In diesem riesigen Komplex in Vancouver befindet sich eines von drei kanadischen Entwicklerstudios von EA. |
Spielefirmen in Kanada
Wir haben eingangs schon die Incentives erwähnt, die Bundesregierung und Bundestaaten für Firmen in strategischen Bereichen anbieten. Diese Incentives haben ganz konkrete Auswirkungen. Erst im März 2010 verkündete beispielsweise Warner Bros., ein neues Studio in Montreal zu eröffnen, das sich wohl um Produkte aus dem DC-Comics-Universum kümmern wird. Warner freut sich über 37,5% Steuervorteile. Was der kanadische Steuerzahler für seine Unterstützung bekommt: 300 neue Jobs bis 2015.
Die Entwicklerstudios haben vornehmlich in Vancouver, Montreal und Toronto ihre Firmensitze. |
Auch Activision (Quebec), Gameloft (Quebec City), KOEI (Toronto) oder Capcom (Burlington, Ontario) sind längst im Lande der Elche und der tiefen Wälder vertreten. Insgesamt sind die Prognosen für die Studios vielversprechend: trotz gelegentlicher Schließungen oder Zusammenlegungen soll die Anzahl der Entwickler laut einer Studie der ESAC bisnächstes Jahr nochmal zulegen.
Außerdem existieren größere einheimische Studios. Eine Auswahl: Digital Extremes in Ontario hat zusammen mit Epic Games die erfolgreiche 3D-Actionserie Unreal entwickelt. Die 2007 von EA aufgekaufte Firma Bioware wurde 1995 in Edmonton (Alberta) gegründet und beschäftigt heute rund 500 Angestellte. Silicon Knights (u.a. Too Human) existiert gar schon seit den 80er Jahren. Die etwa 180 Mitarbeiter starke Firma sitzt in St. Catharines (Ontario) und entwickelt Spiele für Sega, Nintendo oder Microsoft. Am 17. Juni 2010 verkündete Silicon Knights die Absicht, mit der McMaster University, dem Mohawk College und der Art Gallery of Hamilton ein 11 Millionen Dollar schweres Institut für Interactive Digital Media zu gründen. Bereits 2011 soll das Institut eröffnet werden.
Steuerspar-Lockmittel
Darius Basarab vom Ministerium für wirtschaftliche Entwicklung und Handel in Ontario. |
Der eigentliche Clou aber sind diverse Steuerspar-Möglichkeiten. Landesweit gibt es das SR&ED-Programm, das unter anderem Spielefirmen 20 Prozent ihrer Forschungs- und Entwicklungskosten in Form von Steuer-Ersparnissen zurückerstattet. Darauf lassen sich dann die Vergünstigungen der einzelnen Provinzen satteln. Quebec etwa bietet 30 Prozent Nachlass auf die Gehaltskosten von Film- oder Spieleproduktionen und nochmals 7,5 Prozent, wenn das Spiel gleichzeitig auf Französisch erscheint. Der Ontario Digital Tax Credit erstattet Unternehmen 30 Prozent ihrer Arbeits- sowie Marketing/Vertriebs-Kosten (bei Firmen mit einem Umsatz von über 20 Millionen Dollar sind es 25 Prozent). Und der Ontario Next Generation Job Fund erstattet einer Firma 15 Prozent der Projektkosten, wenn sie in einem Zeitraum von fünf Jahren mindestens 100 neue Stellen für Kanadier schafft. Darius Basarab vom Ministerium für wirtschaftliche Entwicklung und Handel in Ontario rechnet uns bei einem Treffen in München vor, dass Firmen mit allen möglichen Incentives "bis zu 50 Prozent der Gesamtkosten" einsparen können.
