Zauberhafte Märchenwelt

The Night of the Rabbit Test

Benjamin Braun 22. Mai 2013 - 17:43 — vor 10 Jahren aktualisiert
Dieser Inhalt wäre ohne die Premium-User nicht finanzierbar. Doch wir brauchen dringend mehr Unterstützer: Hilf auch du mit!
before
after
Rechts seht ihr den Marktplatz bei Nacht, auf dem sich mehr verändert hat als nur die Lichtverhältnisse. Aber auch sonst ist die Welt regelmäßig im Wandel.
Anzeigen/v

Traumhafte MärchenlandeAuch wenn Daedalic in Night of the Rabbit ihrem 2D-Zeichenstil treu bleibt, wirkt die Märchenwelt doch ganz anders als die meisten anderen Spiele der Hamburger. Gerade im Vergleich mit dem eher europäischen Einschlag eines A New Beginning (GG-Test: 8.5), zeigt The Night of Rabbit wesentlich mehr Anleihen bei japanischen Mangas. Das Bild, wenn Jerry einen der vier Zaubersprüche erlernt, erinnert doch sehr an Sequenzen wie die, wo die Pokémon ihre Spezialfähigkeit einsetzen. Womöglich spielt hierbei auch der Lebenslauf des Autors Matthias Kempke als Japanologe eine Rolle.

Über einen Mangel an Details müssen wir uns in den mehr als 30 Hintergründen, die größtenteils sowohl in einer Tag- als auch einer Nachtversion verfügbar sind, nicht beklagen. Gerade im überschwemmten Teil des Waldes reizen die Zeichner die Full-HD-Auflösung voll aus. Beachtlich sind auch viele der Animationen, die sehr schön verschiedenste Aktionen Jerrys oder auch nur Reaktionen von Gesprächspartnern illustrieren. Dass es dabei gerade zum Ende hin auch mal zu kleineren Rucklern kommt oder Jerrys Charaktersprites in späteren Abschnitten eindeutig in einer unscharfen, gezoomten Version zu sehen sind, können wir deshalb verschmerzen. Gegen die Fehler in den Animationen, bei denen Jerry plötzlich ohne Zauberhut auf dem Kopf zu sehen ist oder Charaktere gänzlich unsichtbar sind, sollte Daedalic allerdings noch etwas tun. Auch sollte der Zwerg nicht eine Aktion Jerrys vor dessen Haus kommentieren, wenn er längst in Mauswald im Café steht.
Jerry muss unbedingt auf die Hasenparty, damit es weitergehen kann. Allerdings lässt ihn das grimmige Langohr am Eingang nur durch, wenn ihr eine Torte zu den Feierlichkeiten beitragt.

Komfort mit Verspätung
Alternativen
Freunde von Märchen-Adventures sollten unbedingt Kate Walkers erste beide Abenteuer auf dem Weg nach Syberia nachholen, dem 2015 ein drittes Kapitel hinzugefügt werden soll. Oder Daedalics The Whispered World (GG-Test: 8.5) spielen. Ebenfalls märchenhaft, aber doch mit deutlich größerem Fokus auf den Humor präsentiert sich The Book of Unwritten Tales - Die Vieh-Chroniken (GG-Test: 9.0). Humor mit Tiefgang gibt es in Daedalics Deponia (GG-Test: 9.0) und Nachfolger Chaos auf Deponia (GG-Test: 9.0). Wesentlich ernstere Töne schlägt Pendulos Der Fall John Yesterday (GG-Test: 7.0) an und präsentiert sich überdies im hübschen Cel-Shading-Look.
Matthias Kempke hatte uns während der letzten gamescom noch erzählt, dass er sich anfangs vehement gegen eine Hotspot-Anzeige ausgesprochen hatte. Durchgesetzt hat er sich damit nicht, denn auch in The Night of the Rabbit könnt ihr jederzeit auf die Leertaste drücken und euch sämtliche interaktiven Punkten im aktuellen Bildschirm anzeigen lassen. Allerdings hat Daedalic das Highlighting-Feature für die Hotspots diesmal nicht einfach aufgepfropft, sondern eine sinnvolle Lösung gefunden, sie direkt in die Spielwelt zu integrieren. Jerry steht relativ früh, nicht aber von Beginn an, eine Zaubermünze zur Verfügung, die relevante Objekte sozusagen mit Magie sichtbar macht. Ein nette Idee, die sich exzellent ins Setting einfügt.

Sparen können hätten sich die Entwickler hingegen die Hilfsfunktion, bei der Jerry mit dem Marquis de Hoto in Kontakt treten kann. In den ersten paar Spielstunden gibt es über sie eh keine Hilfe und später konsultiert man lieber das Tagebuch. Nicht, dass dort viel mehr Informationen und Hinweise auf die Rätsel auf euch warten würden als in der Spielwelt selbst. Im Tagebuch findet ihr aber zumindest recht übersichtlich sämtliche Einzelziele aufgelistet, die Jerry bereits in Erfahrung gebracht hat. Hat sich das Thema erledigt, ändert sich bei diesen Punkten die Schriftfarbe, sodass ihr nicht so leicht die Übersicht verliert. Komfort gibt es später auch in Form einer Schnellreise, bei der ihr fast jede Location direkt anspringen könnt. Da ein Szenenwechsel per Doppelklick möglich ist, beschleunigt das die Sache aber nur sehr bedingt. Die Zeit hätte Daedalic besser in abbrechbare Animationen gesteckt. Verwendet ihr nämlich ein Inventarobjekt auf die Umgebung, geht Jerry meist auch dann erst dorthin, wenn er die Aktion schlussendlich einfach ablehnt.
 
