The Chant

The Chant Test+

Achtsam gruseln

Hagen Gehritz / 3. November 2022 - 17:01 — vor 1 Jahr aktualisiert
Steckbrief
PCPS5Xbox X
Action
Survival-Action
16
Brass Token
Prime Matter
03.11.2022
Amazon (€): 28,97 ()

Teaser

Im Debut-Projekt des kanadischen Studios Brass Token weckt ihr auf einer Insel Kräfte, die über euren Verstand hinaus gehen und werdet von Kultisten, Monstern und alten Schuldgefühlen verfolgt.
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Alle Screenshots und Spielszenen stammen von GamersGlobal

Im Horror-Titel The Chant spielt ihr Jess, die von einer Tragödie aus ihrer Jugend heimgesucht wird: Ihre jüngere Schwester ist ertrunken und offenbar verfolgen sie schwere Schuldgefühle deswegen. Ihre ehemalige beste Freundin Kim, von der sie sich infolge der traumatischen Erfahrung entfremdet hat, lädt sie in eine Kommune auf der Insel Glory Island ein, um eine Auszeit zu nehmen. Widerwillig beschließt Jess, dem Ganzen eine Chance zu geben, im Zweifel kann sie danach immer noch zum Psycho-Therapeuten.

Mit einem Seelenklempner hätte die Protagonistin aber anschließend noch viel mehr zu besprechen, denn sie nimmt an einem Ritual teil, während dem Kim in einem plötzlichen Anfall von Wut den Kreis verlässt, worauf manche Teile der Insel in unheimlichen Nebel gehüllt werden, in dem seltsame Wesen existieren und körperlose Stimmen von Lebenden und Toten die schlimmsten Ängste und Selbstvorwürfe von Jess aussprechen. The Chant erfreut dabei vor allem Fans des Survival-Horrors alter Schule, kann sein Potential aber nicht voll ausreizen.
Seht ihr zum Beispiel im Remake von Resident Evil 2 immer in der Nahaufnahme nur Schlüssel durch die Luft ins Schloss schweben, bietet The Chant charmanterweise Animationen bei jeder Interaktion mit der Umgebung.
 

Eine Insel mit zwei Dimensionen

Nach und nach spürt ihr mit Jess den verschwundenen Mitgliedern der Gruppe um den Insel-Guru Tyler nach. So erkundet ihr die Ecken von Glory Island, darunter alte Bootshäuser nebst einer Konservenfabrik oder einen Leuchtturm mit seltsamen Kristall-Apparaturen. Auf der Suche nach den anderen, um das Ritual rückgängig zu machen, findet ihr Spuren eines Kults, der früher an dem Ort wirkte und weitere Hinweise auf unheimliche Ereignisse, die sich auf dem Eiland in der Vergangenheit abgespielt haben.

Die Erkundung in The Chant funktioniert trotz Schulter-Perspektive nach Art des klassischen Survival-Horror: Ihr haltet die Augen nach heilenden Kräutern und Rätsel-Items offen. Ganz wie in Resident Evil haben viele Türen seltsame Schlösser, für die ihr Ornamente als Schlüssel zusammensetzen müsst. Daneben sammelt ihr aber auch dornige Sträucher, Salbei und andere Bestandteile für eure Waffen. Denn die Monster vernichtet ihr nicht, indem ihr sie mit Blei voll pumpt, sondern indem ihr mit spirituell aufgeladenen Fetischen um euch schlagt. Es gibt kein Inventar mit begrenzten Plätzen wie bei Resident Evil, stattdessen könnt ihr jeden Waffentyp und jede Sorte Heil-Item höchstens zwei bis drei mal bei euch tragen.
"Wahnsinns-Effekte" wie im Klassiker Eternal Darkness - Sanity's Requiem gibt es in The Chant bei niedrigem Psyche-Wert nicht, allerdings beeinträchtigen an mancher Stelle Story-Ereignisse eure Wahrnehmung.
 

Kampf gegen das Unbekannte

Neben den Nahkampfwaffen Salbeifackel, brennende Dornenrute und Hexenstab besitzt ihr Verteidigungs-Items wie Salz oder flammendes Öl, das ihr als Falle auf dem Boden platziert oder im rechten Moment werft, um feindliche Angriffe zu unterbrechen. Findet ihr bei der Erkundung Tafeln mit Aufzeichnungen zu den Nebelkreaturen, schaltet dies einen Bestiariums-Eintrag frei, der euch Tipps gibt, ob heilige, spirituelle oder brennende Waffen am effektivsten sind und wie ihr gewissen Attacken effektiv entgeht.

