Das Play-Festival fand dieses Jahr wieder in Hamburg statt
Seit 2007 veranstaltet die Initiative Creative Gaming ihr Play-Festival an den unterschiedlichsten Orten quer durch Deutschland. Bei dem "[...] weltweit ersten und einzigartigen Festival, das die Bereiche Medienkunst, Diskurs und Bildung mit der Kultur digitaler Spiele vereint" laden die Veranstalter zum "Anfassen, Mitmachen, Ausprobieren und Nachdenken" ein. Im Rahmen des Festivals wird, nicht nur dem interessierten Spieler, die Teilnahme an den unterschiedlichsten Veranstaltungen geboten: Vorträge, Workshops und Ausstellungen rund um das Thema Computerspiele werden dabei nach Möglichkeit um weitere Aktivitäten, wie zum Beispiel Besuche in Firmen der Branche, ergänzt.
Dieses Jahr fand das Play-Festival, die PLAY16, vom 02.-06. November in Hamburg statt. GG-User schlammonster hat die Gelegenheit genutzt und sich einige Tage umgesehen, um seine Eindrücke nun mit euch zu teilen.
Unterschiedliche Veranstaltungen an verschiedenen Orten
Das diesjährige Play-Festival stand unter dem Motto "Let's get physical" und stellte dabei die unterschiedlichen Arten von Körpern in den Mittelpunkt des diesjährigen Festivals. Der erste wahrgenommene Termin, nach der nicht besuchten Eröffnung am vorangegangenen Abend, fand im Museum für Kunst und Gewerbe statt. Wie anscheinend immer bei solchen Veranstaltungen üblich, gab es erst einmal Probleme mit dem Beamer. Bis ein Ersatz beschafft war, konnte man sich mit bereitgestelltem Tee, Kaffee und Croissants verköstigen.
Vortrag: Players and Characters - The role of Bodies in Gaming
Im noch etwas spärlich besuchten Auftakt-Vortrag mit dem auch die angeschlossene Play-Conference begann, sprach Dr. Sky LaReill Anderson von der University of Minnesota ganz im Sinne des Mottos über "Players and Characters - The role of Bodies in Gaming" und stellte die Ergebnisse seiner Untersuchung vor, wie sich Avatare von Charakteren und die unterschiedlichen Typen von Spielern vor dem Bildschirm unterscheiden. Leider gelang es ihm in seinem sehr akademischen Beitrag letztendlich nicht, den Sinn und Zweck seines Forschungsprojekts zu vermitteln.
Zu den angebotenen Veranstaltungen gehörten, neben den nicht besuchten, tagesfüllenden Workshops, auch Ausflüge. Und trotz der, sich eher als grobe Richtlinie, denn als punktgenau entpuppenden Startzeiten, gelang es gerade noch rechtzeitig, den Abmarsch der kleinen Gruppe zum donnerstäglichen Ausflug zu erwischen. Und auch wenn sich der Gruppe noch weitere Hürden wie gestörte U-Bahn-Verbindungen in den Weg stellen sollten, so kamen wir doch letztendlich am Ziel in einem Hamburger Außenbezirk an. Nur noch über einen Parkplatz, klingeln und in den ersten Stock gestiegen ...
... schon standen wir in den Räumen eines der bekanntesten deutschen Entwickler und Publisher: Daedalic Entertainment. Das Erste, was uns dort vermittelt wurde, war: "What is inside Daedalic, stays at Daedalic" und es musste von jedem Ausflugsteilnehmer eine Vertraulichkeitsvereinbarung unterschrieben werden. Da wir im Folgenden auch Dinge zu sehen bekommen sollten, die noch nicht für die Öffentlichkeit bestimmt waren, völlig verständlich. Zumal sich Daedalic in der anschließenden Führung durch die Büros sehr offen gab und wir Ausflügler wirklich jeden Mitarbeiter so viele Löcher in den Bauch fragen durften wie wir wollten – nur mit der Berichterstattung und den Fotos war hier erst einmal Schluss. Am Ende der Führung hat sich auch noch Jan Müller-Michaelis, vielen bestimmt besser als Poki bekannt, Zeit für uns genommen und gut gelaunt Fragen zu seiner Arbeit und persönlichen Parallelen zu seinen Spielen der Edna- und der Deponia-Reihe beantwortet.
