Readyatdawn (God of War – Chains of Olympus und andere) gibt es bereits seit gut zehn Jahren, doch erst vor zwei Monaten wurde auf Sonys E3-Pressekonferenz die erste eigene IP angekündigt: The Order 1886. Auf der Gamescom erfuhren wir nun im Rahmen eines Gruppentermins von Studiogründer Ru Weerasuriya nähere Infos zum Spiel, vor allem zur verwendeten Grafik- und Physik-Engine.
The Order, das 2014 erscheinen soll, spielt in einer alternativen Realität, in der Magie und Technik aufeinandertreffen. Den Grafikstil könnte man also „Lowtech-Gothic“ beschreiben, die bislang zu sehenden Szenen erinnern ans viktorianische London. Und tatsächlich: 2011 war eine 20köpfige Readyatdawn-Abordnung tagelang in London unterwegs, um etwa 150 GB an Fotomaterial zu schießen – um „den Flair“ von London nach Hause zu transportieren, wie es Ru ausdrückt.
Da sich Readyatdawn in einer zehnjährigen Partnerschaft mit Sony befindet, ist es natürlich klar, dass The Order exklusiv für Playstation 4 erscheinen wird. Doch der Gründer und Creative Director bezeichnet diese Exklusiv-Strategie auch als Designvorteil, da man sich so eben voll auf genau eine Plattform konzentrieren könne, was Vorteile nicht zuletzt bei der Engine-Entwicklung bringe.
Laut eigener Aussage überspringt Readyatdawn mit The Order eine komplette Generation, der letzte „echte“ Titel erschien noch für die PSP. Das sei einerseits ein Nachteil – die Größenordnung der Entwicklung sei in gewisser Weise einschüchternd, und zu den aktuell 95 Mitarbeitern in Kalifornien würden noch 25 zusätzliche gesucht. Auf der anderen Seite könne man völlig unbefangen an das Projekt herangehen und „alles in Frage stellen.“
The Order läuft auf der RAD Engine 4.0, die vor allem auf eine realistische, bausteinartige Materialbeschaffenheit und Physik setzen soll. Die Idee: Ausgehend von nur wenigen simulierten Komponenten, etwa unterschiedlichen Holz-, Stein- oder Metallsorten, gibt es Basiskomponenten, aus denen alle Objekte im Spiel zusammengesetzt werden. Eine Kiste besteht demnach aus mehreren Holzplatten, ein Lattenzaun aus mehreren Holzbrettern, und so weiter. Selbst komplexe Gegenstände wie die futuristisch anmutenden Waffen sind aus Komponenten zusammengesetzt, die ihre Eigenschaften und ihr Aussehen auf die Grundmaterialien zurückführen. Das soll den Objekten, sei es eine Blechkanne oder Straßenpflaster, einen anders kaum zu erreichenden Realismus schenken.
Das zugrundliegende Physiksystem nennt sich ABEL und wird von Ru Weerasuriya als „Nextgen-Physik“ beschrieben, das nicht länger auf den Kollisionen fester Körper beruhe. Vielmehr funktioniere es auf der bereits geschilderten Komponentenbasis, was unter anderem Freiheit vor „topologischen Beschränkungen“ biete. Indem Elastizität, Plastizität und Deformationen realistisch simuliert würden, wirke die gesamte Spielwelt glaubwürdiger. Auch Dinge wie Schwerkraft oder Reibung würden simuliert, dazu kämen Wetterphänomene, Turbulenzen, Strömungen oder Auftrieb im Wasser. Die Objekte seien durch ihr Baukastensystem „hierarchisch zerstörbar“, was wohl heißen soll, dass sie sich nach und nach zerlegen lassen.
