Der Hitman schlüpft auch in außergewöhnliche Kostüme wie dieses. Mit oder ohne sie funktionieren Ablenkungen wie ein piepender Gabelstapel noch genauso wie im direkten Vorgänger.

Sprechertext Hitman 2

Hallo liebe Spielefreunde, mein Name ist Benjamin Braun und ich begrüße euch herzlich zum GamersGlobal-Test zu Hitman 2, dem neuen Teil von IO Interactives Stealth-Actionreihe. Darin seid ihr einmal mehr als Auftragskiller Agent 47 unterwegs, um in den weitläufigen Levels Zielpersonen auszuschalten. Spielerische Freiheit wird dabei groß geschrieben, denn abseits der einer Reihe fest integrierter, besonders witziger oder spektakulärer Lösungsoptionen, könnt ihr alle Mordopfer auf vielfältige Weise ausknippsen.

Während sich IO Interactive im letzten Serienteil an einem Episodenkonzept probierte, erscheint Hitman 2 nun wieder von Beginn an mit einer vollständig spielbaren Kampagne. Die führt euch rund um den Globus in Einsatzgebiete in den USA, Kolumbien oder Indien, wobei ihr in den Gebieten zumeist zwei bis drei Ziele eliminieren müsst. In Miami müsst ihr etwa einen kriminellen Großindustriellen und seine rennfahrende Tochter um die Ecke bringen. In Mumbai sind es gleich drei Verbrecher, die ihr schlafen legen müsst, um die Mission erfolgreich abzuschließen.

Ähnlich wie im Vorgänger fallen die Einsatzgebiete recht groß und weitläufig aus und sind zudem auch stärker vertikal geprägt. Unterirdische Tunnel gibt es dabei genauso wie mehrstöckige Gebäude. Die Erkundung der Umgebung ist dabei in vielerlei Hinsicht von Bedeutung. Beim ersten Missionsdurchlauf ist eure Ausrüstung nämlich fest vorgegeben. Benötigt ihr spezielle Hilfsmittel wie eine Brechstange, müsst ihr sie irgendwo im Level auftreiben. Ohne das Brecheisen könnt ihr eine Holzkiste auf einem burgähnlichen Schloss beispielsweise nicht öffnen. Ein Ölfass könnt ihr wiederum nur mit einem Schraubenzieher anstechen.

Erst nachdem ihr eine Mission abgeschlossen habt, dürft ihr auch andere Ausrüstungsobjekte gleich mitnehmen oder auch an einem bestimmten Punkt im Level platzieren. Erst nachdem ihr bestimmte Ziele in einer Mission erfüllt habt, dürft ihr zudem andere Einstiegs- respektive Fluchtpunkte nutzen. Das kennen Spieler des Vorgängers bereits in praktisch identischer Form – und auch sonst ändert sich an den grundlegenden Spielmechaniken nur wenig. Dass euch NPCs nun auch in Spiegeln sehen können, ist schon die größte Neuerung.

Um in bestimmte Bereiche vordringen zu können, müsst ihr euch eine geeignete Verkleidung besorgen. Oft reicht die einer speziellen Sorte von Wachpersonal, auch als Kellner dürft ihr euch manchmal in Bereichen aufhalten, die ansonsten nur für VIPs zugänglich sind. Am effektivsten sind jedoch Verkleidungen individueller Charaktere. Der „Slumkönigin“ von Mumbai nähert ihr euch als Schneider getarnt mühelos. Da ihr von den Wachen am Eingang allerdings gefilzt werdet, solltet ihr vorher irgendwo eure Waffen entsorgen. Aber auch mit einem berufstypischen Maßband kann man ja so einiges anstellen...

Wie schon in den letzten Teilen der Reihe gibt es in Hitman 2 keine einzige Verkleidung, die euch allenorts effektiv tarnt. Tragt ihr etwa den Mechanikeranzug eines Rennstalls, gibt es unter den Kollegen immer auch immer welche, die euer Gesicht als fremd erkennen. Wem ihr verdächtig wärt, erkennt ihr allerdings an einer Markierung über dem Kopf der NPCs. Der ändert sich auch kontextsensitiv zu eurem Verhalten. Auch jemand, der euch normalerweise nicht enttarnen würde, findet es seltsam, wenn er euch beim Schleichen sieht. Künstlich wirkt das System zwar bisweilen schon. Es bringt allerdings die notwendige Verlässlichkeit, die ein solches Spiel braucht, um nicht in einem Trial-and-Error-Fiasko zu enden.

Trial and Error bleibt grundsätzlich jedoch Teil des Spielprinzips. Es macht allerdings Spaß, herauszufinden, was geht und was nicht. Wer sich lieber anleiten lassen möchte, kann das in Hitman 2 tun. Im Rahmen der sogenannten Storymissionen könnt ihr euch nahezu lückenlos durch eine von mehreren vorgefertigten Tötungen leiten lassen. Das Spiel verrät euch dabei zwar nicht immer alles, etwa wo ihr ein für die Storymission notwendiges Werkzeug findet. Meist aber gibt euch das auf Wunsch komplett abschaltbare System Ziele sehr konkret vor und markiert Zielpunkte genau in der Umgebung.

