Die Zukunft von Blizzard

Die Zukunft von Blizzard Interview

30 Jahre Blizzard Entertainment

Hagen Gehritz / 3. März 2021 - 13:02 — vor 3 Jahren aktualisiert

Teaser

Im Rahmen der Blizzconline 2021 befragten wir die Blizzard-Chefs J Allen Brack und Allen Adham. Beide sprachen von den Lektionen aus 30 Jahren Blizzard und über die Zukunftspläne des Studios.
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Während der diesjährigen Blizzconline konnten wir einen Platz im Gruppen-Interview mit zwei besonderen Köpfen von Blizzard ergattern: Allen Adham ist einer der Mitgründer des Studios Silicon & Synapse, das wir heute unter den Namen Blizzard Entertainment kennen. Adham hat als Lead Designer von World of Warcraft dazu beigetragen, die Welt der MMOs zu verändern. Doch noch bevor WoW erschien, kehrte er Blizzard und der ganzen Branche den Rücken, weil er sich ausgebrannt fühlte. Auf der Blizzcon 2016 feierte Adham seine Rückkehr und übernahm den Posten als Vice President.

J Allen Brack wiederum wirkte früh in seiner Karriere als QA-Leiter an der Wing Commander-Reihe mit, stieß 2008 als Production Director für World of Warcraft – The Burning Crusade zu Blizzard und übernahm 2018 von Mike Morhaime die Position als Präsident des Entwicklers.

Bei einer Fragerunde stellten Journalisten aus ganz Europa sowie Mittel- und Lateinamerika Fragen an die beiden. Dieses Interview gibt eine Auswahl der spannendsten Einblicke wieder.

FRAGE: Die Blizzconline war die erste Blizzard-Hausveranstaltung, die komplett digital stattgefunden hat. Wie haben Sie das erlebt?

 
Die Energie der Menge ist etwas ganz Besonderes. Das vermisse ich definitiv.
J Allen Brack: Es ist sehr seltsam. Sonst sind Tausende vor der Bühne, wenn wir das machen. Als eher introvertierter Mensch, der nicht sehr oft professionelle Präsentationen macht, sind die Energie der Menge und ihre Reaktionen etwas ganz Besonderes für mich. Das vermisse ich definitiv. Wir hatten strikte Covid-Protokolle für die Eröffnungszeremonie und da klappte alles, aber es ist schon schräg, so ein Event während einer globalen Pandemie zu stemmen.

FRAGE: Was sind Ihre größten Lehren aus der Pandemie?

J Allen Brack: Schon meine ganze Karriere lang kommen Leute zu mir und sagen “Ich würde gerne an Spielen arbeiten, aber das kann ich doch sicher von Zuhause oder von Costa Rica aus?” Und ich habe immer geantwortet "Das ist keine gute Idee". Wenn alle an einem Ort sind, entsteht organische Kreativität. Es gibt keine Hindernisse, wenn du etwas wissen willst. Du fragst deinen Kumpel und er erklärt es dir direkt. Bei Heimarbeit gibt es keine organischen Gespräche, alles ist geplant: Du musst Zeiten vereinbaren, bestimmte Programme benutzen. Doch jetzt haben wir uns damit befasst, die Teams mit neuer Technologie ausgestattet und erfolgreich im Home Office entwickelt. Wenn ich daran denke, wie die Welt nach der Pandemie aussehen wird, ist eines klar: Sie wird anders sein in Bezug darauf, wie Leute ihre Arbeit erledigen. Wir werden sehen, ob die Arbeit im Büro dann noch so für uns funktioniert wie vorher. Doch ich kann mir schwer vorstellen, dass sich wieder alles um Irvine dreht [dort liegt der Firmensitz von Blizzard, Anm. d. Redaktion] wie in den letzten 15 Jahren. Durch die Eingliederung von Vicarious Visions und anderes Outsourcing in den vergangenen fünf Jahren werden wir vermutlich mehr mit Leuten von außerhalb zusammenarbeiten. Die Welt verändert sich, hin zu mehr Flexibilität für die einzelnen Angestellten.

