MotoGP 22

MotoGP 22 Test+

Gut, aber mit Einstiegshürden

Benjamin Braun / 21. April 2022 - 12:31 — vor 1 Jahr aktualisiert
Steckbrief
PCPS4PS5SwitchXOneXbox X
Sport
Rennspiel
3
Milestone
Milestone
21.04.2022
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Teaser

Der König unter den Motorrad-Rennspielen stammt aus Italien und will nun nochmal alles besser machen. Schließt Milestone mit dem neuesten Teil der langlebigen Serie zu den Genre-Koryphäen auf?
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Alle Screenshots und Videoszenen stammen von GamersGlobal

Bei der Kulturmetropole Mailand denkt wohl nicht nur meine Wenigkeit als Erstes an die berühmte Modenschau oder das Teatro alla Scala – bei mir persönlich dicht gefolgt von Adriano Celentano und der Raggazo della via Gluck sowie dem Rennrad-Klassiker Mailand San Remo. Die Hauptstadt der Lombardei und zweitgrößte Stadt Italiens ist aber auch für Gamer von Bedeutung. Dort hat unter anderem auch die Spieleschmiede Milestone ihren Sitz, die bis 2013 die frühen offiziellen Spiele zur Rallye-Weltmeisterschaft umsetzten. Bereits 1999 entwickelten die Italiener ihr erstes Motorrad-Rennspiel und im Jahr 2007 starteten sie ihre MotoGP-Serie, die offizielle Versoftung der gleichnamigen Motorrad-Weltmeisterschaft.

Immer realistischer ist MotoGP seither geworden und machte es dadurch insbesondere Einsteigern zuletzt besonders schwer. Mit MotoGP 22 soll nun alles anders werden. Nicht etwa durch ein arcadigeres Konzept, sondern durch neue Tutorials und Co. Wieso dieser Plan nicht ganz aufgeht und wie sich der brandneue Story-Modus schlägt, habe ich für euch herausgefunden.
Euer Wissen aus Auto-Rennspielen bringt euch in MotoGP 22 nichts, denn die Bikes steuern sich völlig anders. Genau diese Grundlagen vermitteln die neuen Tutorials nur begrenzt.


Eine Saison zum Dahinschmelzen

Bevor ich auf die angeblich massiv verbesserten Tutorials eingehe, möchte ich auf die wichtigste Neuerung von MotoGP 22 eingehen. Die hört auf den Namen NINE Season 2009 und ist ein interaktiver Storymodus, wie ihr ihn so ähnlich auch aus Codemasters' F1 2021 (im Test: Note 9.0) kennt. Auch hier greift ihr in überwiegend kurzen Rennsessions direkt ins Geschehen ein und müsst beispielsweise innerhalb weniger Runden noch an die Spitze des Feldes fahren oder immerhin einen Podiumsplatz ergattern – interaktive Dialogsequenzen oder Interviews wie in F1 gibt es aber nicht.

Der große Unterschied aber besteht darin, dass NINE keine fiktive Geschichte von einem etablierten Rennfahrer und seinem aufstrebenden neuen Teamkollegen erzählt. Vielmehr erlebt ihr die Motorrad-Weltmeisterschaft des Jahres 2009 mit, in der gleich vier Fahrer um die Krone kämpften, eingebettet in eine hochwertige Doku des britischen Dokumentarfilmers Mark Neale.

So super es klingen mag, abwechselnd in die Rollen von Casey Stoner oder vom späteren Weltmeister Valentino Rossi zu schlüpfen, die spielbaren Abschnitte sind relativ langweilig. Das liegt vor allem daran, dass dort mangels Inszenierung nicht ansatzweise die Spannung entsteht, die von der Doku so gut eingefangen wird. Auch fällt mir die dürftige Soundkulisse in dem Kontext noch störender auf, die allgemein an der Atmosphäre nagt. Das gilt im geringeren Umfang auch für die Umgebungen abseits der Strecke, die in Sachen Grafikqualität merklich im Vergleich zu den Modellen für Fahrer und Motorräder abfallen.

Von einem Story-Modus erwarte ich mir da deutlich mehr als eingestreute, schmucklose Rennaufgaben. Daher ist es schade, dass ich mir die erstklassige Doku nicht wahlweise am Stück ansehen kann. Den ganzen Film freizuspielen war meine einzige Motivation, bei NINE am Ball zu bleiben. Glücklicherweise ist die legendäre 2009er-Saison nicht nur in dem Story-Modus enthalten. Ihr könnt auch komplette Einzelrennen auf allen Strecken und mit allen Fahrern dieser Saison starten, wobei die wichtigen Akteure wie Rossi nicht erst freigeschaltet werden müssen.
Der Storymodus NINE ähnelt dem aus F1 2021. Ein großer Unterschied: Die interaktiven Sequenzen sind in eine (wirklich gute!)  Sportdoku eingebettet, die ich mir am liebsten direkt am Stück angeschaut hätte, ohne selbst aktiv zu werden.


