Seit 2018 waren die Japan-Dokus 2018 nur für Crowdfunder und Käufer verfügbar. Nun veröffentlichen wir die 1080p-Varianten frei für alle (das Making Of bleibt jedoch kostenpflichtig). Wenn sie euch gefallen, macht beim Crowdfunding für die Japan-Doku 2022 mit – und sichert euch alle 2022er Folgen zum Vorzugspreis von 10€ (nur bis Reisestart!).
Wer möchte, kann außerdem die 2018er Dokus in 4K erwerben, inklusive zahlreiche Extras. Auch das extralange Making Of (Folge 16) sowie etliche Extras sind dann enthalten.
Cosplaying hat in Japan eine lange Tradition, auch wenn der Begriff erst etwa 35 Jahre alt ist. Dabei wurde das Hobby, sich wie die fiktive Figur eines Kinofilms oder einer anderen Vorlage zu verkleiden, keinesfalls in Japan geboren – Fan-Conventions zu SF- und Fantasy-Filmen gibt es beispielsweise in den USA schon lange. Aber wie viele Kultur- (oder Speisen-) Importe kopieren die Japaner die Vorlage nicht nur, sondern verändern sie und machen sie sich zu eigen, bis am Ende etwas Spezielles daraus geworden ist, in diesem Fall eine ganze Popkultur-Strömung.
Cosplay inklusive Crossplay (Mädchen mimt Mann, Junge mimt Frau) geht Hand in Hand mit Maid Cafes, der Moe- und Kawaii-Kultur, der Allgegenwärtigkeit von Maskottchen (praktisch jede Präfektur, Großstadt, Institution hat eines), der Mainstream-Beliebtheit von Manga-Comics und Anime-Zeichentrickfilmen. Das Cosplay wirkt sich sogar auf die Alltagsmode aus: Noch immer laufen die meisten Männer in Business-Klamotten und die meisten Frauen in Pastellfarben oder Office-Kostümen durch die Straßen. Doch man sieht eben auch Herren mit farblich-stilistisch extrem auffälligen Klamotten oder Damen, die als Lolita oder Schulmädchen verkleidet ihre Einkäufe erledigen.
Auf der TGS 2018 hatte sich Jörg mit einer Streamerin und Cosplayerin verabredet, um einfach mal von ihr zu hören und aus ihrer Perspektive mitzuerleben, wie dieses Cosplaying abläuft. Wieso macht man so was, und wie läuft so ein Tag auf der Messe ab? Denn die Amateur-Cosplayer bekommen ja keinen Stand und keine Bühne gestellt, vielmehr müssen sie sich und ihr Kostüm auf eigene Faust zur Schau stellen. Und das ziehen sie durch, auch wenn es windet und regnet...
Fun Fact: Es war nicht leicht, eine Cosplayerin zu finden, die bereit war, für ein Dokuvideo gefilmt zu werden und sich darüber hinaus auch beim Verkleiden/Schminken aufnehmen zu lassen. Die Recherche war auch deshalb schwer, weil sich japanische Cosplayer auf japanischen Plattformen tummeln und auf Japanisch schreiben. Schließlich tat Planerin Keimy eine junge Frau auf, die zwei Jahre in Kanada gelebt hat und sehr gutes Englisch spricht. Sie war nicht nur bereit, sich beim Cosplaying filmen zu lassen, sondern auch beim Schminken. Aber wo? In einer öffentlichen Damentoilette wollte ich dann doch lieber nicht mein Equipment aufbauen, auf der Messe herrscht in den speziell für Cosplayer gedachten Umkleiden Fotografie- und Filmverbot, und mal eben kurz irgendwo im Freien oder Café geht auch nicht. Blieb nur mein Hotelzimmer.
Das schien auch okay für die Cosplayerin, doch irgendwie kam der E-Mail -Verkehr etwas schleppend voran und es wollte nie ein Skype-Gespräch zustandekommen, was mir aber wichtig war: Erstens, um ihr Englisch zu prüfen und einen Eindruck von der Person zu bekommen, zweitens, um meinerseits Vertrauen zu schaffen. Schließlich wollte ich, dass sich eine junge Frau in meinem Hotelzimmer umzieht – wie war das von wegen "nicht mit fremden Männern mitgehen"? Aber wie gesagt, Skype wollte einfach nicht klappen, die Dame war zu beschäftigt, heute in Osaka, morgen am Arbeiten. Schließlich vereinbarte ich mit ihr, dass wir uns im Foyer des Hotels treffen würden, um das Interview zu führen, und erst dann aufs Hotelzimmer gehen würden.
Ich war dann sehr gespannt um 8 Uhr morgens, ob die Cosplayerin überhaupt auftauchen würde, und was für ein Typ sie wäre. Es erschien dann pünktlich auf die Minute eine höfliche junge Frau, die sich gut artikulieren konnte und auch nicht so wirkte, als würde sie entweder Leute auf fremden Hotelzimmern K.O. schlagen oder aber plötzlich grundlos um Hilfe rufen. Trotzdem ließ ich die Tür angelehnt und zur Sicherheit (und angekündigt) die ganze Zeit die Kamera laufen, während ich im Zimmer war. Beim eigentlichen Umziehen verließ ich den Raum. Am Ende fragte ich sie, ob sie keine Bedenken gehabt hätte, einfach so zu einem Fremden aufs Zimmer zu gehen. "Nein, ich wusste ja von den E-Mails, dass ich dir vertrauen kann." Ich konnte mir dann, als Vater zweier Teenager-Töchter, eine mahnende Ansprache doch nicht verkneifen. Danach ging es auf die Messe, wo die Cosplayerin ihren Spaß und ich meine Drehgelegenheiten hatte. Alles gutgegangen!
Viel Spaß!
Damit ist die letzte reguläre Episode der Japan-Dokus 2018 frei für alle :-)
(das Making of bleibt weiter „zahlender Kundschaft“ vorbehalten)
Sehr sympathische Cosplayerin. Kann aber auch tatsächlich verstehen, dass die Situation doch ein wenig seltsam sich angefühlt haben muss. Einfach mit einer fremden Person in einem Zimmer zu sein, die wohl kein Problem hat, sich vor einem Fremden einfach malso umzuziehen.
Keimy (mein Guide) war auch leicht beunruhigt deswegen, also in meine Richtung, und hat auch noch mal angerufen. Wobei ich beim eigentlichen Umziehen nicht im Zimmer war.