Super Mario Bros. 3 in 10:26 min

"Welt 8 war das schwerste Segment" Interview

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Auf den ersten Blick ist FCEUX nichts anderes als ein ganz normaler NES-Emulator. Beim genaueren Hinsehen offenbaren sich jedoch jede Menge Funktionen, die vornehmlich für die Produktion von Tool Assisted Speedruns interessant sind wie Möglichkeit das Spiel in Zeitlupe ablaufen zu lassen.

GamersGlobal: Anders als normale Speedrunner nutzen TAS-Runner Emulatoren für ihre Arbeit. In eurem Fall kam der speziell für NES-Spiele programmierte FCEUX zum Einsatz. Kannst du unseren Lesern erklären, wie ihr damit den Run erstellt habt?

Thomas Seufert: Unsere Emulatoren erlauben es, uns Spiele entweder in Zeitlupe oder, wie es heutzutage hauptsächlich gemacht wird, per "Frame Advance" abzuspielen. Letzteres erlaubt es uns 60mal pro Sekunde genau festzulegen, welche Buttons gedrückt werden sollen, und das Spiel einen Frame nach dem anderen ablaufen zu lassen. So können wir den Spielablauf massiv verlangsamen und sehr genau das Verhalten des Spiels beobachten. Ein weiteres, wichtiges Element bei der TAS-Erstellung ist aber auch das schlichte Ausprobieren von Ideen. Die Aufnahmefunktion erlaubt es uns, zu bestimmten Punkten im Spielablauf zurückzukehren und Veränderungen vorzunehmen -- oder Fehler auszumerzen.

Nehmen wir zum Beispiel den Walljump in SMB3. Um ihn korrekt auszuführen, muss Mario exakt positioniert werden -- und zwar äußerst exakt. Das sind schlechte Neuigkeiten für einen normalen Speedrunner, der das vielleicht in 10% der Fälle schafft. Aber in einem TAS können wir den Sprung einmal ausführen, die x und y Position von Mario im Speicher auslesen und so überprüfen, ob Mario zu hoch, zu niedrig, zu weit links oder zu weit rechts war. Daraufhin machen wir eine kleine Korrektur und versuchen es wieder. Und wieder, und wieder. Haben wir die Stelle irgendwann zufriedenstellend gelöst, geht es weiter im Spiel. Wenn am Schluss die finale Aufnahme abläuft, ist aber nur noch der erfolgreiche Walljump sichtbar. Die meisten Emulatoren zeigen praktischerweise an, wie viele Versuche oder Aufnahmen der TAS-Autor gebraucht hat.  Im Normalfall steht dort eine hohe, vierstellige Zahl – einige besondere Fälle gehen sogar in den sechsstelligen Bereich!

GamersGlobal: Manche TAS, wie der von Mega Man 2 beispielsweise, greifen auf Bots zurück, um die optimalen Eingaben zu finden. Habt ihr zusätzliche technische Hilfsmittel eingesetzt?

Thomas Seufert
: Nein, denn in SMB3 dreht sich alles rein um Geometrie. Wir haben tatsächlich zu jeder Zeit nur Marios x und y Position im Arbeitsspeicher überprüft, bis hinunter auf den 16ten Teil eines Pixels. Darüber hinaus war es schlicht ein Kreislauf aus Ideenfindung, Testen, Einbauen und Überprüfen, ob sich die Stelle vielleicht noch weiter optimieren lässt.

Für viele Spiele gibt es Bots, die den TASern die Arbeit erleichtern. Hier im Bild ist der Bot "Luckman" programmiert vom Gründer von TASVideos Bisqwit zu sehen. Er berechnet die kürzeste Strecke zwischen Mega Man und Power-ups.

GamersGlobal: Hast du Tipps für jemanden, der jetzt selbst einen TAS anfertigen möchte?

Thomas Seufert: Ja: Schaut euch so viele TAS wie möglich an und lest die Kommentare der Autoren, um ein Gefühl dafür zu bekommen, welche Techniken sie einsetzen. Lest außerdem die FAQ auf TASVideos und stellt eure Fragen im Newbie Corner des Forums. Benutzt aber vorher die Suchfunktion...