Fettes (Lizenz-)Paket

Über das Angebot an Spielmodi oder Rennklassen, kann sich in MotoGP 22 niemand ernsthaft beklagen. Einzelrennen (auf Wunsch auch mit freiem Training, Qualifying und Warm-Up), ganze oder verkürzte Saisons, Rennen in MotoGP oder den beiden Nachwuchsklassen Moto 2 und Moto 3 – alles kein Problem. Es gibt zudem erneut den Karrieremodus, in dem ihr euch nicht nur auf dem Bike beweisen müsst, sondern auch Team und Motorrad verbessert und beispielsweise neue Teile entwickelt. Klingt auch sehr nach F1, ist aber dem komplexeren System aus den WRC-Spielen von Kylotonn ähnlicher.

Für mich weniger relevant sind die Mehrspieler-Optionen, die seit einiger Zeit auch im eSport auf dem Vormarsch sind sowie der erstmals enthaltene Splitscreen-Modus. Zudem gibt es Zeitfahren oder die GT Academy. In Letzerer wollt ihr so ähnlich wie zuletzt in Gran Turismo 7 (im Test: Note 8.0) in einzelnen Sektoren oder auf der gesamten Grand-Prix-Strecke mit euren Zeiten Gold-, Silber- oder wenigstens Bronzemedaillen abstauben. In Einzelrennen oder Karriere könnt ihr natürlich auch euren eigenen Fahrer wählen und in der Karriere sogar ein eigenes Team erstellen. Macht euch aber insbesondere in Bezug auf die visuellen Anpassungsoptionen eures Fahrers oder eurer Fahrerin keine großen Hoffnungen.
Ist mir die Cockpitansicht sonst lieber in Rennsimulationen, bevorzuge ich in MotoGP 22 die Verfolgerkamera. Die gut erkennbare Bewegungsunschärfe könnt ihr übrigens auch auf Konsole reduzieren.


Bedingt einsteigerfreundlich

Eines der größten Probleme von MotoGP 21 war, dass der steigende Realismus-Grad es insbesondere Einsteigern erschwerte, einen Zugang zu finden. Gerade die neuen Tutorials helfen dabei allerdings eher wenig. Wie man "richtig fährt", wie oder wann man einlenken muss oder dass das Bremsverhalten der Zweiräder völlig anders ist als das von F1-Karren, wird nur begrenzt rübergebracht. Eher kommen Fortgeschrittene auf ihre Kosten, die in weiterführenden Tutorials besser über Reifenverschleiß, Spritverbrauch und Ähnliches aufgeklärt werden.

Nicht, dass die Tutorials nutzlos wären, aber sie könnten immer noch erheblich besser sein. Denn letztlich müsst ihr euch immer reinfuchsen und das geht ähnlich effektiv, wenn ihr direkt mit Einzelrennen einsteigt und so zunehmend ein besseres Gefühl für die Spielmechanik entwickelt. Trotz meiner Erfahrungen mit früheren Serienteilen und anderen Motorrad-Rennsimulationen, dauerte es gut zwei Stunden, bis ich das Geschehen halbwegs kontrollierte. Ihr müsst bereit sein, diese Phase zu überstehen, egal wieviel länger oder kürzer sie bei euch ausfallen mag; dann wird es aber immer besser.

Während ich die teils umständlich erreichbaren Fahrhilfen – bei denen das Spiel übrigens euer Fahrverhalten analysiert und vorschlägt, diese oder jene Hilfe zu- oder abzustellen – anfangs zunehmend aktiviert habe, um nicht ständig auf die Schnauze zu fallen, konnte ich später immer mehr deaktivieren. Mit F1 und Co. ist das nicht ansatzweise vergleichbar. Dort nutze ich die Hilfen allenfalls minimal, in MotoGP 22 erheblich stärker, auch weil sie schlechter dosierbar ausfallen. So stellte sich für mich der Spaß eben erst nach einer Weile ein. Simulations-Puristen beziehungsweise Spieler, die auch privat mit dem Motorrad fahren und entsprechendes Vorwissen mitbringen, müssen sich indes nicht sorgen. MotoGP 22 können auch diese Spieler mühelos in den Optionen zur Hardcore-Simulation machen.

