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Die Macher hinter
Cris Tales, Dreams Uncorporated, haben sich auf die Fahne geschrieben, Fans ein klassisches Rollenspiel japanischer Bauart zu liefern. Rundenbasierte Kämpfe, die Perspektive auf die Seite gekippt und dazu die passende musikalische Bombast-Untermalung – so könnte man die Grundzüge des Werks formulieren, das mancherorts als Liebesbrief an das Genre bezeichnet wird. Ob die Entwickler dabei auch in die Zukunft schauen oder sich auf den Lorbeeren der Vergangenheit ausruhen, lest ihr im heutigen Spiele-Check.
Zur Rettung der Welt hier entlang
Eben noch unschuldig im Rosengarten des Waisenhauses mit Mutter Oberin zu Werke, lichtet die junge Chrisbell einen Moment später die gegnerischen Reihen eines Überfallkommandos. Dass sie das rundenbasierte Kriegshandwerk und die Rolle der Weltenretterin erst wenige Augenblicke zuvor erlernt hat – geschenkt. Charakterentwicklung kann das Spiel. Da verwundert es wenig, dass die ersten Begleiter dieser Heldenreise in Kurzform direkt aus dem Blaupausen-Buch für Rollenspiele stammen. Und so machen sich schließlich euer Alter Ego, ein Haudrauf und ein gelehrter Magier auf den Weg, der bösen, bösen Kaiserin den Tag zu vermiesen. Oscar-verdächtig ist das alles nicht, aber die Fronten wären somit geklärt und die Mission kann starten.
Cris Tales kommt in einer modernen, hübsch anzuschauenden Bilderbuch-Optik mit gefälligem Soundtrack daher und versteht sich als japanisches Rollenspiel der alten Schule inklusive Oberweltkarte, Zufallskämpfen und Heldenparty. Zur Rettung der Welt geleitet euch das Spiel dabei sehr stringent von Ort zu Ort und weist etwaige Abenteurer sehr schnell in ihre Schranken. Zumindest wenn diese durch die zahlreichen und länglichen Ladezeiten nicht ohnehin bereits entnervt sind. Nichtsdestotrotz ist das mechanische Fundament durchaus solide und motivierend. Monster kloppen, Fähigkeiten lernen, kleine Quests absolvieren, gegnerische Schwächen analysieren und ausnutzen, die Zugreihenfolge zu seinen eigenen Gunsten manipuliert – das bekannte Duett von Breitschwert und Magie funktioniert.
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Rundenbasierte Kämpfe mit Initiativleiste – klassischer geht's kaum. |
Das wird aber auch Zeit
Chrisbell und Gefolge reisen mit leichten Gepäck und entlasten somit auch eure Schultern. Charakterklassen, frei verfügbare Punkte beim Rangaufstieg oder einen Fähigkeitenbaum sucht ihr vergebens. Auch Boni-behaftete Accessoires wie Ringe, Schuhe und Halsketten verteilt das Spiel nur in homöopathischen Dosen. Neue Waffen gibt es nicht, aber der Schmied kann die alten rudimentär aufwerten. Genre-Touristen kommt diese Entschlackung wohlmöglich entgegen, aber auch sie müssen mit der fehlenden freien Speicherfunktion und dem Pflicht-Backtracking vorliebnehmen. Es ist wirklich ärgerlich, wenn ihr einen offensichtlichen Quest-Gegenstand erst dann aufheben könnt, wenn ihr den dazugehörigen Dialog bereits geführt habt.
Im Osten nichts Neues könnte man meinen, aber die junge Protagonisten erweist sich schnell als sogenannte Zeitmagierin. Der Bildschirm ist hierfür (in Arealen ohne Kämpfe) in drei Abschnitte unterteilt. Links sehen wir die Vergangenheit, in der Mitte die Gegenwart und rechts die Zukunft. Laufen wir an einer Person vorbei, seht ihr diese in drei verschiedenen Lebensabschnitten. Ihr werdet Zeuge von Geburt und Tod sowie Freundschaft und Zerfall. Viele dieser Geschichten bleiben unkommentierte Streiflichter der Spielwelt, aber es lohnt sich die Augen danach offen zu halten. Auch weil einige Quests auf diesen Beobachtungen fußen und sogar die Manipulation der Zeit erfordern.
Chrisbell vermag nämlich die Zeit vor- und zurückzudrehen. Besonders die Kämpfe erlangen dadurch eine interessante und neue Note. So beharkt ihr anstatt eines reißenden Wolfs nur noch dessen zahmeres Welpen-Ich, wenn ihr diesen in die Vergangenheit verfrachtet. Aber Vorsicht ist geboten, jeder Gegner reagiert anders auf die Manipulation. Etwa wenn ihr plötzlich einem erprobten Veteranen anstelle des erwarteten Tattergreises gegenübersteht, nachdem ihr den Alterungsprozess beschleunigt habt. Auch ergeben sich gewisse Synergien, die ihr entdecken und ausnutzen solltet. Ein vergifteter Gegenüber büßt zu Beginn jeder Runde ein wenig Lebensenergie ein. Schickt ihr ihn aber in die Zukunft, erleidet er sofort den aufsummierten Gesamtschaden.