Autor: Benjamin Braun (GamersGlobal)
 
Benjamin Braun
Ich liebe Adventures, und die von Daedalic gehören für mich zu den besten der letzten Jahre. Auch, weil die Hamburger sich trotz mancher Parallele mit quasi jedem Spiel neu erfinden. The Night of Rabbit ist wieder ein bisschen anders, sowohl was den wunderschönen Grafikstil als auch was die märchenhaft anmutende Geschichte angeht. So richtig warm geworden bin ich letztlich mit dem Spiel aber nicht. Das liegt vor allem daran, dass Night of the Rabbit am Anfang Erwartungen erzeugt, die die Spielwelt letztlich nicht hält. Nach der ersten Hälfte hatte ich das Gefühl, noch immer bei der Vorgeschichte zu sein, die äußerst gemächlich erzählt wird. In der zweiten Hälfte wirkt alles sehr nach "schnell zum Abschluss bringen", womit ich aber nicht meine, dass es Schlag auf Schlag ginge und wahnsinnig viel passieren würde.
 
An der Illusion der Spielwelt kratzt zudem der Mangel an Themen, die ich mit den Charakteren besprechen kann. Diese Welt hätte es verdient, dass ich mehr am Rande über sie und ihre Bewohner in Erfahrung bringen kann. Umgekehrt wirken die Dialoge vereinzelt verlabert, da hätte ich eine größere Vielfalt vorgezogen. Mit dem Rätseldesign bin ich im Großen und Ganzen zufrieden. Die Struktur lässt zwar die Linearität manchmal etwas zu stark durchblicken, der Aufbau allerdings hat auch immer wieder seine genialen Momente, wenn etwa durch eine Abkürzung neue Aktionen möglich werden oder durch den Tag-Nacht-Wechsel.

Gerade für Freunde komplexer Adventures hat The Night of the Rabbit einiges zu bieten, wenn zwischendrin auch mal um die 20 Inventarobjekte verwaltet oder mehr als 30 unterschiedliche Hintergründe auf einmal zur Verfügung stehen. Was mich in diesem Zusammenhang allerdings sehr stört, ist der Mangel an individuellen Kommentaren. Es muss ja nicht gleich wie in Edna bricht aus sein, in dem ich quasi bei jeder auch noch so sinnlosen Aktion einen eigenen Kommentar bekomme. Aber die Masse an Standardsprüchen wie in Night of the Rabbit kostet Atmosphäre und sorgt für Frust. Trotzdem hat mich Jerry Haselnuss etwa zehn Stunden gut unterhalten – die Güteklasse der bisherigen Daedalic-Adventures erreicht die Hasennacht aber nicht.

 The Night of the Rabbit
Einstieg/Bedienung
  • Sinnvoll in die Spielwelt integrierte Hotspotanzeige
  • Tagebuchfunktion zeigt aktuelle Ziele an
  • Autosave bei jedem Szenenwechsel
  • Optionale Hilfsfunktion steht erst spät zur Verfügung und hilft meist wenig
Spieltiefe/Balance
  • Cleveres, teils offenes Rätseldesign...
  • Rätsel auf mehreren Zeitebenen
  • Unterhaltsame Märchengeschichte
  • Sympathische Hauptfigur
  • Überwiegend gut geschriebene Charaktere
  • Hohe Spielzeit (10 Stunden)
  • Sammelbare optionale Kurzgeschichten (als Audio-CD in Retailfassung enthalten)
  • ... das an vielen Stellen zu linear wirkt
  • Wenig individuelle Kommentare bei Objektkombinationen
  • Hinweise oft zu dezent
Grafik/Technik
  • Wunderschöne Zeichentrickgrafik
  • Viele schöne Animationen
  • Grafik nativ in Full-HD
  • Animationen nicht immer flüssig
  • Besonders zum Ende hin einige Grafikbugs
Sound/Sprache
  • Stimmungsvolle Hintergrundmusik (bei Retailfassung als Audio-CD enthalten)
  • Gute deutsche Sprecher
  • Soundtrack nicht dynamisch
  • Dialoge teilweise etwas verlabert
Multiplayer
Nicht vorhanden  
Partner-Angebote
Amazon.de Aktuelle Preise (€): 39,95 ()
Userwertung
7.7
Registriere dich, um Spiele zu bewerten.
Adventure
7
29.05.2013
Link
MacOSPC
Screenshots
Videos
Mehr zum Thema
Artikel
News
Benjamin Braun 22. Mai 2013 - 17:43 — vor 10 Jahren aktualisiert
Benjamin Braun Freier Redakteur - 440500 - 22. Mai 2013 - 15:52 #

Viel Spaß beim Lesen!

