Im Test: Neverwinter Nights 2

Mysteries of Westgate Test

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Immer wieder einmal taucht eine geheimnisvolle Frau auf, die sich selbst als Priesterin des Faceless bezeichnet, dem Anführer Nightmasks. Im Hintergrund zu sehen: Das neue Kanal-Tileset mit den platzierbaren Wasserrohren.

Ein Stadtabenteuer

Während des gesamten Abenteuers bewegt sich eure Heldengruppe ausschließlich in der Stadt selbst. Diese teilt sich in drei große oberirdische Bezirke und einen Unterweltbereich, über die ihr Zugang zu den Quest-Orten erhaltet. Die Herausforderung bei Stadtabenteuern ist es, dem Spieler ein Gefühl von Lebendigkeit und regem Treiben zu vermitteln. Die Metropole muss sich im Verlauf des Abenteuers weiterentwickeln und darf nicht nach Lösung aller Quests als leeres Gebilde mit den immer gleichen Dialogoptionen zurückbleiben. Diese Aufgabe hat Ossian hervorragend gelöst. Regelmäßig gibt es kleine Ereignisse zu bestaunen, kann man neue Quests entdecken und neue Seiten der Stadt kennenlernen. Auf 8 Stunden schätzen die Entwickler die Hauptquest. Nochmal so viele Stunden werdet ihr mit der Erkundung der Stadt verbringen. Die Entwickler haben viele Hintergrundinformationen eingebaut, dabei bleibt es euch überlassen, ob ihr dieses Angebot auch wirklich annehmen wollt.

Die Quests sind abwechslungsreich inszeniert und werden allesamt durch kleine Cutscenes ins richtige Licht gerückt. Die Themen sind liebevoll ausgearbeitet und Nebenaufträge mit der gleichen Sorgfalt umgesetzt wie die Hauptmissionen. Sogar die eine oder andere Rätselquest hat es ins Spiel geschafft, obwohl Kampf und Dialog auch weiterhin vorherrschen. Im Gegensatz zum Grundspiel kommen Fertigkeiten wie Diplomatie oder Schätzen gefühlt wesentlich häufiger zum Einsatz und rechtfertigen damit auch die Investition in solche Fertigkeiten. Passend zum Setting wurde für Diebe an zahlreichen Stellen natürlich ebenfalls vorgesorgt.

Leider wurden nur wenige zentrale Dialoge des Spiels vertont, die dann aber erstklassig. Es handelt sich um dieselben Sprecher, die auch von Bioware für verschiedenste Vollpreisprodukte engagiert wurden. Gerne hätten wir auch mehr davon gehört!

Die Ebon Claws sind eine der drei großen Interessensfraktionen.

Zweigeteilte Handlung

Zweimal werdet ihr vor die Wahl gestellt, für eine von jeweils zwei Organisationen Partei zu ergreifen. Da wäre zum einen die Kirche des Lathander mit ihrem selbstverliebten Vorsteher Obid Telthas. Oder man arrangiert sich mit der neu erwachsenen Diebesgilde der Ebon Claws, die hauptsächlich aus Wer-Ratten besteht und zurzeit in erbitterte Auseinandersetzungen mit den Nightmasks verwickelt ist. Eine ähnliche Wahl gibt’s auch kurz vor dem Ende noch einmal. Eindeutiger Pluspunkt des Adventure Packs: Je nach eurer Entscheidung werden bestimmte Aspekte der Geschichte vollkommen anders beleuchtet. Den Schreibern ist es dabei gelungen, beide Lösungswege jeweils für sich plausibel zu Ende zu führen, ohne dass man das Gefühl hat, vor einem unvollständigen Ende zu sitzen. Das macht Lust auf einen zweiten Durchgang!

