Report: Verkehrte Welt

Spielemarkt Osteuropa Report

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Ein Media Markt sieht überall gleich aus. Ohne die seltsamen Worte könnte das Bild geradewegs aus einer deutschen Filiale stammen. Tatsächlich zeigt das Bild einen Media Markt in Warschau.

Polen, Ungarn, Tschechien und Slowakei

Lebensstandard und Preisgefüge in Polen haben sich seit 1989 immer mehr an westeuropäische Verhältnisse angenähert, auch wenn sie noch längst nicht auf deutschem Niveau sind. In Sachen Spiele-Umsätze ist Polen um etwa den Faktor 3 größer als Tschechien/Slowakei und erreicht etwa 30 Prozent des russischen Marktes. Viele europäische Ketten haben sich seit der Westöffnung des Landes in Polen niedergelassen, darunter die französischen Firmen Castorama (Baumarkt) oder Carrefour (Supermarkt). Auch Media Markt ist mit zurzeit 39 Filialen im Land vertreten, ein Plus von 25 Prozent oder 8 Filialen im Vergleich zu 2007. Spiele erwirbt man dort und in ähnlichen Ketten, in Kaufhäusern und in Spezialgeschäften.

Russland und Polen machen zusammen etwa 80 Prozent des Osteuropa-Markts aus, den Löwenanteil der restlichen 20 Prozent teilen sich Ungarn, Tschechien und die Slowakei. Während es vor allem in Tschechien einige namhafte Entwickler gibt (allen voran Bohemia Interactive), sind die Distributoren im restlichen Osteuropa meist dieselben wie in Polen und Russland.

Osteuropäische Entwicklungsstudios

Die osteuropäischen Studios waren traditionell sehr PC-lastig, erst in letzter Zeit haben erste Teams damit begonnen, auch für Konsole zu entwickeln. In Polen sitzt CD Projekt RED, das aktuell an The Witcher 2 arbeitet. Ebenfalls zu CD Projekt gehört Metropolis Software House, eines der ältestens polnischen Studios (Gorky 17). The Farm 51 hat soeben Necrovision 2 - Lost Company (hierzulande bei The Games Company) veröffentlicht.

Die Riege der ukrainischen Entwickler führt das Studio GSC Game World an, das für seine Stalker-Reihe weltberühmt ist. Auch 4A Games, deren Metro 2033 hierzulande noch zum Vollpreis im Laden steht, sitzt in der Ukraine.

Das kleine Tschechien steuert mit Bohemia Interactive und Black Element Software zwei Militärsimulationsexperten bei – erstere kennt jeder als das Studio hinter dem ersten Operation Flashpoint und nun Armed Assault 2, letzterer ist für Alpha Prime und das kommende ArmA-2-Addon Operation Arrowhead verantwortlich. Bohemia erstellt zudem ernsthafte Militärsimulationen, die unter anderem vom US-Militär genutzt werden, und bietet Dienste wie Motion Capturing oder Vertonung für andere Firmen an.

Ubisofts Heroes of Might & Magic 5 entstand bei Nival Interative in Russland, die mittlerweile Targem Games gekauft (Gear Grinder) hat. Der A-Strategietitel King’s Bounty wurde bei Katauri Interactive gezimmert. Nicht zu vergessen ist Astrum Nival, von denen das bekannteste MMO aus osteuropäischen Landen stammt, Allods Online. Noch erfolgreicher ist in der G.U.S. Perfect World – ebenfalls von Astrum Nival betrieben. Große Publisher wie Akella und 1C besitzen interne Lokalisierungs- und Entwicklungsstudios, bei letzteren gehören dazu Ino-Co (Elven Legacy) und Maddox Games (IL-2 Sturmovik).

Publisher und Distributoren

1C ist seit 2007 mit dem ehemaligen Konkurrenten Soft Club vereint und bildet nun den größten russischen Konsolendistributor und den zweitgrößten Publisher, mit entsprechendem Nummer-1-Anspruch in Osteuropa. Während sich 1C UK darum kümmert, westliche Spiele auf den osteuropäischen Markt zu bringen, betreut 1C Publishing EU (hieß bis 2005 Cenega Publishing) die Gegenrichtung: Unabhängigen osteuropäischen Entwicklern sollen die westlichen Märkte erschlossen werden. Eine weitere Tochterfirma will derweil von Peking aus den asiatischen Markt erschließen. Der Mutterkonzern 1C macht nicht nur Spiele und vertreibt sie, teils über eine eigene Handelskette, sondern bedient auch andere Geschäftsfelder. So kümmert sich 1C: Enterprises um Großkunden-Software.

