Copyright: Foto: DAK-Gesundheit/iStock
Im Rahmen der „Mediensucht 2020“-Präventionsoffensive untersuchen die DAK Gesundheit und Suchtexperten des Universitätsklinikums Hamburg Eppendorf „erstmalig die krankhafte Nutzung von Computerspielen und Social-Media nach den neuen ICD-11-Kriterien der WHO“ (siehe zum Beispiel diesen User-Artikel oder diese News). Mittels Pressemitteilung wurden jüngst erste Zwischenergebnisse veröffentlicht, die Andreas Storm, Vorstandschef der DAK-Gesundheit, als „alarmierend“ wertet.
Der Grund für diese Aussage liegt auch an den deutlich gestiegenen Spielzeiten während des Covid-19-Lockdowns im Mai dieses Jahres. Der Untersuchung zufolge ist die Spieldauer im Vergleich zum September 2019 an den Wochentagen um 75 Prozent gestiegen (von 79 auf 139 Minuten), während die Zunahme am Wochenende mit 30 Prozent (= 139 Minuten pro Tag) angegeben wird. Vor diesem Hintergrund heißt es:
Im September 2019 zeigen zehn Prozent der 10- bis 17-Jährigen ein riskantes Spielverhalten. Pathologisches Gaming wird bei 2,7 Prozent festgestellt: Die Zahl der betroffenen Jungen liegt mit 3,7 Prozent mehr als doppelt so hoch als bei Mädchen (1,6 Prozent). [...] Hochgerechnet auf die Bevölkerung ist bei fast 700.000 Kindern und Jugendlichen das Gaming riskant oder pathologisch. Die Corona-Krise kann die Situation zusätzlich verschärfen. Es gibt erste Warnsignale, dass sich die Computerspielsucht durch die Pandemie ausweiten könnte.
Die Forscher machen jedoch auch deutlich, dass sich erst im Frühjahr 2021 zeigen wird, ob die in den vergangenen Monaten geschlossenen Schulen sowie die sehr eingeschränkten Freizeitaktivitäten tatsächlich zu einer gestiegenen Mediensucht geführt haben. Zu diesem Zweck wird zum genannten Zeitpunkt eine abschließende Befragung unter den etwa 1.200 teilnehmenden Familien durchgeführt. Bereits jetzt steht fest, dass die Krankenkasse gemeinsam mit dem Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte die Früherkennung verbessern möchte.
Zur Nutzung von Social Media vergleicht die DAK ebenfalls den September 2019 und den Mai 2020 – auch hier werden die vorliegenden Zahlen als „ähnlich problematisch“ eingestuft. Demnach nutzten die befragten Kinder und Jugendlichen im Alter von 10 bis 17 Jahren die jeweiligen Plattformen werktags 193 Minuten, was eine Steigerung um 66 Prozent bedeutet (September 2019: 116 Minuten).
Felix Falk, Geschäftsführer des game-Verbandes, macht via Twitter unter anderem deutlich:
Die zwischenzeitlich stark gestiegene Mediennutzung lässt [...] gerade nicht auf ein problematisches Mediennutzungsverhalten oder sogar eine Suchtgefahr schließen. Im Gegenteil: Die Corona-Krise zeigt die positiven Eigenschaften von Games besser als je zuvor. Das wichtige Ziel einer gesunden Mediennutzung ist dabei gerade kein Widerspruch.
Neben dem bereits erwähnten Vorhaben, die Früherkennung zu verbessern, bietet die DAK Gesundheit in Zusammenarbeit mit der Computersuchthilfe Hamburg seit Kurzem die Online-Plattform computersuchthilfe.info an. Weitere Details zur Studie findet ihr in der Pressemitteilung und den dort verlinkten PDFs und Grafiken.
Über 2 Stunden am Tag ist schon viel. Aber es war eben Lockdown, was soll man als Jugendlicher sonst machen? Ob man zockt, Netflix oder YouTube glotzt, sich auf Social Media rumtreibt, oder ein Buch liest - Mediennutzung stieg in der Zeit zwangsweise an. Da sehe ich jetzt nichts grundsätzlich Schlimmes.
Immer noch besser als besoffen in der Innenstadt zu randalieren, ähem...
Den letzten Satz kann man schon unterstreichen. Dennoch fand ich den Zockermodus meiner Kinder im Lockdown teilweise schon echt bedenklich.
Letztlich haben wir uns trotz Volljährigkeit auf abgeschaltetes Inet in der Nacht geeinigt, das wäre sonst schon zur Belastung geworden.
Ich fange noch nicht einmal an zu spielen, wenn ich nich mindestens ein zweistündiges Zeitfenster habe.
Aus einer gestiegen Nutzungsdauer ein erhöhtes Risiko abzuleiten ist, ist unter den bekannten Umständen schon fraglich.
Hehe, geht mir auch so. Wenn ich nur 2 Stunden Zeit habe, gucke ich lieber nen Film oder Serie. Zum Zocken lohnt das ja gar nicht.
