4X-Klassiker mit aktuellem Patch 1.51

Jörgspielt: Emperor of the Fading Suns Enhanced
Teil der Exklusiv-Serie Jörgspielt

PC
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Jörg Langer 457718 EXP - Chefredakteur,R10,S10,A10,J9
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16. Mai 2023 - 15:18 — vor 2 Wochen zuletzt aktualisiert

Teaser

Ein Weltall irgendwo zwischen Der Wüstenplanet und düsterem Mittelalter, mit grausamen Symbionten und einer Kirche, die mordlüsterne Inquisitoren durchs Weltall schickt. Und mittendrin Regent Jörg...
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Hinweis: Wie noch viele PC-Spiele aus den mittleren bis späten 90ern verwendet das Programm ein 4:3-Format, woher die schwarzen Balken in meinen Screenshots rühren.

Im Februar 1997, in meinen letzten Wochen bei PC Player, bevor ich zu IDG wechsete und dort GameStar entwickelte, erschien ein 4X-Spiel von einer Firma namens Holistic Design, die mir schon mit Hammer of the Gods (Simpel-4X im Wikinger-Szenario) viel Solo- und Multiplayer-Freude bereitet hatten, und deren Final Liberation nicht das schlechteste Warhammer-40K-Computerspiel war. Das neue 4X-Vergnügen hieß Emperor of the Fading Suns, hatte einen ausgefeilten Pen&Paper-RPG-Background, und war alles andere als simpel, sondern höchst komplex. Ich habe ehrlich gesagt vergessen, ob ich es für PC Player getestet habe damals, kann mich aber noch sehr gut daran erinnern, dass ich noch jahrelang die Audio-Tracks der Spiel-CD (die zusätzlich zur Spielmusik weitere Tracks, unter anderem von Dead Can Dance, enthielt) im Auto hörte.

 

Jedenfalls war das Spiel sehr faszinierend, wenngleich es ein großes, entscheidendes Problem hatte: Die KI war quasi nicht vorhanden, nutzte nur einen Bruchteil der Optionen im Spiel, pflasterte Planeten mit „Städten“ zu (eigentlich Gebäuden, eines pro Hexfeld) und agierte absolut passiv.

Fast alle Elemente auf einen Blick: Sternenkarte, Counter, Baumenü und Hexfeld-Planet.

 

Im Oktober erschien, von mir zunächst unbebemerkt, nach 25 Jahren ein neuer Patch von Holistic Design und engagierten Fans: Version 1.5 brachte das Spiel auf eine modernere Engine, ohne allerdings an der Krümelgrafik auf Stand von Civilization 1 etwas zu ändern. Über 100 weitere Änderungen sind verbrieft, darunter vor allem ein besserer Mod-Support. Dann gab es zwei neue Galaxie-Karten, Dark Ages und Lost Worlds, letztere rund doppelt so groß wie die Vanilla-Map. Wen alle Änderungen interessieren, findet sie in diesem Google-Dokument.


Ende Februar 2023 erschien dann mit 1.51 ein Balance-Patch, der unter anderem „die KI besser balanciert“ und ihr das Zupflastern von Planeten erschwert. Auf dieser Grundlage, also ohne Fan-Verbesserungen und Full Conversion wie Nova oder die bereits an 1.51 angepasste Emperor Wars Mod, habe ich dem erneuerten alten Werk einen Sonntagnachmittag und -abend geschenkt.
 

Die Enzyklopädie führt euch in den Hintergrund des (bis heute auch als Pen&Paper existierendes) Spieluniversums ein.


Komplexe Welt und Counter-Spaß

Emperor of the Fading Suns ist ein stark ressourcenbasiertes 4X-Spiel, das auf mehreren Dutzend Planeten spielt. Zwischen den Planeten fliegt ihr per Hyperjump auf festen Routen, im Orbit kann es zu Kämpfen gegen Feinde kommen. Vom Orbit aus landet ihr Erkundungs- oder Invasionstrupps an, und wenn ihr so wahnsinnig seid, nicht mit „globalem Ressourcenlager“ zu spielen, sondern diese pro Planeten zu verwalten, müsst ihr euch sogar um das Verschiffen von Containern kümmern. Alles in Emperor of the Fading Suns ist counterbasiert: Eure fünf Adligen (verliert ihr alle, heißt es Game Over) sind Counter, eure fünf Zepter (die euch je eine Stimme bei der Wahl zum Regenten verleihen) sind Counter, Priester und Spione und PAK und Mutanten und Relikte und Helikopter und U-Boote und Power-Armor-Infanterie und Symbionten und so weiter und so fort – alles Counter.

