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Miree am Purikana-Automaten. |
Von Miree
Lasst mich mit einer kurzen Selbstvorstellung beginnen: Ich lebe seit knapp zweieinhalb Jahren in Japan, in einem Örtchen namens Tokushima auf Shikoku, der kleinsten der vier Hauptinseln. Selbstverständlich beschäftige ich mich in meiner Freizeit überwiegend mit Videospielen auf PS3, Xbox 360 und PSP, jedoch genieße ich es auch einfach einmal, andere Arten der Freizeitgestaltung hier in Japan zu nutzen. Dieses Land bietet vielfältige Möglichkeiten, die Langeweile zu besiegen. Sei es durch den Besuch eines Gamecenters, Mangacafés oder aber auch durch das Zusammenkleben von Gundam Robotern. Eine dieser Möglichkeit möchte ich Euch heute vorstellen. Es ist die Spielhalle, das Gamecenter oder wie man hier in Japan sagt, G
ēcen oder aber auch Arcade (
Āk
ēd
ō).
Nach der Arbeit
Für diesen Erlebnisreport besuchte ich zwei Gamecenter in meiner näheren Umgebung. Beide sind nicht weit von meiner Arbeitstelle entfernt, mit dem Fahrrad benötige ich gerade mal ein paar Minuten. Das eine,
SEGA WORLD, ist schon etwas älter. Das andere entstand erst vor ein paar Monaten und ist für Tokushima-Verhältnisse mit seinen drei Etagen riesig. Ein Eintrittsgeld wird bei beiden nicht verlangt. Man kann also sofort loslegen.
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Rechts vom Eingang des SEGA WORLD in Tokushima City befindet sich die Kinderecke. Nicht, dass die Kleinen unruhig werden und ihren Eltern das Spielen vermiesen... |
Wenn man die Spielhalle betritt, fällt einem bei beiden Centern zuerst der enorme Lärm und die ebenso enorme Masse an Automaten auf. Nur bei dem älteren Gamecenter stört auch der Zigarettenqualm, im neuen
ROUND 1 gibt es extra kleine Glaszimmerchen für Raucher, als hätte man die reformierte deutsche Gaststätten-Raucherordnung kopiert. Während es bei SEGA WORLD nur Eisverkaufsautomaten gibt, wird man bei ROUND 1 wie im Kino mit einem großen Tresen begrüßt. Popcorn, Hamburger, Fritten, Hotdogs, Getränke und alles weitere wird angeboten, was ein echter Videospieler für seinen Cholesterin- und Zuckerspiegel so braucht.
Ich aber entsage diesen Genüssen und gehe in die eigentliche Halle weiter. Dort gibt es alles, was das Spielerherz begehrt -- und auch Geräte, die das Herz (noch) nicht begehrt. Nahe des Eingangs stehen erstmal kleine Spielautomaten für Kinder. Hier können sie Nashorn- und Hirschkäfer gegeneinander antreten lassen oder Charaktere aus dem
Dragonball-Universum. Früh übt sich, was ein Gamepad-Artist werden will! Ein Blick nach links zeigt ein Shuffleboard für die schnelle physische Abwechslung zwischendurch, und dahinter Fotoautomaten. Neben diesen begrüßen mich auch noch die UFO-Catcher-Automaten, ihr wisst schon: Allerhand Plastik- und Plüschtand durch einen Greifarm unter Zeitdruck aufklauben und in den Auswurf bugsieren. Habe ich eigentlich schon erwähnt, dass Japan automatenverrückt ist, und zwar nicht nur in Spielhallen? Erst, wenn man noch einige Meter voranschreitet, kommt man in das Reich der eigentlichen Arcade-Automaten.
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UFO Catcher: Das sieht so leicht aus, mal probieren! |
Fang mir einen Kuschelhasen
Hier in der Provinz sind die Spielhallen nicht so üppig besucht, wie man es von Fotos aus Tokyo kennt. Vereinzelte Highschool-Pärchen stehen vor UFO Catchern: Der Freund versucht, ganz cool für seine Freundin ein Kuscheltier zu greifen. Ein Versuch für 200, drei Versuche für 500 Yen (3,70 Euro). Interessanterweise sind die Kuscheltiere, Snackboxen, Handy- und Schlüsselanhänger, Puppen und andere Preise meistens so gestapelt, dass man sich denken könnte "Na klar, das schaff ich mit links!" -- aber ich bin bis heute immer gescheitert. Das hält mich natürlich nicht davon ab, es immer und immer wieder zu versuchen, bis auch die letzte 100-Yen-Münze aus meiner Börse verschwunden ist.