Fazit: Weitsichtige Wirtschaftspolitik
Doch Vergünstigungen für Bestandsfirmen und neue Investoren sind nur ein Teil des Erfolgsrezepts. Der andere Teil besteht in der großen Zahl von Universitäten und Colleges, die spielenah Grafiker, Programmierer, Autoren und sogar angehende Manager ausbilden. Aus der Strategie der Provinzregierungen und Stadtverwaltungen, gezielte New-Media- und IT-Cluster in den Ballungsräumen anzulegen. Vor allem aber, führt Darius Basarab aus: "Ohne die richtigen Talente bringt der beste Standort nichts! Kanada hat eine riesige Zahl an Universitäten und Colleges, die Studenten direkt für die Spielebranche ausbilden."
Dazu kommt der große englischsprachige Absatzmarkt in den USA. Doch diese Kombination aus Faktoren wollen eben auch gefördert und genutzt werden – und hierbei haben die kanadische Regierung sowie die größten Bundesländer in den letzten Jahren offensichtlich ein glückliches Händchen bewiesen. Dank dieser weitsichtigen Wirtschaftspolitik konnte die Spiele-Industrie ein kleines Stück dazu beigetragen, dass Kanada die Wirtschaftskrise weniger schlecht überstanden hat als viele andere Industrienationen. Und im Gegenzug waren in Kanada Jobs – trotz durchaus erfolgter Entlassungen, etwa bei EA -- in der Games-Branche weniger unsicher als in manch anderer Branche.
Autor: Jörg Langer (GamersGlobal)
Bildnachweis: Zugrundeliegende Karte des Aufmacherbilds erstellt von Arz und veröffentlicht bei Wikipedia unter cc-by-sa und GNU.
"..., doch UK -- die Wiege von Firmen wie Bullfrog, Lionhead Games, Crystral Dynamics und vielen, vielen anderen --"
Sitzt Crystal Dynamics nicht in Kalifornien?
Gemeint war tatsächlich Core Design. Frag mich nicht, wie ich von Core Design auf Crystal Dynamic gekommen bin...
Ich tippe: Weil beide Tomb-Raider-Spiele gemacht haben. ;)
Vermutlich. Oder weil beide die gleichen Initialien haben?
Sehr informativer Artikel. :) Hätte nicht gedacht, dass Kanada so weit vorne ist, wenn es mal nicht um Eishockey geht. :D
Schöner Artikel der die Hintergründe der Kanadischen Spieleindustrie beleuchtet.
Das mit den 13 Provinzen ist nur so nicht ganz richtig. Kanada hat 10 Provinzen und 3 Territorien. Die Territorien sind enger an die Zentralregierung in Ottawa gebunden und Reduzieren so den Verwaltungsaufwand in dünn besiedelten gebieten.
Der Artikel ist wieder mal sehr gelungen, ein großes Lob dafür!
Ich wage mal zu behaupten, dass Kanada die USA mittlerweile sogar ablösen was Blockbusterspiele angeht, oder zumindest ebenbürtig sind. Ich mag mich irren, aber die Spiele die ich persönlich relevant finde, bzw. die Entwickler dahinter, kommen größtenteils aus Kanada. Mass Effect und Dragon Age von Bioware, Assassins Creed von Ubisoft, GTA von Rockstar Toronto. Dem gegenüber fallen mir für die USA, die ja eine wesentlich größere Spieleindustrie haben, nur Fallout 3 von Bethesda, Starcraft 2 und WoW von Blizzard, und evtl. noch Call of Duty ein. Man müsste doch denken, dass die USA die Muskeln spielen lassen, und weit mehr Blockbuster raushauen als das kleine Kanada. Die Kanadier schaffen es aber mit ihrer schlauen Politik mit den USA mitzuhalten, das finde ich wirklich respektabel, weiter so :)
Die halten nicht nur mit den USA mit sondern auch die deutsche Spieleindustrie klein :D
Jain, ich denke es gibt auch unterschiedliche Ausrichtungen je nach Gebiet.