Jeder Abend des Festivals sollte im Kunsthaus Hamburg eine Play-Show veranstaltet werden. Fachkundig und nicht auf den Mund gefallen führte Moderator Uke Bosse (zweiter von links), musikalisch begleitet vom Krachkisten-Orchester, bei denen der Name zum Leidwesen des Publikums leider Programm war, durch die erste, rund einstündige Veranstaltung. Schwerpunkt bei dieser Show waren Gäste aus der Branche, die an diesem Abend vom Host zum Thema "The Players Bodys", also den Körpern der Spieler vor den Geräten, interviewt wurden. Mit auf der Bühne waren an diesem Abend die Virtual-Reality-Expertin Katie Goode, Podcaster und ehemaliger Chefredakteur der GamestarGunnar Lott, Mitglied des JAM! Jugendbeirat der Aktion MenschBeyza Öztaşkın (der dem Xbox-Controller bestätigte "gut im Fuß" zu liegen) und Game Designer Alistair Aitcheson. Dieser stellte im Anschluss an die Show noch eines seiner Spiele vor ...
... bei dem ein Gast aus dem Publikum bunten Ninja-Rangern, in einer Art Senso-Extreme, in der richtigen Reihenfolge auf die um den Bauch geschnallten iPads drücken musste.
Den Abschluss an diesem Tag machten die Podcaster von Stay Forever, die eine ihrer Live-Folgen aufnahmen. Zuerst trafen sich Gunnar Lott und Christian Schmidt zur Vorbereitung auf ein Bier ...
... um anschließend in bewährt humorvoll-fachkundiger Art und Weise unter dem Thema "Mir ist schlecht, muss das so sein?" über die Historie des VR-Gamings referierten. Das Ergebnis des etwa anderthalbstündigen Live-Dialogs mit Publikumsbeteiligung, das bei dieser Gelegenheit die Lehrsätze für neue Technik 1 und 6 beigebracht bekam, soll auch demnächst auf ihrer Webseite abrufbar sein.
CD Project Reds Animation Director Sebastian Kalemba
Der zweite Tag begann wieder mit einem Vortrag. Nach der Behebung der allmorgendlichen Beamer-Probleme hielt Sebastian Kalemba, Animation Director bei CD Project Red, einen Vortrag mit dem Titel "Avatar or Human? Motion Capturing in The Witcher 3 - Wild Hunt". Dabei verglich er die Vor- und Nachteile von herkömmlicher Key-Frame-Animation und der im AAA-Bereich immer öfter eingesetzten Motion-Capture-Technologie. Am Beispiel diverser Szenen aus dem ersten Add-On The Witcher 3 - Wild Hunt: Hearts of Stone zeigte er auf, welche Stadien die Animationen im Entwicklungsprozess durchlaufen und welche nicht zu unterschätzende Bedeutung die sorgfältige Auswahl der für das Motion-Capture eingesetzten Schauspielern haben.
Danach gab es wieder einen Ausflug, bei dem es an diesem Tag zwei Stationen gab. Das erste Ziel waren die Osmotic Studios, die gerade mit Orwell ihr erstes Spiel auf Steam veröffentlicht haben. Wir wurden herzlich mit Naschkram und Getränken empfangen und erneut wurden wieder viele Fragen gestellt, die von Daniel Marx und Melanie Taylor offen und freundlich beantwortet wurden. Besonders interessant, wenn man schon am Ausflug des Vortags teilgenommen hatte, waren die Antworten: Drehte es sich doch in etwa um die selben Inhalte, so unterschieden sich die Antworten zum Teil erheblich. Was nicht weiter verwundert wenn man bedenkt, dass Daedalic ein 150-Mann-Unternehmen mit dedizierten Abteilungen ist, während sich das dreiköpfige Team bei Osmotic um jeden anfallenden Aspekt der Entwicklung selber kümmern muss. Beim Vertrieb werden sie immerhin von ihrem australischen Publisher Surprise Attack unterstützt, zu dem sie auf Umwegen und einer Portion Glück kamen.
Am Ende des Besuchs wurden wir noch kurz durch die "Entwickler-WG" der jungen Spielemacher geführt. In den selben Räumlichkeiten residieren nämlich, neben den besuchten Osmotics, noch Threaks, Lost in the Game, Mooneye Studios und die Hamburger Dependance des Entwicklers Deck 13.
Dann ging es weiter, quer durch die Hansestadt zur Produktionsstätte der Rocket Beans. Auch hier gab es wieder eine Führung mit vielen beantworteten Fragen und ein Fast-Foto-Verbot ("Nur für den privaten Gebrauch, nicht zur Veröffentlichung in Medien.") und damit einen tiefen Einblick in die Tagesarbeit im TV-Videospiel-Tagesgeschäft.
