Prügel-Pleite im Test

The King of Fighters 12 Test

SNK Playmore feiert 15-jähriges Jubiläum seiner The-King-of-Fighters-Reihe. Eigentlich ein Grund zum Jubeln und Feiern. Leider entpuppt sich das HD-Debüt der Serie unnötigerweise als Spaßbremse und halbe Mogelpackung.
Robert Stiehl 12. Oktober 2009 - 23:37 — vor 14 Jahren aktualisiert
360 PS3
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Auf dem Prügelspiel-Markt herrscht wieder großes Getümmel, und zwar zahlreich und erstklassig. Capcom feierte bahnbrechende Erfolge mit Street Fighter 4, Arc System Works glänzte mit seiner (hierzulande noch nicht erschienenen) makellosen Konsolenumsetzung von Blaz Blue: Calamity Trigger und auf Xbox Live Arcade und PlayStation Network wimmelt es nur so von Neuauflagen alter Klassiker der allerhöchsten Gütekategorie. Die nächsten Kracher (Tekken 6, Super Street Fighter 4) stehen bereits in den Startlöchern. Vorbei sind also die Zeiten, in denen sich SNK zurücklehnen konnte. 
 
Den Sprites doch treu geblieben
 
Nach Maximum Impact 1 und 2, den beiden einzigen und in der Community nie so ganz akzeptierten 3D-Ablegern der King-of-Fighters-Serie, hatte SNK schon früh angekündigt, den zwölften King of Fighters wieder komplett in 2D zu halten. Handgezeichnete Charakter-Sprites sollten traditionsgerecht an die Stelle von 3D-Polygonmodellen rücken. Doch handgezeichnete Charakter-Sprites bedeuten einen enormen Produktionsaufwand im Gegensatz zu 2.5D-Modellen (Charaktermodelle aus Polygonen), wie z. B. in Battle Fantasia, oder zu Modellen in purer 3D-Optik wie in Street Fighter 4. 
 
Um dem Produktionsaufwand Herr zu werden – so wird gemutmaßt – konnte sich SNK zur zeitgerechten Vollendung von King of Fighters 12 nur eines Verfahrens bedient haben: Rotoscoping. Um ein 2D-Abbild zu erhalten, wird beim Rotoscoping über schon bestehende 3D-Charaktere "drübergepinselt". Als Referenzmaterial hat SNK höchstwahrscheinlich die schon ausgereiften 3D-Modelle, Animationen und Trefferboxen von Maximum Impact verwendet. Nur mit Hilfe der dort bereits geleisteten 3D-Arbeit ist es zu erklären, warum SNK den neuesten Serien-Ableger überhaupt in der gegebenen Zeitspanne fertigstellen konnten. Vorteil für den Spieler: Proportionen und Details stimmen, die Spielfiguren tänzeln geschmeidig über den Bildschirm.
 
Die HD-Sprites von The King of Fighters XII überzeugen besonders in den butterweichen Animationsphasen. Markant pixelig sind sie trotz alledem.
 
Pixelige 2D-Sprites mit Stil und Charme
 
Die Überführung von The King of Fighters ins hochauflösende Zeitalter hat SNK, was die Grafik angeht, im Großen und Ganzen gemeistert, ohne jedoch in Photorealismus-Manie abzurutschen. Flüssige Animationen und ein Kamerasystem, das beim Nahkampf auf die Kontrahenten hereinzoomt und bei Fernangriffen wieder auf Distanz geht, das alles macht das Kämpfen zu einer fantastisch dynamischen Erfahrung. Verwunderlich ist nur, warum SNK gänzlich auf Bügel-Filter für seine handgezeichneten Charakter-Sprites verzichtet hat. Jederzeit sind klare Pixelblöcke bei den Sprites auszumachen. Wenn sich SNK hier nur mal nicht zu sehr auf die bereits ausreichend strapazierte Leidensfähigkeit seiner Fans verlässt  (lediglich für The King of Fighters '96 wurden die Sprites einmalig überarbeitet). Die Konkurrenz setzt jedenfalls auf Hochglanz, wie beispielsweise Arc System mit BlazBlue in Teilen erfolgreich vormachen.
 
