Knut Gollert hat gesprochen:

WoW 3.3: Warten, um zu siegen Meinung

Ein Jahr nach Veröffentlichung der zweiten World-of-WarCraft-Erweiterung "Wrath of the Lich King" kommt der versprochene Endboss immer noch nicht ins Spiel. Knut Gollert, bekennender WoW-Spieler seit erinnerungsverklärten Beta-Zeiten, meckert über die Patch-Politik, die sich 2009 eigentlich erst so gut anließ.
Knut Gollert 13. Dezember 2009 - 17:51 — vor 14 Jahren aktualisiert
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Wenn man ein Spiel baut, dann gibt es einen Anfang und viele Levels später ein Ende. Ganz ähnlich ist das mit Filmen und auch mit Büchern. Freude wird durch einen Spannungsbogen erzeugt. Wird der von den Machern gut gezogen, fühlt man sich unterhalten. Doch wie hält man das Interesse der Leute länger, also richtig lange frisch? TV-Serien zum Beispiel strapazieren einen Spannungsbogen über mehrere Wochen - häppchenweise wird gefüttert. Bei Spielen war so etwas nicht nötig, bis die ersten MMOs das digitale Licht erblickten. Sie machten, wie jedes gute Spiel, eine ganze Zeit lang Spaß, waren mit Erreichen des Maximal-Levels aber auch durchgespielt. Allerdings sind sie bedingt durch die starke Einbindung der Menge an miteinander spielenden Menschen regelrecht gezwungen, länger zu halten und dauerhaft zu unterhalten. Auch die saftigen Abo-Gebühren wollen ja monatlich immer weiter kassiert werden.
 
MMOs müssen das, was Frauen nicht wollen: Zunehmen
 
MMO-Entwickler sind zwangsläufig gezwungen, ihre Spiele ständig zu vergrößern
Und genau da steckt das immer noch junge Genre der MMOs im Dilemma-Sumpf. Vor allem die MMOs. Sie können so groß sein, wie sie wollen, irgendwann gelangt jeder Spieler an die Grenze des Inhalts und will mehr. Endgame-Content heißt das Zauberwort und ist die einzige Möglichkeit, erfahrene Spieler bei der Stange zu halten: Gute PvE- und PvP-Inhalte, wie extra knackige Dungeons oder grandiose Spieler-gegen-Spieler-Schlachten. Doch auch das wird nach einigen Monaten zu wenig, weil langweilig. MMO-Entwickler sind zwangsläufig gezwungen, ihre Spiele ständig zu vergrößern. Das machen sie mit Patches und -- um zwischendurch ein bisschen Extra-Taschengeld zu verdienen -- mit Erweiterungen.

Im Falle von Branchen-Chef „World of Warcraft“ ist dies gerade erst wieder letzten Mittwoch geschehen: Patch 3.3 wurde veröffentlicht. Und mit ihm endlich der Endgegner der letzten Erweiterung „Wrath of the Lich King“, der Lich King, Ex-Arthas, Vater-Mörder, Auslöscher von Stratholme, Herr der Untoten, Schwinger von Frostmourne, Herrchen von Sindragosa, Ex von Jaina und Frostthron-Hämorrhoiden-Holer. Ein Content-Patch, der alles richtig macht? Nicht wirklich.

Richtig patchen will gelernt sein

Angefangen hat alles mit der ersten Erweiterung, „The Burning Crusade“. Diese kam im Februar 2007 auf den Markt und schon im Mai wurde der Endboss Illidan „freigepatcht“. Damit war sie im Sommer bereits „durchgespielt“. Blöd, dass da die neue Erweiterung noch 18 Monate entwickelt werden musste. Denn für viele Spieler war mit Illidan der Käse gegessen, um eine bayrische Redensart auf Hochdeutsch zu schreiben. In den folgenden Sommermonaten verließen mehr Spieler denn je die Server. Auch die nette Instanz Zul‘Aman im Herbst und das stückchenweise gelieferte Sonnenbrunnenplateau im Frühjahr retteten wenig: Blizzard hat sich schlicht verpatcht und dadurch wertvolle Spielerbestände verloren.

Daraus haben die Kalifornier gelernt. Schließlich kommt Arthas jetzt erst mehr als ein Jahr nach der Veröffentlichung seiner Erweiterung als Boss ins Spiel. Zusammen mit drei neuen kleineren Instanzen, einem Raid-Dungeon und einem Dutzend weiterer Bosse. In den Monaten zuvor wurden richtige gute Inhalte per Patch geliefert, die die Story bis zum Finale voran getrieben haben. Soviel zur Spannungskurve. Bravo Blizz, alles richtig gemacht. Dennoch muss ich schimpfen: Mit genau diesem letzten großen Raid-Dungeon treibt Blizzard wieder Schindluder. Denn er ist nur zum Teil geöffnet. Die Entwickler stellen bis ins neue Jahr nur die ersten vier Endgegner auf. Erst im Januar kommen die nächsten. Ein paar Wochen später noch einmal welche. Und ganz zum Schluß, irgendwann im Frühjahr darf man gegen den Lich King antreten. Dann, wenn bis zur nächsten Erweiterung nur noch ein paar Monate zu überbrücken sind.

Content in Mini-Happen liefern = Fail!

Die fähigen MMO-Leute arbeiten am neuen MMO, die "ziemlich guten" an Cataclysm.
Das mag ja Spieler im Spiel halten, aber meines Erachtens auch genauso viele Wartende vergrätzen. Das muss doch nicht sein! Gut, bei Blizzard arbeiten alle fähigen MMO-Leute am neuen MMO, die „ziemlich guten“ an Cataclysm. Da bleiben wohl nicht allzu viele für noch einen Content-Patch, der im März erscheinen könnte. Warum, Blizzard, stellt Ihr nicht noch mehr Leute ein? Die Kohle ist bei den monströsen Umsätzen sicherlich da. Ein künstlich in die Länge gezogenes Raid-Dungeon ist nichts weiter als unnatürlich gezerrter Inhalt und eine unnötige Reglementierung der Hard-Core-Spieler, die schon seit geraumer Zeit nichts mehr zu lachen haben. Aber das ist eine andere Geschichte, derer ich mich demnächst wohl einmal annehmen muss. Unter dem Titel „Der WoW-Einheitsbrei oder Gleichheit für alle!“

Euer Knut Gollert
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