Disicples 3 ist die langerwartete Fortsetzung der erfolgreichen Rundentaktik-Serie von Akella.
Akella hat rund 20 Niederlassungen in Russland, von den Metropolen im Westen bis nach Sibirien. Nach eigenen Angaben hat die Firma derzeit etwa 70 Spiele in der Pipeline und das größte Lokalisationsstudio in Russland. Seit Q4 2009 hat die Firma unter anderem Left 4 Dead 2, Assassin’s Creed 2, Dawn of War 2 und Metro 2033 auf den russischen Markt gebracht, für dieses Jahr stehen Prince of Persia - Die vergessene Zeit und Arcania - Gothic 4 an. Akellas internes Studio .DAT beendete 2009 Disciples 3, weltweit wird das Spiel bald von Kalypso veröffentlicht werden.

CD Projekt stammt aus Polen und ist mittlerweile ein wichtiger Spieler in Osteuropa geworden. Der Publisher unterhält Büros in Warschau und Prag und betreibt seit 2005 mit gram.pl eine Art eBay für gebrauchte Spiele, Mitte 2008 gründete CD Projekt mit GOG.com („Good Old Games“) eine international beachtete Digitaldistribution für sehr alte Spiele, die dank Überarbeitung auch auf heutigen Rechnern meist problemlos laufen.

Noviy Disc (Russland) ist eigentlich bekannt für Kinder- und Lernprodukte, unter dem Label ND Games vertreibt sie aber auch AAA-Titel. Russobit-M fungiert als Distributor für viele westliche Publisher wie Ubisoft, THQ und Jowood und betreibt außerdem das Frogster-MMO Runes of Magic. Der Distributor Buka hatte in der Vergangenheit viele Spiele von Valve, THQ und Codemasters sowie einige von Ubisoft vertrieben, wurde aber 2008 von 1C aufgekauft.

Viele russische Publisher importieren nicht nur fleißig aus dem Westen, sie helfen auch Entwicklern aus dem eigenen Land, Titel wie das ungewöhnliche Action-Adventure The Void (Bild) weltweit bekannt zu machen .

insaneRyu 14 Komm-Experte - 2621 - 4. Juni 2010 - 21:45 #

Interessant, danke für die Zusammenfassung über den spielerischen Osten Europas

bebop 09 Triple-Talent - 240 - 4. Juni 2010 - 21:51 #

Bei den Entwicklerstudios sollte man vielleicht auch Illusion Softworks dazuzählen, das jetzt 2K Czech heißt(passend auch zur Mafia 2-Geschichte^^).

Aber ein schöner und interessanter Artikel über den osteuropäischen Spielemarkt. Ohne den Russen wäre auch nicht mein heißerwartetes Disciples 3 erschienen. =)

Jörg Langer Chefredakteur - P - 468613 - 4. Juni 2010 - 21:56 #

Ach, was ist schon Mafia 2... :-o

Trickster 10 Kommunikator - 392 - 4. Juni 2010 - 23:24 #

Ist mir der Release von Disciples 3 entgangen? Ich warte seit Jahren. Oder sprichst du von der russischen Version?

Zum Artikel: Ein Gebiet das ich noch gar nicht kannte, sehr schön. Auch wenn es viele Zahlen waren. Die Probleme der Konsolen scheinen hausgemacht, hohe Preise fördern nicht wirklich den Markteintritt. Zumindest Nintendo scheint für die Zukunft bessere Pläne zu haben.

Anonymous (unregistriert) 5. Juni 2010 - 2:44 #

Release ist am 24 Juni durch Kalypso Media (Tropico3, MudTV...)

forum.kalypsomedia.com/showthread.php?tid=4744

Daeif 19 Megatalent - 13820 - 5. Juni 2010 - 15:27 #

Artikel vllt nicht zu Ende gelesen? Zu Beginn auf Seite 3 kannst du begründet lesen, warum die Preise für Konsolenspiele so exorbitant sind. Als hausgemacht würde ich das nicht bezeichnen.

