Kein Spiel der Könige

Warhammer 40.000 - Regicide Test

Karsten Scholz 11. September 2015 - 12:05
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Wenn wir unseren Terminator-Turm auf E8 ziehen, setzen wir den feindlichen König Schachmatt.
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Problemkind: Kampagne

In der Kampagne ist die Zusammenstellung der Einheiten und ihre Startposition fest vorgegeben. Gleiches gilt für die vier globalen Fähigkeiten, die wir in der Partie nutzen dürfen, sowie den Schwierigkeitsgrad. Letzterer sorgt bei uns für besonders viel Unmut, weil die Entwickler hier offensichtlich eine der niedrigeren KI-Einstellungen nutzen: Viel zu oft gewinnen wir, weil unser Gegner eine Schlüsselfigur bereitwillig opfert oder er seine Dame gegen einen Bauern tauscht. Das passiert so häufig, dass wir nach Abschluss der drei Akte kaum eine Mission aufgrund unseres taktischen Könnens gemeistert haben. So fallen die Herausforderungen in der Kampagne ähnlich befriedigend aus wie ein Fußball-Spiel, das in der letzten Minute durch den fehlerhaften Pfiff eines Schiedsrichters entschieden wird.

Die Modelle der Marines und Orks sind den Entwicklern gut gelungen.
Problematisch ist außerdem, dass das Schach-Grundgerüst sich nicht immer mit den Zielen der Missionen verträgt. An einer Stelle sollen wir die Dame des Gegners, die von mehreren Orks verteidigt wird, umhauen.  Als wir alle anderen Einheiten aus dem Weg geräumt hatten, stand bei uns nur noch ein Läufer, ein Springer sowie unser König. Die Dame in dieser Konstellation Matt zu setzen, ist dank ihrer hohen Mobilität kaum möglich. Gleichzeitig richteten unsere Waffen nicht genug Schaden an, da unser Gegenüber die Angriffe einfach mit Schilden und Heilzaubern abfing. Gewonnen haben wir letztlich nur, weil die KI ihre Dame nach über 30 Minuten Jagd neben unseren König positionierte – einfach so, ohne Not! An anderer Stelle hatten wir die Partie bereits so gut wie im Sack, nur noch ein feindlicher Bauer stand im Weg. Doch da er sich in seinem letzten Zug nicht nach vorne bewegen konnte, wurde das Match für uns als verloren gewertet.

Wo ist der Feinschliff?

Alternativen
Wenn ihr im Warhammer-Universum strategisch vorgehen wollt, holt euch lieber das immer noch gute Dawn of War 2 (zum Test, Note: 8.0) samt Stand-alone-Addon Retribution, davon habt ihr mehr. Geht es euch dagegen um knifflige Rundenstrategie, dann empfehlen wir euch Shadowrun Hong Kong (zum Test, Note: 7.5), das spielerisch im Vergleich zu den Vorgängern noch einmal einen Schritt nach vorne gemacht  hat und zudem mit seiner Geschichte bis zum Ende gut unterhält. Wollt ihr euch lieber in Echtzeit mit gegnerischen Einheiten balgen, werft einen Blick auf Act of Aggression (zum Test, Note: 8.0) von Eugen Systems - hier werden Erinnerungen an die guten alten C&C-Zeiten wach.
Ähnlich unausgegoren wie die KI fallen auch viele andere Bereich des Spiels aus. Die deutsche Übersetzung steckt voller dummer Rechtschreibfehler wie "Ferfehlen", an einigen Stellen gibt es nur Platzhalter, und ein paar der Missionsziele wurden offensichtlich falsch zugeordnet – etwa wenn wir Captain Dracomedes unter allen Umständen verteidigen sollen, obwohl sich der gerade gar nicht auf dem Spielbrett befindet. Dazu kommen Animationen der Figuren, die fehlerhaft wiedergegeben werden, sowie Soundeffekte, die viel zu laut abgemischt wurden und sich auch nicht in den Optionen herunter drehen lassen.

Die vielen kleinen Probleme fallen umso mehr auf, weil das Spiel ansonsten technisch eine solide Figur macht. Die Modelle der Orks und Marines gefallen uns ausgesprochen gut, gleiches gilt für die spektakulär in Szene gesetzten und sehr blutigen Finisher. Im Hintergrund dudelt zudem ein orchestraler Soundtrack, der die Kämpfe klasse untermalt, und auch die dröge inszenierten Dialoge vor jeder Kampagnenmission, die die belanglose Story vorantreiben, wurden immer ordentlich von den englischen Sprechern vertont.

Autor: Karsten Scholz / Redaktion: Christoph Vent (GamersGlobal)

Meinung: Karsten Scholz

Als alter Battle-Chess-Veteran und Warhammer-Fan habe ich mich tierisch auf Warhammer 40.000 - Regicide gefreut – und wurde umso mehr enttäuscht. Die Kombination aus Schach und Rundenstrategie mag in der Theorie gut klingen, doch bringt auch das größte Spaßpotenzial nichts, wenn sich die KI regelmäßig strunzdoof verhält und ohne Not ihre besten Einheiten opfert. Dass ich dennoch in vielen Partien vor Frust in die Tastatur gebissen habe, ist den Schießkünsten meiner Marines zu verdanken. Wenn drei von drei Angriffen ins Leere gehen und ich kurz danach mehrere Einheiten im feindlichen Kugelhagel verliere, nervt mich das  - weil hier weder die beste Strategie noch fehlerfreies Spielen hilft.