Flitzefisch (unregistriert) 22. Mai 2013 - 18:29 #

Danke für den Test — sehr faires Ergebnis.

oojope 15 Kenner - 3084 - 22. Mai 2013 - 18:34 #

Die Qualität musste irgendwann ja mal ein bisschen abfallen. Bestimmt immer noch ein super Spiel für Genre-Freunde.

mrkhfloppy 22 Motivator - 35681 - 22. Mai 2013 - 18:39 #

Ungewöhnliche Macken für die Hamburger, aber dennoch scheint das Spiel wieder sehr liebevoll zu sein. Die Wertung ist nachvollziehbar. Gibt es eine Demo und was für Dreingaben in der Verpackung? Danke für den Test.

Rumi 18 Doppel-Voter - P - 10518 - 22. Mai 2013 - 19:07 #

"What? Behind the rabbit?" "It is the rabbit!"

Yano 11 Forenversteher - 624 - 22. Mai 2013 - 19:49 #

Was bedeutet "Dialoge verlabert"?

Schlechtes writing? Hätte man die Sprachausgabe kürzen sollen?

Wer hat das Spiel eigentlich geschrieben? Matthias Kempke alleine?

Ach ich vermisse einfach den Ganteföhr :(

Benjamin Braun Freier Redakteur - 440500 - 22. Mai 2013 - 20:13 #

Die Dialoge, die es gibt, wirken teilweise etwas aufgedunsen, ja. Die hätten mehr gerafft werden können. Umgekehrt hätte ich mir aber auch mehr Themen im optionalen Bereich in den Dialogen gewünscht. Da hätte man deutlich mehr Tiefe aus Spielwelt und Charakteren herausholen können.

Martin gehört ja auch nicht gerade zu den Leuten, die knappe Dialoge schreiben. Aber blat nicht so rum und geht mehr ins Detail. Ich vermisse seine Künste als Adventure-Autor ebenfalls und hoffe sehr, dass ich irgendwann noch mal ein von ihm geschriebenes Spiel spielen darf. :)

.xaan (unregistriert) 22. Mai 2013 - 20:09 #

Wow, ich glaube Gamersglobal sind aktuell die einzigen mit einem Test zu diesem Spiel. Die anderen sind noch damit beschäftigt, das Xbox One Event abzufeiern.

Screeny (unregistriert) 24. Mai 2013 - 11:02 #

Das ist bei weitem nicht korrekt :)
Sowohl gamepro als auch DaedalicFans.de haben auch Berichte. Wohl der Gameprobericht sehr... mau ist.

Ganon 27 Spiele-Experte - - 83918 - 27. Mai 2013 - 22:36 #

Wer die Chip PowerPlay abonniert hat, konnte den Test darin schon letzte Woche lesen. ;-)

Falk 14 Komm-Experte - 1922 - 22. Mai 2013 - 20:15 #

Deponia fand ich ziemlich mies. Vielleicht gefällt mir das hier dann im Umkehrschluss gut? Es sieht auf jeden Fall äußerst genial aus, da werde ich sicher irgendwann zuschlagen.

Giskard 13 Koop-Gamer - 1593 - 23. Mai 2013 - 11:55 #

Was genau hat dir an Deponia denn nicht gefallen?
Der Humor, das Setting, die Rätsel??

RoT 21 AAA-Gamer - P - 26165 - 22. Mai 2013 - 23:49 #

schönes interaktives bild habt ihr da eingebaut :)

jguillemont 25 Platin-Gamer - - 63401 - 23. Mai 2013 - 8:32 #

Danke für den Test.

wilco96 15 Kenner - 3577 - 23. Mai 2013 - 8:39 #

Ich kann die Kritik an den Standardkommentaren gut nachvollziehen. Bei Edna bricht aus war dass eine Riesenüberraschung und jetzt will man nicht mehr ohne...

Screeny (unregistriert) 23. Mai 2013 - 14:14 #

Nicht abbrechbare Animationen?

Mit ESC kannst Du alle Animationen und Dialoge überspringen....

Benjamin Braun Freier Redakteur - 440500 - 23. Mai 2013 - 15:12 #

Nein, das geht in diesen Fällen nicht. Du kannst die Aktion dann abbrechen, nicht aber die Animation überspringen. Es ging ja darum, dass Jerry nicht erst hinlaufen soll, um dann einen Standardkommentar abzuspulen. Wenn er eine Aktion erst gar nicht versuchen will, könnte er das auch aus der Entfernung kundtun.

Screeny (unregistriert) 23. Mai 2013 - 17:06 #

Achso, das meinst Du. Ja, ist mir beim Spielen auch aufgefallen ... aber die Screens sind ja nicht sehr groß, da ist das zu verschmerzen :)

Brunzel 19 Megatalent - P - 14666 - 24. Mai 2013 - 10:02 #

Gelungener Test. Hat Spaß gemacht zu lesen. Werde mir das Spiel auf jeden Fall zulegen, da ich mit den genannten Kritikpunkten leben kann. Freu mich jedenfalls wenn es nächste Woche endlich erscheint.