Sehr guter Artikel. Ich hab ja schon mal von den paradischen Preisen in Russland gehört, jetzt hab ich auch die Bestätigung.^^

sPEEDfREAK 12 Trollwächter - 1060 - 4. Juni 2010 - 21:58 #

Ein wirklich Interessanter Artikel. Ich hätte nicht gedacht, das in Russland der PC so Stark ist.

Faxenmacher 16 Übertalent - 4395 - 4. Juni 2010 - 22:18 #

Schöner Report! Haha POD, war damals bis auf die Steuerung sehr cool, eines meiner ersten PC Games *nostalgischwerd* ;):

Hoschimensch 15 Kenner - 2771 - 5. Juni 2010 - 9:42 #

Ich habe POD auch geliebt, eines der wenigen Rennspiele die ich bisher wirklich bis zum Erbrechen gespielt habe.

crishan 11 Forenversteher - 587 - 4. Juni 2010 - 23:59 #

Womit sich natürlich auch die Frage stellt:
Lohnt es sich, (nicht lokalisierte) Spiele sich
aus Polen bzw. Russland zu bestellen?
Gibt es einen Preisvorteil ggü. Bestellungen aus England?

Es wäre schön, wenn GG hier noch einmal nach haken würde.

Olphas 26 Spiele-Kenner - - 66879 - 5. Juni 2010 - 9:33 #

Sehr interessanter Artikel. Es ist immer interessant, mal über den Tellerrand zu schauen. Und dass Ost-Europa immer mehr auch für unseren Markt an Bedeutung gewinnt, sieht man in den letzten Jahren ja immer deutlicher an den teils wirklich tollen und oft auch erstaunlich ambitionierten Titeln, die aus dem Osten kommen. Manchmal mögen da Ambition und Erfahrung/Mittel etwas gegenläufig sein, wie beim ersten STALKER, aber niemand kann bestreiten, dass Stalker trotz all seiner vor allem technischen Macken eine erstaunliche Leistung war. Erstmals wurde mir das damals durch Mafia und Operation Flashpoint bewusst, aber z.B. gehört mit The Witcher auch eines meiner absoluten Lieblingsspiele dazu und mit Mafia 2 kommt schon der nächste potentielle Kanditat für meine Liste der Lieblingsspiele aus dem Osten!

Ceifer 14 Komm-Experte - 1846 - 5. Juni 2010 - 10:11 #

Man hätte noch darüber schreiben können, dass es leider auch manche Spiele gar nicht in den westlichen Markt schaffen, da fällt mir das Spiel "Boiling Point" ein, der angekündigte Nachfolger "White Gold - War in Paradise" ist schon lange fertig und in Russland bereits erhältlich, schafft es aber nicht einen Publisher für den Westen zu finden. Collapse ist auch ein Titel, der seit 2008 in Russland draussen ist, sieht finde ich ganz gut aus, aber schafft es nicht in unsere Gegenden.

Aber schöner Bericht über den hießigen Markt im Osten.

Anym 16 Übertalent - 4962 - 5. Juni 2010 - 21:04 #

Wenn man originelle PC-Spiele will, lohnt es sich wirklich, nach Osten zu schauen, von King's Bounty über The Witcher und S.T.A.L.K.E.R bis hin zum (leider nicht erwähnten) Space Rangers. Sehr schöner Artikel, nur dass CD Projekt und IL-2 Sturmovik beide fälschlicherweise mit "c" geschrieben wurden stört mich (nur mich, ich weiß) ein wenig. Trotzdem, wie Ivan Dolvich sagen würde: "Xорошо, хорошо."

ChrisnotR (unregistriert) 5. Juni 2010 - 22:23 #

Ich muss mich noch bei 1C Company bedanken: Solche außergewöhnlichen Spiele wie Cryostasis sind fern von jeder Konsolenshooter-Einheitsgrütze und schaffen es mich positiv zu überraschen.

Soul (unregistriert) 6. Juni 2010 - 22:25 #

Für mich sind die Osteuropäer auch die besten PC Spieleentwickler.
Die machen wirklich noch richtige PC Spiele und keine Konsolenportierungen. Auch machen sie oft noch richtige Hardcorespiele und keine 08/15 Wischi-Waschispiele und bedienen Genre, die kaum noch jemand in der westlichen Welt bedient. So sind sie die einzigen die noch die Kreativität und Vielfalt wahren, sonst gebe es irgendwann nur noch die Call of Dutys usw.
Ich bin ein großer Fan osteuropäischer Entwickler.

