. Aber lecker ist das Ding trotzdem.
Wir blicken hier ungefähr nach Westen, folglich wird hier bald die Sonne untergehen. Natürlich hat man hier oben ein paar Minuten länger Sonnenlicht als in den Häuserschluchten, aber auch hier wird es etwa viertel vor Sechs dunkel.
Dummerweise hatte sich ein wenig Regen ja schon angekündigt, aber ich finde nicht, dass das zumindest den Fotografien schadet. Nicht nur Ridley Scott weiß, wie gut sich Regen, Nacht und Neonlicht verbinden.
Außerdem gibt es wirklich überall „Wegwerf-Regenschirme“ zu kaufen. Besonders praktisch sind die durchsichtigen, weil man sich die direkt vor die Nase halten und immer noch navigieren kann.
Was so ein durchaus stabiler, natürlich mehrfach verwendbarer Schirm kostet (das „Wegwerfen“ bezieht sich eher darauf, dass man die Dinger halt bei akutem Bedarf kauft, und sicher nicht 20 davon daheim stapelt jedes Jahr)? Ab 3,50 Euro, ganz selten bis zu 10 Euro.. Das ist dann aber schon die Luxus-Wegwerf-Variante für den gediegenen Geschäftsmann von Welt, in Schwarz und extragroß.
Der Gott in diesem Schrein hat kein Mitleid mit seinen Trägern: Er will sein gewohntes Sightseeing abhalten, und dan müssen die dann halt ein wenig nass werden. Das werden sie übrigens auch von innen, denn es wird wohl viel getrunken unter den Schreinanhängern. Anders erträgt man es vermutlich auch nicht, stundenlang ein schweres Ding auf den Schultern durch die Straßen zu wuchten und dabei die ganze Zeit rituelle Rufe abzusondern. Schirmtragen geht dabei natürlich auch nicht, Ponchos sind für die Träger verpönt.
Diese Schrein-Festler haben hingegen genug (es finden oft mehrere lokae Schrein-Feste statt, die Träger konkurrieren teils wohl regelrecht untereinander) und packen für heute zusammen.
Wann schmecken Fleischspieße (Yakitori) am besten? Wenn es draußen eher mäh ist, natürlich. Denn die Dinger werden meist nur wenige Meter (oder auch mal cm) vom eigenen Tisch aus gebraten, der Duft und Dampf und das Geknistere lassen mich dann auch verzeihen, wenn ich versehentlich Hühnerknorpel am Spieß bestellt habe oder ähnlich schwer verdauliche Dinge.
(Die Bedienung erklätz mir hier gerade, was was ist).
So eine Izakaya ist nicht unbedingt etwas für Gesundheitsfanatiker. Da wäre zum einen das Essen – Fleisch schlägt eben Gemüse in einer Braterei jeden einzelnen Tag. Da wäre zum anderen die Raucherlaubnis (überhaupt rauchen Japaner offenkundig lieber und öfter, als ich das in Deutschland gewohnt bin). Und da wäre zum dritten…
… die nicht unbedingt deutschen Gaststätten-Richtlinien folgenden Grundprinzipien der Hygiene. Das Klo ist zwar meistens eines der guten, popo-abspritzenden von Toto und Co. (manchmal aber auch ein Plumpsklo), doch schon allein durch die Enge des Raums – viele Izakayas haben nur drei oder vier kleine Tische und ein paar Sitze an der Bar, manche fassen insgesamt nur sechs Leute – kann die Küche schlecht vom Gastraum getrennt sein. Sie ist ja Teil von ihm. Teils durch eine Plexisglasscheibe von ihm getrennt, teils gar nicht, brät in einer Izakaya also der Fleischspieß oft keinen Meter entfernt vom Gast. Und zwar gerne auf altertümlichen, schwer zu reinigenden Konstrukten wie diesem.
Habe mir in Japan noch nie den Magen verdorben (einmal war ich nah dran it einem öligen Fraß, aber wenn ich durch zu viel Essen Sodbrennen bekomme, kann dafür Japan nichts). Will heißen: Bei den Zutaten erhaltet ihr überwiegend sehr frische, gerade bei Fisch, und das macht einfach viel aus.
Auf dem Nachhauseweg komme ich an einer typischen japanischen Baustelle vorbei. Typisch daran sind drei Dinge: Es wird auch mitten in der Nacht gearbeitet. Es wird meist doppelt und dreifach abgesichert, selbst wenn es um eher kleine bauliche Veränderungen geht. Und es sind immer ungefähr dreimal so viele Leute beteiligt wie bei uns in Deutschland. Davon steht ein Drittel nur rum und „überwacht“ die Arbeit der anderen, ein Drittel dient der zusätzlichen Absicherung durch das Schwenken batterie- oder kabelbetriebener Leuchtstäbe. Und ein Drittel arbeitet, also genau so viel wie in Deutschland.
Auch bei der Vielzahl der Parkwächter oder Autos-aus-dem-Parkhaus-Winker beschleicht mich der Gedanke, dass das soziale Netz in Japan nicht so gut sein kann wie bei uns: Es gibt ganz viele öde Simpeljobs, die bestimmt auch nicht gut bezahlt werden, und man sieht darin überproportional viele Ältere.
Eine der Besonderheiten von Asakusa ist, dass die ganzen Ladenfronten (das sind fast alles Metall-Rolläden) in geschlossenem Zugang schön bemalt sind, was vor allem nachts toll zur Geltung kommt.
Damit wären wir am Ende der 5. Galerie, zumindest für Nicht-Premiumenten. Für jene sowie für alle Tokio-Spender geht es noch fünf Fotos lang weiter.
Die nächste und letzte Galerie+ aus Tokio mache ich dann von Deutschland aus fertig, rechnet also frühestens Dienstagabend damit.
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