Test: Fährt ein Zug nach Siegen

Train Simulator 2012 Test

Neues Modell, lizensierte Originalteile – so könnte man kurz zusammenfassen, was den Train Simulator 2012 im Vergleich zum Vorgänger ausmacht. Das heißt: kaum neue Loks, keine neuen Strecken. Warum es sich trotzdem lohnen kann, das Interrail-Ticket in die Ecke zu pfeffern und lieber am PC Zug zu fahren, ergründen wir in diesem Test.
Benjamin Braun 5. Oktober 2011 - 15:50 — vor 12 Jahren aktualisiert
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von Martin Schnelle

Vor vielen Jahren brachte der britische Publisher Kuju Entertainment für Microsoft den Train Simulator heraus. Es sollte dann ein zweiter Teil folgen, doch Microsoft entschied sich später dagegen. Also veröffentlichte Kuju mit Electronic Arts den Railroad Simulator. Aus nicht näher bekannten Gründen ließ nun der Entwickler vom Projekt ab, und ein anderer namens Rail Simulator Development übernahm den technischen Support des Spiels.

Diese Firma entstand aus mehreren Kuju-Programmierern und -Designern sowie Third-Party-Herstellern. Sie entwickelten dann eine fortgeschrittenere Version des Simulators, die den Namen RailWorks trägt. In diesem Test aber soll es um den Train Simulator 2012 gehen, der genauso gut auch "RailWorks 3" heißen könnte. Denn die Eisenbahnsimulation stammt vom selben Team, das mittlerweile unter dem Namen RailSimulator.com firmiert. Gut erkennbar ist die nahe Verwandtschaft nicht zuletzt an den Strecken, die jeweils dieselben sind.

Simulant oder Simulation?
Richtig geraten: Natürlich geht es im Train Simulator, ihr erwartet dafür nun aber bitte kein Achievement, ums Zugfahren. Und zwar auf neun Strecken, die teils frei erfunden, zum größeren Teil aber realen Vorbildern nachempfunden sind. Da der Entwickler britisch ist, laufen auch die meisten der Schienenwege durch Großbritannien. So gibt es beispielsweise Strecken, die euch von Newcastle nach York oder von Oxford nach Paddington führen. Das Programm führt uns auch auf Gleistrassen in den USA, auf denen wir von Barstow nach San Bernardino unterwegs sind. Außerdem steht der sogenannte "TestTrack" für Rangierfreunde und Schnellfahrer zur Verfügung. Auch im schönen Deutschland ist eine Strecke angesiedelt, zwischen Hagen und Siegen.

In vier Tutorials macht ihr euch zunächst mit den Grundzügen des Train Simulators vertraut. Wirklich brauchen werdet ihr davon maximal jenes, das euch das Rangieren näher bringt. Die 17 simulierten Lokomotiven umfassen alte Dampfrösser wie die britische 7F 2-8-0 und übliche Nah- und Fernverkehrsloks, etwa die Class 37, 47 oder 166. US-Zugmaschinen rollen über die entsprechenden Nordamerika-Routen, so die EMD F7 oder die EMD SD-40. Und welche Freude für einheimische Bahnpiloten: Auch hiesige Loks wie die DB 101 oder 151 fahren durchs Sauerland.

Wenn ihr einen der Vorgänger besitzt, wird euch das Angebot an Zugmaschinen sehr bekannt vorkommen. Denn bis auf zwei waren sie alle schon im Vorgänger enthalten. Der Umfang variiert allerdings je nach Version, die ihr kauft. Steam-Kunden, die Railworks 2 besitzen, bekommen ein kostenloses Upgrade auf den Train Simulator 2012. Ein weiterer Vorteil für Käufer auf Valves Online-Plattform besteht darin, dass alle Addons des Vorgängers ohne weiteres mit dem Nachfolger kompatibel sind. Neukäufer erhalten hingegen eine weitere Strecke -- und zwar das US-Szenario "Horseshoe Curve" in Pennsylvania. Unter Bahnfreunden ist das ein prominenter Schienenweg: Die landestypisch oversized (sprich: extra-riesig-langen) US-Güterzüge fahren dort nämlich um eine berühmte 180°-Kurve, sodass ihr aus der Lokführerkabine auf der gegenüberliegenden Seite des Gleises euren eigenen Zug seht.