Auf der Starmap finden Flottenbewegungen und -kämpfe statt, unten links die unter Zwangsfrieden stehende Thronwelt Byzantium II, oben rechts Holy Terra (Kirchenwelt).


Wenn ihr Spaß daran habt, Counter zu verschieben, mit anderen zu gruppieren, sie etwa mit einem Dropship von einer Stadt zwei Einheiten ins All zu bringen, sie dort auf ein größeres Raumschiff umzuladen, zurückzufliegen, zwei weitere Trupps hochzubringen, umzuladen, nicht-hyperjumpfähige Orbital-Streitkräfte ebenfalls in große Schiffe zu verladen, dann den Jump ins Feindsystem zu machen, dort die Torpedoflieger und Kampfjäger auszuladen, und so weiter und so fort – dann seid ihr die richtige Zielgruppe für EFSe (so die offizielle Abkürzung für die Enhanced Version). Ich bin es definitiv.
 

Apropos: Jede Stadt, und sei es eine Kirche, kann die vier Grund-Truppentypen Miliz, Pak, Flak und Artillerie produzieren. Fortgeschrittene Infanterie rekrutiert ihr in Forts, jegliche Vehikel und Flugzeuge in Fabriken und alles, was im Weltraum fliegt und kämpft, in Sternenhäfen. Teils benötigt ihr zum Bau einer Einheit nicht nur Ressourcen, sondern eine vorhandene Einheit in dieser Stadt. So wird aus einem mittleren Kampfpanzer ein Assault Tank oder aus einem Offizier ein Spion. Je nach Typ dauert die Produktion zwischen einer und vier Runden – just der Engineer, mit dem ihr Straßen und neue Städte baut (in letzterem Fall verschwindet er) ist mit vier Runden Rekrutierungszeit und 100 Nahrung Kosten ziemlich teuer.

Zu Beginn schnappen wir uns schnellstmöglich weitere Planeten und damit Ressourcen – in diesem Fall ist es mir gelungen, die Exotica- und Nahrungswelt Rampart einzunehmen.

Expansion ist Trumpf

Neben der aktionspunktebasierten Steuerung von Einheiten (die ihr einfach gruppieren und wieder auflösen könnt) – mit üblichen Feinheiten wie unterschiedlichen Punktekosten je nach Einheitentyp oder dem Umstand, dass fliegende Einheit in jeder zweiten Runde auf einem Träger oder einer Stadt landen müssen, hat das Spiel einen weiteren Schwerpunkt: Um zunächst Regent der verblassenden Sterne und später deren Imperator zu werden, braucht ihr Ressourcen, Ressourcen und außerdem Ressourcen. Einfache Einheiten baut ihr mit etwas Metall und Nahrung, spätere benötigen dann teils dreifach weiterverarbeitete Ressourcen. Um diese zu erhalten, müsst ihr stark expandieren, teils auch auf passende Planeten, und die Hexfelder der Planeten nach und nach mit neuen Städten befüllen. Dabei gibt es wenige, aber wichtige Regeln: Ressourcenproduktionsstädte wie Minen oder Farmen müssen fünf Felder Abstand zu anderen Produktionsorten einhalten, eine Energieschild-Stadt schützt die sechs benachbarten Hexfelder vor orbitalem Beschuss, Ressourcen-Quellen im Einzugsgebiet von zwei Feldern um eine Stadt herum erhöhen deren Output, Fabriken an der Küste dienen gleichzeitig als Werften.