Von weiter hinten höre ich das Gekicher von Mädchen und jungen Frauen, die sich an den Purikura-Automaten vergnügen. Purikura bedeutet "Print Club" – damit macht man Fotos von sich und lässt sie als Aufkleber ausdrucken, um sie mit den besten Freundinnen zu tauschen, bevorzugt in lustigen Posen und mit komischen Fratzen. Kostüme zum Umkleiden werden mitgebracht oder vor Ort ausgeliehen und die Fotos anschließend am Automaten direkt auf einem Bildschirm mit Stifteingabe bearbeitet. Herzchen, Glitzer, größere Augen, Katzenohren, Strand als Hintergrund... alles kann digital nachbearbeitet werden. Die sofort ausgedruckten Fotos werden dann unter allen gerecht aufgeteilt und eins kann auch kostenlos an eine Handy-Email-Adresse verschickt werden, vom Automaten aus. Kosten für den ganzen Spaß (ohne Kostümverleih): gerade mal 400 Yen, etwa 3 Euro für 5 Minuten Spaß und einigen Aufklebern fürs Fotoalbum. Meinen Selbstversuch habt ihr vermutlich oben schon bewundert...
Ein paar aufs Mundwerk?
Selbstverständlich kommen auch die Prügler unter uns nicht zu kurz. In gut sortierten Spielhallen kann man aber nicht nur die neuesten
Tekkens und
Street Fighters spielen, sondern auch noch eine Menge älterer Fighting Games. Dabei sitzt man seinem Gegner immer gegenüber. Das führt durch die riesenhaften Automaten aber dazu, dass man ihn eben nicht sehen kann -- was vielleicht auch von Vorteil ist. Wobei, ab und zu ist das angestrengte Schnaufen durch all den Arcade-Krach zu vernehmen.
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Ordnung muss sein: Prügelspiele in der Reihe. |
Shooting Games oder Shoot'em Ups gibt es fast genauso lange, wie es Spielhallen gibt. Man fliegt meistens von links nach rechts oder von unten nach oben und weicht heran fliegenden Geschossen aus und vernichtet riesige Alienschiffe oder sonstige Kriegsmaschinerie. Einige Vertreter dieses Genres sind
R-Type oder auch
Metal Slug.
Gun Games hingegen werden immer aufwändiger. Früher reichte eine revolverförmige rote Plastikknarre aus, um Westernfeeling zu erzeugen. Heutzutage hat man real aussehende Waffen, muss sich ducken (durch einen Tritt aufs Pedal) oder aber auch rennen (durch wieder ein anderes Pedal, das dem
Beatmania-Trittbrett ähnelt). Beispiele für moderne Gun Games sind
House of the Dead 4 und
Rambo, schon etwas älter ist
Ghost Squad. Neulich sah ich sogar ein Elevator-Actionspiel mit richtigen Türen, die immer auf und zu gegangen sind. Faszinierend.
Im Reich der Racing Games
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Klar könnt ihr es auch zuhause spielen. Aber zu viert in stilechten Sesseln macht Mario Kart noch mehr Spaß! |
Racing Games gehören auch zur Standardaus-rüstung einer Spielhalle. Als Beispiele wären etwa
Mario Kart oder
Initial D zu nennen. Ersteres erklärt sich von selbst, letzteres ist auch eine Manga- und Animeserie aus den Jahren 1995 bis 2006. Die Rennspiele steuert man meistens mit Force-Feedback-Lenkrädern, die Erschütterungen lassen sich ebenfalls im Sitz spüren. Aufwändigere Spiele mit Hydrauliksitzen konnte ich vor Ort allerdings nicht entdecken.
Music Games muss ich euch nicht erklären, am bekanntesten sind wohl
Beatmania oder
Dance Dance Revolution. Weder beim einen noch beim anderen standen die Leute Schlange und tanzten um die Wette. In Tokyo hingegen habe ich immer mal wieder richtig begabte Spieler/innen gesehen. Gitarrencontroller, Plattenteller, bunte Knöpfe und eine gute Reaktion sind alles, was man für ein langes Spiel benötigt.
Kommen wir zu den Gamble Games. Dieser Gattung konnte ich noch nie etwas abgewinnen, wahrscheinlich habe ich einfach nur kein Glück. Am bekanntesten sind wohl die "einarmigen Banditen." Es gibt aber auch Black Jack
und Poker-Spiele. Mehrere Teilnehmer mit jeweils einem Bildschirm sitzen vor einem größeren Bildschirm, auf dem eine virtuelle Dame die Karten ausgibt. In die gleiche Kategorie möchte ich die Medal Games stecken. Auch sie basieren auf Glück: Man besorgt sich an Münzwechslern, am Tresen oder Medal-Automaten die gleichnamigen Coins. Die wirft man in die Automaten ein, um eine bestimmte Anzahl von anderen Coins solange zu stapeln, bis sich der ganze Berg in die Ausgabe wirft. Diese Automaten habe ich auch oft in Deutschland gesehen, nur nicht so bunt und grell.