Im deutschsprachigen Raum erscheint das Spiel über den Simulationsexperten Aerosoft (Berlin Subway, Flight Simulator X), der auch gleich ein Add-on von Entwickler German Railroads mitliefert. Es umfasst eine ICE-Stecke, auf der ihr mit dem Hochgeschwindigkeitszug der DB über die Schienen rollt. Unserer Testversion lag diese Erweiterung allerdings nicht bei, ebenso wenig die "Horseshoe Curve". Aber auch so bietet das Spiel eine Menge Eisen fürs Geld. Schade finden wir, dass wir die Züge nicht einfach so frei über die vorhandenen Schienenwege steuern können. Ein Editor wird zwar mitgeliefert, aber der ist eher umständlich zu bedienen und zu komplex, als dass er zu so etwas Profanem wie dem Austausch von Loks geeignet wäre.

Von Hagen lernen, heißt Siegen lernen
Alle Lok-Cockpits sind komplett dreidimensional gehalten, alle im Spiel enthaltenen Funktionen direkt anklickbar.
Da fällt uns doch glatt noch etwas zur Historie ein: 2006 hielt Microsoft eine Pressekonferenz in München zur Bekanntgabe von Games for Windows ab -- passenderweise im Hauptbahnhof. Unter anderem wurden die Launch-Titel vorgestellt. Darunter: der Rail Simulator. Während der größte Teil der Journalisten damals unbedingt Halo 2 für den PC sehen wollte, setzte sich der Autor dieses Artikels an den Tisch daneben. Dort saß jemand von Kuju Entertainment und führte den Rail Simulator vor. Ganz stolz eröffnete er den deutschen Pressevertretern, dass es auch eine Strecke in "Germany" gab -- und zwar von Hagen nach Siegen.

Was der bedauernswerte Entwickler damals noch nicht wusste: Der Verfasser dieser Zeilen ist nicht nur Sohn eines Bahnbeamten, sondern stammt auch noch aus Hagen. Ihr könnt euch das entsetzte Gesicht des Mannes vorstellen, als er davon erfuhr. Er beeilte sich zu erklären, dass natürlich nicht jedes Detail stimmen könne. In der Tat! Der Hauptbahnhof in Hagen hat zwei bogenförmige Hallen, das stimmt. Aber das war es dann auch schon mit den Gemeinsamkeiten. Das Jugendstilgebäude des eigentlichen Bahnhofs fehlte, genau wie die ganze direkte Umgebung. Ob sich in den vier Jahren seit Release dieses Vorgängers im Train Simulator 2012 etwas geändert hat? Auf der nächsten Seite berichten wir von unserer Probe aufs Exempel.
Auch mit historischen Zügen können wir fahren, etwa mit dem Somerset and Dorset Joint Railway 7F 2-8-0.
dis is dis (unregistriert) 5. Oktober 2011 - 16:30 #

Tja,
danke für den guten Test und natürlich schade, denn das ist schon ein wenig ernüchternd.