Eine der Höhepunkte ist der Kampf vom Schiffsdeck gegen das Ungeheuer des Hafenbeckens.
Die Zahl der echten Rätsel hätte ein klein wenig höher ausfallen können und manchmal würden wir uns auch mehr Lösungswege wünschen. Es gibt immer wieder Quests, die interessante, wenngleich nicht immer offensichtliche Lösungswege bieten. Die Hauptquest tritt kurz vor Ende scheinbar ein wenig auf der Stelle. Doch gerade noch rechtzeitig dreht das Spiel richtig auf und endet mit einem fulminanten Finale. Unser Rat: Unbedingt einmal das böse Ende spielen!

Kleine Kritikpunkte

Nicht zu übersehen ist, dass das Adventure Pack lediglich auf den Ressourcen des Grundspiels aufbaut. Die neuen Charakteroptionen der Addons können zwar auch in Mysteries of Westgate verwendet werden, doch Ding wie der jüngst liebgewonnene Gruppendialog aus Storm of Zehir fehlen. Das merkt man sofort, wenn es um die Anwendung von Fertigkeiten im Dialog geht. Wie auch im Grundspiel ist alles von den Werten des Hauptcharakters abhängig ist, selbst wenn der diplomatische Paladin und die gewitzte Schurkin unmittelbar daneben stehen. Auch eine deutsche Übersetzung vermissen wir schmerzlich. Eine Installation über ein deutsches Neverwinter Nights 2 bringt unschöne Resultate, da vereinzelte Wörter wie "Meister" – wohl aufgrund Verwendung von Platzhaltern – vom Spiel trotzdem übersetzt werden. Das führt dann zu seltsamen Satzkonstruktionen wie "Er’ll see". Abhilfe schafft nur eine Installation auf Englisch (bei einer Neuinstallation von Neverwinter Nights 2 als Installer-Sprache Englisch auswählen). Nichts ändern kann Mysteries of Westgate an den technischen Schwächen des Grundspiels. Es gibt viele Ladebalken, auch wenn die Locations etwas schneller laden als im Hauptspiel. Um die Laufwege in den Stadtbezirken zu reduzieren hat Ossian für jedes Stadtviertel mehrere Eintrittspunkte erstellt, was die Fortbewegung wesentlich angenehmer gestaltet. Öfter einmal fällt auch die mangelhafte Wegfindungsroutine von Neverwinter Nights 2 auf, die sich in den liebevoll kleinteilig designten Karten doch öfters einmal hoffnungslos verheddert.

Die Karte von Westgate zeigt die unterschiedlichen Einstiegspunkte für die drei Stadtbezirke. Das Pendeln zwischen den Orten wird dadurch deutlich verkürzt.

Fazit: Spannendes Abenteuer mit bekannten Zutaten

Mysteries of Westgate ist kein Versuch, die Neverwinter-Nights-2-Welt mit möglichst nie dagewesenen, komplizierten Spielmechaniken zu neuen Horizonten zu führen. Es beweist vielmehr, was mit den vorhandenen Werkzeugen, Engagement und Liebe zum Detail bereits möglich ist. Die Welt von Westgate ist um ein Vielfaches kleiner als die des Grundspiels, und die Kampagne wesentlich weniger episch ausgelegt. Trotzdem ist diese Stadt deutlich lebendiger und abwechslungsreicher als das Niewinter des Grundspiels. Statt sich in den Weiten Faeruns zu verlieren, hat man sich auf wenige Lokalitäten konzentriert und diese dafür umso intensiver gestaltet. Für 9,99 € ist dies eine mehr als faire Gegenleistung.

Armin Luley (GamersGlobal)

Einstieg/Bedienung Gute Tutorials gut geführtes Journal Schnellreise-Punkte viele Ladebalken Kamera muss oft angepasst werden Wegfindungs-Schwächen der KI
Spieltiefe/Balance Dichte Handlung mit vielen Details viele Talentproben Magier als Begleiter fehlt
Grafik/Technik Immer noch hübsche Optik abwechslungsreiche Lokalitäten Weiterhin schlechte Grundperformance etwas dunkel
Sound/Sprache Neue Musikstücke Gute englische Teilsynchronisation nur auf Englisch Vertonung endet teilweise mitten im Dialog
Singleplayer 2 Lösungswege konsequent low-magic Tolles Finale Kurzer Storydurchhänger kein Gruppendialog
Multiplayer nicht vorhanden