Auf der nächsten Seite berichte ich euch von Fußballspielen auf Japanisch.
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Vielleicht war ich ja zur falschen Zeit im Gamecenter, aber sonderlich viel los war im ROUND1 nicht. |
Super Report, Miree!
So läuft das also in Japan ;D
Toller Report!
PS: Aber wie funktioniert denn nun das Klospiel? ^^
Könnte ich demnächst rausfinden.
Ich will nach Japaaaan!
Ich finde solche Berichte aus Japan immer wieder enorm faszinierend. Jedoch kommt es mir immer so vor, wie wenn die Enterprise eine neue Zivilisation entdeckt. Nur dass bei Star Trek die Kulturen unserer westlichen weitaus ähnlicher sind als die japanische.
Schöner Bericht, auch wenn du auf dem Foto *sehr* verzweifelt schaust ;) .
Es ist schon ein bisschen peinlich zwischen den vielen 15jährigen Mädchen (die die eigentliche Zielgruppe sind), solche Fotos zu machen.
Inmitten einer Horde japanischer Mädchen könnte ich mich wohl auch nicht konzentrieren... aber das ist ein anderes Thema. ;-)
Auf jeden Fall ein toller Bericht. In Deutschland führen die klassischen Spielhallen ja leider ein Schattendasein aufgrund der Altersbeschränkungen, aber diese Gamecenter scheinen ja noch viel mehr zu sein. Spielhalle, Casino, fast schon Indoor-Vergnügungspark... Höchst faszinierend!
Sehr schöner, interessanter Bericht! Ich glaube ich wäre in Japan die meiste Zeit einfach völlig überfordert ;D
Stimme gerne zu: Sehr interessant und lesenswert. Das Ganze ist auf eine ganz besondere Art und Weise faszinierend.
ja ja , Japan das El Dorado für Videospieler
Leider gibt es sowas bei uns nicht.
Danke für den Report. Sehr spannend was in Nippon so geht. Würd ich mir gerne auch selber mal reinziehen. Hierzulande gibt es übrigens auch ein Klospiel^^ Den berüchtigten und anrüchigen Klomanager! ;)
Weiß Jemand ob dieses Fußball-Kartenspiel von Konami ist?
Das "World Club Champion Football" ist von Sega.
Schöner Bericht
Klasse Artikel. Kudo!
Irgendwie hat der Bericht mein Verlangen nach Arcade-Spielen geweckt. Gibts ja bei uns kaum :(
Wäre schon interessant, wenn es solche Einrichtungen auch hier gäbe. Nicht dass ich persönlich ein besonders gesteigertes Bedürfnis danach hätte. Aber vielleicht würde es dazu beitragen, dass in der Öffentlichkeit das Bild von Jugendlichen, die gemeinsam fröhlich Tanzmatten traktieren, das des einsamen Spielers, der mit rotgeränderten Augen und krummem Rücken in seinem abgedunkelten Zimmer vor dem Bildschirm klebt und unverständlichen Kauderwelsch in sein Headset brabbelt, ein wenig ablöst. ;-)
Genau! :)
Das Problem ist: so ein Laden würd sich in Deutschland nie halten.
Garnichtmal wegen zuwenig Besuchern, aber weil zuwenige auch zahlen würden... Ein Opfer der Geiz ist Geil Mentalität in Deutschland :(
Nachdem ich vor einigen Jahren schonmal in den Genuss von 3 Wochen Japan Urlaub gekommen bin muss ich sagen: es scheint sich in der Hinsicht wenig geändert zu haben, die Automaten werden höchstens noch abgedrehter :D
Insgesamt schöner Report, wobei ich ja Pachinko vermisst hab, aber ich glaube das zählt eher zu den Glücksspielen oder?
Pachinko ist einen eigenen Artikel wert. In eine Pachinko Halle habe ich mich bisher noch nicht getraut. Soll ja sehr abhängig machen.
Also ich bin schon öfter in Pachinko Hallen gewesen (aber nur weil in deren Parkhäuser parken immer gratis ist/war) und fand es seeehr unspanned.
Eigentlich nur laut und stinkig.
Kein Vergleich zu den ganzen Taito und Sega Worlds :)
Schlußsatz meines Pachinkoartikels.
Ich muss da auch hin.
Koste es was es wolle! Und es kostet ne Menge ._.