Ob ihr diese Lösungsoptionen nun selbst rausfindet oder euch hindurchleiten lasst, die Storymissionen lohnen sich definitiv am meisten. Im Rahmen dessen erschlagt ihr etwa den Kartellboss in Kolumbien mit seiner eigenen Statue auf dem Marktplatz oder hüllt euch gar ins Totenhemd eines Verstorbenen, um der trauernden Zielpersonen schließlich eine tödliche Überraschung zu spendieren.

Die sechs Storymissionen führen euch rund um den Globus. Nicht nur in Mumbai bekommt ihr es mancherorts mit Massen von NPCs zu tun, die (meistens) realistisch auf euch reagieren, wenn ihr euch durchdrängt.

Ihr habt in den sechs Hauptmissionen, die euch auf dem mittleren der drei Schwierigkeitsgrade gut zehn ohne flächendeckende Nutzung der Storyleitfäden gut und gerne auch 15 Stunden beschäftigen werden, aber natürlich prinzipiell freie Hand. Theoretisch müsst ihr nicht mal die Ziele isolieren und entsprechend unbemerkt bleiben. Die Balleroption ist tatsächlich sogar etwas leichter geworden, da Agent 47 nicht mehr ganz so schnell aus den Latschen kippt. Einen gangbaren Weg stellt sie letztlich aber nicht dar, zumal eine gute Abschlussbewertung damit nicht erreichbar ist.

Zur Story möchte ich eigentlich nicht viele Worte verlieren, da sie schlicht nicht der Rede wert ist. Sie mag besser sein als die Geschichte des Vorgängers, ist aber weder besonders gut erzählt und im Rahmen der Standbildsequenzen auch nur mäßig inszeniert. Allerdings juckt mich die Story am Ende eh nicht wirklich, da sie für mich nie der Grund war, weshalb ich die Hitman-Reihe immer gern gespielt habe.

Neben der Kampagne dürft ihr euch auch noch an einer Sniper-Challenge namens The Last Yardbird probieren. Darin müsst ihr mehrere Zielpersonen erledigen und erhaltet später auch noch Punkte für den Abschuss anderer Gäste und des Wachpersonals. Diese Mission könnt ihr indes auch kooperativ angehen. Den kompetitiven Mehrspieler-Part namens Ghost Mode konnte ich aufgrund erfolgloser Mitspielersuche im Vorfeld des offiziellen Release noch nicht ausprobieren – er hat bis auf Weiteres erst mal aber ohnehin nur einen Beta-Status.

Nachschub an Inhalten wird es auch in den kommenden Wochen und Monaten geben. Wie im Vorgänger könnt ihr selbst Missionen auf den bestehenden Karten erstellen und mit anderen teilen respektive die von anderen Spielern angehen. Von IO selbst kommen noch die „Schwer zu fassendes Ziel“-Missionen. Die erste mit Gaststar Sean Bean stand zum Testzeitpunkt noch nicht zur Verfügung.

Wie im Vorgänger werdet ihr diese Missionen jedoch nur spielen können, so lange ihr mit den Hitman-2-Servern verbunden seid. Da ihr bei diesen Aufträgen nicht speichern dürft und ihr bei einem Verbindungsabbruch aus der Mission fliegt, könnte es einmal mehr zu ärgerlichen Situationen kommen. Während meines Tests – für Challenges oder Storymissionen sammelt ihr online auch Punkte – kam es allerdings nur ein einziges Mal zu einem kurzen Verbindungsproblem mit den Servern.

Und damit möchte ich zu meinem persönlichen Fazit kommen. Mir hat Hitman 2 mit seinen großen Einsatzgebieten und den vielen Lösungsoptionen richtig gut gefallen. Gerade die Storymissionen sind oft so stark designt, dass ich allein wegen ihnen bereitwillig eine Mission ein weiteres Mal angehe. Dass die Grafik ein wenig angestaubt ist, stört mich dabei am Ende genauso wenig wie die langweilige Geschichte. Ein Hitman spiele ich jedenfalls nicht wegen der Story, die ist für mich allenfalls ein Bonus.

Vielleicht wären abseits von Spiegeln und Kameras ein paar größere Innovationen möglich gewesen, die das Spiel unterm Strich nahezu vollständig schuldig bleibt. Aber das System funktioniert gut und macht vor allem Spaß! Da sich jedoch im Kern nichts Wesentliches verändert, vom nervigen Episodenkonzept und dem neuen Ghost Mode mal abgesehen, könnte man Hitman 2 auch genauso gut als allein lauffähiges Missionspaket für den Vorgänger betrachten. Ich kann ja nicht zufällig auch die Missionen des Vorgängers über das Menü von Hitman 2 starten.

Das meine ich allerdings als Feststellung und gar nicht wirklich als Kritik. Denn dieses Missionspaket, ich bleibe mal bei dem Begriff, ist so umfangreich und hochwertig, dass der Vollpreis gerechtfertigt ist – auch ohne vollständige deutschsprachige Lokalisation. Hitman-Fans können hier definitiv bedenkenlos zugreifen! Meine Wertung für Hitman 2 lautet 8.5.

Meist erhaltet ihr in belauschten NPC-Gesprächen die notwendige Info, um einer der linearen "Storymissionen" zu folgen. Ihr könnt das System komplett deaktivieren und habt auch so große Freiheiten in eurem Vorgehen.