Die Protagonistin kann sich also wehren, ist aber zunächst keine Killermaschine. Das zeigt sich schon an der Art, wie sie unbeholfen durch offene Fenster steigt. Auch wenn ihr weit zur Seite hechtet, um starken Angriffen zu entgehen, braucht Jess einige Zeit, um wieder auf die Füße zu kommen. Nicht zuletzt schaden Ausflüge in den Nebel eurer Psyche und auch manche Monsterattacken zielen auf euren Geist ab. Drückt ihr nicht schnell genug die X-Taste, um euch zu beruhigen, sinkt die entsprechende Leiste sehr schnell und Jess erleidet eine Panikattacke. In dem Zustand kann sie nicht mehr angreifen und ohne entsprechende Heilkräuter bleibt euch dann nur die Flucht. Das erinnert an eine Mischung aus Clock Tower und Eternal Darkness, doch anders als bei Letzterem gibt es keine besonderen Skript-Events bei aufgebrauchter Psyche. Stattdessen verliert das Bild an Farbe und Gegner leuchten grell.

An sicheren Orten könnt ihr aber meditieren, um eure Psyche auf Kosten eurer spirituellen Energie zu heilen. Dazu gibt es Steine, in deren Nähe ihr einen gewissen Teil dieser Energie regeneriert. Dadurch könnt ihr mit Meditation euren Geisteszustand komplett heilen. Es wirkt bisweilen künstlich, dass Jess sich so schnell von dem Anblick der Kreaturen erholt, wo doch schon ein Blick in den Abgrund oder (aus persönlichen Gründen) Fliegen bei ihr Angstzustände auslösen. Spielmechanisch aber geht es gut auf, im Kampf auch auf die geistige Gesundheit eurer Spielfigur achtgeben zu müssen.
Regelmäßig müsst ihr euch auch Bossen stellen. Interessanterweise startet The Chant hier stark mit einer Konfrontation, die nicht den üblichen Kampf-Regeln folgt, um danach mit nicht sonderlich gruseligen Kreaturen wie Riesenfröschen nachzulassen.
 

Eine Prise Prismen

Die Leiste der spirituellen Energie erfüllt aber in erster Linie den Zweck einer Magie-Anzeige. Im Verlauf der Story sammelt ihr immer mehr farbige Prismen. Die braucht ihr, um Nebel-Barrieren derselben Farbe zu durchbrechen. Das bringt das Problem mit sich, dass sich dahingehend bald eine Routine einstellt oder anders gesagt: Durch die Barrieren weiß ich stets, wie viele Gebiete mich ungefähr noch erwarten und im Verbund mit der Suche nach den einzelnen Gruppenmitgliedern wird der Ablauf von The Chant einen guten Teil der sechs bis sieben Stunden Laufzeit vorhersehbar.

Mit jedem Prisma erhaltet ihr dazu mehr Prismen-Angriffe, mit denen ihr zum Beispiel die Zeit verlangsamt oder Feinde aufspießt. Anfangs dauerte es etwas, bis ich den Rhythmus aus Angreifen, Ausweichen, Item-Konter und Magie verinnerlicht hatte, aber dann ergaben sich daraus spannende Kämpfe. Auch gefiel mir, dass manchmal die Erkundung durch einen Verfolger erschwert wird, der sich wie Mr. X in Resident Evil nicht endgültig besiegen lässt und euch überall einholt, sofern ihr nicht in Räume oder Abschnitte hinter einem Abwehr-Talisman flieht. Was dem Ganzen eine zusätzliche Dimension verleiht: Bei diesem Stalker handelt es sich um eine Manifestation von Jess' Trauma, die ihr regelmäßig Dinge an den Kopf wirft wie "Ich war dir egal. Du warst nicht traurig, als ich gestorben bin, du hattest nur Angst, wie Mom und Dad reagieren!" Die künstlerische Entscheidung, diese Gestalt als einen Schwarm Fliegen zu inszenieren, der Menschenform annimmt, mag nicht bei jedem zum Gruselfaktor beitragen, aber im Kontext der Fliegen-Angst der Figur und dem Psychoterror des Feindes ging das Konzept für mich auf – gleichzeitig ist dieser Feind nicht zu omnipräsent und schlug nicht ins Nervige um.