Toller Artikel, Miree! Hast nen weiteren Fan :)
Japan wird sicherlich das nächste Land meines Interesses (vllt. ein Jahr nach der Schule frei nehmen...). Das Land bietet bestimmt sooo viel mehr als Amerika, denn hier habe ich immerhin West- und Ostküste und andere interessante Orte wie DoC sehen können, aber das ganze unterscheidet sich, abgesehen von der Größe nicht zu sehr von Deutschland...
Super Report, hört sich echt interessant an...
Toller Bericht!
schön geschrieben, freue mich über weitere Berichte aus dem Osten, vielleicht demnächst ein Bericht was den japanischen Spielemarkt vom westlichen Unterscheidet?
Toller Artikel, Miree! Die Gundam-Simulatoren waeren noch eine Erwaehnung wert gewesen. ;) Aber vielleicht hatten sie die in den beiden besuchten Gamecentern nicht... Freu mich auf deinen naechsten Artikel!
Ja, die Gundam Simulatoren! Wo man selber im abgeschlossenen Cockpit mit Riesenscreen sitzen kann. Leider gibt es diese hier in Tokushima nicht. Da könnte man jemanden fragen, der in Tokyo lebt. ;-)
Das du in Tokushima wohnst hatte ich scheinbar überlesen...
Da war ich sogar auch mal :)... Wenn du über die Naruto Brücke nach Awajishima fährst, die Windkraftanlagen auf der linken Seite habe ich mit gebaut bzw. in Betrieb genommen.
Haben erst direkt in Awaji und später in Naruto gewohnt :).
Man ich würde gerne wieder nach Japan (*neidisch bin*) :(
Wow! Ich weiß genau wovon Du sprichst. Bin schon so oft über diese Brücke gefahren und staune jedesmal über die Windkraftanlagen! Die Welt ist klein. Wenn Du in Naruto gewohnt hast, kennst Du sicher auch das Deutsche Haus?
Jo, das kenn ich :).
Hab eine wunderschöne Erinnerung an die Führung durch das Gefangenenlager, wie der Führer uns mit quasi nicht vorhandenem Englisch versucht hat, alles zu erzählen :).
Es war herrlich (und so typisch japanisch), mit welcher Hingabe er es probiert hat. Zumal es mitten im Sommer und (geschätzt) 35+°C war...
Warst du schon an mehr Orten in Japan?
Gereist an viele Orte, gelebt nur in dreien: Tokyo, Kanagawa, Tokushima. Das Gefangenenlager wurde letztes Jahr im Februar endgültig abgerissen. Es stand leider kein Geld mehr zur Verfügung. Aber im Deutschen Haus arbeitet schon seit einigen Jahren ein Deutscher, bzw. jetzt eine Deutsche.
In Kanagawa hatte ich einem meiner schönesten Tagestrips: Kamakura.
Die ganzen Tempel, Schreine, Statuen usw. waren wundervoll!!
Ich bin zwar auch einigermaßen rumgekommen, aber da wir immer 6Tage/Woche gearbeitet haben, deswegen blieb meistens nur der Sonntag zum besichtigen.
(Vielleicht war sie/er auch am Sonntag nicht da. Aber ich bin froh, dass ich das Gefangenelager noch gesehen habe (auch wenn es objektiv gesehen eigentlich relativ unspektakulär war).)
Ein Großteil meiner Zeit hab ich in Shimonoseki verbracht (und von da aus dann Sonntags immer bzw. meistens los)...
Hiroshima war natürlich ein Highlight. Besonders einmal (war 2x dort) war Golden Week Sonntag und es war "Flower Festival" (wussten wir vorher nicht) und es war super toll!
Oder Akiyoshi-do/Akiyoshi-dai waren auch wunderschön.
*Fernweh hab* (oder gefühlt eher Heimweh).
*seufz*
P.S.: Darf man fragen wie du drauf gekommen bist, nach Japan zu ziehen?
P.P.S.: Ich hätte noch einige Fragen mehr (auch oder besonders bezüglich japanisch lernen). Ists ok dir ne Mail zu schicken?
Um das Gefangenenlager aktiv zu sehen, guck Dir den Film "Ode an die Freude" an. Für diesen Film wurde das Gefangenenlager überhaupt gebaut. Schreib mir ruhig eine PM.
Den Film hab ich mir sogar gekauft. Allerdings die japanische Version, weil es den auf deutsch nicht auf DVD zu geben scheint...
Leider ist die japanische Version ohne deutsche Sprache (oder Untertitel).
Fand ihn trotzdem ganz ansehnlich (wenngleich er sich mangels Verständnis doch so manche Male etwas gezogen hat).
P.S.: PM kommt ;)
xD hätt ich garnich gedacht das bei denen das alles so kitschig aussieht.. aber ich will dahin!