Inhaltsarmut macht dem „King“ zu schaffen
 
Nichtsdestrotz hat SNK mit seiner neuen Edeloptik der Charaktere auch die Kampfarenen generalüberholt. Erfreulich ist, dass die schicken 3D-Animationen in den Kampfarenen dezent gehalten wurden und sich in das handgezeichnete Panorama wunderbar einfügen. In der China-Stage sind es helleuchtende Lampions, während in der Dome-Stage ein Luftschiff freudig seine Kreise um das Kampfgeschehen dreht. Sogar das Licht- und Schattenspiel der Arenen haben einen Effekt auf die Charakter-Sprites.

Keine Qual der Wahl bei der mageren Auswahl an Kampfarenen. 1 The Dome bei Tag und 2 bei Nacht, 3 Nudel schlürfende Affenmenschen in China, 4 Eskimos in Russland, 5 gefräßige Schweine in Frankreich und 6 untertänige Bariton-Gurus in der Egypt-Stage.

Verwunderlich ist nur, wo die ganze Auswahl an Kampfstätten der früheren Teile geblieben ist. Gerade einmal sechs Arenen lächeln euch in The King of Fighters 12 an, wobei die Dome-Arena doppelt vorkommt – einmal als Tag- und einmal als Nacht-Variante mit Feuerwerk. Hinzu kommt die sich ständig wiederholende Musikuntermalung. Die Inszenierung der Kampfarenen kann man getrost als gewöhnungsbedürftig und skurril bezeichnen. In der Ägypten-Arena kämpfen eure Charaktere auf einem Podest, während ihr von untertänigen Sklaven angehimmelt werdet. Begleitet wird der Massen-Kotau in tiefstem Sing-Sang-Bariton -- sehr zum Leidwesen eurer Ohren und Nerven. Doch es geht noch weiter mit den Klischees. Das europäische Publikum in Frankreich beispielsweise wird als eine Horde fetter Schweine porträtiert, genüsslich in einem französischen Café ihrer Lieblingsbeschäftigung nachgehend: dem Fressen. Die China- und Russland-Stage reihen sich nahtlos in diese Reihe der Absonderlichkeiten ein.

Anscheinend musste sich SNK bei der HD-Aufbereitung der Charaktere, neben den besagten „sechs“ Kampfarenen, in weiteren Bereichen extrem beschränken. Es stehen gerade einmal 22 Kämpfer zur Auswahl. Das ist im Vergleich zu Maximum Impact 2 mit seinen 38 Charakteren knapp die Hälfte weniger. Gleichzeitig kann man von einer „Entsexifizierung“ der Serie sprechen. Dieser fiel unter anderem die in der Community sehr beliebte Kämpferin Mai Shiranui zum Opfer, was bereits zu stürmischen Protesten und Kaufverweigerung bei Fans führte. Weiteres Opfer der Kürzungen ist die Liste der Spezialattacken. Diese wurden ebenfalls drastisch zurückgefahren, so dass sich eure alten Lieblingsrecken nun erheblich anders spielen. 
 
Die Truppe wurde etwas zusammengestaucht. Insgesamt hat The King of Fighters XII jetzt weniger Charaktere als der allererste Titel der Serie von 1994.
 
Magerer Singleplayer-Modus
 
Hübsche Arenenhintergründe - doch die Spielcharaktere sind deutlich sichtbar verpixelt und unscharf. 
Man sollte annehmen, dass sich der Entwickler mit dem Debüt einer legendären 2D-Prügelspiel-Serie für die Next-Gen-Konsolen den Aufbau einer neuen Fangemeinde zum Ziel setzen würde. SNK haben es allerdings gänzlich versäumt, die Profile ihrer Charaktere zu schärfen und den von der Konkurrenz verwöhnten Spielern leichter zugänglich zu machen. Eine alles umspannende Geschichte für die Spielfiguren fehlt gänzlich. Selbst auf die sonst zumindest sporadisch vorhandenen Zwischensequenzen oder den zumeist fies-harten Bosskampf vergangener Teile wurde diesmal verzichtet - für uns vollkommen unverständlich.

