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Zwölf Jahre sind seit dem Release des Wargames
Combat Mission - Battle for Normandy (CMBN) vergangen. Wie alle Serienteile setzt es auf die CM-Engine, die immer wieder geupdated wird (Serienteile ab CM2 profitieren davon; Version 5 kommt wohl nächstes Jahr). Zwischenzeitlich sind vier Erweiterungen erschienen. Anlässlich des über Slitherine erfolgten Steam-Releases und angefixt durch die Demo und Twitcher DerHobbygeneral habe ich mich auf Zeitreise in die Bocage-Landschaft Frankreichs begeben.
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Angelehnt an ein historisches Gefecht halte ich ein Dorf, wobei der Panther kräftig zubeißen muss. |
Mehr Sein als Schein
Vorwarnung: Die
Combat Mission-Reihe ist kein eye candy. Lasst euch als Genre-Freund aber nicht abschrecken, denn hinsichtlich des militärtaktischen Simulationsanspruchs dürfte Combat Mission der Platzhirsch sein. Nehmt die Grafik, als das was sie ist: Die gut lesbare visuelle Darstellung dessen, was auf dem Schlachtfeld passiert. Und da spielt schließlich die Marschmusik!
Mit dem Handbuch in der Hand
Nach rund sieben Stunden in den zwei Tutorial-Kampagnen, angeleitet durch das Handbuch, war ich halbwegs combat ready. Das weiterführende Handbuchstudium ist aber Pflicht. Weitere Hilfe gibt es bei Community-Gurus wie Usually Hapless auf Youtube sowie dem Discord-Server von Slitherine.
In den Missionen müsst ihr mal eine Stellung halten, mal eine Stadt säubern, mal evakuieren. Eigene und zugefügte Verluste fließen in die Bewertung ein. Die Missionen bewegen sich auf Zugebene (40-50 Soldaten) bis zur Batallionsebene mit hunderten Soldaten. Dazu kommen Fahrzeuge und Panzer oder Panzerabwehrkanonen. Ihr könnt in Echtzeit spielen, der Standard ist jedoch der WEGO-Rundenmodus: Zunächst gebt ihr euren Einheiten Befehle. In Deckung gehen? Rennen? Minenfelder markieren? Artillerieschläge ordern? Dann werden sie eine Minute lang ausgeführt, wobei ihr nicht eingreifen könnt.
Die Pixeltruppen führen allerdings nicht stur ihre Befehle aus, sondern agieren halbautonom, kauern sich etwa verängstigt zusammen, bleiben stehen und erwidern das Feuer oder laufen weg, wenn zu viele Kameraden gefallen sind. Die Missionen dauern zwischen 30 und 90 (mit DLC 120) Minuten. Da ihr auch planen und Befehle geben müsst, dauert eine Mission aber deutlich länger. Zumal ihr die Replay-Phase, gerade bei großen Schlachtfeldern, mehrfach anschauen solltet.
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Häuser bieten Deckung und aus den oberen Stockwerken gute Sicht. Hier setze ich zum Sturm an. Gebäude lassen sich zerstören. Die Anzeige von Bäumen könnt ihr reduzieren (wundert euch dann aber nicht über fehlende Sichtlinien!). |
Taktik-Talent
Die taktische Tiefe ist enorm. Ihr müsst letztlich alle Grundregeln der Gefechtsführung beachten. Beispielsweise sollte eine Gruppe oder ein schweres Maschinengewehr Deckungsfeuer geben, wenn Andere vorrücken, denn geratet ihr in einen Feuerüberfall, werden eure Pixeltruppen ruckzuck weggemäht. Mörser und Artillerie, später sogar Flugzeuge, werden über Funk gerufen, wozu der Funker eine Sichtlinie zum Ziel benötigt – oder zu einem in manchen Missionen vorhandenen Target Reference Point. Bis ein Artillerieschlag kommt, dauert es einen Moment. Mörser wirken alternativ direkt auf Ziele.