 

Die Kontrolle einer Welt hat der, der den örtlichen Palast kontrolliert (oder ihn als erstes baut) – das heißt aber nicht viel, denn auch andere Fraktionen können auf demselben Planeten agieren, Städte gründen oder vorhandene, etwa von Rebellen, erobern. So entsteht – zumindest in der Theorie – in der ersten Spielphase ein munteres Ringen um den wilhelminischen „Platz an der Sonne“: Während wir mit einem Teil unserer Truppen die Rebellen auf unserer Heimatwelt heimleuchten, Ressourcen erschließen und Ruinen freikämpfen (um Relikte und andere Belohnungen zu finden), sollten wir uns gleichzeitig auf mindestens einen Nachbarplaneten, der ressourcenreich ist, ausbreiten. Eine gute Taktik dabei ist es, nicht gleich die Hauptstadt zu attackieren. Denn dort stehen meist Orbitalkanonen, die unsere Landungsschiffe beschießen – zumal Raumschiffe bis auf Assault Lander eh schon Schaden nehmen, wenn sie außerhalb einer Stadt landen. Besser ist es meist, als erstes ein Fort einzunehmen (oder schnell eines zu bauen per mitgebrachtem Engineer), und einen Teil der Truppen vor Ort zu produzieren.
 

Unsere Übersicht zeigt: Wir stehen mit zwei Reichen im Krieg, haben aber bereits doppelt so viele Zepter wie die anderen Reiche (weil wir Haus Decantos eindosen gerade).

 

Die Fraktionen

Das eigentliche Salz in der Fading-Suns-Suppe sind die Fraktionen. Neben den fünf großen Häusern, von denen ihr eines steuert, gibt es noch die drei Ministerien Imperial Eye (hat einen Stützpunkt mit Militär und Spionen auf jeder Hauptwelt), Imperiale Flotte (verfügt über Elite-Bodentruppen und eine starke Flotte) sowie Stigma-Garnison (starke Bodentruppen auf der Grenzwelt zur großen außerirdischen Gefahr, den Symbionten). Diese bleiben die ersten Jahrzehnte aber meist vakant, weil erst ein gewählter Regent sie je einem der fünf Adelshäuser zuschlagen kann. Neben diesen Fraktionen (mit je fünf Zeptern, also Stimmen) existieren auch noch die stimmberechtigten Parteien Heilige Kirche und die Handelsgilde. Letztere unterhält auf jeder Hauptwelt mindestens eine Agora, die gerade zu Beginn des Spiels eine wertvolle Quelle für seltene Ressourcen ist, und an die wir, schlicht durch Vorbeischicken entsprechender Schwebecontainer, unsere Überschüsse verkaufen. Und die Heilige Kirche nervt vor allem ihr unbeliebte Fraktionen, indem sie bestimmte Technologien als verboten deklariert (oder, seit Patch 1.5, gegen Geldzahlung Verbote auch wieder aufhebt). Wagt jemand, dennoch Verbotenes wie Pestilenzschleudern zu entwickeln, muss er mit einem Besuch der Inquisition rechnen.
 

Forschung ist ein wichtiges Spielelement, bei dem man sich genau überlegen sollte, was man in welcher Reihenfolge angeht (man benötigt zum Beispiel nicht alle Truppentypen).

 

Und das ist wörtlich zu nehmen: Wo sich so ziemlich alle anderen Spiele dieses Universums mit einem Event oder einer eingeklinkten Extra-Spielmechanik begnügen würden, um die Inquisition zu simulieren, besteigt in Emperor of the Fading Suns ein hochgerüsteter Elitetrupp nebst Inquisitor-Einheit eine Flotte und fliegt von dort zum Planeten, der das entsprechende Labor beherbergt (ihr legt für jede Labor-Stadt fest, an welcher Technologie sie forscht, ihr könnt auch in mehreren Laboren an derselben Errungenschaft tüfteln). Auf dem Planeten angekommen, greift der Inquisitionstrupp dann dieses Labor an und legt es in Schutt und Asche. Außer natürlich, ihr verteidigt es mit genügend Truppen, dann lässt sich der Angriff auch abwehren. Oder ihr baut „verbotene“ Labore gezielt möglichst weit weg von Holy Terra, dann kann es sein, dass ihr mit der Forschung schon fertig seid, bis die Inquistoren ankommen. Oder die Agora: Wer möchte, kann sich die Gilde zum Feind machen und einen Handelsplatz angreifen – im Falle des Sieges findet er dort alle Vorräte (darunter die sündteuren Singularitäten für Hyperjump-Motoren) tatsächlich als Container vor, was gerade zu Beginn ein riesiger Boost sein kann.

