Conan Unconquered

Conan Unconquered Test

Bezwinger der Horden

Jörg Langer / 1. Juni 2019 - 21:31 — vor 4 Jahren aktualisiert
Steckbrief
PC
Strategie
Echtzeit-Strategie
Petroglyph
Funcom
29.05.2019
Link

Teaser

Es ist ein They-Are-Billions-Klon und mit der Blut-Gewalt-und-Sex-Vorlage hat es quasi nichts zu tun. Dennoch macht das Defensiv-RTS von Petroglyph Spaß. Sogar barbarisch Spaß! Sofern man obsiegt...
Dieser Inhalt wäre ohne die Premium-User nicht finanzierbar. Doch wir brauchen dringend mehr Unterstützer: Hilf auch du mit!
Alle Screenshots stammen von GamersGlobal

Mancher Jüngere mag glauben, They Are Billions habe den Mix aus RTS und Tower Defense erfunden, bei dem man Rohstoffe sammelt, eine Basis baut und mit Mauern abschirmt, und zunehmend schwere Angriffe (durch Zombies) überstehen muss. Etwas Ältere meinen vielleicht, es handele sich um ein Mobilspiel-Prinzip. In Wahrheit gibt es die Mischung spätestens seit dem MS-DOS-Spiel Siege (von Action 16/Mindscape) aus dem Jahr 1992. Dennoch: Ich kann gar nicht anders, als Conan Unconquered als einen dreisten They-Are-Billions-Klon zu empfinden, die Ähnlichkeiten sind frappierend.

So frappierend, dass ich eine ganze Weile gebraucht habe, um die durchaus vorhandenen Unterschiede zwischen beiden Spielen zu erkennen. Und dass Conan Unconquered richtig Spaß machen kann und manchem vermutlich mehr als das Vorbild, zumindest in seiner jetzigen, immer noch kampagnenlosen Form!

Der Fluch der ersten Stunde
Es gibt nur fünf Szenarien (allerdings teils viele Stunden lang) plus den "Unconquered"-Sandkasten-Modus.
Man sollte sich dem Spiel allerdings nicht so nähern, wie Heinrich Lenhardt und ich das in der aktuellen Stunde der Kritiker gemacht haben: Nämlich sich sogleich im Koop-Modus in den Sandbox-Modus „Unconquered“ zu stürzen (der auch solo spielbar ist). Petroglyph hat sich das nämlich anders gedacht und eine „Kampagne“ gefertigt, die aus fünf hintereinander spielbaren Szenarien mit fester Map und Ausgangslage besteht. Ziemlich wenig? Ja, auch wenn man an den Missionen ab der dritten jeweils etliche Stunden spielt — sofern man überhaupt erfolgreich ist. Aber gerade die ersten beiden Szenarien sind ohne weiteres machbar, führen mit etlichen Startgebäuden und nur fünf beziehungsweise zehn Wellen-Attacken aber gut ins Spiel ein. Und geben mir, ganz anders als They Are Billions, bereits nach etwa einer Stunde (statt nach zehn oder 20!) mein erstes Erfolgserlebnis: Level geschafft!
 
Die große verschenkte Chance von Conan Unconquered: In Sachen Story nutzt das Spiel seine Vorlage kaum. Es gibt zwar die Kampagne, aber außer einigen dünnen Textzeilen gibt es keinerlei Einordnung oder gar Handlung. Es geht gegen den bitterlich bösen Thugra Khotan, der das Land Khoraja bedroht. Wir führen die Verteidigung an. Cutscenes sind, vom Intro und mutmaßlich Extro abgesehen (die fünfte und letzte Mission habe ich noch nicht geknackt), Fehlanzeige. Allerdings lässt sich vom Hauptmenü aus ein Conan-Comic aufrufen, die Kapitel 2 bis 6 öffnen sich nach und nach mit jeder gewonnener Mission. Nett, aber kein Ersatz für eine Ingame-Story. Das gibt ein klares „Mangelhaft“ in der Abteilung Atmosphäre!
 
Dem eigentlichen Spiel mangelt es zwar an einem Tutorial, allerdings lassen sich ausführliche Tutorialtexte lesen, auf die ein unscheinbares Ausrufezeichen rechts oben hinweist, wann immer ein neues Feature ansteht. Wie schon bei They Are Billions gilt: Probieren geht über Studieren, man wird einige Partien brauchen, bis man drin ist. Doch es lohnt sich!
 
