Hallo da draußen! Hier ist Hagen Gehritz für GamersGlobal mit dem Test zu Thief of Thieves vom finnischen Entwickler Rival Games. Auf den flüchtigen Blick erinnert das Episoden-Adventure an Telltales The Walking Dead: Die 3D-Grafik mit fester Kamera lässt mit ihren starken Linien und satten Farben an einen bewegten Comic denken und Protagonistin Celia muss oft in Gesprächen unter Zeitdruck ihre Antwort wählen. Die Ganovin zeigt sich jedoch deutlich vielseitiger als die Helden der Telltale-Adventures: Sie klettert, schleicht, knackt Schlösser und mehr. Das wirkt allerdings nicht immer spielspaßfördernd.

Doch erst mal zum Szenario: Leser der Comic-Vorlage von Walking-Dead-Erfinder Robert Kirkman kennen Celia bereits als Schützling von Redmond, dem namensgebenden Dieb der Diebe. Der Geschichte des Stealth-Adventures konnte ich aber auch ohne Vorkenntnisse folgen, mangels deutscher Lokalisation sind aber Englischkenntnisse notwendig. Die Rahmenhandlung beginnt damit, dass Celia bei ihrer Rückkehr aus Italien noch am Flughafen von einer Agentin zum Verhör abgeführt wird.

Die Inszenierung der Cutscenes in Form dezent animierter Comic-Panels fügt sich gut in die Grafik-Stil ein. Ingame-Gespräche kranken dagegen an der fehlenden Mimik und den steifen Animationen. Die Dialoge sind knackig, werden von den Sprechern gut transportiert und punkten mit ihrem Witz. Eine Auswirkung meiner Antworten auf den Verlauf der Handlung konnte ich jedoch in den beiden getesteten Episoden nicht feststellen. Die Spielzeit je Episode ist mit 1-2 Stunden nicht sehr üppig ausgefallen.

Spielerisch setzt Thief of Thieves auf Erkundung und Stealth. Mit WASD steuere ich Celia. Per Mauszeiger wähle ich markierte Hotspots. Mit Controller gelingt Letzteres nur nervig unpräzise, weil ich dort den rechten Stick ohne Cursor ungefähr in die Richtung des Hotspots neigen muss. Aktionen wie etwa Hacken funktionieren kontextsensitiv an den Interaktionspunkten. Ein wichtiges Hilfsmittel ist die Intuition: Bei gedrücktem Knopf markieren weiße Linien und Pfeile relevante Orte sowie Kanten zum Klettern. Außerdem erscheinen Celias Gedanken mit Hinweisen oder bissigen Kommentaren an Wänden. Das führt gelungen durch den Level und wurde grafisch sehr stimmig in die Welt integriert.

Das Verhör mit der Agentin leitet zur Handlung der einzelnen Episoden der Staffel über. In jeder Folge steht dabei ein bestimmter Raub im Fokus. Celia bricht natürlich nicht direkt ein, wie ein ungelernter Amateur, sondern agiert schrittweise und in Episode Zwei als Teil eines Teams. So infiltriere ich etwa tags das Gelände und sammele Informationen, um nachts zuzuschlagen. Das klingt nach Level-Recycling, doch die Bedingungen ändern sich deutlich: Abends etwa findet auf dem Anwesen, aus dem Celia ein Motorrad stehlen will, eine Party statt. Thief of Thieves bietet dabei in seinen offenen Arealen leicht unterschiedliche Lösungswege an und motiviert mich zur Erkundung. Optionale Aufträge wie das Markieren aller Kameras erleichtern dabei spätere Phasen des Plans und stellen eine interessante Verbindung zum Verhör her: Scheitern bestimmte Nebenaufgaben, bleiben Indizien zurück, mit denen die Agentin Celia unter Druck setzt.

Während die Erkundung der offenen Areale in unaufgeregter Adventure-Manier aufgeht, empfand ich die Schleichmechanik als Spaßbremse – besonders bei höherem Gegneraufkommen. Die Sichtlinien der Security sind unsichtbar, ihre Sichtweite schwer einzuschätzen. Weiße Linien am Rand sollen mir eigentlich die Position von Gegnern außerhalb des Bildes vermitteln, sind aber leicht zu übersehen oder erscheinen erst gar nicht. Dadurch gerate ich zu häufig ins Blickfeld der Wachen, die nach einer Sekunde Verzögerung auf die wehrlose Diebin zustürmen und sie mit unfreiwillig komischer Spielphysik wegstoßen wie tollwütige Quarterbacks.

Weil ich dank der schlechten Lesbarkeit der Situation wieder und wieder durch den Abschnitt stolpere, fällt die Abwesenheit akustischen Feedbacks bei Alarmen umso deutlicher auf. Weder gibt es eine Sirene, noch verändert sich die Musik, noch sind die Rufe der Wachen vertont. Das erweckt einen unausgereiften Eindruck, der sich noch durch andere Faktoren verstärkt: Neben einigen Bugs und Glitches vor allem in Form der fehlerhaften KI, die beispielsweise direkt vor Celia stehend ihre Spur verliert.

Damit kommen wir zum Fazit: Als Freund von Diebessimulationen war ich gespannt auf Thief of Thieves und der Auftakt gefiel mir direkt mit seiner Inszenierung, der stilvollen Comic-Grafik und der guten  englischen Vertonung. Erzählerisch warten die Geschichten der einzelnen Episoden mit kleinen Überraschungen auf, dafür tritt die Rahmenhandlung jedoch auf der Stelle.

Die Schleich-Etappen konnten mich nicht überzeugen, zu schlecht werden mir die Gegnerpositionen vermittelt, zu augenfällig ist die mit Amnesie und anderen Übeln  geschlagene KI. Dennoch schaffte es Thief of Thieves durch die unterschiedlichen Lösungswege in den offenen Gebieten und die optionalen Aufgaben, mich wieder zu motivieren. Wen das Stealth-Adventure mit einem Diebes-Szenario reizt, der sollte einige Toleranz für Design-Schnitzer mitbringen.

Diesen Test gibt es als Video, Audio und Text. Weitere Fakten zum Spiel erfahrt ihr wie gehabt auf GamersGlobal.de.