Interview mit Sonys Europa-Chef

"Wir glauben an echte Spiele-Handhelds" Interview

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Während Sony mit Move auf eine Line-up-Mischung aus Core- und Casual-Titeln setzt, konzentriert sich Microsoft auf den Casual-Bereich. Ein Beispiel hierfür ist das an Wii Sports Resort angelehnte Kinect Sports.
 
GamersGlobal: Sie sprechen von Blu-ray -- Microsoft aber sagt: "Immer mehr Leute laden sich sowieso Filme und Spiele herunter, wir brauchen das nicht." Sie sind stolz darauf, dass Move Knöpfe hat -- aber ist es nicht viel fortschrittlicher, ganz ohne Plastik in der Hand auszukommen, wie Kinect?
 
Ein Controller wie Move kann zu einem Schwert werden.
Andrew House: Nein, es ist genau andersherum! Ich sehe einige tief sitzende Widersprüche im Ansatz von Microsoft. Zu sagen, dass Blu-ray unnötig sei, weil Filme downgeloadet werden, geht weit weg vom Massenmarkt, wo die Leute in erster Linie verpackte Medienprodukte kaufen. Und ich bin überzeugt, dass es einfach etwas ungeheuer Intuitives hat, ein Werkzeug in der Hand zu halten und dieses zu benutzen. Das fokussiert die Aufmerksamkeit und erlaubt präzise Aktionen. Ein Controller wie Move kann zu einem Schwert werden, zu einem Bogen, und so weiter. Wir haben uns für die Technologie entschieden, die die größte Lebenserwartung und die größte Zahl potenziell unterstützter Produkte mit der größten Einfachheit in der Implementierung kombiniert!
 
GamersGlobal: Es gibt viele Gerüchte im Markt zum nächsten Sony-Handheld. Es soll ein Telefon werden, es soll kein Telefon werden, aber aussehen wie die PSP Go. Also: Was können Sie über die PSP 2 erzählen?
 
Andrew House: Bei PSP interessieren uns momentan nur die existierenden Modelle. Deren Preis-Leistungsverhältnis wollen wir weiter verbessern. Und wie bei der PS2 wollen wir bei PSP den "reifen" Abschnitt ihres Lebenszyklus dafür verwenden, neue, jüngere Zielgruppen anzusprechen, gerade mit der Software, die wir nun auf bis zu 9,99 Euro abgesenkt haben im Preis. Wir hatten damit einen Riesenerfolg in den Sommermonaten. Das ist unser Fokus.

Wenn ich grob skizzieren soll, was die Zukunft in Sachen neue Technologien bringen könnte: Wir glauben sehr stark an die Zukunft von dedizierten Spiele-Handhelds. Also an Geräte, deren Design und deren Interface speziell für Spiele entwickelt werden. Wir glauben fest an die Zukunft dieses Markts. Wir werden in der Zukunft noch stärker die Vernetzung mittels PSN betonen. Wir müssen verstehen, wie in einer von Social-Media-, Social-Network-dominierten Welt die User miteinander kommunizieren und Dinge austauschen. Und wie wir das mit einer dedizierten mobilen Spieleplattform unterstützen können, und daraus eine neue Generation wirklich cooler Spiele machen können.
 
Wir glauben sehr stark an die Zukunft von dedizierten Spiele-Handhelds
GamersGlobal:
Es ginge also nicht um ein "PSP Phone", sondern um einen echten Nachfolger der PSP, der vielleicht auch UMTS unterstützt?
 
Andrew House: Alles, was ich sage, ist: Wir sehen eine strahlende Zukunft für Handheld Devices, die sich den von mir beschriebenen Themen annehmen.
 
GamersGlobal: Versuchen wir es andersrum: Wieso limitiert sich Sony -- auch bei der PSP Go -- so sehr damit, nur WLAN anzubieten? Wieso kein UMTS? Wir kennen die Gegenargumente von wegen "Wir wollen den Kunden keine Telefonverträge verkaufen". Aber der wahre Grund für den Erfolg des iPhone ist doch, dass man auch ohne WLAN jederzeit und überall eine Vielzahl von Apps runterladen kann.
 
Andrew House: Wir haben für das kommende Handheld-Gerät noch keine Pläne verkündet. Das heißt aber auch, dass wir uns generell noch sämtliche Optionen offen halten. Wir verstehen, dass sich seit der Einführung der PSP vor fünf Jahren der Markt für Mobilgeräte entscheidend verändert hat. Wir versuchen gerade zu verstehen, was das für die Wünsche unserer Kunden bedeutet, und werden das einkalkulieren, wenn wir über neue Spielerlebnisse in neuen Geräten nachdenken.
 
GamersGlobal: Okay, Sie wollen nichts sagen. Aber zumindest könnten Sie sagen, dass Sie sich von der Markteinführung des Nintendo 3DS im Frühjahr 2011 nicht komplett aus dem Handheld-Markt verscheuchen lassen wollen?
 