Im aus der Eingangssequenz des ersten Conan-Films bekannten "Rad der Schmerzen" arbeiten Sklaven, Conan selbst steht oben mit Soldaten neben einem Schrein. Das Rad erhöht die Leistungskraft diverser Gebäude.

Conan als heldenhafter MangelverwalterConan Unconquered zelebriert das Prinzip „Mangel“ in Reinkultur: An allen Ecken und Enden fehlt es an Ressourcen, Truppen, Mauern und vor allem Zeit, etwas daran zu ändern. Wir beginnen mit unserer Festung, die uns in jedem Produktionszyklus (von etwa 40 Sekunden Dauer) 100 Gold schenkt und einen Grundstock an „Befehlsgewalt“ und „Einwohnern“. Das wären die drei wichtigsten Ressourcen, dazu gibt es noch Holz, Stein, Eisen, Tiere und Mondmetall.
 
In Windeseile müssen wir nun mit unserem Helden (Conan oder Valeria, sie unterscheiden sich in der Spezialfähigkeit, per DLC gibt es auch noch den Zauberer Kalanthes) unsere Siedlung hochziehen; manchmal starten wir auch schon mit Gebäuden und sogar Mauern. Denn schon bald kündigt sich die erste Welle der feindlichen Horde an: Zunächst sammelt sie sich, und in der Regel sehen wir, wo sie das Spielfeld betreten wird. Gerade zu Beginn wird es nun Zeit, in diese Richtung eine Mauer hochzuziehen, idealerweise an Engstellen, die wir vorher aufgeklärt haben. Da wir genau erfahren, wie die Horde zusammengesetzt sein wird, können wir uns in den Minuten bis zu ihrem Eintreffen vielleicht noch darauf einstellen; rücken etwa Katapulte an, die Kadaver oder Feuerbälle werfen, sollten wir Reiterei besitzen. Die müssen wir aber erst mal erforschen und dann das richtige Gebäude bauen — das Wirtschaftssystem von Conan Unconquered ist durchaus nicht trivial, zumal die Gebäude horrende Unterhaltskosten haben. Schnell ist aus einer gesunden Situation mit viel Goldreserven durch den unbedachten Bau von ein oder zwei fortgeschrittenen Bauwerken eine kaum noch gesund zu bekommende Schieflage entstanden.

Die Horde brandet heran und macht gezielt Jagd auf unsere Befehlsstandarten (liefern „Befehlsgewalt“ und erweitern unseren Bauradius) und Produktionsgebäude; ihr eigentliches Ziel ist aber unsere Festung. Fällt diese, ist die Partie sofort verloren. Bis zu 25 Wellen pro Partie müssen wir überstehen, und jede kann sich in bis zu acht Gruppen aufteilen, die von unterschiedlichen Stellen der Karte aus angreifen. Zum Glück kann man jederzeit in einen Pausenmodus wechseln und darin weiterhin Befehle erteilen oder sich Ressourcen-Verbrauch und Co. durchrechnen — wer diesen nicht nutzt, wird chancenlos untergehen.
 
Es ist gar nicht so einfach, eine funktionierende Wirtschaft auf die Beine zu stellen. Tipp: Lieber nicht alles erforschen und bauen...


Wachsendes TerritoriumMit zunehmender Partiedauer und Technologie wird unser Platzbedarf immer größer, denn viele Produktionsgebäude sind von Ressourcen wie Wäldern abhängig oder schließen in einem Radius um sie herum weitere Gebäude desselben Typs aus. Wir finden Rohstoffe aber auch bei den zahlreichen neutralen Feindestrupps, die in die Gegend platziert wurden, oder können sie (zu horrenden Preisen) im Marktplatz eintauschen, sobald wir diesen erforscht und gebaut haben. Gleichzeitig steigert dieser Marktplatz die Goldproduktion der umliegenden Häuser — ihr seht schon, man braucht Platz in Conan Unconquered. Dieser Platz will aber auch verteidigt werden, und je länger die Wege zwischen den Ecken der Stadt werden, desto schwieriger wird es, mit den immer knappen Truppen mehrere Angriffswellen gleichzeitig abzuwehren.