Über Erkundung aber auch durch eure Antworten in Dialogen und Einsatz von Heilitems erlangt ihr jedoch auch Punkte in den Kategorien Körper, Psyche und Spiritualität, die Upgrade-Optionen in einem Skill-Bannkreis eröffnen, die ihr dann gegen eine in den Arealen versteckte Spezial-Ressource aufwertet. So steigerte ich langsam aber sicher meine Werte, besonders in Sachen Spiritualität. In Verbindung mit den wachsenden Prismenkräften und dem Lerneffekt beim Kampf-Gameplay sorgte das allerdings dafür, dass die Heldin in der zweiten Spielhälfte auf dem Standard-Schwierigkeitsgrad doch zu kompetent gegen die Monster wurde.

Autor: Hagen Gehritz (GamersGlobal)
 
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Meinung: Hagen Gehritz

Das Szenario von The Chant ist unverbraucht und die Erkundung belohnt nicht nur mit Vorräten, sondern auch mit Dokumenten, von denen einige kleine Mini-Gruselgeschichten von der Insel erzählen. Das wurde wiederum mit dem Gameplay verknüpft, denn das Entdecken der Lore gibt euch Punkte, die Upgradeoptionen freischalten und Aufzeichnungen zu Gegnern geben euch Tipps, welche Waffentypen am effektivsten sind.

The Chant hat einige sehr atmosphärische Gebiete und Monster-Designs. Zum Beispiel den Mimikriecher, der eigentliche eine pflanzliche Lebensform ist, aber wie eine Mischung aus Tier und Mensch aussieht und zu allem übel die Stimmen anderer Menschen nachahmen kann. Oder die Manifestation von Jess‘ Trauma, die ihr nur betäuben, aber nicht besiegen könnt, während sie der Protagonistin furchtbare Dinge vorwirft. Gerade die psychologische Ebene, dass der Nebel nicht nur Monster hervorbringt, sondern auch die Ängste der Kommune verstärkt, ist ein schöner Aspekt - auch wenn die Story und Figuren überwiegend oberflächlich bleiben. Nicht zuletzt reißt der Titel zwar grafisch keine Bäume aus, zeigt sich aber besonders bei den Animationen und bei der Mimik in einigen Cutscenes detailliert.

Allerdings spielt The Chant nicht durchgehend seine Stärken aus. Sind die Kämpfe stets sehr präzise aber durch die gut umgesetzte Unbeholfenheit von Jess (nach der nötigen Eingewöhnung) spannend, wird sie durch die Upgrades und weitere Prismen zu stark. Neben den stimmungsvollen Monstern gibt es auch uninspirierte Gegner wie Riesenfrösche und durch die Prismen-Barrieren wirkt das Freischalten neuer Areale formelhaft. Wenn dazu manche Areale wie die Minen eher dröge ausfallen und sich gewisse Spielabläufe wiederholen, flaut die Gruselstimmung zwischendurch auch mal längere Zeit ab. Für Fans des klassischen Survival-Horror lohnt ein Trip nach Glory Island aber durchaus.
THE CHANT PS5
Einstieg/Bedienung
  • Tutorials jederzeit nachschlagbar...
  • Drei Schwierigkeitsgrade
  • Kurzer Action-Prolog, gefolgt von stimmiger Einführung des Schauplatzes
  • ... was nötig sein kann, weil manches während Kämpfen erklärt wird
Spieltiefe/Balance
  • Gute Mischung aus Erkundung und Kampf
  • Neben Lebensenergie auch spirituelle Energie und Psyche zum Überleben wichtig
  • Entdeckung von Lore-Items bringt Punkte für das Upgrade-System
  • Teils gelungenes Monster-Design
  • Unverbrauchtes Szenario
  • Nach hinten raus wird Jess zu stark und auch der Grusel-Faktor nimmt streckenweise ab
  • Manche Umgebungen und Monster-Typen eher dröge
  • Öffnung neuer Gebiete durch Schlüssel-Prismen wirkt zu formelhaft
  • Erzählerisch holprig
Grafik/Technik
  • Umgebungen und Modelle teils hübsch...
  • Feine Animationen, inklusive voll animierter Rätsel-Interaktionen
  • ... aber auch mittelprächtig aussehende Orte
  • Animationen, wenn Feinde Jess packen, wirken hölzern
Sound/Sprache
  • Gute deutsche Synchro und Text-Übersetzung
  • Gelungene englische Vertonung
  • Gute Soundkulisse für Kämpfe, gerade bei den Schreien der Monster
  • Musik ist zwar stimmig, hinterlässt aber keinen bleibenden Eindruck
Multiplayer
Nicht vorhanden
6.5
Userwertung0.0
Mikrotransaktionen
Hardware-Info
Keine Besonderheiten
 