Johannes 24 Trolljäger - 53700 - 5. Oktober 2011 - 16:36 #

Der Martin Schnelle ist niht zufällig ein Verwandter vom Mick? :-)

Martin Schnelle (unregistriert) 5. Oktober 2011 - 16:45 #

Der Bruder. :)

Mick Schnelle Freier Redakteur - 7940 - 5. Oktober 2011 - 16:47 #

Isser! Leider nicht zufällig... :-)

Johannes 24 Trolljäger - 53700 - 5. Oktober 2011 - 16:59 #

Alright, danke für die Info ;-)

El Cid 13 Koop-Gamer - 1784 - 5. Oktober 2011 - 16:47 #

Pro Train Perfect 2 auf Basis von Trainz 2010 ist auch noch ein sehr interessantes Spiel, behandelt nur deutsche Strecken. :)

Mick Schnelle Freier Redakteur - 7940 - 5. Oktober 2011 - 16:49 #

Schönerr Test, werter Bruder. Hurra, die alte Heimat auf dem PC. Vielleicht fahre ich auch mal mit dem Dingen los, allein schon um den alten Güterbahnhof meiner Kindheit mal wieder zu sehen...

Christoph 18 Doppel-Voter - P - 10231 - 5. Oktober 2011 - 17:08 #

Ich hatte mir letztens bei Steam ernsthaft mal überlegt, ob ich das spielen will. Habe außer vor 10 Jahren und früher Flugsimulatoren nie irgend etwas vergleichbares angefaßt. Aber dieser Simulator scheint ja - zusammen mit dem Flight Simulator - das hochwertigste Simulationsprodukt zu sein, das aus der "XY Simulator 20xy"-Ecke kommt.

Danke für den aussagekräftigen Test!

firstdeathmaker 18 Doppel-Voter - 9333 - 5. Oktober 2011 - 17:09 #

Danke für den detaillierten und interessant geschriebenen Test! Da sieht man den grossen Vorteil von GG: Man hat manchmal wirklich extreme Experten dabei die einen Titel auch gut einordnen können.

Zaunpfahl 19 Megatalent - 17564 - 5. Oktober 2011 - 20:05 #

Schön geschriebener Test, der auf die vielen Stärken und Schwächen des Programms eingeht. Ich möchte dennoch ein paar Anmerkungen loswerden:
- der "TestTrack" basiert auf dem Testgelände von Siemens in Wildenrath (NRW), hier die Vergleichsansicht: http://g.co/maps/u6zcm
- ein Addon namens "German Railroads" von Aerosoft wäre mir neu, wohl gibt es aber einen Addon-Hersteller gleichen Namens, der einige RW Addons produziert hat, sich aber seit dem Update auf TS2012 wieder ausschließlich auf den MSTS konzentriert.
- "keine neuen Inhalte" stimmt so auch nicht ganz, es gibt einen neuen Zug (Hitachi Super Express, ein Konzept Design aus UK, der ab 2016 als britische Version des ICE fahren soll), die neue Strecke "Horseshoe Curve" die an sich in den Box Versionen enthalten sein sollte. Eine neue Strecke für den deutschen ICE habt ihr hiermit irgendwie komplett exklusiv enthüllt, davon ist in der Szene noch nichts bekannt.
- außer den den ganzen Addons auf Steam gibt es auch eine rege Freeware Szene, die schon für RW2 dutzende neue Strecken und Loks produziert hat, plus noch ein gutes Dutzend Hersteller die ebenfalls Payware Addons anbieten, die nicht auf Steam auftauchen.

Ansonsten kann ich das Ding aber allen Leuten weiter empfehlen, die ein ernsthaftes Interesse an Simulationen haben und sich für Züge generell begeistern können.

Martin Schnelle (unregistriert) 5. Oktober 2011 - 20:21 #

Danke für die TestTrack-Info, das war mir unklar - ich hatte die Info, sie sei nicht real.
Und ja, das ICE-Add-on ist von German Railroads - ist in der deutschen Box-Version enthalten, so die Info von aerosoft.
Neue Züge hatte ich ja erwähnt. :)
Die "Horseshoe Curve" bekommen Neukäufer, wer vom "Railroad Sim 2" updated, bekommt sie aber nicht - meine Testversion hatte sie nicht.