Interessanter Artikel, der gut erkennen lässt wie sich einzelne Länder im globalen Wettbewerb immer weiter spezialisieren. Wir hier in Deutschland setzen halt mehr auf den Maschinenbau und Industrie. Die Kanadier eben auf Spiele. Muss ja nich zwangsweise schlecht sein.
Doch, es ist schlecht. Gerade in der heutigen Zeit führt Schubladendenken - und nichts anderes betreiben die deutschen Politiker und Verantwortlichen - zum Stillstand. Ich komme selbst aus dem Bereich Maschinenbau (lange ist es her), und ich weiss wie gut die Produkte aus Deutschland international gesehen sind. Aber von anderen Ländern können wir nicht erwarten, dass diese nicht irgendwann auf dem gleichen Level sind. Und da würde Deutschland ein Blick über den Tellerrand hinweg mal ganz gut tun.
Sicher, man braucht nicht gleich Steuererleichterungen von bis zu 50%, aber warum zum Teufel muss in Deutschland vieles dermaßen verkompliziert oder verteufelt werden? Crytek hat ja bewiesen, dass es gute Spiele aus Deutschland geben kann! Warum also nicht dieser Branche Unterstützung zusichern und somit den Horizont erweitern?
Nun, so schlecht ist es doch um die deutsche Spielebranche nicht bestellt, allein es fehlen die echten Blockbuster (zum Glück?).
Alle guten Adventure der letzten Jahre mit Ausnahme mal von Runaway kamen und kommen aus Deutschland. Whisperd Worlds, Book of Unwritten Tales, Geheimakte usw.
Des weiteren einige wirklich gelungene Aufbaustrategiespiele (Siedler, Anno) und etwas Rollenspiel (Risen).
Für große Action war Deutschland nie bekannt, ich denke man sollte sich hier auf die Stärken konzentrieren. (Crysis war in meinen Augen nicht mehr als eine öde Grafikdemo...)
Das ist ja leider nicht allein ein Problem der Politik, sondern auch und vor allem der Gesellschaft. Die Politiker reden doch solchen Blödsinn und sind nur deshalb so vorsichtig mit Förderungen etc. (siehe den Preis und dem Anno-Ereignis), weil die Gesellschaft diese Art des Umgangs indirekt fordert.
Bis sich das ändert, wird wohl auch noch etwas Zeit vergehen.
Zum Artikel: Sehr schön und informativ. Und die Ersparnisse, die die sich da schnappen können sind ja unglaublich. Da entwickeln sich Spiele ja fast ohne Kapital...
Schöner Artikel. Das ist wieder einer der Gründe warum ich GG so gerne habe: Sowas findet man nirgendwo anders.
Ich kann mich meinen Vorrednern nur anschließen. Die deutsche Politik in diesem Bereich ist dumm und kurzsichtig. Deutschland hat aber leider im gesamten Bereich Hightech/IT (nicht nur im Spiele-Bereich) völlig den Anschluss verloren. Länder wie Südkorea, Kanada oder China sind da längst an uns vorbeigezogen.
Früher war Deutschland mal eines der Länder aus dem technische Innovationen kamen, heute sieht es hier ziemlich düster aus. Naja, sicher nur einer von vielen Gründen für unseren wirtschaftlichen Abstieg.
Also wenn ich mir den Firmen sitz von EA anschau, wundert es mich nicht das die kaum was gescheites Herstellen... ich mein bei so ein Teil ? ich würde da kaum im Büro sitzen o.0 lieber Fußball Spielen oder in der Cafeteria hocken also der HAMA der Laden ehrlich xD
@btt:
es ist irgendwo Logisch das ein Land was kaum industrie hat sich sowas leisten muss ( ja steuervergünstigungen sind keine garantie dafür das die wirtschaft die man angelockt hat auch nach der vergünstigung bleibt ! ) ... Deutschland macht das nicht viel anders blos für andere Industrie Zweige. Die USA macht das ja auch =) man schaue sich nur Silicon Valley an.