Hilfsmission in Asposien

The Inner World - Der letzte Windmönch Test

Thomas Schmitz 1. Oktober 2017 - 0:00 — vor 6 Jahren aktualisiert
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Farbgebung und Symbolik der Conroyalisten erinnern an das Dritte Reich - statt Hakenkreuz gibt's aber eine Brezel.
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Subtiler Humor

Eine Stärke des ersten Teils war der Humor. Der ist auch diesmal wieder umfassend vorhanden. Gagsalven dürft ihr aber ebenso wenig erwarten wie den Anarcho-Humor der Deponia-Reihe. Stattdessen sind die Witze eher leise und alles andere als blöd oder gar albern. Auch popkulturelle Referenzen kommen immer wieder vor. Wenn die Malerin Libretta auf Robert trifft und ihn erkennt, zählt sie all seine Titel auf. Das erinnert nicht nur entfernt an Game of Thrones, sondern ganz gezielt, wenn Libretta Robert auch als Wächter des Nordens bezeichnet. Manche Witze versteht man auch erst auf den zweiten Blick oder beim genauen Hinsehen. Im Gefängnis hängt beispielsweise ein Poster der Flöten-Rockband Aspknot. Und auch wenn die Bezeichnung richtig ist, ist der Name Schererei mit einem Scheren-Symbol auch als Verhohnepipelung der Kreativität bei der Benennung von Friseurgeschäften zu verstehen. Selbst Skurrilitäten kommen vor: Wer mir erklären kann, warum die Windmühle einen roten Conroyalisten-Pullover trägt, darf gerne einen Kommentar hinterlassen.
 
Der Unglücks-Seilbahnführer dreht jetzt an der Windmühle seine Runden.
Im Gegensatz zu so manchem modernen Exemplar der Gattung Adventure, bei dem Story vor Interaktion steht, ist The Inner World 2 ein klassischer Vertreter des Genres. Es gibt ein Inventar, ihr dürft hemmungslos ausprobieren, könnt nichts falsch machen und müsst ordentlich nachdenken. Besonders gelungen ist die Tatsache, dass die Rätsel allesamt logisch sind – das haben wir leider schon ganz anders erlebt. Gepaart mit den nur wenigen Räumen pro Kapitel lädt das geradezu zum Experimentieren ein. Und solltet ihr doch nicht weiterwissen, hilft die In-Game-Hilfe, die euch aber nicht direkt mit dem Holzhammer die Lösung eintrichtert, sondern es zunächst mit subtilen Hinweisen versucht, die nach und nach immer konkreter werden. Dennoch lohnt es sich natürlich, wie eigentlich in jedem Adventure, immer genau zuzuhören und die Umgebung im Blick zu haben, denn das Spiel geizt nicht mit Hinweisen in der Spielwelt.

Grafisch kommt The Inner World 2 seinem Vorgänger am nächsten und gleicht ihm wie ein Zwillingsbruder. Würden wir zwei Screenshots nebeneinander anzeigen, würde man nicht sagen können, ob er jetzt aus dem ersten Teil von 2013 oder dem neuen Spiel ist. Das beweist aber auch, wie zeitlos die oft handgezeichnete 2D-Grafik von Adventures doch ist. Puristen dürfen sich natürlich über den ungewöhnlichen Stil oder die stellenweise doch recht düstere Spielwelt beschweren. Aber sie passt zum Spiel – und das ist die Hauptsache.
 

Steuerungsdefizite

Alternativen
Wer Teil 2 sagt, muss auch Teil 1 sagen: The Inner World (im Test: Note 8.5). Wer in einer Fantasy-Welt spielen möchte, die ebenfalls gerettet werden muss, aber auf Inventarrätsel verzichten kann, sollte in Silence (im Test: Note 6.5) reinschauen. Aktuelle Referenzen im Adventure-Bereich sind aber immer noch die anarchischen Deponia-Titel, etwa Deponia Doomsday (im Test: Note 9.0) und der remasterte Klassiker Day of the Tentacle (im Test: Note 9.5).
Die Sprecher machen ihre Sache ebenfalls durch die Bank gut bis sehr gut. Wir haben in der deutschen Version keine Ausfälle feststellen können. Es gibt sogar einen Promi in der Voice-Actor-Riege: Erik Range, besser bekannt als Gronkh, leiht seine Stimme gleich mehreren Figuren. Ein Job, den der YouTube-Star schon öfter in Spielen erledigt hat. Komponist Christian Barth hat außerdem einen gelungenen Soundtrack abgeliefert.