Auch beim Missionsdesign stößt die Schach-Variante an ihre Spielspaßgrenzen – etwa wenn ich eine fast schon sicher gewonnene Partie im letzten Moment noch verliere, weil sich der verbliebene Bauer des Gegners nicht mehr nach vorne bewegen kann. Überhaupt wirkt die Kampagne mehr wie 50 willkürlich zusammengewürfelte Herausforderungen: Ein ansteigender Schwierigkeitsgrad lässt sich nicht erkennen, und die dröge präsentierte, belanglose Story taugt ebenfalls nichts. Addiert man dazu noch die groben Schnitzer bei der Übersetzung sowie die diversen technischen Unsauberkeiten, kann ich das Spiel eigentlich niemandem guten Gewissens empfehlen.

Und das ist echt schade, weil es durchaus brauchbare Ansätze gibt. Die Modelle der Figuren gefallen mir sehr, gleiches gilt für die spektakulär in Szene gesetzten Finisher. Und wenn man mit einem Kumpel vor dem PC sitzt und sich im Skirmish-Modus balgt, kommt zeitweise sogar richtiger Spaß auf - vor allem beim klassischen Schach.

 Warhammer 40.000 - Regicide PC
Einstieg/Bedienung
  • Einfache Bedienung
  • Kamera frei dreh- und zoombar
  • Übungsmodus erklärt die wichtigsten Regeln
  • Fünf Schwierigkeitsgrade im Skirmish-Modus
  • Librarium nur auf Englisch
  • Kein anpassbarer Schwierigkeitsgrad für die Kampagne
  • Falsche Missionsziele verwirren zuweilen
Spieltiefe/Balance
  • Kampagne mit 50 Missionen
  • Regicide- und Klassik-Modus für Skirmish
  • Fordernde Kombination aus Schach und Rundenstrategie
  • Teils unfaire Missionen
  • Zufallsfaktor sorgt für Frust
  • Unterirdische Kampagnen-KI
  • Freischaltungen haben für die Kampagne keine Relevanz
  • Langweilige Story
  • Nur drei Karten mit je drei Variationen
Grafik/Technik
  • Hübsche Warhammer-Modelle
  • Spektakuläre, blutige Finisher
  • Passende Animationen
  • Langweiliges Kartendesign
  • Story wird in wenigen Dialogzeilen erzählt
  • Animationen manchmal fehlerhaft
Sound/Sprache
  • Guter Soundtrack
  • Wuchtige Effekte
  • Solide englische Sprecher
  • Schlechte deutsche Übersetzung
  • Ab und an Platzhalter statt fertiger Texte
  • Soundabmischung stimmt nicht immer
Multiplayer
  • Online-Modus mit Klassik- oder Regicide-Regeln
  • Skirmish auch per Hotseat möglich
5.0
Userwertung0.0
Hardwareinfo
Minimum: Dual Core 2,4 GHz; 3 GB RAM; GF 8600 GT, Radeon HD 2600 XT; 4 GB HDD
Eingabeaufforderung
  • Maus/Tastatur
  • Gamepad
  • Lenkrad
Virtual Reality
  • Oculus Rift
  • HTC Vive
  • Morpheus
Kopierschutz
  • Steam
  • Ständige Internetverbindung
  • Internetverbindung beim Start
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Karsten Scholz 11. September 2015 - 12:05
Christoph Vent 30 Pro-Gamer - 175320 - 11. September 2015 - 12:06 #

Viel Spaß beim Lesen!

Faerwynn 20 Gold-Gamer - P - 20218 - 11. September 2015 - 12:19 #

Vielen Dank für den Test :) Schade schade, aber vielleicht wird das ja noch "gesund gepatcht".

Ghusk 15 Kenner - 3214 - 11. September 2015 - 14:41 #

Oh, das sah doch eigentlich ganz gut aus. Gerade bei dem begrenzten Umfang (2 Parteien, kleine Schlachfelder) hätte ich erwartet, dass das ordentlich wird.

Bei den Unterschiden Klassik/Regicide war ich beim Lesen etwas verwirrt. Erst danach habe ich begriffen, dass nicht nur Fähigkeiten sondern auch HP und Trefferchance dazukommen. Vielleicht solltet ihr das etwas expliziter schreiben.

BobaHotFett 14 Komm-Experte - 1845 - 11. September 2015 - 15:34 #

Keine Werbung. Nur zum Vergleich noch eine andere Meinung.

http://www.eurogamer.de/articles/2015-09-09-warhammer-40-000-regicide-test

Drugh 17 Shapeshifter - P - 6540 - 11. September 2015 - 17:27 #

Da bin ich froh, dass ich mir das erspart habe. Mit Schach kann ich gar nichts anfangen, taktische Spiele mag ich schon eher, Warhammer ist auch nett. Dann schau ich mir doch eher die Space Hulk Spiele an. Danke für den Test.

Red Dox 16 Übertalent - 5140 - 11. September 2015 - 18:38 #

Da könnteste das Vanilla Grundspiel gerade für 2,50€ eintüten
https://www.humblebundle.com/store/search/search/space%20hulk

Ganon 27 Spiele-Experte - - 83744 - 15. September 2015 - 23:25 #

Huch, den Karsten hab ich auf dem neuen Autorenbild gar nicht mehr erkannt. ;-)
Aber danke für den interessanten Test - der zeigt, dass das Spiel selbst wohl eher uninteressant ist.

Magnus Draken 13 Koop-Gamer - 1246 - 16. September 2015 - 6:08 #

Ach Man, so eine coole IP und dann immer diese Gammelspiele...

AlexCartman 20 Gold-Gamer - 22087 - 17. September 2015 - 7:17 #

"So fallen die Herausforderungen in der Kampagne ähnlich befriedigend aus wie ein Fußball-Spiel, das in der letzten Minute durch den fehlerhaften Pfiff eines Schiedsrichters entschieden wird." Hast Du den Teil nach dem Wochenende noch mal angepasst? :)
Ansonsten schade um die Lizenz.