Autor: Benjamin Braun, Redaktion: Hagen Gehritz (GamersGlobal)

 
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Meinung: Benjamin Braun

MotoGP 22 macht in Bezug auf Fahrmodell, Optik oder das Angebot an Spielmodi vieles absolut richtig. Simulations-Puristen dürfen sich sogar über ein manuell steuerbares Ride Height Device freuen und werden allgemein mit dem ultrarealistischen Rennspielerlebnis bei deaktivierten Fahrhilfen Spaß haben. Einsteiger oder Gelegenheits-Motorrad-Rennspieler werden aber auch trotz der neuen Tutorials nicht so gut eingeführt, wie es sein könnte. Selbst, wer regelmäßig Autorennspiele zockt, muss sich darauf einstellen, sich erst mal längere Zeit einarbeiten zu müssen.

Der Storymodus hätte vielleicht mein Highlight werden können. Die Dokumentations-Abschnitte zählen auch klar zu den Höhepunkten. Die interaktiven Sequenzen finde ich allerdings fast schon langweilig. Da hätte ich nur zu gerne die Möglichkeit gehabt, mir die Doku auf Wunsch einfach so anschauen zu können. Unterm Strich macht MotoGP 22 aber nochmals einen kleinen Sprung, auch wenn der letztlich nicht reicht, das Niveau eines F1 2021 zu erreichen. Freunde von Motorrad-Rennspielen finden aktuell aber definitiv keine bessere Alternative.
 
MOTOGP 22 Xbox X
Einstieg/Bedienung
  • Neue Tutorials ...
  • Viele Hilfsfunktionen und vier KI-Stufen
  • Hilfreiche Rückspulfunktion (abschaltbar)
  • ... die den langwierigen Einstieg allenfalls geringfügig erleichtern
  • Teils umständliches Menü für Hilfsfunktionen
  • Hilfssysteme könnten feiner dosierbar sein
Spieltiefe/Balance
  • Ingame-Doku im Storymodus exzellent ...
  • Gutes, überwiegend sehr realistisches Fahrmodell
  • Komplette Lizenz (Fahrer, Strecken und Co.) für MotoGP, Moto 2 und Moto 3
  • Reichhaltiges Angebot an Spielmodi und Anpassungsoptionen
  • ... interaktive Elemente aber spannungsarm
  • Nur begrenzte Individualisierungsoptionen für eigene Fahrer
Grafik/Technik
  • Ansehnliche Fahrer und Fahrzeuge
  • Schöne Wettereffekte
  • Nicht sehr detaillierte Umgebungen
Sound/Sprache
  • Komplett lokalisiert (auch im Story-Modus)
  • Solide Sprecher im Spiel, sehr guter Sprecher im Story-Modus NINE
  • Allgemein dünne Klangkulisse mit schwachen Motorensounds nagt an der Atmosphäre
Multiplayer

Nicht getestet
 
7.5
Userwertung0.0
Mikrotransaktionen
Nein
Hardware-Info
Keine Besonderheiten
 
Eingabegeräte
  • Maus/Tastatur
  • Gamepad
  • Lenkrad
  • Anderes
Virtual Reality
  • Oculus Rift
  • HTC Vive
  • Playstation VR
  • Anderes
Kopierschutz
  • Steam
  • Kopierschutzlose GoG-Version
  • Epic Games Store
  • uPlay
  • Origin
  • Hersteller-Kontoanbindung
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Benjamin Braun 21. April 2022 - 12:31 — vor 1 Jahr aktualisiert
Hagen Gehritz Redakteur - P - 174687 - 21. April 2022 - 11:08 #

Viel Spaß mit dem Test!

Crizzo 20 Gold-Gamer - - 24425 - 21. April 2022 - 13:43 #

Sind die Strecken da eigentlich "laser scanned" oder "manuell" nachgebaut wie in F1 2021?

Benjamin Braun Freier Redakteur - 440299 - 21. April 2022 - 13:47 #

Weiß ich nicht, aber für "gescannt" wirkt der Asphalt auf mich zu eben (oder man fühlt "Dellen" und so beim Fahren zumindest nicht so wie etwa in Assetto Corsa).

Gambit 05 Spieler - 48 - 24. April 2022 - 11:05 #

Nein, die Strecken wurden nicht laser gescannt. Für Puristen sicher ein Nachteil.

The Real Maulwurfn 17 Shapeshifter - 8092 - 21. April 2022 - 14:42 #

Könige der Motorradrennspiele sind für mich eher TT oder Rims.