Ein paar klitzekleine Kritikpunkte müssen wir aber auch ansprechen: Die Steuerung ist nicht immer gelungen. Wollt ihr einen Schauplatz verlassen, klickt ihr zunächst auf den Ausgang und dann auf einen aufploppenden Aktionsbutton, wobei ihr den Mauszeiger kurz bewegen müsst. Ein Doppelklick zur Schnellreise, wie er mittlerweile in Adventures üblich ist, wäre durchaus komfortabler gewesen. Auch die Drag-&-Drop-Funktionalität bei der Interaktion von Gegenständen aus dem Inventar mit Gegenständen in der Spielwelt flutscht nicht immer reibungslos. Am ärgerlichsten fanden wir es aber immer, wenn wir einen Sonderbildschirm wie beispielsweise die Schalttafel der Seilbahn in Wollingen verlassen wollen. Dazu ist ein Klick rechts oben auf ein X nötig. Das ist aber ganz nah dran am Spielfeldrand, sodass es uns oft passiert ist, dass wir das aufploppende Menü aktiviert haben. Das hätte Fizbin vielleicht besser lösen können.

PC-Spieler sollten die komfortablere Steuerung mit Maus und Tastatur der Gamepad-Eingabe vorziehen. Spieler, die auf die parallel Ende Oktober auch für PS4 und Xbox One erscheinende Version angewiesen sind, müssten sich aber keine Sorgen machen. Denn auch, wenn die Controller-Eingabe unhandlicher ausfällt, funktioniert auch diese nach einer gewissen Eingewöhnungszeit tadellos.

Autor: Thomas Schmitz, Redaktion: Benjamin Braun (GamersGlobal)

 

Meinung: Thomas Schmitz

Der erste Teil war 2013 ein echter Überraschungserfolg. Die Metacritic-Wertung liegt zwar nur zwischen 72 und 77 Prozent. Das ist für ein deutsches Adventure aber nicht schlecht. In der Heimat gab es sogar deutlich bessere Wertungen – so auch hier auf GamersGlobal. Da hätten also schon seltsame Dinge passieren müssen, damit es diesmal schiefgeht.

Und das ist nicht der Fall, denn The Inner World – Der letzte Windmönch ist ein wirklich sehr gutes Adventure geworden, das ganz im Zeichen des Erstlings steht und kaum Schwächen hat. Ganz oft habe ich bei Adventuren nach 30 Minuten genug  gerätselt und brauche eine Pause. Selbst beim hervorragenden Thimbleweed Park ging es mir so. The Inner World 2 hat mich aber durchgehend gefesselt und – was noch wichtiger ist – hervorragend unterhalten.

Dass es obendrein auch noch als politisches Statement funktioniert, gefällt mir umso besser und macht es zu einem besonderen Spiel. Dabei hätte genau das schiefgehen können. Ein Adventure, dessen Stärke der subtile Humor ist, in einer faschistoiden Spielwelt anzusiedeln, war ein gewaltiges Wagnis. Doch der Mut des Ludwigsburger Studios wird belohnt. Sie bringen Polit-Kritik und subtile Witze unter einen Hut und zeigen, dass das geht – ganz so, wie es Roberto Benigni im Filmsektor mit dem Oscar prämierten Film Das Leben ist schön gelungen ist.

Meinung: Benjamin Braun

Es gibt, wie schon im Vorgänger, einige Punkte, in denen The Inner World - Der letzte Windmönch positiv hervorsticht. Der wichtigste ist und bleibt jedoch der Humor. Ich muss immer wieder schmunzeln und ab und an gar herzlich lachen, obwohl (oder gerade weil) Studio Fizbin es nie mit der Brechstange versucht, sondern so gut wie immer mit Subtilität unterhält.

Aber auch in puncto Rätseldesign und der allgemein hohen Qualität der Dialoge (sowohl in Wort als auch was die Vertonung angeht) gibt es bei Der letzte Windmönch wenig zu meckern. Was höhere Wertungsweihen verhindert, ist vor allem die Steuerung. Sie funktioniert, aber ich hätte mir gewünscht, dass Studio Fizbin zumindest auf PC den Fokus auf die Touch-Steuerung mit der Fortsetzung hin zu einer weniger umständlichen Point-and-Click-Bedienung verändert hätte. Schließlich erscheint das Adventure erst zu einem späteren Zeitpunkt für iOS und Android.

Die nicht allzu hohe Spielzeit ist für mich kein Qualitätsmerkmal. Hier werde ich für mindestens sechs Stunden durchweg gut unterhalten – und mit dieser Spielzeit liegt Der letzte Windmönch letztlich leicht über dem Durchschnitt und nicht etwa darunter. Wer Teil 1 mochte, muss es ohnehin spielen. Aber auch, wenn ihr mit dem Vorgänger nicht in Berührung gekommen sein solltet, findet ihr kaum einen charmanteren Genre-Vertreter als diesen.
 