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Als Zeitmagierin hat Heldin Crisbell ein besonderes Auge für die Jahreszeiten. |
Fazit
Cris Tales ist ein klassisches japanisches Rollenspiel, das sich vor der Genre-Vergangenheit verbeugt, aber auch eigene Impulse setzen möchte. Insbesondere das Spiel mit den verschiedenen Zeitebenen stellt dabei eine reizvolle Addition zur bekannten Formel dar. Anders verhält es sich mit den schablonenhaften Protagonisten und der platten Hintergrundgeschichte, die – überspitzt formuliert – lediglich ein Vehikel für die Aneinanderreihung von Zufallskämpfen darstellen. Das eingedampfte Charakter- und Stufen- sowie der Verzicht auf ein tiefgreifenderes Ausrüstungssystem hingegen bedingen Licht und Schatten gleichermaßen. Wer schon am Frühstückstisch die taktische Marschrichtung für den Abend plant, ist hier definitiv fehl am Platz während Genre-Touristen das Gamepad nicht gleich vor Excel-Schreck ins Korn werfen.
- Rollenspiel
- Solospiel
- Für Einsteiger und Fortgeschrittene
- Erhältlich seit 20.7.2021
- Fazit: Entschlacktes JRPG mit interessanter Zeitmechanik.
Ich hab gestern mal 90 MInuten reingspielt, voll abholen konnte mich das Spiel noch nicht. Ich habe die Vermutung, dass es an der Präsentation liegt. Ich werd mal noch weiter dranbleiben.
Danke für den lesenswerten Check. :)
Klingt interessant. Gibt es das auch auf deutsch?
Schau mal auf die Screenshots ;) Ja, das Spiel ist übersetzt wurden, Sprachausgabe gibt es keine.
Man sieht, wie sehr ich auf Screenshots klicke. :D
Klingt ganz interessant aber den Grafikstil finde ich furchtbar. Danke für den Check!
Dem kann ich mich fast vollumfänglich anschließen, nur bitte das "ganz" mit "nicht" und "aber" durch "und" ersetzen ;)
Ich habe das im letztjährigen Steam Demo Festival bereits angespielt. Fand es ganz charmant, gerade den Grafikstil, der eben mal nicht das übliche Anime-Gedöns ist (der Entwickler kommt nicht aus Japan, nur das Spielprinzip des JRPGs wurde übernommen). Auch die Zeitmanipluation wirkte im Ansatz ganz witzig. Die Heldin ging mir etwas auf die Nerven, aber ich weiß gar nicht mehr genau, warum. ;-)
Optisch finde ich es sogar ganz schick, mal was anderes :) Danke für den Check!
Die Zeitmechanik klingt interessant, der Rest spricht mich aber nicht so an, danke für den Check. :)
Vielen Dank für den Check.
Ich glaube ja die Vorstellungen, was ein JRPG ist und was nicht, sind bei jedem höchst individuell. Ich verstehe die "Liebeserklärung" durchaus, aber ich selbst würde das Spiel bei mir auf Steam niemals unter meinen JRPGs abspeichern.
Aber schöner Spiele-Check, danke. ;)
Ich bin in Sachen JRPGs eher ein Zaunsgast. Warum würdest du Cris Tales in ein anderes Genre stecken bzw. was fehlt dir?
Ich glaube das ist bei mir vor allem die Optik.
Hier würden mich das durchaus interessante, aber eben absolut nicht japanische Art-Design allein schon dazu bewegen, es nur eine Stufe weiter oben unter RPGs zu packen. Würde ich es dennoch als "Liebeserklärung an klassische JRPGs" bezeichnen? Klar, warum auch nicht. Unter JRPG kommts bei mir dann aber trotzdem nicht ;)
Anderes Beispiel wäre da das gute alte Septerra Core. Das wollte optisch richtig auf den Anime-Look setzen, sah für mich aber damals schon einfach nur schlecht kopiert aus. Ganz gleich, wie es spielerisch war. South Park - The Stick Of Truth ist spielerisch ja ebenfalls eine kleine Liebeserklärung an alte JRPGs, aber optisch eben South Park und damit allein schon kein JRPG.
Undertale würde ich ohne zu zögern dort hinein packen. Schwieriger wird es dann bei Titeln wie Battle Chasers. Oder der Yakuza-Reihe. Die steckt bei mir auch unter JRPG - Liegt aber vll auch nur daran, dass ich noch keine Brawler-Kategorie eingerichtet habe.
Manche sehen aber auch die Souls-Spiele oder Draon's Dogma als JRPG an, nur weil sie aus Japan stammen, was ich wiederum als Quatsch abtue. :)
Ich sehe wo die Reise hingeht, verständlich. Kurz keimte in mir die Angst auf, etwas komplett essentielles übersehen zu haben und ich wähnte schon die JRPG-Fans bei den Fackeln und Mistgabeln ...
Nein nein, ist rein persönlicher Natur ;)
Cool, dass es hierzu einen Check gibt, danke dafür. Heinrich hat im letzten Spieleveteranenpodcast von dem Spiel berichtet und mein Interesse geweckt. Jedoch hat mich der Grafikstil ein wenig ernüchtert. Der spricht mich nicht so an.
Danke für den Check! Das wäre sonst, wie so vieles, komplett an mir vorbei gegangen. Es spricht mich aber direkt an und vermutlich werde ich es mir sogar irgendwann zulegen :) Aktuell muss ich aber noch "EINSPRUCH!" gegen meine Switch erheben ;)
Danke für den Check!!
Ich hab es dank Gamepass mal angespielt. So super warm bin ich aber noch nicht geworden.
Ganz zu Beginn ist die Story ein total altes Uberklischee. Ich hoffe das besserte noch.