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Die Briefings vor jeder Mission geben wichtig Hinweise. Leider skalieren die Menüs nicht auf meine 1440p-Auflösung. |
Wird ein Feind erkannt, kann diese Information verbal, über Zeichen oder Funk an andere Einheiten weitergegeben werden. Sichtlinien und das Erkennen von Feinden sind ein extrem wichtiges Spielelement. Die Moral von Einheiten fällt, wenn sie nicht mehr in Reichweite ihres Anführers sind. Mit gewaltsamer Aufklärung (recon by fire), also etwa dem Ballern auf Häuser, in denen ihr Feinde vermutet, könnt ihr Reaktionen hervorrufen und euch das Leben erleichtern. Eure Pioniere sprengen Durchlässe in dichte Hecken und Mauern, erschließen euch so neue Wege, und markieren Minen. Mit Fahrzeugen lassen sie sich schnell verlegen. Hand- und Rauchgranaten fehlen nicht. Einzelne Einheiten teilt ihr auf um mit einer geteilten Gruppe wechselweise vorzurücken oder einen Spähtrupp loszuschicken.
Die Sichtlinie jedes einzelnen Soldaten wird berechnet, so dass es passieren kann, dass manche Soldaten einer Gruppe auf den Feind wirken können, andere aber nicht. Und im Dunkeln ist zwar gut Munkeln, aber man sieht nicht so gut. Schließlich werden sogar die ballistischen Kurven berechnet. Kurz gesagt: Die Simulationstiefe und die sich daraus ergebenden taktischen Möglichkeiten und Erfordernisse sind beeindruckend.
Kampagnen, Szenarios und Community
Wenn ihr bei CMBN Feuer fangt, seid ihr schon mit dem Basisspiel hunderte Stunden versorgt. Vier Kampagnen, 21 Szenarios und Karten für schnelle Schlachten mit selbstzusammengestellten Verbänden bringen eure Freizeit ans Limit. Ihr agiert im Juni und August 1944 sowohl auf Seiten der Amerikaner als auch der Deutschen, beginnend mit dem Angriff auf Utah Beach. Die Missionen sind historisch oder an historische Ereignisse angelehnt. In den Kampagnen kämpft ihr immer mal wieder mit den gleichen Verbänden (oder teilt euch Artillerie und deren Munition!). Verluste werden übernommen! Der Schwierigkeitsgrad ist ziemlich hoch, so dass ihr am besten mit den Szenarios übt. Nachschub liefert zudem die Community, die mit dem Editor sehr aktiv war.
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Die zu hohen Verluste machen mir einen Strich durch die Rechnung. Ein Sieg wäre für den Kampagnen-Fortschritt nötig gewesen. |
Fazit
Einstiegshürden und Einarbeitungsaufwand sind hoch, die Grafik ist kein Zugpferd. Der Aufwand lohnt sich jedoch, denn so öffnet sich die Welt eines extrem realistischen Militärtaktik-Simulators, der viele Stunden fesseln kann und in dem ihr ständig neue Erkenntnisse gewinnen und neue Taktiken erproben könnt. Dank der Engine-Gemeinsamkeit fällt dann auch der Einstieg in andere Serienteile leichter.
Steam-Deck-Check
Auf dem Steam Deck konnte ich ohne technische Probleme eine Schlacht starten. Das Interface ist im Handheld-Modus noch lesbar. Die Steuerung mit Gamepad macht aber keinen Spaß und für die oft benötigten Hotkeys müsstet ihr auf die virtuelle Tastatur zugreifen. Die Handheld-Nutzung kann ich also nicht empfehlen.
Technisch lief alles einwandfrei. Die anfangs umständlich wirkende Steuerung geht dank der Hotkeys schnell gut von der Hand. Ich würde mir aber zum Beispiel einen simplen "Feuer halten"-Button wünschen, statt einen niedrigen Wirkbereich festzulegen, um zu verhindern, meine Position zu verraten. Die KI hinterließ einen ganz guten Eindruck. Als Angreifer tut sie sich zwar etwas schwer, verteidigend weicht sie aber schonmal nach hinten aus. Die Besonderheit von Battele for Normandy ist sicher die Bocage-Landschaft, deren Hecken als Deckung und Hindernis eine besondere Rolle spielen.
CMBN ist für mich eine spielerische Offenbarung, die mit ihren Alleinstellungsmerkmalen auch Jahre nach dem ursprünglichen Release noch punktet. Da es aber ein sehr spezieller Titel ist, empfehle ich euch erstmal die
Demo (leider mit Vorgängerengine) kombiniert (!) mit Tutorialvideos auszuprobieren. Und vielleicht packt es euch dann ebenfalls!