Inner World Der letzte Windmönch PC
Einstieg/Bedienung
  • Einfache Bedienung
  • Sehr gutes Tutorial trotzdem erklärt wird
  • Gelungene Hilfefunktion
  • Hervorragende Maus-Steuerung
  • Hotspot-Anzeige
  • Autosave-System (3 Profile) statt freies Speichern
  • X-Button etwas unglücklich platziert
  • Gamepad-Steuerung nicht optimal
  • Kein Doppelklick zum Verlassen des Bildschirms
Spieltiefe/Balance
  • Einsteigerfreundlich...
  • Gelungene Geschichte
  • Nie frustrierend oder unlogisch
  • Historische Anspielungen geben dem Spiel einen politischen Touch
  • Subtiler Humor
  • ...was Profis unterfordern könnte
Grafik/Technik
  • Eigenwilliger Grafikstil...
  • Überwiegend sehr gute Animationen
  • Alle Hintergründe handgezeichnet
  • ...der deshalb nicht jedem gefallen dürfte
Sound/Sprache
  • Sehr gute Sprecher
  • Dezente, nicht störende Musikuntermalung
 
Multiplayer

Nicht vorhanden
 
8.5
Userwertung8.2
Hardware-Info
Minimum: Windows XP, Prozessor mit 2,33GHz, 2 GB RAM, 1,6 GB HDD
 
Eingabegeräte
  • Maus/Tastatur
  • Gamepad
  • Lenkrad
  • Anderes
Virtual Reality
  • Oculus Rift
  • HTC Vive
  • Playstation VR
  • Anderes
Kopierschutz
  • Steam
  • uPlay
  • Origin
  • Hersteller-Kontoanbindung
  • Ständige Internetverbindung
  • Internetverbindung beim Start
Partner-Angebote
Amazon.de Aktuelle Preise (€): 9,90 (PlayStation 4), 5,74 (PC)
Thomas Schmitz 1. Oktober 2017 - 0:00 — vor 6 Jahren aktualisiert
Benjamin Braun Freier Redakteur - 440299 - 30. September 2017 - 12:26 #

Viel Spaß beim Lesen!

funrox 16 Übertalent - P - 5175 - 1. Oktober 2017 - 0:03 #

Danke. Freue mich schon, es zu spielen. Teil 1 war schon richtig toll.

Slaytanic 25 Platin-Gamer - - 62092 - 1. Oktober 2017 - 0:15 #

Habe es doch sofort auf meine Steam-Wunschliste gesetzt!

Der Saarländer 14 Komm-Experte - 2008 - 1. Oktober 2017 - 0:44 #

Klingt doch super (bis auf die Steuerungsdefizite).

Noodles 26 Spiele-Kenner - P - 75314 - 1. Oktober 2017 - 1:05 #

Freut mich, dass auch Teil 2 gelungen ist. Vor allem die Welt Asposien hat mir beim ersten Teil gut gefallen und war für mich das Highlight. Aber schade, dass es wieder nur ein relativ kurzes Spiel ist und sie weiterhin auf die umständliche Touch-optimierte Steuerung setzen. Aber alles kein Nicht-Kaufgrund. ;)

andreas1806 17 Shapeshifter - 8196 - 1. Oktober 2017 - 8:54 #

Der erste Teil hat mich nicht wirklich überzeugt. Danke für den Test.

Tyntose 14 Komm-Experte - 2002 - 1. Oktober 2017 - 10:33 #

Flatulenz! ;)

EddieDean 16 Übertalent - P - 5343 - 1. Oktober 2017 - 10:59 #

Sollte man den ersten Teil zuvor gespielt haben?

Tasmanius 21 AAA-Gamer - - 28817 - 1. Oktober 2017 - 14:00 #

Steht im Test, nein muss man nicht. Sorgt aber für ein Atmosphäreplus.

TheRaffer 23 Langzeituser - P - 40301 - 1. Oktober 2017 - 11:01 #

Schöner Test. :)
Denke das Spiel setze ich, zusammen mit Teil 1, mal auf meine Wunschliste.

Tasmanius 21 AAA-Gamer - - 28817 - 1. Oktober 2017 - 14:01 #

"Diesmal geht es gegen einen rassistischen Diktator namens Emil, der alle Flötennasen deportieren und töten lässt."

Wow, das ist ja mal ganz schön düster!

Admiral Anger 27 Spiele-Experte - P - 83414 - 1. Oktober 2017 - 15:54 #

Schade, dass es noch so lange bis zum Release dauert. Teil 1 war eines der wenigen Adventures in der letzten Zeit, bei dem ich echt mal wieder lachen musste.

DerBesserwisser 17 Shapeshifter - P - 7897 - 2. Oktober 2017 - 23:53 #

Ach, wenn es denn nur auf gog.com rauskommen würde...