The Medium Test+

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Betrachtet man die Historie des polnischen Studios Bloober Team, so kann sie durchaus als interessant bezeichnet werden. Angefangen haben die Entwickler mit Beiträgen zu obskuren Strategiespielen wie History Egypt - Engineering an Empire und dem Puzzler A-Men, bevor sie im Jahr 2015 mit Layers of Fear (im Test, Note: 8.0) Fuß in der Horror-Sparte gefasst haben. Seitdem haben sie mit Observer, Layers of Fear 2 (im Test, Note: 7.5) und Blair Witch (im Test, Note: 7.0) ihren Standpunkt weiter gefestigt und nun steht mit The Medium ihr, laut eigener Aussage, bisher ambitioniertestes Projekt in den Startlöchern.

Der Ego-Perspektive hat man abgeschworen, stattdessen verfolgt ihr das Geschehen nun aus der Third Person. Doch das ist nicht das eigentliche Feature, mit dem sich Bloober Team von eigenen und anderen Spielen abheben will. Eure Heldin ist, wie der Name des Titels schon andeutet, ein Medium. Sie kann also mit der Totenwelt kommunizieren. Dieser Ansatz kommt immer wieder in den Rätseln zum Einsatz und auch einige Erzählstränge der Story gehen die Entwickler so an. In Kombination mit einigen weiteren übernatürlichen Elementen wird so eine spannende Geschichte erzählt, die den theoretischen Möglichkeiten, die sich in Sachen Gameplay ergeben würden, locker den Rang abläuft. Warum und weshalb, darauf gehe ich in meinem Test ein. Ich würde euch unbedingt zur 4K-Videofassung raten, dort seht ihr die Xbox-Series-X-Version. The Medium erscheint nämlich konsolenexklusiv für Microsofts Series-Geräte und dazu den PC.

In Niwa geht Merkwürdiges vor sich. Doch das darf euch nicht davon abhalten, den Park abzusuchen.

 

Ausflug ins Erholungsgebiet

Im Fokus der Story steht Maryanne. Diese muss direkt zu Beginn des Spiels den kürzlichen Tod ihres Ziehvaters Jack verkraften. Er hat die Waise nicht nur adoptiert, sondern schnell auch von ihren Fähigkeiten Wind bekommen. Maryanne kann sich nämlich sowohl im Reich der Lebenden wie auch der Geisterwelt bewegen und auf diese Weise mit verstorbenen Menschen kommunizieren. The Sixth Sense lässt grüßen.

Wirklich Zeit zum Trauern hat die junge Frau allerdings nicht. Denn noch während sie Jack für die Beerdigung fertig macht, erhält sie einen seltsamen Anruf. Die Person am anderen Ende der Leitung behauptet, sie habe ebenfalls die Kraft mit den Toten zu sprechen und weist Maryanne an, sie möge sich auf in den stillgelegten Erholungspark Niwa machen. Von der Neugier getrieben denkt die Protagonistin nicht lange nach, springt auf ihr Motorrad und macht sich auf die Reise.

Für euch entspinnt sich eine spannende Story rund um das Wechselspiel zwischen Leben und Tod und die Vergangenheit der Heldin, die in irgendeiner Weise mit Niwa verwoben zu sein scheint. Wie und warum, das führe ich an dieser Stelle nicht weiter aus. Denn auch wenn die ersten zwei, drei Stunden etwas langatmig sein können, so hatte mich die Geschichte von The Medium besonders in der zweiten Hälfte in ihren Bann gezogen.

Oft seht ihr die aktuelle Szene aus zwei Blickwinkeln. Das Mädchen Trauer bewegt sich nur im Totenreich.

 

Auf beiden Seiten

In Sachen Spielmechanik hingegen konnte mich das Spiel weniger abholen, auch wenn es nicht komplett schrecklich ist. Vielmehr kam mir alles schon so oder wenigstens so ähnlich aus anderen Titeln bekannt vor. Seien es alte Resident Evil- oder Silent Hill-Teile, die Gemeinsamkeiten sind nicht nur optischer Natur. Schalter in der richtigen Reihefolge drücken, taxidermierte Schmetterlinge sortieren oder Wasser aus Räumen in Tanks leiten ist nun mal Survival-Horror-Standard, an dem zwar nichts verkehrt ist. Aber eben auch nichts besonders.

Wodurch sich The Medium aber ja auf dem Papier abhebt, ist der Zwei-Welten-Ansatz. An fest vorgesehenen Stellen teilt sich der Bildschirm und ihr bewegt euch gleichzeitig durch die reale Welt und das Totenreich. Architektonisch gleichen sich die beiden Dimensionen zwar, optisch haben sie aber nicht viel gemein. Dieser Kniff wird selten genug eingesetzt, um sich nicht abzunutzen, aber doch oft genug, um zu merken, dass sich viele Rätsel gleichen und es in der Regel reicht, nur eine Hälfte des Bildschirms im Blick zu behalten.

Denn meistens müsst ihr nur Stromkästen durch Geisterenergie wieder zum Laufen bringen, so dass Maryanne in der echten Welt Saft hat, um beispielsweise eine Tür zu öffnen. Oder ihr sollt bestimmte Objekte wie ein Notenblatt finden, das ihr dann auf einem Klavier platziert, so dass die Quelle der nötigen spektralen Kraft überhaupt erst freigelegt wird. In ihrer Masse sind die Rätsel also nicht übermäßig komplex und nutzen die Zwei-Welten-Mechanik nur selten wirklich kreativ und ausgiebig aus. Das ist kein Beinbruch, aber doch etwas schade, da so viel mehr drinnen gewesen wäre.

Wer auch immer an der Uhr gedreht hat, hat das gut gemacht. In der Geisterwelt öffnet sich dadurch ein Durchgang.

 

Ich steh‘ voll neben mir!

Mit einer Mechanik hat Bloober Team aber dann doch ins Schwarze getroffen. Bei den außerkörperlichen Erfahrungen gibt Maryanne die Kontrolle über ihren fleischlichen Körper kurzzeitig komplett auf und ihr dürft euch autonom in der Geisterwelt bewegt. So könnt ihr beispielsweise die Stromquelle für einen Werkstattkran aktivieren, die aber nur sehr instabil ist und schnell wieder zusammenbricht. Also macht ihr euch in Geistergestalt auf, um die Energie freizusetzen, während der menschliche Körper regungslos in der Garage verweilt.

Ihr solltet euch aber beeilen, denn lange hält eure Heldin es nicht aus, sich außerhalb ihres Körpers zu befinden. Dafür könnt ihr die Mechanik immer nutzen, wenn ihr euch gerade in beiden Welten bewegt. Es lohnt sich also, zusätzliche Wege auszutesten.

Bei den außerkörperlichen Erfahrungen dürft ihr euch in der Geisterwelt autonom von der realen Maryanne bewegen.