 

Die weiteren Fraktionen sind die schon erwähnten Rebellen und (superstarken) Symbionten sowie die Truppen des Regenten auf Byzantium II (die dieser erhält, wenn er gewählt wird) und die Vau, eine außerirdische Fraktion, die den Menschen technologisch überlegen ist, und mit der sich via Planetenkarten-Verkauf Geld machen lässt. Mit Vau, Kirche, Handelsgilde und den drei Konkurrenz-Adelshäusern könnt ihr typisch transaktive Diplomatie der Sorte „Gib mir deine Stimmen bei der nächsten Wahl, dafür bekommst du von mir X Geld sowie die Technologien Y und Z“ abhalten.
 

Auf Byzantium II sammeln wir die Truppen und Schiffe des aktuell von uns kontrollierten Minsteriums der Sternenflotte. Kommt es hier zum Krieg, hätten wir gute Karten...

 

Byzantium II, Reliquen und Sekten

Alle Adelshäuser unterhalten einen Stützpunkt auf der imperialien Herrschaftswelt Byzantium II, deren Thron zurzeit vakant ist. Die Besonderheit: Auf Byzantium II darf man nicht bauen und zwar Truppen rekrutieren, diese aber erst einsetzen, wenn der aktuelle Regent sich zum Imperator ausrufen lässt – worauf die anderen Fraktionen versuchen, ihn militärisch zu vernichten. Wohl dem, der bei Ausbruch des Krieges beispielsweise Minister der Imperialen Flotte ist, die starke Infanteriekräfte auf Byzantium II unterhält. Bis zu diesem Endgame dürfen nur Stealth-Einheiten wie Spione Krieg führen auf Byzantium II. Ach ja, jede Fraktion hat einen ihrer fünf Adligen auf Byzantium II stationiert.

 

Ein weiteres Detail sind die Sekten: Wie auch bei der Regentenwahl entscheidet sich einmal pro Jahrzehnt, wer das Oberhaupt der Kirche ist. Zu Beginn kommt der aus der othodoxen Hauptsekte, aber es gibt ein halbes Dutzend andere, und ihr könnt von euch kontrollierte Kirchen „umpolen“ auf eine andere Sekte. Die richtige Sektenzugehörigkeit bringt Vorteile bei Moral und bei Entscheidungen der Kirche zu euren Gunsten oder Ungunsten. Allerdings ist dieses – durch Patch 1.5 aufgewertete – Feature eines, das sich in der realen Spielpraxis kaum bemerkbar macht. Und dennoch trägt es irgendwie zum Flair bei, wie auch die ausführlichen Texte im Kompendium, die mir die Welt der Verblassenden Sterne und ihre Fraktionen näherbringen.

 

Wichtiger sind da schon die Reliquien, die durch die 1.50 und 1.51 sowohl in ihrer Loot-Häufigkeit erweitert als auch um zehn neue erweitert wurden. Ihr findet sie – wie alles im Spiel: als Counter, der auch zum Stack-Maximum zählt – in freigekämpften Ruinen. Manche geben euch spielweite Vorteile (etwa Diplomatieboni zur Handelsgilde) andere steigern die Produktion oder die Einkünfte aus dem Kirchenzehnten auf der aktuellen Welt, wieder andere geben dem Stack, der sie enthält, Verteidigungs- oder Tarnungsboni oder machen ihn immun gegen die (Achtung, noch ein Feature) Pest, die manche Planeten heimsucht, und die eure Armeen infizieren kann. Allerdings müsst ihr erst mehrere Forschungen abschließen im transzendentalen Bereich, damit die Relikte auch Wrikung entfalten…
 

Auch Raumkämpfe finden in Phasen statt – hier habe ich mit einer "Billigflotte" die sehr viel teurere von Haus Decados stark geschädigt.

