Die Gegnerdichte ist in Warren Spectors neuem Spiel nicht sonderlich hoch. In dieser Szene attackieren wir mit Farbe, die Feinde zu Freunden macht – wenn es sich nicht um Roboter handelt.

Sei ein Schwein!

Bei der gerade geschilderten Beispielmission ist jedoch zu erwähnen. dass es mit der von Warren Spector häufig gepriesenen Handlungsfreiheit und daraus folgenden Konsequenzen (siehe Interview) für Deus Ex'sche Verhältnisse faktisch dann doch eher mau zugeht. Ja, euch offenbaren sich häufig mehrere Lösungswege. Numerisch ausgedrückt allerdings fast immer nur: 2. Und was war die schlimme Konsequenz im Fall der „Ermögliche einem Piraten Geschlechtsverkehr mit einer Kuh“-Mission? Dass wir ihm was zahlen mussten, damit er den wichtigen Quest-Gegenstand rausrückt. Wahrscheinlich hätten wir die Galionsfigur als brave Buben kostenlos bekommen. Na ja.

Auch die Bosskämpfe bestreitet ihr mit grünem Verdünner (siehe Bild) beziehungsweise blauer Zauberfarbe.

Im eigentlichen Spielverlauf konnten wir durch unsere Entscheidungen nur geringfügige Auswirkungen auf unsere Handlungsweise feststellen. Immerhin: Weil wir Gegner stets mit Verdünner attackierten und damit endgültig auslöschten, was das Spiel als „böse“ registriert, tropfte von Mickys Kopf immer mehr schwarze Tinte – und zwar entgegen aller physikalischer Gesetze gen Himmel, was wirklich spooky aussieht.

Außerdem geriet die Musikuntermalung im Lauf der Zeit deutlich düsterer. Der Soundtrack verdient ohnehin ein Sonderlob, hier war keineswegs ein Unbekannter am Werk. Sondern Jim Dooley, der schon für die Filme Die Simpsons und Fluch der Karibik 3 seinen künstlerischen Beitrag leistete. Ach ja: Für den Schluss spielt es dann übrigens eine gewichtigere Rolle, wie ihr euch während des Abenteuers verhaltet. Es gibt nämlich nicht nur ein Happy End …  

Geht ihr friedlich zu Werke, indem ihr die Feindesbrut ausschließlich mit Farbe beackert und so zu Kumpels macht, folgen euch bald bis zu drei blaue Wächter, die sogenannten Tints. Ihre Pendants sind grün und heißen Terps. Beide Wächtertypen umschwirren Micky im Normalfall wie fliegende Spermien. Sie schwärmen aus und unterstützen euch beim Kampf, wenn ihr euere Wii-Controller ruckartig von euch wegbewegt. Analog zum überall im Spiel vertretenen Gut-Böse-Prinzip stimmen die Tints ihre Gegner freundlich. Die Terps killen alles, was nicht bei drei auf den Bäumen ist. Von der Funktion, uns von den kleinen Wuslern den Weg zum nächsten Auftragsziel weisen zu lassen, sind wir jedoch wenig überzeugt. Oft verwirrte uns dieses Feature mehr als es half -- kein Vergleich zu der Brotkrumen-Linie von Fable 3 oder einfach einer gescheiten Karte.

Speichersystem und andere Macken

Nicht einfacher gerät das Unternehmen „Rettet das Wasteland“ ob des unübersichtlichen Pausemenüs, das gleichzeitig als Inventar fungiert. Hier sind viele Nebenaufträge gleichzeitig aktiv, sodass ihr euch immer wieder durchscrollen müsst. Die für die unterschiedlichen Welten verfügbaren Karten erweisen sich ferner als nahezu nutzlos. Oft sind nicht mal die Gebäude beschriftet, und Nichtspielercharaktere werden wie eure eigene Position grundsätzlich nicht visualisiert. Im Grunde taugt das Interface nur, um einen Überblick über die zahlreichen Sammelobjekte zu behalten. In Micky Epic gibt es wahrlich eine Menge zu entdecken, sucht ihr die Welten genau ab. Selbst Häuser könnt ihr erklimmen, was klasse ist. Uns mochte sich der Reiz, bronzene, silberne und goldene Anstecker zu horten, dennoch nicht wirklich erschließen.

Richtiggehend fluchen dürfte der eine oder andere von euch über das Speichersystem. Einerseits zwingt es euch wegen ungünstig platzierter Checkpunkte ab und zu, besonders harte Abschnitte mehrfach zu spielen. Außerdem verliert ihr etwa beim Ableben alle Tickets (die Währung in Micky Epic), die ihr seit der letzten Speicherstelle eingetütet habt. Dafür wird der Spielstand gemeinerweise sofort überschrieben, solltet ihr zum Beispiel einen Nebenauftrag verhauen oder er zeitlich bedingt abgelaufen sein. Dieses Action-Adventure verzeiht keine Fehler und treibt Perfektionisten vermutlich irgendwann in den Wahnsinn.
 
Mit eurem Zauberpinsel könnt ihr halbe Dörfer "aufhübschen" oder "abreißen" -- ersteres macht aus Bretterwänden und tristen Kulissen schöne Hausfronten respektive prächtigen, tiefblauen "Himmel". Das bringt teilweise spielerisch etwas (durch das Bemalen der richtigen Stellen schaltet ihr manchmal quest-relevante Objekte frei), dient aber größtenteils einfach der Erbauung. Seltsamerweise aber merkt sich das Spiel nur die missionsrelevanten Bemalungs- oder Verdünnungsaktionen, sprich: Wenn ihr einen kompletten Ort mühsam angemalt habt, und er nun in Märchenidylle erstrahlt -- wird alles zurückgesetzt, sobald ihr auch nur kurz den Level verlasst.

Doch genug der (für uns durchaus überraschenden) Macken. Micky Epic hat, wie eingangs angedeutet, auch eine ganze Menge Stärken.

Die einsame Villa sieht vergleichsweise düster aus; doch andere Abschnitte wie OsTown sind sehr knallig geraten.