Son Quatsch, zocken lohnt immer.
Das hängt vom Spiel ab, würd ich sagen.
Komplexe Strategietitel mit nem Zeitfenster von 2 Stunden zu spielen, halte ich für Q-atsch. Da hab ich dann 3-4 Züge gemacht und muss schon wieder aufhören? Ne, lohnt nich...
Für Tetris reichen auch 10 Minuten aufm Klo :]
Wer sagt denn, was viel ist? Solange man Arbeit, Schlaf und alle anderen Pflichten nicht vernachlässigt, finde ich da nichts schlimmes dran.
Wie viel hast du denn als Jugendlicher so gespielt? Bei mir war das schon damals gerne auch mal 2 Stunden und mehr, ganz ohne Social Media und Handy-Spiele.
Nur 2?
Ich habe früher gerne mal mehrere Tage hintereinander von morgens bis abends bzw. nachts durchgezockt, gerade in den Ferien. Süchtig bin ich dennoch nie geworden in dem Sinne, dass ich keine Kontrolle mehr über mein Leben gehabt hätte.
Ja, geht mir genauso.
"und mehr" ;-) Aber alleine die Ladezeiten von der Datasette waren ja schon ein großer Teil davon :-)
So genau weißich das nicht mehr. Aber jeden Tag, auch unter der Woche, über 2 Stunden kommt mir schon überdurchschnittlich vor. Allerdings hatten die ja auch keinen richtigen Unterricht, daher ist es echt nicht vergelichbar mit "normalen" Umständen.
Ich hab damals aber auch regelmäßig und viel TV geguckt. Immer die ganzen vorabend-Sitcoms und dann nahtlos weiter mit dem Prime-Time-Programm...
Running Gag: "Oh Gott..wir werden alle sterben"
Manche zocken 1 Stunde, manche 2, manche 6, manche 12....solange es nicht jeden Tag ist...:-)
Wobei 1-2 Stunden jeden Tag ist doch ok.
Nicht zu vergessen die 12 oder 24 Stunden Marathon Streams auf Twitch.
Also Ausnahmesituationen würde ich jetzt nicht dafür heranziehen, problematischen Gaming-Konsum zu beobachten.
Ich glaub ich spar mir meinen Kommentar ... hm, ironie, das iss ja auch ein Kommentar.
"Bitte bleiben Sie zuhause!" - "Aber wehe Du spielst!" ...
Strange world we live in.
Nun, die angesetzten Kriterien der WHO sind sicherlich etwas over the top, wenn auch notwendig gerade wegen der Früherkennung. Aber wenn es gesteigerte Spielzeiten während einer Pandemie gibt, dann sehe ich das auch nicht sofort als negativ sondern eher von Vorteil. Lieber spielen sie als sich die Schädel einzuschlagen oder draussen auf den Plätzen unter Verstößen gegen das Infektionsschutzgesetz uns alle zu gefährden und einen weiteren Lockdown zu provozieren, oder?
Eigentlich sind die WHO - Kriterien eher schwammig und bedürfen immer einer Einzelfallprüfung des Patienen im direkten Gespräch. Bei der DAK Studie reichte eine Telephonbefragung und eine unbekannte Parameter um im riskanten Bereich zu enden.
Der Zug ig ist abgefahren... :D
Süchtig? Ich kann jederzeit aufhören...
Klar war Lockdown, aber es ist doch egal, was die Ursache für den gestiegenen Medien-Konsum war. Suchtverhalten verselbständigt sich irgendwann und dann hat man ein Problem, das sich aus sich selbst generiert.
Der bagatellisierende Kommentar Felix Falks irritiert mich deshalb und kommt wenig souverän rüber. Hier geht es nicht darum, Mediennutzung an sich als besonders schlecht darzustellen, sondern ein hohes Maß davon. Das ist beim Zocken nicht anders als bei Alkohol oder sonstigem Zeug.
Hab gehört das es Nachts dunkler als man Tag ist, kann das stimmen?
Was erwartet den ein Andreas Storm bei einen Lockdown/Kontaktbeschränkung? Das alle still zu Hause auf dem Stuhl sitzen und nix tun?
So mit dem logischen Denken haperts bei einigen, ich darf mich nicht physisch treffen, also treffe ich mich virtuell auf Twitter,Facebook,Zoom undund. Das dadurch die Mediennutzung steigt sollte doch eigentlich klar sein.
Achso der Gute Herr kommt von der CDU...
Den habe ich mal live erlebt und mich mit ihm unterhalten. Damals schon Staatssekretär im Bundeswissenschaftsministerium. Berufspolitiker und Blender. Ich bin mir nicht mal sicher, ob der überhaupt eine eigene Meinung hat.
Hat die WHO auch TV-Sucht definiert?
Jeden Tag nen Film, der etas über 2 Stunden geht und du bist süchtig. :D
Ist wie die Sucht nach dem Internet weiterhin eine abnorme Gewohnheit und Störung der Impulskontrolle.