- Runden/Echtzeittaktik
- Einzel- und Mehrspieler
- Für Profis
- Preis: 58,99 Euro
- In einem Satz: Anspruchsvolle und realistische Militär-Taktik, die ihre Stärken auf dem Schlachtfeld ausspielt.
Viel Spaß beim Lesen!
Saftiger Preis für ein derartiges Nischenprodukt. Hätte ich jetzt nicht gedacht. Das Reinfuchsen scheint mir dann aber doch zu viel Arbeit zu sein. Danke für die Bestätigung. :)
Gerade solche Nischenprodukte sind oftmals teuer, weil sie sich nicht über die breite Masse finanzieren. Aber zum Glück gibt's ja eine Demo. Damit sollte man schnell herausfinden können, ob einem das Spiel zusagt oder nicht.
Hi :) Wie Markus schreibt, muss irgendwie die Entwicklung bezahlt werden. Entweder über die Masse oder etwas höhere Preise. Bei einem hardcorigen Wargame ist es eher der Preis. So ein bisschen wie bei den ganzen Flugzeugen für den Flight Simulator :)
Ich hoffe aber, durch die Partnerschaft mit Slitherine (gibt auch Turniere) und die Steam Releases kommt da bisschen Breite rein.
Ja, Reinfuchsen ist bei dem Titel weit weg von Casual, aber dann auch sehr belohnend. Es ist schlicht auch alles unglaublich detailliert modelliert. Beispiel: Ein Geschoss trifft einen Baum, sorgt so für Splitter, die Splitter treffen ggf. einzelne Soldaten!
Habe Teile der Serie deutlich günstiger in Erinnerung. Vielleicht waren das zu den Zeitpunkten, wo sie mir aufgefallen sind, aber auch schon alte Kamellen. Sahen jedenfalls noch schlichter aus, nett formuliert. ;)
Ja, zB habe ich mir Shock Force 2 letztens bei Gamesplanet im Sale für 25 Euro geholt. Da kam ich jetzt wegen CMBN und anderen Checks Tests noch nicht dazu, das wurde mir aber auf dem Discord als recht einsteigerfreundlich empfohlen. Es ist halt assymmetrisch und du hast technische Vorteile wenn du die USA spielst. Den Bundeswehr DLC habe ich mir auch gegönnt ;)
Demnächst erscheint Red Thunder auf Steam, da gibt es sicher wieder Sales. Rüdiger hatte Black Sea getestet (das reizt mich auch total, hat aber keine Kampagne, aber vllt User-Kampagnen). Alles dieselbe Engine. Falls dir die CMBN Demo gefällt, schnapp dir einen Sale-Titel. Steuerung ist übetall gleich. Es gibt aber Untetschiede, zB Nachtsichtgeräte, mehr Funk in modernen Settings usw. Das sind jetzt alles leicht überarbeitete, im Hinblick auf den MP stark überarbeitete (Einbindung in Slitherines Turniersystem) Re-Releases auf Steam. Weil die Umsetzung länger dauert als gedacht, kommt die neue Engine vermutlich erst nächstes Jahr, also etwas später als geplant (mit Verbesserungen usw). Es gibt auch Grafik und Soundmods usw.
Dannn gibt es noch die alten CM-Teile, die gibt es auf GOG :)
Schade finde ich, dass immer noch Handbuchstudium und/oder Videotutorials erforderlich sind. Also wie in den guten alten "Falcon 4.0"-Zeiten. Ich habe nichts gegen Komplexität, im Gegenteil! Aber meines Erachtens wäre eine noch deutlich bessere Zugänglichkeit (In-game!) durch entsprechende Tutorial-Kampagnen, Szenarios etc. ein echter Gewinn für diese ganzen Nischenspiele, die gerade wegen ihrer Komplexität und ihres ernsthaften Ansatzes hochinteressant sind. Auch wenn es das hier schon gibt (Kampagnen), so entnehme ich dem Text, dass da noch mehr möglich gewesen wäre.
Ich werde mir die Demo auf jeden Fall mal geben, vielleicht schon dieses Wochenende. :) Danke für die Vorstellung dieses Geheimtipps!