Mit ein wenig Verspätung wieder zurück im Hamburger Kulturhaus erwartete die an diesem Event Interessierten von uns die Präsentation zum Spiel Die Säulen der Erde, diese hatte bereits einige Minuten begonnen. Dennoch blieb ausreichend Zeit sich einen ersten Eindruck von Daedalics kommenden Adventure zu machen. Designer Matthias Kempke erklärte in Grundzügen das Spiel und stellte die Hauptcharaktere sowie ihre Motivationen und anfänglichen Werdegang im Spiel vor. Zudem wurde ein nur Minuten später veröffentlichter Teaser uraufgeführt und am Ende konnten wir noch das, wahrscheinlich finale, Intro des Spiels bewundern. Etwas, das nun "für Monate niemand mehr sehen wird" wie uns Kempke versicherte.
Beendet wurde dieser Tag wieder mit einer Play-Show, dieses Mal mit dem Thema "Bodies in Games". Die Gäste waren an diesem Abend der bereits vom vormittäglichen Vortrag bekannte Sebastian Kalemba, Medienwissenschaftler Andreas Rauscher, der am Nachmittag den Workshop "Bodies in Games" geleitet hatte, sowie Art Designer und Blogger Anjin Anhut und Medienpädagogen Stephan Schölzel. Letztgenanter hatte am Nachmittag ebenfalls einen Workshop unter dem Motto "Zocken mit Sinn" abgehalten. Diese Herren diskutierten mit Moderator Uke Bosse über Diversität, Sexualität und Genderfragen in Computerspielen.
Die Ausstellung "Körper im Spiel" im Hamburger Kulturhaus
Während des gesamten Festivals konnte im Hamburger Kulturhaus auch die Play-Ausstellung besucht werden. Hier wurden einige Projekte zu den Themenfeldern "Körper im Spiel" und "Körper als Controller" vorgestellt. Auch Arbeiten von Studenten der Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) Hamburg, die einen Masterstudiengang zur Spieleentwicklung mit unterschiedlichen Schwerpunkten anbietet, waren dabei. Ausprobieren und mitmachen waren hier ausdrücklich erwünscht!
Zum Beispiel bei dem Projekt Fru von Studenten der HAW, welches mittlerweile auch für die Xbox One erworben werden kann – ein Kinect-System ist für das Spiel jedoch Pflicht. Im Spielverlauf nutzt ihr den Controller der Xbox um eure Figur durch die Level zu steuern. Doch um die Level abschließen zu können, müsst ihr mit eurem Körper, dessen Silhouette jederzeit auf dem Bildschirm zu sehen ist, verborgene Inhalte wie Brücken oder Durchlässe sichtbar- und für euch auch erst dann nutzbar machen.
Das Spiel Fru ist während des Studiums entstanden und damit wird das Team in dieser Zusammensetzung keine weiteren Spiele mehr veröffentlichen wie mir am Stand erzählt wurde. Aber eine gute Referenz für den Einstieg ins Berufsleben haben sich die Beteiligten am Projekt mit Fru auf jeden Fall geschaffen.
Ein weiteres Beispiel dafür, was einen bei dieser Ausstellung erwartete, ist der Streitwagen-Simulator. Der Anspruch bei diesem studentischen Projekt war, dem Spieler mehr als nur die übliche VR-Erfahrung mit Rundumsicht zu bieten. Bei diesem Spiel stellt sich der Spieler auf eine Art Palette-mit-Geländer, setzt sich die Oculus auf, schwingt ein breites, als Peitsche fungierende Polyesterband und ab geht die Fahrt über Stock und Stein. Ein bisher wirklich einmaliges Erlebnis, denn unter der Plattform befindet sich eine Rüttelplatte, wie sie auch in Fitnessstudios Verwendung findet. Gekoppelt mit dem VR-Equipment liefert sie das passende Feedback zum holprigen Untergrund und vielen Besuchern ein flaues Gefühl im Magen.
Aber auch die Physis weniger fordernde Spiele konnten auf der Play-Ausstellung begutachtet werden. Vertreten waren unter anderem die Mooneye Studios mit ihrem aktuellen Titel Lost Ember, deren Studio und Spiel wir euch vor kurzem bereits vorgestellt haben. Hier konnte die aktuelle Demo angespielt werden und Pascal Müller (im Bild beim Spielen der Demo) hat mit uns über das Spiel, die Anstrengungen und Aufregungen einer Kickstarter-Kampagne und die Europa-Promotion-Tour gesprochen, welche die Entwickler vor kurzem beendet haben. Das Interview könnt ihr demnächst auf GamersGlobal lesen.
Kurz vor dem Festival gestartet und noch bis zum 23. April 2017 geöffnet ist die Ausstellung "Game Masters" im Museum für Kunst und Gewerbe in Hamburg. Ein Besuch war im Ticket des Festivals enthalten doch leider waren auch hier das Fotografieren untersagt. So müssen Eindrücke in Bildern leider wieder außen vor bleiben. Dennoch sollte jeder, der auch nur ein kleines Interesse an Computerspielen hat, diese Ausstellung besuchen. Im zweiten Stock des Museums sind in lauschiger Atmosphäre unzählige Stationen zum Anspielen alter Klassiker als auch Vertreter moderneren Datums aufgebaut.