Im Arcade-Modus bekommt ihr lediglich eine Newsmeldung zwischen den Runden zu hören – vertont im so ziemlich schlechtesten Voice-Over, das wird seit langem vernehmen mussten. Eine Kostprobe dessen könnt ihr vor jeder neuen Runde vernehmen, wenn die Ansage „L-O-U-N-D ONE. L-E-A-D-Y? GO!“ aus den Boxen ertönt. Spielerisch entpuppt sich der Arcade-Modus als reiner Time-Trial-Abklatsch. Habt ihr einmal euer dreiköpfiges Team ausgewählt, geht es daran, die zufällig ausgewählten gegnerischen Teams so schnell wie möglich platt zu machen. Keine Sorge, die fünf Matches gehen zackig über die Bühne, da K.I. nicht gerade zu den Stärken von The King of Fighters 12 zählt. Entweder werdet ihr ohne Rücksicht auf Verluste mit Angriffen dauerbombardiert, oder der CPU-Gegner hält sich in der Mitte des Bildschirms mit dem Praktizieren von Spezialattacken auf.

Das war es dann auch schon an Singleplayer-Spielerfahrung. Kein Story- oder Quest-Modus, der euch auch nur ansatzweise in die Welt der Spielcharaktere entführt. Der Übungsmodus (Practice Mode) stellt sich geradezu als bedienerunfreundlich heraus. Ohne Reset-Funktion, um die Kampfsituation auf Anfang zu stellen, und einer Move- und Combo-Liste, die mit euch Verstecken spielt, wirkt der Practice Mode wie auf die Schnelle zusammengeschustert.
 
Die liebreizende Newsreporterin ist das einzige Element im Spiel, das so etwas wie einen Storyaspekt darstellt. Ganz nebenbei erklärt sie euch, wie der Arcade-Modus funktioniert.
GingerGraveCat (unregistriert) 15. Oktober 2009 - 14:28 #

Guter Test, schlechtes Spiel. Sehr schade. Ich hatte mich eigentlich auf den Titel gefreut, aber ich warte dann mal lieber auf Super Street Fighter 4.

Porter 05 Spieler - 2981 - 15. Oktober 2009 - 15:20 #

oh wei oh wei, Bugs in einem Konsolen Spiel...

finde ich gut das hier auch noch Tests zu schon längst veröffentlichten Spielen dieses Jahres erscheinen.

KOF12 wurde aber fast überall abgestraft dafür das es quantitativ so ungewohnt wenig aufzuweisen hat und qualitativ auch noch seine Schnitzer hat.
Da fehltem wohl, dem schon 999mal totgesagten SNK Studio, einfach die Finanzielle Mittel um seine Serie ähnlich aufwendig zu befeuern wie das grandiose Streetfighter IV von Capcom.

naja vielleicht ist die KOF Ausgabe nächstes Jahr wieder Prall gefüllt mit Fightern, bissle Story, Stages und trallala so wie man es gewohnt ist :-)

hey die Frankreich Stage mit den Jubelden und Schlemmenden Weibern? ist doch klasse!

Gerjet Betker 19 Megatalent - 14048 - 15. Oktober 2009 - 15:50 #

Schöne Review - Ich selber bin auch vom neuen KOF enttäuscht, aber ich vermisse den Hauptkritikpunkt der Serienfans in Sachen Character Rooster im Bericht.

WHAT THE HECK HAPPENED TO MAI SHIRANUI?

Armin Luley 19 Megatalent - 13755 - 15. Oktober 2009 - 15:52 #

Doch, das hat Robert erwähnt. :)

>> Dieser fiel unter anderem die in der Community sehr beliebte Kämpferin Mai Shiranui zum Opfer, was bereits zu stürmischen Protesten und Kaufverweigerung bei Fans führte. <<

Gerjet Betker 19 Megatalent - 14048 - 15. Oktober 2009 - 16:06 #

Stimmt^^""- Man überliest es so leicht, wenn es in der Mitte eines Absatzes steht.

Sebastian Conrad 16 Übertalent - 4790 - 15. Oktober 2009 - 18:17 #

Schön geschriebener Review. Schade das es so viele Mängel gibt :(, denn grafisch spricht mich KoF mehr an als das aktuelle Street Fighter (hat wohl nostalgische Gründe)

Henry 08 Versteher - 208 - 19. Oktober 2009 - 20:36 #

Sehr guter Text, schade um das schöne Spiel! Würde es aber für 10 Euro bestimmt nicht liegen lassen!

McFareless 16 Übertalent - 5567 - 2. Januar 2010 - 4:40 #

Schade um das Spiel..