In unserer Industrie verstehen viele unter Online entweder "Multiplayer" oder "MMO".
Andrew House: Was ich sagen kann: Sony hat auf der PSP gelernt, wie mächtig die Kombination von Spielen und Communities sein kann. Und das beeinflusst unser Denken über neue Geräte mit Sicherheit sehr stark. Little Big Planet ist -- auch auf PSP -- ein perfektes Beispiel dafür. In unserer Industrie verstehen viele unter Online entweder "Multiplayer" oder "MMO". Aber wir haben Erfolg damit, das eigentliche Spielerlebnis mithilfe der Community stark zu erweitern. Darum lautet das Motto: "Play, Create, Share". Wir haben Millionen von User-erstellter Levels, die insgesamt eine halbe Milliarde mal gespielt worden sind. Und dennoch gibt es nochmals eine merkliche Spitze in den Zugriffen, wenn Media Molecule selbst neue Inhalte für LBP anbietet. Das ist wie eine positive Spirale nach oben. Spielen, Erschaffen, Teilen -- das sind menschliche Grundbedürfnisse!

Little Big Planet PSP ist gerade wegen der integrierten Community-Funktionen so erfolgreich, sagt Andrew House.
 
GamersGlobal: Klingt fantastisch! Nur: ModNation Racers hat genau dasselbe Prinzip -- ist aber viel weniger erfolgreich als Little Big Planet.
 
Andrew House: Nicht im selben Ausmaß, das stimmt.

GamersGlobal: Nicht einmal ansatzweise.

Andrew House: Wir sind im Entertainment-Business. Da muss man Risiken übernehmen. Ich wollte nicht in einem Business sein, wo alles, was wir veröffentlichen, exakt die selben Verkäufe erzielt. Na gut, ich würde es vom Standpunkt der Umsatzzahlen her mögen. Aber es wäre nicht sehr herausfordernd.
 
GamersGlobal: Move, Kinect und Co. sollen nicht zuletzt die Lebenszeit für PS3 und ihre Mitbewerber verlängern. Wird das nicht dem PC als Plattform helfen, weil er so technologisch weit vorauseilen kann?
 
Andrew House: Werden die Leute eher auf Konsole oder auf dem PC spielen? Dazu wäre eine sehr komplexe Antwort nötig. Es liegt nicht zuletzt auch am jeweiligen Land. Ich komme gerade aus Russland, wo der PC-Markt zwar rückläufig, aber immer noch marktbeherrschend ist. Wir sind bei der PS3 ein ziemliches Risiko eingegangen: Wir haben eine leistungsstarke Maschine entwickelt, die mehr kann als nur Spiele abspielen. Zu diesem Gerät können wir im Laufe der Zeit neue Funktionen hinzufügen, und damit seinen Lebenszyklus erhöhen. Und das wiederum gibt den Spielefirmen und Service-Anbietern eine stabile Hardwarebasis, für die sie entwickeln können. Diese Philosophie werden wir fortsetzen.

Das Interview führte Jörg Langer (GamersGlobal).
Jörg Langer 22. Oktober 2010 - 20:43 — vor 13 Jahren aktualisiert
Bernd Wener 19 Megatalent - 14832 - 22. Oktober 2010 - 22:32 #

Huiui, starkes Interview. Da waren ja ein paar ganz schön freche Fragen dabei. Fein!

Besen 11 Forenversteher - 603 - 22. Oktober 2010 - 23:04 #

Sehr schön!
Macht ihr auch ein Interview mit Microsoft? Würde mich sehr interessieren was die zum Thema "Exklusivtitel" und Core games für Kinect sagen.

Anonymous (unregistriert) 23. Oktober 2010 - 0:12 #

Knaller das Interview, kritische Fragen, echt mal was ganz seltenes, danke dafür. Kritik, ihr hättet nach einem zweiten Analogstick am neuen Handheld fragen sollen - bzw. das Nichtvorhandensein dessen an der PSP 1 kritisieren sollen ;)

Anonymous (unregistriert) 23. Oktober 2010 - 3:30 #

"Zu diesem Gerät können wir im Laufe der Zeit neue Funktionen hinzufügen, und damit seinen Lebenszyklus erhöhen."
Wir können aber auch Funktionen entfernen und den Linux-Usern den Mittelfinger zeigen...

Anonymous (unregistriert) 23. Oktober 2010 - 3:48 #

Wirklich gutes Interview, aber da sieht man was ein Medienprofi ist, der Mann ist wie Teflon. Spinning at its best ohne die Konkurrenz dumm runterzumachen. Der koennte den Irak Krieg noch positiv darstellen.

anonymer Onkel (unregistriert) 23. Oktober 2010 - 12:39 #

"Ich kann mich darauf verlassen, dass Sie immer ein Worst-Case-Szenario schildern." Hahaha!

Schöner Freud'scher Verschreiber übrigens: "Darum lautet das Lotto: "Play, Create, Share"."

SirDalamar (unregistriert) 23. Oktober 2010 - 16:20 #

Danke, liebes GG-Team. Ich hasse Interviews mit 08/15-Fragen - hier hat sich jemand Gedanken gemacht, und das merkt man.

John of Gaunt 27 Spiele-Experte - 78508 - 23. Oktober 2010 - 16:43 #

Sehr gutes und vor allem sehr interessantes Interview. Bitte mehr davon!

Falconer 13 Koop-Gamer - 1520 - 23. Oktober 2010 - 20:34 #

Sehr gutes Interview, das House alles abverlangt hat. So machen Gespräche Sinn und verkommen nicht zu reinem BlaBla während eines Massen-Events. Klasse!!!

Spielstern (unregistriert) 25. Oktober 2010 - 22:40 #

Wow, super Interview, Jörg! Das nenne ich kritischen Journalismus, klasse! Nicht einfach nur das Marketing-Gerede anhören, sondern nachhaken und auch mal unbequeme Fragen stellen, top!