Angefangen bei Automaten wie Defender, Space Invaders und Pac-Man verführen auch die unterschiedlichsten Konsolen, Heimcomputer und PCs zum Ausprobieren von Titeln unterschiedlichster Dekaden und Genres. Von Super Mario und diversen Sonic-Teilen, über LucasArts-Adventures, Deus Ex, Fable und Sim City in verschiedenen Versionen bis hin zu Guitar Hero und Diablo 3 wird euch ein breites Spektrum geboten. Eingerahmt werden viele der Spiel durch die Ausstellung von Design-Dokumenten, Concept-Art und Hintergrundinformationen bis hin zu kurzen Dokumentationen, die ihr euch auf kleinen Monitoren anschauen könnt.
80 Kudos
Sierra
27 Spiele-Experte - 84767 - 10. November 2016 - 10:52 #
Da ist ja endelich schlammis Gallerie+.
Bei Daedalic wär ich auch gern dabei gewesen und hätte mir alle Adventure Boxen von Poki signieren lassen!!! XD
Die Herren Lott und Schmidt würde ich auch gern noch live erleben wollen.
Christian Schmidt hat sogar ein originalverpacktes Magic Carpet Plus geöffnet und ins Publikum verschenkt. 2017 wollen Sie eine Tour durch Deutschland machen, da lohnt es sich ein Patreon (ab 3$) zu sein :)
Am Wochenende bin ich noch am Museum für Kunst und Gewerbe vorbeigekommen und habe mich gewundert warum ich noch nichts von den Veranstaltungen gehört habe und jetzt gibt es hier den passenden Bericht. Danke für die schöne Überraschung!
Die Ausstellung werde ich auch jeden Fall auch noch besuchen.
Labrador Nelson
31 Gamer-Veteran - P - 266657 - 13. November 2016 - 23:22 #
Super Galerie, danke! Da war ja richtig was los, total interessante Sachen, muss beim nächsten Mal schauen dass ich auch hinkomme. Thx nochmal für den Überblick.
Da ist ja endelich schlammis Gallerie+.
Bei Daedalic wär ich auch gern dabei gewesen und hätte mir alle Adventure Boxen von Poki signieren lassen!!! XD
Die Herren Lott und Schmidt würde ich auch gern noch live erleben wollen.
Schöne Gallerie+. Danke für deine Arbeit.
Christian Schmidt hat sogar ein originalverpacktes Magic Carpet Plus geöffnet und ins Publikum verschenkt. 2017 wollen Sie eine Tour durch Deutschland machen, da lohnt es sich ein Patreon (ab 3$) zu sein :)
Schöne Zusammenstellung. Die Game Masters konnte ich mir ja Gott sei Dank noch anschauen, war wirklich lustig. :-)
"Gott sei Dank"??? Die läuft doch noch ein paar Monate
Ich war nur zufällig in Hamburg. Für eine kleine Ausstellung würde ich jetzt nicht unbedingt hinfliegen/fahren, komme ja aus Nürnberg ;-)
Am Wochenende bin ich noch am Museum für Kunst und Gewerbe vorbeigekommen und habe mich gewundert warum ich noch nichts von den Veranstaltungen gehört habe und jetzt gibt es hier den passenden Bericht. Danke für die schöne Überraschung!
Die Ausstellung werde ich auch jeden Fall auch noch besuchen.
Es gab eine News dazu:
http://www.gamersglobal.de/news/122259/game-masters-hamburger-museum-fuer-kunst-und-gewerbe-zeigt-kuenstlerische-videospielauss
Sehr interessante Galerie, vielen Dank an schlammi dafür.
Klasse Galerie, Danke für die Mühe und Kudos von mir.
ja, schönes festival! freu mich schon auf nächstes jahr!
Kann man hier nicht TOP-Voten?
Nein, für Plus-Galerien kann leider derzeit nicht abgestimmt werden.
Von mir hätte er auf jeden Fall eine Stimme bekommen. Ist echt schade das das hier nicht geht.
Meine Stimme hat sie auch. Fehlen noch zwei :-)
Interessanter Bericht und schöne Galerie! :)
Sehr interessanter Bericht, danke dafür. :-)
Super Galerie, danke! Da war ja richtig was los, total interessante Sachen, muss beim nächsten Mal schauen dass ich auch hinkomme. Thx nochmal für den Überblick.