Spiritogre 19 Megatalent - 13401 - 7. Juni 2010 - 10:02 #

Was ich bei Aussagen über die Vormachtstellung der Konsolenspielverkäufe im Westen immer vermisse ist eine Differenzierung zwischen Handheld und Stationär! Und nimmt man alleine Nintendo aus der Gleichung raus und betrachtet ausschließlich XBox 360 und PS3, dann liegen die Verkaufszahlen von PC Spielen weit(!) vor den Konsolen. Das vergessen amerikanische und seit einiger Zeit europäische Medien und Entwickler immer.

Auch in Asien, außerhalb der Konsolendomäne Japan, verkaufen sich PC Spiele besser! So ist die Wii in Südkorea sogar erst vor ein bis zwei Jahren überhaupt veröffentlicht worden!

BFBeast666 14 Komm-Experte - 2094 - 8. Juni 2010 - 2:04 #

Hmmm, da wäre dann noch die Frage, wie die russische Version von Assassin's Creed II bitte kopiergeschützt ist... wenn man die Aussage dazunimmt, daß es wohl nur in den Großstädten Internet gibt, dürfte der Kopierschutz, der ja eine konstant aktive Breitbandverbindung braucht, wohl so nicht funktionieren. Oder wird da ganz dreist regional diskriminiert?

Wenn man den Artikel so liest, könnte man meinen, daß die Lösung für all die Probleme der Spielebranche (Raubkopien, das Absterben der Printmedien etc.) dadurch behoben werden könnten, wenn man das Internet ausknipst...

Andererseits: Ohne Internet wäre ich nie auf die grandiosen Shooter eines Kenta Cho aufmerksam geworden...

Anonymous (unregistriert) 10. Juni 2010 - 7:53 #

Bitte schreibt nicht solche Sätze wie "Ohne die komischen Wörter könnte man denken, man steht in einer deutschen Mediamarkt-Filiale". Da rollen sich mir echt die Fußnägel hoch. Wieso soll Polnisch oder jede andere nicht-deutsche Sprache komisch aussehen? Ich dachte wir sind hier nicht bei der "Bild" oder der "Bunten".

Maturion 11 Forenversteher - 707 - 9. Oktober 2010 - 10:55 #

Jap, das fand ich auch nicht so gelungen. Ohne die "anderssprachigen Wörter" hätte es auch getan.

Ganon 27 Spiele-Experte - - 83744 - 10. Juni 2010 - 15:51 #

Interessant. Die Preisspanne zwischen PC- und Konsolenspielen ist ja echt krass. Aber warum werden die Rubelpreise im Artikel in Dollar umgerechnet und nicht in Euro?

Novachen 19 Megatalent - 14947 - 26. Oktober 2011 - 0:42 #

Der Artikel ist noch immer sehr informativ. Das es manche Spiele leider nicht schaffen ist ja leider richtig. Gerade für uns Sci-Fi Gamer sind ja einige Schätzchen verloren gegangen in den vergangenen Jahren. Und die Spiele die es doch mal nach NA/EU geschafft haben wurden eher nur schludrig für den jeweiligen Markt angepasst. Ein Tarr Chronicles ist im russischen Original drei Klassen besser als die deutsche Version. Gilt auch für den Nachfolger. Ein The Precursors ist durchaus ein ernstzunehmender Mass Effect Killer, aber eben auch nur in der Originalfassung. Die beiden Xenus Spiele sind eigentlich auch ganz super tolle RPGs. Wobei Xenus: Boiling Point ja sogar noch den Sprung schaffte, hier aber auch an dem fehlerbehafteten Release scheiterte und sich der Publisher gar nicht mehr die Mühe gab den letzten offiziellen Patch für die westliche Fassung anzupassen, weswegen auch hier Xenus 1 nebst den beiden recht unbekannten AddOns auch im Original genießbarer ist, wobei Xenus ja sogar auch in der russischen Fassung Englisch, Deutsch, Französisch, Spanisch und Italienisch als Textsprache hat.