 

Detaillierte Kampfberechnung

Während die Kämpfe an sich simpel ablaufen – ihr zieht euren Angriffs-Stack aus bis zu 20 Einheiten auf einen Feind-Stack oder eine Feind-Stadt, der Rest wird ausgewürfelt –, laufen dabei allerlei Berechnungen ab. Das Wichtigste sind die unterschiedlichen Kampfphaen: Indirekte und Fernkampf-Waffen schlagen zuerst zu, seid ihr dabei überlegen, knockt ihr manchen Feind schon aus, bevor er euch Schaden zufügen kann. Allerdings: Wer die ersten Phasen übersteht und dann mit kampfstarken Nahkämpfern zum Zuge kommt, dreht dann oft das Schlachtgeschehen noch. Auch hier gibt es wieder Spezialregeln, etwa dass Spione die Chance haben, direkt einen oder mehrere feindliche Adlige zu treffen und diese im besten Fall sogar zu töten. Wir erinnern uns, dass bei Verlust der fünf Adligen einer Seite jene Seite aus dem Spiel ist – es ist im Normalfall eine gute Idee, Adlige nicht in den Kampf zu schicken, auch wenn sie größere Boni gewähren (auch abhängig von der Trait- und Anti-Trait-Auswahl zu Spielbeginn) als normale Offiziere.

 

Das Phasen-Prinzip gilt auch bei Kämpfen zur See oder in der Luft, generell werden sich gut gemischte Armeen („Combined Arms“) besser schlagen als „monothematische“, dies wurde wohl durch die jüngsten Patches auch noch mal verstärkt. Im Weltraum gilt dasselbe, allerdings mit höherem Einsatz, da Weltraumschiffe das Teuerste ist, was ihr bauen könnt. In Fan-Foren wird deshalb seit 20 Jahren eifrig diskutiert, welche Weltraumschiffstype in welchem Szenario die beste Preis-Leistung haben.

 

Und auch hier gibt es wieder Details: Orbital-Jäger und -Bomber sind billiger in der Herstellung, können selbst aber keinen Hyperjump ausführen. Kein Problem: Mit Trägern (oder auch einfach auf einem Frachter oder Bulk Haler oder Aussault Lander verladen) kommen sie von Planet A zu Planet B, und genießen sogar noch einen gewaltigen Vorteil: Während ein Hyperraumsprung die Aktionspunkte einer Flotte auf 0 setzt, sie also erst in ihrem nächsten Zug einen etwaigen Feind angreifen darf (oder auch Planetenbombardierungen durchführen), behalten verladene Kampfjäger ihre Aktionspunkte. Ihr könnt sie also nach dem Hyperraumsprung ins Orbit ausladen und einen Überraschungsnagriff mit ihnen durchführen.

Durch Diplomatie und Eroberung weiterer Zepter bin ich Regent geworden und habe meinem Haus Li Halan  (lila) die Stigmata-Bodentruppen zugeschustert. Das Imperial Eye sowie die Flotte  habe ich meinen, nun ja, zumindest Noch-nicht-Feinden gegeben. 

Und jetzt die kalte Dusche

Klingt das alles fantastisch? Nach einem feuchten, nein feuchtfröhlichen, nein, geradezu feuchtglitschigen Traum eines jeden 4X-Fans? Ja, das tut es. Doch leider, leider, hat Emperor of the Fading Suns auch nach den jüngsten Patches noch genau dasselbe Problem wie im Frühjahr 1997: Es gibt quasi keine KI. Klar, man kämpft gegen Rebellen oder Symbionten, die auch auf den Planeten herumziehen und Unheil anrichten. Ja, die Inquisitoren-Mechanik funktioniert. Und ja, wenn ich einem Haus den Krieg erkläre, tut es irgendwas, etwa mich auf Byzantium II mit Spionen angreifen. Aber es fehlt jegliche übergreifende Fraktions-KI.

