Wie schon im ursprünglichen Resident Evil 4 verlieren aufgeschreckte Hühner nicht nur weiße und braune Eier, sondern manchmal auch ein goldenes Exemplar.

Ashley wächst über sich hinaus

 

Resident Evil 4 Remixed

Im Dorf seid ihr öfter auch in Außenarealen unterwegs. Auf der Insel und in der Burg ist das weniger ausgeprägt. Obwohl letzterer Standort ähnlich wie Schloss Dimitrescu in Teil 8 auch einige blitzblanke Flure bietet, kommen die Raytracing-Spiegelungen aber seltener als dort gut zur Geltung.

Atmosphäre und Technik

Es gibt jede Menge Action und reichlich Humor, doch auch die Horror-Stimmung kommt im Remake nicht zu kurz. Dafür sorgt unter anderem die Sound-Kulisse mit den dröhnenden Klangteppichen der Spielmusik oder den geraunten Gebeten der Ganado-Mönche in der Burg. Ebenso ist der Splatter-Faktor noch ausgeprägter als im Original. Feinde können diverse Gliedmaßen verlieren oder entzweigerissen werden. Wenn es Feinde zerlegt, bietet sich euch das unangenehme Bild, wie viele kleine Tentakel des Parasiten aus der offenen Wunde schlängeln. Die Plaga-Parasiten sorgen spielmechanisch für eine gewisse Unsicherheit in der Hektik des Kampfes: Kippt ein enthaupteter Feind gleich um oder schießt  doch gleich der Parasit aus ihm heraus und gestaltet euer (Über)Leben nochmal komplizierter? Mutierte Feinde, die nicht immer direkt totzukriegen sind, passt allgemein super zu Horror-Spielen und die Las Plagas funktionieren konzeptuell in dieser Hinsicht noch heute super. Und allgemein kann sich das gruselige Gegner-Design sehen lassen, ebenso wie ein Großteil der Animationen – besonders die unheimlich unnatürlichen Bewegungen vieler der monströsen Feinde.

Für Gruselfaktor sorgen auch einige Szenen und Dokumente, die mehr Einblicke in die grausamen Rituale des Los-Illuminados-Kults geben als im alten Resident Evil 4. Ihr werdet auch einige wunderbar unheimlich gestaltete und ausgeleuchtete Kulissen durchstreifen. Allerdings ist es auch im Remake so, dass im letzten Gebiet bei den Kämpfen gegen die Soldaten-Ganados die Horror-Stimmung auf der Strecke bleibt – mit Ausnahme von Abschnitten mit dem nur dort auftauchenden Regenerador, der wiederum zu den schauerlichsten Monstern im Spiel gehört. Es gibt hier durchaus Kürzungen bei doch in Richtung Daueraction tendierenden Abschnitten, doch vollends großartig wäre das Remake geworden, wenn sich die Entwickler hier stärker von der Vorlage gelöst und den Horror stärker am Leben gehalten hätten. Dazu wurden die Türschloss-Rätsel dort durch eine neue Variante ersetzt, die mir zu langwierig ist und so eine Verschlimmbesserung darstellt.

Noch ein paar Worte zur Technik: Obwohl Resident Evil 4 durchaus ein ansehnlicher Titel ist, hinterlassen die Umgebungen einen zwiespältigen Eindruck, weil gerade in Außenbereichen der Detailgrad bei Texturen und Objekten schwankt und so zum Beispiel dichtes Gras gerne flimmert, wenn man darauf achtet. Zwar gibt es wie schon in Resident Evil Village (im Test, Note 9.0) Raytracing-Effekte, die kommen aber im Spiel selten gut zur Geltung – machten sich andererseits aber auch nicht negativ in Sachen Performance bemerkbar. Ich spielte dabei im Qualitäts-Modus.

Abgesehen von einigen Aussetzern der Feind-KI (Feinde ändern teils mehrfach die Richtung, weil sie doch auf einem anderen Weg zu Leon gelangen wollen und teils wird es ganz unsinnig, mit Feinden die Äxte gegen Wände neben ihnen statt auf den Protagonisten werfen) lief Resident Evil 4 aber technisch rund: Das Spielgeschehen blieb flüssig und ich erlebte kaum Bugs. Positiv fiel zudem die Einbindung der Dualsense-Features der PS5-Version auf. Ein sanfter Rumble-Effekt vom Gamepad synchronisiert sich mit den Schritten von Leon, die farbige Leiste am Controller spiegelt den aktuellen Gesundheitszustand von Leon wieder und beim Abfeuern der Waffen sorgen die adaptiven Trigger für etwas Widerstand, ohne bei der Action zu stören.

Wie im Original kehrt Fan-Liebling Hunk als spielbare Figur im Söldner-Modus zurück und er betätigt sich immer noch gerne als Hobby-Chiropraktiker.