Wenn ihr euch dann bereit fühlt, euren ersten TAS anzugehen, nehmt ein Spiel, mit dem ihr bereits sehr vertraut seid und zu dem es schon einen TAS gibt. Es ist viel einfacher, einen bestehenden Run zu verbessern, als einen komplett neuen zu erstellen. Stürzt euch nun aber nicht einfach in den TAS, sondern ladet den Titel in den Emulator und spielt erst einmal ausführlich darin herum, um die einzelnen Spielmechaniken zu verstehen. Dabei könnt ihr auch bereits nach den ersten Glitches, Tricks und anderen Zeitersparnissen suchen. Der größte Anfängerfehler ist es, einen TAS zu versuchen, bevor ihr überhaupt die Funktionsweise des Spiels richtig verstanden habt oder schlimmstenfalls nicht einmal wisst, wie ihr vorgehen wollt.

GamersGlobal: Welchen TAS würdest du jemanden zeigen, der noch nie einen gesehen hat?

Thomas Seufert: Den aktuellsten Super Mario Bros. (NES)-Run von K. H. (klmz). Das Spiel kennt wirklich jeder und der TAS ist kurz, sehr schnell und benutzt viele offensichtliche Glitches, ohne dafür zu viel des bekannten Spielprinzips zu opfern.

GamersGlobal: Die Autoren von normalen Speedruns sind meist nicht gerade positiv auf Tool Assisted Speedruns zu sprechen. Einige gehen sogar soweit und sprechen TAS das Recht ab, sich überhaupt als Speedrun bezeichnen zu dürfen. Wie siehst du das?

Thomas Seufert: Ich habe selbst kaum solche Erfahrungen gemacht. Ich persönlich gebe nicht viel auf die Bezeichnung "Speedrun". Wichtig ist nur, dass der Zuschauer versteht, was er sieht. Also entweder einen "echten" oder einen Tool Assisted Speedrun. Da ist der Name vollkommen irrelevant.

GamersGlobal: Und was ist deiner Meinung nach unterhaltsamer anzuschauen – ein TAS oder ein normaler Speedrun?

Es gibt sowohl langweilige, normale Speedruns als auch langweilige TAS.
Thomas Seufert: Weder noch. Es hängt komplett vom einzelnen Video ab. Es gibt sowohl langweilige, normale Speedruns als auch langweilige TAS.  Ich selbst bevorzuge TAS, weil ich mehr in die Community involviert bin, weiß, wie sie entstehen und weil sie meine technische Veranlagung ansprechen. Für Echtzeit-Speedruns spricht hingegen der Reiz, einen echten Spieler dabei zu beobachten, wie er sich erfolgreich durch das Spiel hangelt, mit Fehlern umgeht oder auf andere unerwartete Ereignisse reagiert.

Zwei meiner Lieblingsruns sind die aktuellen, normalen Speedruns von Legacy of the Wizard und Faxanadu – Spiele, zu denen ich bereits selbst einen TAS erstellt habe. Beide Titel sind äußerst komplex und schwer. Es ist sehr befriedigend zu sehen, wie die Speedrunner sehr gute Zeiten erreichen und dabei teilweise sogar auf Tricks zurückgreifen, die ich für meine TAS entdeckt hatte.

Das Interview führte Christoph Hofmann (GamersGlobal)

Christoph Licht 25. Juli 2010 - 11:40 — vor 13 Jahren aktualisiert
breedmaster 14 Komm-Experte - 1927 - 25. Juli 2010 - 17:56 #

Sehr interessantes Interview

III FamouZ III (unregistriert) 26. Juli 2010 - 1:58 #

Ich bin lieber für echte Speedruns.

marshel87 17 Shapeshifter - 6583 - 26. Juli 2010 - 11:12 #

Interessant zu lesen :)
Auch die TAS find ich haben was, werd mir davon mal ein paar mehr ansehen. Diese Perfektion in jedem Sprung ist schon faszinierend

Woldeus 15 Kenner - 3171 - 30. Juli 2010 - 14:52 #

ich pers. mag lieber TAS.die vorstellung wie spieler speedruns anstellen deprimiert mich immer, weil ich sowas nich annähernd hinkriege =D

-Stephan- 14 Komm-Experte - 2137 - 2. August 2010 - 19:25 #

Ich auch nicht, keine Chance. Aber es ist wirklich fazinierend anzuschauen, respekt an die Leute, die sowas in dieser Zeit hinkriegen.

Ikoo 08 Versteher - 181 - 29. November 2010 - 16:41 #

Ich bekomme richtig Lust meine NES wieder auszupacken.

Alain 24 Trolljäger - P - 47335 - 1. Dezember 2021 - 12:10 #

Wem das Video fehlt (bei mir wird keins mehr angezeigt) - ich denke das hier ist das richtige Video: https://www.youtube.com/watch?v=RZawBtWi1Jc