Ja, das stimmt. Was du in den Tutorialkampagnen machen sollst, steht z.B. im Handbuch statt in Texttafeln (das Handbuch geht davon aus, WEGO zu spielen, man kann auch Echtzeit spielen). Wenn man die durch hat (6 bis 7 Stunden) hat man schon einen ganz soliden Start und kann kleinere Gefechte angehen. Im Detail kommt dann aber einfach noch unglaublich viel dazu. Daher die Hinweise auf Usually Hapless und, beispielhaft, eines (von vielen) LP vom HobbyGeneral, der auch sehr viel erklärt.
Ich denke, wirklich gute Tutorials zu bauen, skripten, Alternativen zu haben usw. und die dann auch noch aktuell zu halten ist ein großer Aufwand. Und trotzdem ist dann noch nicht alles untergebracht. Da ist der Ansatz "basics in den Tutorialkampagnen" plus Handbuch bei so einem kleinen Team für mich völlig ok, weil es geht. Dass es mittlerweile richtig gute Videos gibt, ist natürlich klasse (ich empfehle, für die Komplexität, das Maschinengewehr-Tutorial von Usually Hapless).
Die Demo ist auf jeden Fall einen Versuch wert. Wie im Check geschrieben aber der dringende Tipp, sich paar basic-videos reinzuziehen und/oder auch mal ins Handbuch zu schauen, weil sonst wird es frustig (weil man nicht wirklich weiß, was man wie machen soll, wie man z.B. sinnvol Arty koordiniert).
Sehr gerne, vielen Dank für dein Feedback :)
Ich finde es auf jeden Fall klasse, dass du über solche Spiele berichtest und sie dir ganz offensichtlich auch recht intensiv anschaust. Gerade diese Hardcore-Nischenspiele... da sind häufig echte Perlen dabei (vorausgesetzt natürlich, man kann mit dem Genre/dem Spiel an sich etwas anfangen).
Sehr cool :) Danke auch an Hagen, dass ich hier auch immer mal etwas hardcorigere Titel vorstellen kann :) Finde ich auch irgendwie wichtig, weil es einfach so viele richtig gute Spiele von kleinen Teams oder sogar Einmann-Entwicklern gibt, die im Nebel des Krieges schnell übersehen werden.
Ein cooles Wargame, das ich hier checkte, ist übrigens Warplan Pacific. Auch den Check zu Second Front möchte ich empfehlen. Und auch künftig wird das ein oder andere kommen :) Allerdings erstmal Voice of the People (Vicky 3).
Ich nehme auch immer gerne Tipps. Ich bin zwar in paat bubbles unterwegs, aber alles kriege ich nicht mit. Am besten zB unter der wöchtentlichen News zu den User-Inhalten :)
Ja, ich versuche schon so intensiv es geht (und auch MINDESTENS sein muss, da gehe ich aber auch drüber hinaus) mit den Spielen zu beschäftigen. Weil sonst macht es denke ich für niemanden Sinn (nicht für den Leser und damit auch nicht für mich, und ich möchte auch gegenüber den Devs fair sein und erst nach genug Zeit ein Urteil fällen; mal als Beispiel: In CMBN kannst du auch nach 30 Minuten schreiend weglaufen, wenn du dich nicht drauf einlässt, was dann aber massiv belohnt wird :) Außerdem kapiert man viele Mechaniken nach zu kurzer Spielzeit noch gar nicht oder schätzt sie falsch ein; kann mir natürlich passieren, ich versuche das Risiko aber zu minimieren). In CMBN stecken z.B. insgesamt (Spielzeit, Handbuch, Youtube usw.) 50+ Stunden.
Hier noch ein paar Links:
CM beim Militär: https://www.youtube.com/watch?v=0lBQXRF2zjY
DerHobbyGeneral: twitch.tv/DerHobbygeneral youtube.com/DerHobbygeneral
Usually Hapless: https://www.youtube.com/channel/UC9egpHJiRis89uHkeyJiEug
Hui, vielen Dank, interessant zu lesen ist der Check allemal. Aber zum selber spielen fehlt mir die Geduld bei der Einarbeitung...
Vielen Dank für dein Feedback :)
Ja, das stimmt. Also man muss Geduld mitbringen. Die 6, 7 Stunden für die Tutorialkampagnen reichen für die Basics, aber es kommt viel dazu. Da sind kürzere Spiele schon durchgespielt, bevor man tief drin ist (was sich aber lohnt!).