 

Der Mercenaries-Modus: Die Jagd nach Rang S++

Schon Resident Evil 2 bot einen Bonus-Modus gegen die Zeit nach Abschluss der Kampagne, bei dem man sogar einen Tofublock als geheimen Charakter freischalten konnte. Etwas ernsthafter war die Auswahl im Söldner-Modus, den erstmals das ursprüngliche Resident Evil 4 einführte: da stand sogar Serienbösewicht Albert Wesker zur Auswahl, sobald er freigeschaltet wurde. Im Mercenaries-Modus (der auch in der deutschen Version so heißt), der nun beim Remake per kostenlosem Update ergänzt wurde, müsst ihr aktuell jedoch auf Wesker allerdings verzichten, ebenso wie auf Ada. Wie damals verfügbar sind Leon, Krauser und Hunk, ganz neu dazu kommt obendrein Luis.

Der Mercenaries-Modus ist eine Highscore-Jagd. Auf drei Karten versucht ihr möglichst viele Punkte zu scheffeln, bevor die Zeit ausläuft oder ihr sterbt. Eure Punktzahl ist aber auch im Fall des Bildschirmtodes gültig, was ich spätestens dann gut fand, als ich einmal nach einer Nahkampfanimation nichts tun konnte, als mitanzusehen, wie eine Kettensägenschwester heran eilte, während ich in der Animation festhing und mich dann sofort auf ihre unsägliche Art umbrachte. Die Charaktere spielen sich nicht nur dank ihrer vordefinierten Ausrüstung angenehm unterschiedlich. Luis Nahkampf-Angriffe sind sehr langsam und lohnen daher nur, um sich aus Umzingelungen zu befreien. Hunk tötet per Genickbruch sogar betäubte Mini-Bosse direkt (und wackelt nach jedem Einsatz der Technik mit den Fingern wie ein Magier, der einen Zaubertrick vorgeführt hat), während Krauser mit seinem unzerstörbaren Messer mühelos ganze Horden im Nahkampf niedermacht. Und Horden werden es in der Tat, je länger die Runde dauert. Dazu brechen irgendwann auch Plagas aus den Feinden und wenn ihr bestimmte Killcounts erreicht, spawnen Mini-Bosse – die lassen sich anfangs noch leicht mit dem neuen Kampfrausch jedes Charakters bezwingen, aber in späteren Runden setzen euch dann gerne mehrere Mini-Bosse zugleich zu.

Der Kampfrausch lädt sich durch ausgeteilten Schaden, Paraden und mehr auf. Leon wird besonders schnell und stark, Krauser schlägt mit mutierten Armen um sich, während Luis Dynamit platziert und Hunk mit unendlich Munition schießt. In diesem Zustand gibt es dazu für jeden einzelnen Treffer Punkte und reguläre Punktegewinne durch Kills sind deutlich erhöht. Anders als in Resident Evil Village gibt es keine sammelbaren Perks als Zufallsfaktor, stattdessen ändert sich auf den aktuell drei Karten Dorf, Burg und Insel nur die Platzierung von Zeit- und Kampfrausch-Pickups. Das Zeitlimit steigert ihr aber vor allem durch den Kampf. Kills per Kopftreffer geben ebenso wie Aktionsangriffe auf betäubte Feinde 2 Sekunden Bonus, noch mehr gibt es für Messerkills. Dazu kommen weitere Feinheiten, so ist die Bonuszeit für Hunks Genickbruckangriff während seines Kampfrauschs deutlich erhöht. Ich hatte keine Probleme, in meinen ersten Runden einen S-Rang zu erreichen. Das wahre Ziel ist es aber, 1.000.000 Punkte zu knacken für den höchsten Rang S ++. Da kommt die Herausforderung durch die allgegenwärtige Umzingelung durch die Feinde und die seltenen Heilitem-Drops der Gegner zustande. Da ihr euch aber gleichzeitig (durch die starken Waffen und die Kampfrauschfähigkeiten) deutlich mächtiger als in der Kampagne anfühlt, entsteht eine motivierende Spirale. Schade ist allerdings, dass es keine neuen Achievements oder Herausforderungen passend zu dem Modus gibt. Die vier Figuren und drei Level habt ihr schnell freigespielt (dazu schaltet ihr so nun einfacher die Handcannon frei), danach muss der Spaß an den gelungenen Kämpfen selbst oder die Jagd nach mehr Punkten motivieren. Abseits von Luis als Charakter gibt es aber keine große Überraschung, wie sie das Remake sonst so gelungen in der Kampagne auffährt (wobei ich nicht ausschließen kann, dass ich ein besser verstecktes Geheimnis nicht zu Gesicht bekam).

Autor: Hagen Gehritz (GamersGlobal)