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Kane und Lynch, Jade und Pey'j oder Léon und Mathilda – ungleiche Charakterpaarungen, oft auch wider Willen, sind ein beliebter Trope beim narrativen Spatenstich in der Unterhaltungsindustrie. Auch der Indie-Titel
Meg's Monster greift diesen Kniff auf und bugsiert das namensgebende Mädchen in die Obhut zweier knurriger Kleinganoven. Nur, dass letztere nicht der menschlichen Spezies angehören. Und doch stellt die kleine Meg den „Fremdkörper“ in der von Monstern bevölkerten Spielwelt dar. Welche Abenteuer das Trio fortan erlebt, verraten wir euch im heutigen Spiele-Check.
Das Mädchen von oben
Roy, ein grimmiger blauer Hüne mit einer riesigen rote Hummerschere anstelle des rechten Arms, und Golan, ein schlaksiger grüner Oger mit spitzen Ohren, sind zwei prototypische Kleinkriminelle der Sorte raue Schale, weicher Kern – das monströse Äußere außen vorgelassen. Dementsprechend gilt auch das erste Gesetz einer jeden Buddy-Komödie: die Muskeln des Großen kompensieren das lose Mundwerk des Kleinen. Diese ungleiche Konstellation wird auf die Spitze getrieben, als den beiden nach vollbrachter Arbeit die kleine Meg buchstäblich aus heiteren Himmel auf den Kopf fällt. Und als wäre die Begegnung mit zwei vermeintlichen Ungeheuern nicht traumatisch genug, ist das Mädchen auf der verzweifelten Suche nach ihrer Mutter. Kein Wunder also, dass ihr alsbald die ersten Tränen über die roten Wangen kullern.
Dass gleichzeitig jedoch die Erde zu kochen und beben beginnt, verheißt nichts Gutes. Irgendwie scheint der Gemütszustand des Neuankömmlings mit der Zukunft der Welt verknüpft zu sein. Und so schlüpfen Roy und Golan ungewollt in die Rolle der Kindermädchen. Fortan ist es an den beiden, Meg zu ihrer Mutter und nach Hause zu geleiten, ohne dass die Kleine erneut Rotz und Wasser heult. Keine einfache Aufgabe in einer Welt voller Monster, in der Menschen bisweilen auch auf der Speisekarte stehen.
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Das Kampfsystem gewinnt noch an "Komplexität", bleibt aber übersichtlich. |
Ein Hauch von nichts
Pixel-Draufsicht, Textboxen, Rundenscharmützel und Erfahrungspunkte – Meg's Monster mutet auf den ersten Blick wie ein Retro-Rollenspiel im SNES-Gewand an, aber der Schein trügt. Im Prinzip lest ihr eine Visual Novel, nur dass die Klicks zwischen den Textzeilen als JRPG getarnt sind. Die Kämpfe sind kaum der Rede wert (auch wenn sie etwa ab der Hälfte des Spiels mit netten Kniffen aufwarten), die Zahl der Items und Schauplätze limitiert und das Charaktersystem bloße Fassade. Rangaufstiege und eine Art Quest-Struktur täuschen dem Spieler Progression vor, aber eigentlich wird das Heldentrio absolut linear durch das Abenteuer geleitet. Alle Kämpfe und NPC-Begegnungen sind von vornherein festgelegt, Zufälle gibt es nicht.
Spielmechanisch kocht das Spiel folglich auf Sparflamme, aber das ist im Sinne des Erfinders. Dreh- und Angelpunkt ist das Mysterium um Meg und ihre Beziehung zu Roy, der quasi unausweichlich in die Rolle eines (väterlichen) Freundes und Beschützers wächst. Sprachlich ist diese Heldenreise eher durchschnittlich zu Papier gebracht, aber die Geschichte selbst weiß trotz einiger Längen und nerviger Passagen zu gefallen. Skurrile Charaktere, witzige Alltagssituationen, stille Momente des Glücks und Tiefschläge in die Magengrube – an Varianz und Highlights mangelt es der inhaltlichen Achterbahnfahrt nicht.
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Die Freundschaft zwischen Meg und ihren Monstern wächst im Verlauf des Abenteuers. |
Fazit
Meg's Monster bietet die Kulisse eines klassischen Rollenspiels, offenbart aber sehr schnell, dass das nur eine spielmechanische Fassade ist. Der Indie-Titel möchte keine taktisch anspruchsvollen Rundenkämpfe samt Klassensystem in den Vordergrund stellen, sondern die Abenteuererzählung seiner drei ungleichen Protagonisten. Nur eben nicht als bloße Abfolge von Textboxen, wie sie manch klassische Visual Novel bietet. Obwohl die Geschichte eindeutig im Rampenlicht steht, trägt sie das Spiel nicht in Gänze. Dafür sind die Texte nicht gut genug geschrieben und manch Passage zu geschwätzig oder dröge. Für all das entschädigen aber die großen Momente des Spiels. Eine klare Empfehlung kann ich nicht aussprechen, die kalte Schulter hat das Kleinod aber auch nicht verdient. Merkt es euch vielleicht für ein verregnetes Wochenende vor. Oder den nächsten Sale.
- "Rollenspiel" für PC, Switch und Xbox Series X|S
- Einzelspiel
- Für jeden
- Preis: circa 15 Euro
- In einem Satz: Story-getriebenes Pixel-Abenteuer mit Rollenspiel-Fassade
Hab ich schon im Blick gehabt, schau ich rein. Danke für den Check.
Ich finde das Ding fantastisch. Eben insbesondere durch seine Erzählung. Es ist endlich mal wieder eine Erzählung, die nicht irgendwelche Epik herstellen möchte. Und Memberberries sucht man auch vergebens - wunderbar. Dafür gibt es einen sympathischen Cast und es wird das Kunststück fertig gebracht in diesem Medium ein hübsches Kammerspiel zu inszenieren.
Ach Menno, ausgerechnet für die PlayStation gibt’s das nicht.
Danke für den Check!
Toll geschriebener Check! Danke!
So ein hbsch gezeichnetes Titelbild und dann diese Pixelgrafik, hach ja... Macht an sich aber einen putzigen Eindruck.
Da bist du wohl in meine Teaser-Bild-Falle getappt. *Mu-Ha-Ha*
Wieder ein fluffig zu lesender Check, danke! :)
P.S.
Sollte das im Fazit nicht "Einzelspieler" lauten?
Ich habe das Spiel vor kurzem beendet und fand es richtig gut. Und ich bin jetzt auch an den anderen Spielen von Odencat interessiert.