Benjamin Braun Freier Redakteur - 440299 - 21. April 2022 - 15:15 #

Für mich nicht. Die Isle-of-Man-Spiele haben nicht ansatzweise den Realismus-Anspruch beim Fahrmodell und auch RiMS Racing ist mehr Aracade-Racer als Rennsimulation. Beide Spiele mögen einem besser gefallen, aber abseits dessen, dass es mir da anders geht, sprach ich ausdrücklich von Rennsimulationen. Und diesbezüglich genügt MotoGP wenigstens unterm Strich höheren Ansprüchen.

The Real Maulwurfn 17 Shapeshifter - 8092 - 21. April 2022 - 19:15 #

Für mich ist ein fehlerfreies TT-Rennen ohne Fahrhilfen die Königsdisziplin, da von Arcade-Racer zu reden...

Benjamin Braun Freier Redakteur - 440299 - 22. April 2022 - 12:06 #

Mag sein, dass mich da meine Erinnerung trügt, ist ja schon einige Zeit her. Teil 1 hatte ich jedenfalls recht ausführlich privat gespielt und habe das keineswegs als anspruchsarm, aber eben nicht als sonderlich realitätsnah empfunden. Arcadig heißt für mich jedenfalls nicht per se "leicht". Teil 2 habe ich tatsächlich nicht mehr gespielt, nur eine Gamescom-Demo bei BigBen, in der aber sicherlich die Hilfsfunktionen sehr hoch eingestellt waren.

The Real Maulwurfn 17 Shapeshifter - 8092 - 22. April 2022 - 13:48 #

Verstehe.

CRedfield 12 Trollwächter - P - 872 - 22. April 2022 - 20:51 #

Ich habe Moto GP 21 und RiMS im direkten Vergleich ohne Fahrhilfen gespielt und als Rennsimulation und das Fahrgefühl sind bei RiMS klar besser und auch realistischer.
Deshalb wundert mich diese Einschätzung sehr und ich wäre sehr interessiert daran, woran Du das festmachst bzw. eine kurze Erläuterung dazu.

Benjamin Braun Freier Redakteur - 440299 - 26. April 2022 - 0:47 #

Ich würde sagen: Du zuerst, denn ich fange hier garantiert nicht einfach mal so an darüber zu diskutieren, ob das jemand anders anders einschätzt als ich. Ich sage aber gerne noch dazu, dass RiMS für mich eher einen pseudo-realistisch Ansatz verfolgt, detaillierter als MotoGP, aber nicht realistischer. Indes beugen beide den Realismus, um spielbar zu bleiben, nur eben anders. Ich gebe aber gerne zu, habe ich allerdings eh schon gesagt, dass ich kein Motorrad-Fahrer bin. Bin allerdings auch kein Formel-1-Fahrer und traue mir dennoch durchaus zu, den Realismusgrad einschätzen zu können.

Kinukawa 21 AAA-Gamer - P - 25740 - 21. April 2022 - 16:15 #

Durch den Schatten unterm Hinterrad, wirkt es so, als ob das Moped schwebt.

vgamer85 (unregistriert) 21. April 2022 - 19:23 #

Uh, ich hab öfters mal überlegt mit der Reihe, also akutellem Teil, mal anzuspielen...aber wie sagt der PoS/MoJ immer...nö..aber ich will doch..nein..aber..

Crizzo 20 Gold-Gamer - - 24425 - 21. April 2022 - 19:50 #

Ich hab mich jetzt schon an mehreren Vorgängern probiert, aber die sind alle immer dem Refund zum Opfer gefallen oder wurden nicht mehr angerührt. Die Fahrerei ist sowas von unterschiedlich, zu einem AC, ACC, Forza oder F1 202x, das harmoniert bei mir gar nicht.
Wo ich auf meinem (echten) Motorrad einschätzen kann, wie schnell ich bin, wie weit ich bremsen muss und durch Lenkimpuls und Blickführung die Kurve durchschaue und quasi "automatisch" fahre. Kommt hier irgendwie kein Gefühl für die Geschwindigkeit und die Bremspunkte auf, auch auf eine geeignete Kamera hab ich mich noch nicht eingeschossen, ist auf allen irgendwie komisch.

Toddybaer 11 Forenversteher - P - 580 - 21. April 2022 - 20:08 #

Sorry, Mal wieder ein Test, der nicht auf PS4/PS5 unterschiede eingeht
Nicht jeder ist in der glücklichen Lage eine PS5 / Xbox Series X zu haben
Kann ich als PS4 Besitzer und Motorrad Fan das Spiel bedenkenlos kaufen oder nicht?

Maverick 34 GG-Veteran - - 1329566 - 23. April 2022 - 13:26 #

Nettes Review, aber für mich gilt: Wenn Rennsport-Action/Simulation, dann auf vier Rädern. ;-)