Wobei wir beim Naheliegendsten angekommen wären, was man mit einer Physik-Engine anstellen kann zu Demozwecken: Man ballert mit allerhand Waffen auf allerhand Objekte. Und genau das tat Ru in einer Technikdemo von The Order. Wir sahen: Zerspratzende Lattenzäune, deutliche Dellen davontragende Milchkannen (oder Blecheimer?), Tische, von denen beim Gegenlaufen die Flaschen kullern, Metallplatten an Wänden, die abhängig von der Festigkeit des Metalls unterschiedliche Verformungen durch den Beschuss bekamen, und einiges andere. Sechs Fahnen wehten, angeblich nicht geskriptet, sondern mit dem Wind interagierend, asynchron zueinander, und ein ganzer Pulk vom Himmel fallender Teddybären kullerten nicht lange herum, sondern blieben quasi sofort liegen – klar, sie bestehen ja aus weichem Material.
Was uns aber auffiel: Zwar konnte Ru durch einige Schüsse den armen Teddys die Köpfe abtrennen, doch wirklich zerstört, also in einzelne Stofffetzen, wurden sie nicht. Ebenso schienen trotz Granateneinwirkung einzelne Holzplanken die kleinste Zerstörungsstufe eines Lattenzauns zu sein, und eine Kiste wurde zwar durch Projektileinwirkung wild im Level herumgeschleudert, blieb aber ansonsten intakt. Insoweit wollen wir das ganze Gerede von wegen „aus Komponenten aufgebaut“ mal für sich stehen lassen, und sehen, wie sich The Order technisch in den nächsten Monaten noch entwickelt.
Ein im Gegensatz zur Techdemo bereits komplett texturierter, ausgeleuchteter Abschnitt sah jedenfalls schon mal extrem vielversprechend aus. Stoffkleidung schwingt analog zur Bewegungsrichtung, interagiert zudem auch sichtlich mit der darunter liegenden Rüstung. Weitere Glaubwürdigkeitspunkte will Readyatdawn mit kleinen Kameraverzerrungen und Lichtreflexen erzeugen, wie sie zwar nicht in der Wirklichkeit, aber in Filmen vorkommen: Weil die Spieler die „Filmrealität“ gewohnt seien – ohne genau sagen zu können, woraus diese bestehe, wirke ein Spiel, das dieselbe Art von Darstellung bietet, automatisch realistischer.
In jedem Fall hat die Präsentation nebst Techdemo uns Lust auf mehr gemacht. Zum Beispiel auf mehr Infos zum eigentlichen Spiel...
"Stoffkleidung schwingt in die Richtung, in die der Held rennt"
Das wäre aber extrem blöd, da sie sich somit entgegen der Realität verhalten würde. :P
Das Schwingen kommt wohl wenn der Hero stehen bleibt :-)
Somit "weht" die Kleidung beim Rennen und "schwingt" beim Stillstand nach.
Danke, genau so hatte ich das gemeint (hüstel)!
Nicht uncool das Setting.
Finde ich auch, vom Setting her definitiv eines der interessanteren Title der next-Gen Konsolen bislang. Hoffentlich kann der Rest des Spiels dem später auch gerecht werden.
Es kann ja auch mal gut gehen ;-)
Traue es dem Studio auch durchaus zu. Die PSP God of War Teile waren zumindest meiner Meinung nach wesentlich gelungere Titel als God of War 3 :)
Kalefornien
Sieht spannend aus. Und ich habe gerade frisch gute Erfahrungen mit Readyatdawn gemacht. Vor allem Ghost of Sparta fand ich richtig gut.
Das Setting erinnert mich spontan an Arcanum. Sicher kein Nachteil.
Kalefornien?
Jörg sollte Physik aller Physix nicht normal sein für Next Gen Titel? Ich mein man kann doch mehr erwarten wie ein paar bessere Texturen und ein wenig AA. Physik ist ja in vielen Spielen fast ausgestorben wegen den alten Konsolen ich hoffe das es jetzt Standard wird.
Hört sich gut an.
Bin mal gespannt wies wird.
Sehr interessant, wobei man über die Qualität des letztendlichen Spiels wohl aktuell noch nichts abschätzen kann.