Interessant und bei Büchern?
Dito. Bis auf die Videospielsucht hat es aus den bereich der Mediumssüchte kaum etwas geschafft.
Gähn...
Die Zunahme war tatsächlich zu erwarten und ist wenig überraschend. Exemplarisch muss das in dieser Ausnahmesituation nicht sein.
Gleichzeitig würde ich mir dennoch wünschen, dass man sich mehr mit anderen Themen beschäftigt hätte und auch dazu wäre im Lockdown genügend Zeit gewesen.
Muss ich die (fast) täglichen Ring Fit Sitzungen wohl wieder einstellen. Für die Gesundheit versteht sich.
Würde mich auch interessieren, ob so etwas in den Statistiken berücksichtigt wurde. Ich würde sogar einen Unterschied machen zwischen einem Unterhaltungsspiel oder einem IQ-Spiel, einen Sprachkurs, einem komplexen Aufbauspiel, wo man z.B. ein Krankhaus verwaltet. Einige Spiele sind schon recht gute Trainingsmethoden für Körper und Geist.
Hmmm, lese den Artikel gerade nach einer 8-stündigen Ghost of Tsushima Session. Kurz überlegt und gedacht ich wäre süchtig....Aber dann ist mir eingefallen, dass ich schon lange kein Jugendlicher mehr bin :D Glück gehabt :D
Nur 2 Stunden? Wow. Und 8 Stunden am Tag auf Social Media/am Handy und für Erwachsene 8 Stunden am Arbeitsplatz vor dem Bildschirm.
Sagen wir es mal so: Ich bin auch jeden Tag 8 Stunden an der Arbeit, aber süchtig danach werde ich wohl nie :-)
Frag mal einen Workaholic ;)
Die reine Zeit sagt nicht viel aus, entscheidend ist doch, ob man soziale Kontakte, andere Aktivitäten und vor allem Pflichten vernachlässigt.
Wenn das ohne Corona passiert wäre, würde ich ja sagen "Da stimmt was nicht!", aber in dieser Situation ist die Erkenntnis dieser Studie ungefähr so aussagekräftig wie "Nachts ist kälter als draußen!". *kopfschüttel*
War während der Schulschließung mit meinen beiden so viel wie noch nie draußen. Fahrrad, Wald, Picknick... die haben eher weniger gespielt als vorher ;) Sind allerdings auch noch kleiner, 10 & 6, als Jugendlicher stell ich mir das viel schwerer vor.
Hängt ja auch davon ab, wieviel Zeit Du selbst hast. Bei meiner Frau und mir ist der Beruf - glücklicherweise - quasi unverändert weitergelaufen. Wir waren also darauf angewiesen, dass die Vereine etc. ihr Programm auch weiterlaufen lassen, und das war halt nicht der Fall. Also waren unsere Kinder tatsächlich leider weniger draußen.
Absolut. Wir hatten hier das Glück, sehr unbürokratisch "Elternurlaub" zu bekommen wenn Kinder betreut werden müssen. Bleibt dann zwar immer noch was zu tun aus der Telearbeit, aber insgesamt von der Zeit her war das super.
Wobei es „Mediensucht“ nicht gibt, weder im WHO-Diagnosemanual ICD-11 noch im aktuellen "Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders", was Vor kurzen eingeführt wurde ist die Gaming Disorder, wobei das keine Sucht ist, sondern eine Störung.
BTW ein Spiegel-Artikel zur „Studie“
„ Die Studie zeigt, dass Kinder und Jugendliche im März 2020, also in einer Zeit, in der sie zu Hause saßen, niemanden treffen und auch nicht in die Schule, zum Sport oder auf den Spielplatz durften, deutlich mehr Zeit mit Computerspielen und sozialen Medien verbracht haben. Um sich nicht zu langweilen und ihre Kontakte zu pflegen. Die Drogenbeauftragte Daniela Ludwig findet die Ergebnisse "heftig", die DAK "problematisch".
https://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/jugendliche-und-soziale-medien-corona-macht-suechtig-a-d272bc19-d532-45c2-b23b-26d39c28ec49#
Ich mit Wortklauberei auf Wortklauberei antworten:
Nur weil die spezifische Erkrankung nicht im Katalog auftaucht, heißt dies nicht, daß es sie nicht gibt. Wie die Gaming Disorder vorher werden Mediensüchte zwecks der Diagnose und Abrechnung unter anormalen Verhalten und Impulsstörung abgewickelt.
Ob es sich dabei um eine Störung, Sucht oder Symptom handelt, ist wiederum eine der großen Fragen im Feld der stoffungebundenen Süchte.
Diesen Spiegelartikel habe ich auch gelesen und fand ihn echt gut. Weniger wegen der Wortklauberei, als wegen einer gefühlt realistischeren Einschätzung der Mediennutzung durch Corona.