Zaunpfahl 19 Megatalent - 17564 - 5. Oktober 2011 - 22:50 #

Scheint als wäre nicht nur bei der normalen Version so manches durcheinander geraten, schade das auch eure Testversion anscheinend nicht alles enthält. Und ok, wenn in der Box nur der ICE Zug drin ist, ist die "Enthüllung" doch nicht soo groß ;)

DomKing 18 Doppel-Voter - 9954 - 6. Oktober 2011 - 0:36 #

Schöner Test. Nur mit der "Grafikwertung" stimme ich gar nicht überein. Bei solch einem Spiel frage ich mich heutzutage, wie die Umgebung aussieht. Und die sieht sowohl im Video, wie auch auf den Screenshots schlicht und einfach scheiße aus. Gerade wenn man weiß, wozu Grafikkarten imstande sind. Ein großartige Veränderung außer der Auflösung erkenne ich zum Original Train Simulator von 2001 nicht.

Ehrlich finde ich, dass heutige Spiele schon recht wahrheitsgetreu bleiben sollten. Natürlich kann z.B. ein Flight Simulator nicht alles bieten, aber bei einem Spiel, wo eh nur bestimmte Strecken vorhanden sind, sollte es mehr Realitätsnähe sein, als nur die Landschaft. Und vor allem schöner!

Ich verstehe den Spaß, den man haben kann an so einem Spiel. Nur nachdem ich Train Simulator vor langer Zeit gespielt habe, fehlt mir doch eher die Aussicht auf tolle Landschaften, die ich in der Realität nicht haben kann. Wozu sollte ich mir also das Spiel kaufen, selbst wenn ich Züge mag, aber nicht auf S-Bahn fahren?

PS: Ist natürlich nur meine Meinung.

Zaunpfahl 19 Megatalent - 17564 - 6. Oktober 2011 - 2:22 #

Ähm, ok vergleiche die Bilder auf der MSTS Homepage (die witzigerweise immer noch online ist) hier: https://www.microsoft.com/games/trainsimulator/screenshots.aspx
nochmal mit den Screenshots aus dem Test und der Galerie hier und sag mir das die gleich aussehen... Und vergiss nicht: die Führerstände im MSTS waren 2D, so nett sie auch heutzutage noch aussehen. Wo ich dir zustimme ist, dass aktuelle Hardware zu mehr fähig wäre, wobei die neue "TSX-Engine" auch so schon genug Probleme auf vielen Rechnern bereitet.

Martin Schnelle (unregistriert) 6. Oktober 2011 - 16:42 #

Also, der "MSTS" sieht schon deutlich schwächer aus. Dan wurden ja schon 100 Meter vor dem Zug (wenn nicht 50 Meter) die Bahnschwellen in Brei gefiltert.

Der TS 2012 hat ja gerade den deutlichen Vorteil, auch auf schwächeren Maschinen zu laufen. Ich finde außerdem den Grafikstil gut gelungen - wie gesagt, schau Dir die Häuschen an der Strecke an.

anonymer Onkel (unregistriert) 6. Oktober 2011 - 22:44 #

Mich erinnert die Grafik spontan an Operation Flashpoint. Nur: Das galt vor 10 Jahren mal als gut aussehend.

Gigi d'Angostura 11 Forenversteher - 592 - 6. Oktober 2011 - 11:36 #

Toller Test, danke!

Hab mir mal bei einem Steam-Sale Railworks gekauft für glaub ich unter 10 Euro. Damals hiess es Train Simulator 2010. Der wurde dann gratis auf 2011 gepatcht und jetzt auf 2012. Find ich echt spitze, dass das bei Steam kostenlos ist.

Labrador Nelson 31 Gamer-Veteran - P - 265163 - 6. Oktober 2011 - 21:18 #

Tutuuuut!

uLu_MuLu 14 Komm-Experte - 2109 - 5. November 2011 - 22:11 #

Habe mir den Test zwar nur zum Teil durchgelesen, aber ich komme aus Siegen. Bin per Zufall durch die Überschrift auf den Artikel gestoßen... *GG*