Armin Luley 28. Mai 2009 - 23:19 — vor 14 Jahren aktualisiert
Philipp Spilker 21 AAA-Gamer - P - 25137 - 29. Mai 2009 - 20:02 #

Und wie immer, wenn ich darüber etwas lese, kriege ich direkt wieder Lust darauf, NWN2 mal intensiv zu spielen. Aber ach, der Einstieg fällt so schwer. Es steht hier aber bei mir im Regal, günstig erworben. Werde dem Ganzen also vielleicht noch mal eine Chance geben, da im späteren Spielverlauf ja offenbar all das folgt, was mir normalerweise sehr liegt. Also: Komplexe Story, tolle Dialoge, spannende Kämpfe, stimmige Spielwelt.

Ist wie bei Herr der Ringe: Mag toll sein. Aber die ersten hundert Seiten? Schnarch.

Name 29. Mai 2009 - 20:57 #

Klasse Review. Normalerweise werden kleine RPG-Addons nicht ernst genommen, ganz egal, ob sie z.B. erzählerisch besser sind als die auf Hochglanz polierten Größen wie Mass Effect. Dieser Test beweist für mich jedoch, dass Gamerglobal deutlich weniger in aktuellen Trends gefangen ist, als die meisten Spielemagazine.

hoetz 11 Forenversteher - 689 - 30. Mai 2009 - 8:28 #

Das weckt Erinnerungen an tausend gespielte User Module in NWN 1, die allesamt besser waren als das Hauptspiel. Teil 2 war in puncto Story und Umfang dem Vorgänger klar überlegen (Das Add-On hat noch eins draufgepackt) doch die etwas unoptimierte Engine (Performance und Bedienung) hat mich dann auf Dauer etwas genervt.

Name 2. Juni 2009 - 17:42 #

Insgesamt schönes Review. Ich würde mir allerdings etwas weniger Information zur Story wünschen, und dafür mehr zur Spielmechanik und den Begleitern.
Einer meiner Hauptkritikpunkte an der Kampagne im Originalspiel waren die größtenteils öden Quests. Meist musste man irgendein Gebiet aufsuchen und alle Gegner töten, die dann auch noch in die Kategorie "nervig, aber nicht anspruchsvoll" fielen.
Auch die Begleiter waren größtenteils sehr stereotyp.

In MotB sah das schon deutlich besser aus - wo liegt MoW?

Armin Luley 19 Megatalent - 13755 - 4. Juni 2009 - 7:54 #

Mysteries of Westgate ist irgendwo dazwischen einzuordnen. MotB ist eine Klasse für sich, da kommt das Modul spielerisch und erzählerisch nicht ganz ran. Aber es hat nicht diese Längen des Hauptspiels.

Das meiste sind FedEx-Aufträge. Oft geht es darum, Gegner zur Strecke zu bringen, aber es gibt auch ein paar kleine Perlen darunter und eigentlich alle Quests sind hübsch verpackt worden. Dadurch, daß die Stadt recht übersichtlich ist und die Weltkarte mit vielen Einstiegspunkten versehen wurde, hast Du keine ewig langen Laufwege.

Die Begleiter haben einen Charakter und sind meiner Meinung nach recht gut geworden. Es sind keine Exoten, daher halten sich die oha-Momente in Grenzen. Aber sie sind sauber ausgearbeitet, nicht zu übertrieben, und haben alle einen Hintergrund, der bei allen im Laufe des Spiels ein wenig durchleuchtet wird. Mantides und Rinara haben gefühlt etwas mehr Liebe erhalten als Charissa.

Über die Spielmechanik gibt es wenig zu sagen. Das Modul nutzt dieselbe Technik wie das Grundspiel und weicht daher in keinem Punkt vom Hauptspiel ab.