Die Faszination beim Spielen kommt aus dem dauernden Umschalten zwischen Defensive und Offensive: Denn wer die Angriffspausen nicht nutzt, um das Umland aufzuklären und neutrale Monstertrupps wegzuhauen, dem entgehen wertvolle Bonusressourcen respektive -Gold, und vor allem auch Erfahrung für seine Einheiten: Der eigene Held kann zweimal aufsteigen, die normalen Truppen einmal, und Veteranen kämpfen deutlich besser als Normalos. Da man nie genug Truppen für alle Mauernabschnitte hat, fängt man an, in Türmen nur eine Notbesatzung zu lassen und den Rest dann zu verlegen, sobald man weiß, wo ungefähr die nächsten Angriffe anbranden werden. Dazu dann noch ein, zwei oder später auch vier mobile Eingreiftrupps, und dann ist man eben ständig am Verschieben, Herumhetzen, Zurückziehen zwecks Heilung und wieder An-die-Front-werfen.
Anzeige
Alle paar Minuten greifen Hundertschaften immer schwererer Gegner an, die wir mit Mauern, Türmen und Soldaten abwehren.
 
Jörg Langer Chefredakteur - P - 469386 - 1. Juni 2019 - 21:33 #

Viel Spaß beim Lesen!

Al3xanderD 10 Kommunikator - 521 - 1. Juni 2019 - 22:31 #

Vielen Dank!

zfpru 18 Doppel-Voter - 10896 - 1. Juni 2019 - 22:33 #

Das Spiel wird sich nicht auf breiter Front durchsetzen.

Jörg Langer Chefredakteur - P - 469386 - 1. Juni 2019 - 23:19 #

Es wird sich nicht mal auf schmaler Front durchsetzen. Ist eher ein Leckerbissen für Kenner :-)

Michl 16 Übertalent - 4299 - 1. Juni 2019 - 22:52 #

Na das hört sich doch um einiges besser an.
Freut mich, aber trotzdem reizt es mich leider gar nicht...

vgamer85 (unregistriert) 2. Juni 2019 - 0:14 #

Bin gespannt wie erfolgreich es wird :-)

Slaytanic 25 Platin-Gamer - - 62062 - 2. Juni 2019 - 0:18 #

Ich glaube es bleibt ein Nischentitel.

Faerwynn 20 Gold-Gamer - P - 20268 - 2. Juni 2019 - 10:03 #

Omg, ein zweiseitiger Test bzw Text! Ich kriege nostalgische Freudentränen :)

Hyperlord 18 Doppel-Voter - 12024 - 2. Juni 2019 - 12:11 #

Hätte ich nicht gedacht, dass das Spiel noch so gut wegkommmt. Mich stresst das viel zu sehr nach Studium der SdK

Jörg Langer Chefredakteur - P - 469386 - 3. Juni 2019 - 7:45 #

Klar, Stress ist fast schon das Grundprinzip dieser Spiele, in der Bedeutung von knappen Ressourcen inkl. Zeit. ABER du kannst beliebig oft und beliebig lange die Zeit anhalten und dabei weiterhin Befehle geben, was den „körperlichen“ Stress doch stark reduziert. So wie in der SdK spielt man das Ding jedenfalls nicht, zumindest solo nicht :-)

angelan 15 Kenner - P - 3219 - 3. Juni 2019 - 6:47 #

nach der SdK hatte ich auch so den Eindruck - Stress und den habe ich bei der Arbeit genug.
War zwar lustig, dem zuzuschauen wie die beiden von der einen Seite zur anderen gehetzt sind um die Horden zu besiegen, aber selbst...
und hier zeigt sich auch wieder, was ein fehlendes richtiges Handbuch bewirkt, man hat keine Ahnung, was eigentlich abgeht...

Jörg Langer Chefredakteur - P - 469386 - 3. Juni 2019 - 7:05 #

Aber dies ist nicht die SdK, sondern ein Test, der auch zu einem anderen Schluss kommt als die SdK. Wohlgemerkt, nichts gegen deine Meinung, aber es wirkt ein wenig so, als fuße sie nur auf der SdK.

TSH-Lightning 26 Spiele-Kenner - - 65103 - 3. Juni 2019 - 19:37 #

Also ich hab den Test gelesen, aber du bist ja schon bei den Kommentaren unter der SdK drauf eingegangen :)

TheRaffer 23 Langzeituser - P - 40297 - 3. Juni 2019 - 22:06 #

Dank SdK und diesem Test weiß ich nun, dass dieses Spiel nichts für mich ist :)

rammmses 22 Motivator - P - 32636 - 3. Juni 2019 - 23:35 #

Also ich wusste ja sogar schon vor der sdk, dass das Spiel garantiert nichts für mich ist. ;) Finde es aber toll, dass ihr auch Nischenspiele testet, also das hier, pathologic 2, fade to silence usw findet man nicht überall, schon gar nicht so fundiert.