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Hagen Gehritz 3. November 2022 - 17:01 — vor 1 Jahr aktualisiert
Hagen Gehritz Redakteur - P - 175540 - 3. November 2022 - 16:53 #

Viel Spaß mit dem Test!

ssj3rd 09 Triple-Talent - 278 - 3. November 2022 - 17:20 #

Schade, dass es nur Mittelmaß Kost ist, dafür ist mir meine Zeit viel zu schade.

advfreak 22 Motivator - - 32082 - 3. November 2022 - 18:03 #

Schöner Test! :)

Im übrigen wäre ich sehr dafür das Hagen zukünftig alle Tests auf Youtube präsentiert, auch die nicht von ihm sind. Er ist für viele mittlerweile schon das GG YT-Gesicht das erstens sehr sympathisch ist und zweitens ist auch die Stimme die angenehmste und man versteht alles klar und deutlich. Ein echter Profi eben! :D

JensJuchzer 21 AAA-Gamer - P - 28257 - 3. November 2022 - 18:54 #

Ja ich finde aber dass das Video etwas gehetzt wirkt. Hie rund da ne vernschaufpause oder etwas langsamer sprechen würden für uns alten gut tun. Für die Jungen kann es ja nicht schnell genug sein :)

Crizzo 20 Gold-Gamer - - 24427 - 3. November 2022 - 19:08 #

kann man bei YT nicht die Wiedergabe-Geschwindigkeit auf 0,75x oder 0,5x stellen, also für so alte Leute... ;)

advfreak 22 Motivator - - 32082 - 3. November 2022 - 19:41 #

Für uns alte gibt's ja den Computerclub in der ARD mit Biggy Lechtermann. :D

Punisher 22 Motivator - P - 32223 - 4. November 2022 - 10:17 #

Klingt als wäre es eine Beleidigung... "Du YouTube-Gesicht"... treffen wir vielleicht beim "nicht mehr so ganz jugend-wort" 2023 wieder.

MicBass 21 AAA-Gamer - P - 28976 - 4. November 2022 - 15:39 #

Aber besser als "Radiogesicht" ;)

advfreak 22 Motivator - - 32082 - 4. November 2022 - 16:21 #

Dann halt Aushängeschild! *grrrrrrrrrrrrrr* :P

Hendrik 28 Party-Gamer - P - 105056 - 4. November 2022 - 18:35 #

Ich bleib ganz altmodisch bei "Du Bettnässer". :)

Ganon 27 Spiele-Experte - - 83933 - 12. November 2022 - 12:24 #

Erstmal abwarten, wie sich Ramona als Videosprecherin so macht. :-)

Hendrik 28 Party-Gamer - P - 105056 - 3. November 2022 - 18:13 #

Klingt nicht schlecht, sehr ich mir mal an.

rammmses 22 Motivator - P - 32653 - 3. November 2022 - 18:39 #

Das klingt gut für mich, werde ich kaufen, nach God of War

TheRaffer 23 Langzeituser - P - 40317 - 3. November 2022 - 19:47 #

Wenn das Kampfsystem nicht zu nervig ist, finde ich das Spiel spannend.

Danywilde 30 Pro-Gamer - P - 163008 - 3. November 2022 - 19:56 #

Das Setting is ja mal interessant, das schaue ich mir vielleicht mal an.

Olphas 26 Spiele-Kenner - - 66904 - 4. November 2022 - 11:09 #

Ich finde, das sieht interessant aus. Werde ich mir mal vormerken.

Vampiro Freier Redakteur - - 121684 - 4. November 2022 - 18:01 #

Schöner Test und jes macht einen ganz netten Eindruck. Aber ich denke, der Eindruck ist nicht gut genug, als dass ich es zeitlich einschieben kann.

Flooraimer 15 Kenner - P - 3428 - 4. November 2022 - 20:38 #

Sieht gleichzeitig cool, aber auch mega clunky aus. Wird ein Sales oder Gamepass Kandidat.

Gekko Goodkat 20 Gold-Gamer - - 23827 - 5. November 2022 - 14:19 #

Wollte gerade quasi das schreiben, bis auf den Teil mit dem Gamepass ;) Also für mich ein Sales Kandidat.

Flooraimer 15 Kenner - P - 3428 - 5. November 2022 - 15:00 #

Ok, mal schauen wann die ersten Sales eintrudeln. Die Grundprämisse ist ja definitiv spannend.

Maverick 34 GG-Veteran - - 1330850 - 5. November 2022 - 12:15 #

Danke für den Test von The Chant. ;)