John Riccitiello ist mit sofortiger Wirkung als CEO von Unity zurückgetreten. James Whitehurst wurde als Interim-CEO und Vorstandsmitglied eingesetzt. Whitehurst hat keinen Hintergrund in der Spieleindustrie: Während Riccitiello früher CEO von Electronic Arts war, hat Whitehurst zuletzt bei IBM gearbeitet und war zuvor CEO der Enterprise-Linuxfirma Red Hat. Der Rücktritt geschieht nach Kontroversen bezüglich kommender Installations-Gebühren für die Spieleengine, wobei Unity offiziell keinen Grund für den Wechsel nannte.
Unity hatte zuletzt mit einer neuen Vergütungsstruktur massive Proteste ausgelöst. Laut dem ursprünglichen Plan sollten alle mit Unity gebauten Veröffentlichungen ab einem Jahresumsatz von 200.000 Euro und gleichzeitig mehr als 200.000 Installationen eine Gebühr pro Installation zahlen, höhere Limits galten bei den anderen Unity-Preismodellen Pro und Enterprise. Das sollte auch ab Januar 2024 für solche Spiele gelten, die bereits veröffentlicht sind, also auch rückwirkend für vorherige Unity-Versionen für Umsätze und Installationen ab 2024. Entwickler und Spielefirmen stießen sich insbesondere an diesem rückwirkenden Lizenzwechsel, dass Unity die Anzahl der Installationen mittels intransparenter Methoden erfassen wollte und dass die Kosten bei Spielen mit wenig Umsatz pro Installation, beispielsweise Mobilspielen, laut Entwickleraussagen die Einnahmen übersteigen würden. Unity ruderte nach den Protesten etwas zurück, das neue Preismodell soll jetzt nur noch für Neuveröffentlichungen gelten, bei Pro- und Enterprise-Kunden alternativ eine Umsatzbeteiligung beinhalten und Entwickler können die Installationszahlen selbst erfassen.
Ein Gedanke, den ich woanders mitnahm: Die Wahl des Interims-CEO macht diesen Rücktritt schwierig zu lesen.
Man würde ja meinen: Unity hat hier Mist gebaut, Proteste ausgelöst, also wird der Verantwortliche für die initiale Entscheidung gekickt. Aber wählt man dann einen neuen CEO, und sei es als Zwischenlösung, der so gar keinen Draht zu Spieleentwicklern hat?
Steckt in der Wahl des Enterprise-CEOs nicht vielmehr die Aussagen, dass nicht das neue Preismodell das Problem war, sondern das Einknicken vor den Protesten?
Pure Spekulation natürlich. Vielleicht beantwortet die Wahl des nächsten permanenten CEOs die Frage.
Hast du dir mal das "Board of Directors" von Unity angesehen? Da sitzen Vertreter der wichtigsten Kapitalgeber und ein paar beratende Positionen die keine funktionalen Posten darstellen.
Zumindest haben sie jemanden bestimmt, der bereits bei Redhat / IBM jahrelang als CEO tätig war.
Bei Riccitiello lag es auch sich nicht nur an dem neuen Preismodell. Der teure Kauf des Adware / Malware-Hersteller IronSource für 4,4 Milliarden, dass bisher nichts als weitere Kosten gebracht hat wurde auch durch ihn forciert.
Insgesamt wird ihm der Rückhalt weggebrochen sein und da geht es rein um Geld. Solange du gut lieferst und plus machst, spielt der Rest ne kleine Geige.
Okay, Bauernopfer oder wirkliche Einsicht?
Vermutlich nach dem Debakel vom Aufsichtsrat abgesägt. Bauernopfer würde ich aber nicht sagen, wenn er da und bei EA Bauernopfer gewesen wäre, hätte er schon unfassbares Pech mit seinen Arbeitgebern
Bauernopfer würde ich beim CEO auch nicht mehr sagen. Das wäre für mich eher der Fall gewesen, wenn sie jetzt einen Abteilungsleiter rausgeworfen hätten.
Ob Einsicht oder abgesägt ist natürlich von außen schwer zu beurteilen. Ich tippe aufs zweite ;)
Nach dem Vollversagen war das nur eine Frage der Zeit. Ohne das hätte man nicht ansatzweise eine Abkehr verkaufen können, das wird jetzt eh schon schwierige PR-Arbeit das Ruder noch mal rumzureißen. Kaum ein Entwickler, der von ihren Plänen beeinflusst worden wäre wird sich in der nächsten Zeit noch für Unity entscheiden, und selbst wenn, bleibt ein ungutes Gefühl und die Befürchtung plötzlich durch sowas in große Probleme gebracht werden zu können.
Täusch dich da mal nicht. Wer in Unity auf einer professionellen Ebene firm ist, wird sich einen Wechsel 5x überlegen.
Die Highend Vorteile von Unreal sind für die meisten eh absolut theoretisch.
V.a. zahlt man bei Unreal auch einen Share pro Spiel, das finanziell Attraktive bei Unity war ja, dass das nicht so war. Und auch jetzt dürften sie unterm Strich noch günstiger als Unreal sein.
Dazu kommt noch, dass viele Mobile-Entwickler Unity verwenden, da spielt Unreal keine nennenswerte Rolle.
Von daher war Unreal sowieso keine echte Alternative. Soweit ich das überblicken kann, gibt es generell keine Alternative, die gleichermaßen PC, Konsolen und Mobile abdeckt. Wer die Kombi braucht, bleibt bei Unity.
Überlegen ja, aber wirklich wechseln werden wahrscheinlich wenige. Jahrelang aufgebautes Fachwissen und Erfahrung wirfst du nicht mal so eben weg. Sich in eine andere Technologie einarbeiten oder sie selber entwickeln kann deutlich mehr kosten als das Unity aufruft (die Idee ist ja nicht vom Tisch, sind wurde nur aufgeschoben auf die neue Version). Der Vertrauensverlust wiegt deutlich schwerer, aber wieviel am Ende wirklich Unity den Rücken kehren wird sich zeigen. Ich denke aber nicht, dass sie auf einen Schlag in die Bedeutungslosigkeit verschwinden werden.
Ich glaube auch, dass eher neue Einmann-Entwickler und kleine Teams mit Erstlingswerk Alternativen ausprobieren werden.
Und tschuess!