 

Als ich, wie üblich nach zwei, drei schnell abgebrochenen Testpartien, als Haus Li-Halan (lila) ernsthaft zu spielen begann, meine Heimatwelt Kish befriedete und meine Hände nach den Nachbarplaneten ausstreckte, hatte ich stundenlang riesigen Spaß. Doch mein Angriff auf die „grünen“ Konkurrenten von Haus Decados war eine einzige Enttäuschung: Erratisch herumgeschickte Kleinflotten, die ich problemlos auslöschen konnte, verdienen die Bezeichnung „KI“ nicht einmal im Ansatz. Die Abwehr eines lustlosen Gegenangriffs auf eine umstrittene Welt gelang mir mit den Gehirnzellen in meinem linken kleinen Zeh. Als ich ich dann meine Invasion der Decados-Heimatwelt startete, änderte sich die Gegenwehr dann von „grenzdebil“ zu „gar keine“: Problemlos nahm ich Stadt um Stadt ein, es gab keinerlei Armeebewegungen der KI, und im Palast standen vier praktisch unverteidigte Adlige und alle fünf Zepter zur Abholung bereit – obwohl auf dem Planeten insgesamt vermutlich um die 100 Kampfeinheiten der Gegenseite verteilt waren. Am Artikelende zeige ich euch das KI-Desaster in einigen Screenshots.

 

Wohlgemerkt: Das Counter-Management, Planen der Forschung, Entwickeln meiner Planeten hatte mir bis dahin gut acht Stunden lang echt Spaß gemacht – die knapp 6 Euro Investition bei GOG.com machen mich deshalb nicht trübsinnig. Aber wenn die KI offensichtlich nicht mitspielt, bringt das halt auf Dauer keinen Spaß. Womöglich ändern die beliebtesten Fan-Mods etwas (Emperor Wars probierte ich kurz aus, es bietet eine deutlich ausgebautere Startaufstellung, mehr Planeten und Einheiten) – aber ich habe daran allergrößte Zweifel, weil KI halt so gut wie immer hardcoded ist in solchen Spielen. Und wie will man als Fan „fahrlässiges Desinteresse und komplette Apathie“ wegmodden? Dass auch die ministerialen Truppen und Flotten in einem desaströsen Zustand sind, wenn man die dann irgendwann als Mensch kontrolliert, muss ich wohl kaum erwähnen.

 

Emperor of the Fading Suns ist 2023 immer noch das, was es die letzten 26 Jahre war: ein Geheimtipp für Multiplayer-Strategen. Die müssen dann zwar viel Zeit investieren (die Züge dauern nach einer Weile echt lang), egal ob per Hotseat oder im passwortgeschützten PBM-Modus. Sie erhalten im Gegenzug jedoch einen feinen Sandkasten für echte Strategie, für klug zusammengestellte Stacks, für fiese Finten: dem Konkurrenten die Inquisition auf den Hals hetzen, die eigene Planetenkarte verkaufen und dann dessen Städte-Layout massiv umkrempeln, die eigenen Zepter verstecken… Als Solospiel aber ist das Holistic-Design-Werk noch genau dieselbe hässliche Symbionten-Missgeburt wie schon bei Release 1997, da helfen auch sämtliche Bugfixings und kleinen Tunings nichts.

Hier noch die erwähnte Invasion in vier Bildern:

Um Severus – die Heimatwelt von Haus Decados – zu invadieren, habe ich jahrelange Vorbereitungen getroffen, größtes Problem der Invasion ist das Stack-Limit von 20 Einheiten pro Orbit (zu dem alles zählt, Schiffe, Kelch-Reliquien, Truppen, Anführer).
Schon nach zwei Runden habe ich über 30 Kampfeinheiten in zwei großen Stacks auf dem Planeten abgesetzt und gewinne jeden Kampf – weil Decados einfach in den Städten stehen bleibt und sich so Stück für Stück abschlachten lässt. Gegenwehr: rein passiv.
Drei Runden nach Invasionsbeginn stehe ich mit einer starken Armee direkt vor dem feindlichen Palast. Kommt es jetzt wenigstens zu einer großen Entscheidungschlacht?
Ach was! Im Palast stehen, quasi ungeschützt, vier von fünf Adligen (der fünfte sitzt ja auf Byzantium II fest) von Haus Decados, alle fünf Zepter, aber weniger Truppen als in der Chemiefabrik nebenan. Ganz ehrlich, selbst Civilization 1 hatte die zigmal bessere KI.
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