Allen Adham: Die Pandemie hat unseren Blick darauf verändert, wie wir Spiele machen, aber auch wie wir unsere Spieler sehen. Und die Welt sieht auch Videospiele nun ein wenig anders. Wir wollten immer Menschen mit unseren Titeln zusammenbringen. Das ist nun in den letzten zwölf Monaten wichtiger denn je geworden. Viele Menschen sind mit Spielen durch eine schwierige Zeit gekommen und da fühlt es sich großartig an, diesem Handwerk nachzugehen.
 
Bei Hagen war es dunkel, jenseits des großen Teichs war der Tag noch jung für Allen Adham (groß links) und J Allen Brack (groß rechts).


FRAGE: Die Geschichte von Blizzard hat große Erfolge zu verzeichnen, aber auch Fehler. Welche Fehlentscheidungen haben dem Studio geholfen, als Firma zu wachsen?

  J Allen Brack: Ich glaube, wir machen die ganze Zeit Fehler. Das gehört ehrlich gesagt zur Kultur von Blizzard und findet sich in einem unserer Grundsätze wieder: “Lerne und wachse”. Diablo 3 hatte keinen guten Start in den ersten Tagen, aber daraus haben wir viel gelernt, um künftig bessere Entscheidungen zu treffen, etwa bei Diablo 2 Resurrected. Es geht nicht darum, nichts falsch zu machen. Das Ziel ist es, weniger Fehler zu machen und sie nicht zu wiederholen. Wenn du keine Fehler machst, entwickelst du dich nirgendwohin.

Allen Adham: Genau, wenn man neue Dinge wagt, werden Fehler gemacht. Für uns ist Spielentwicklung chaotisch, weil wir sie als künstlerisches Unterfangen sehen, das Innovation erfordert. Wir reden nicht viel darüber, aber in der Geschichte von Blizzard gab es sogar die kurze Phase, in der wir unseren Namen in Chaos Studios ändern wollten, bevor wir zu Blizzard Entertainment wurden. Für uns war es der richtige Weg, sich von unseren Grundsätzen leiten lassen und dabei aus Fehlern zu lernen. Das hat dazu beigetragen, uns durch die letzten 30 Jahre zu bringen.

FRAGE: Was sind die konkreten Lektionen, die Blizzard aus der Kritik an Warcraft 3 Reforged gelernt hat?

J Allen Brack: Ich hole eben etwas aus: Bei Starcraft Remastered sind wir sehr behutsam vorgegangen. Der Wechsel zwischen dem alten Starcraft und dem Remaster mit nur einem Knopfdruck hat dem Team geholfen, das wesentliche im Auge zu behalten. Das Team hat den Entwicklungsprozess so beschrieben, dass es pixelgenau gearbeitet hat, um die Qualität des Spiels zu bewahren, ohne etwas am zugrundeliegenden Wesen zu ändern. Das war nicht die Philosophie bei der Arbeit an Warcraft 3 Reforged und ich denke, das sieht man an den Reaktionen der Spieler. Diablo 2  Resurrected ist davon beeinflusst: Es gibt wieder den Wechsel zwischen klassischen 2D-Sprites und 3D-Grafik auf Knopfdruck. Wir sind erneut sehr umsichtig mit Änderungen. Wir haben lange überlegt, ob wir die Zwischensequenzen verändern. Die filmischen Erzählmittel in Spielen haben sich in Sachen Action, Tempo und Technik in den letzten 20 Jahren dramatisch verändert. Sollten wir die Szenen nun straffen? Doch wir kamen zur Entscheidung auch die Authentizität der Zwischensequenzen zu erhalten und daher wird jede Einstellung neu gemacht aber das Ergebnis spiegelt fast eins zu eins das Original wieder. Wir verändern einige Aspekte für modernen Spielkomfort, aber wir sind sehr darauf aus, die nostalgische Erinnerung einzufangen.

 
Du änderst nichts an einem fast perfekten Kunstwerk.
Allen Adham: Starcraft, Warcraft 3 und Diablo 2 sind alle heute noch so beliebt bei den Spielern. Im Team sagen wir daher: Wenn du die Sixtinische Kapelle restaurierst, malst du sie nicht neu an. Du frischst die Farben auf, aber du änderst nichts an einem fast perfekten Kunstwerk. Das ist der Leitstern für das Team: Diablo 2 wird aufgefrischt, aber nicht fundamental geändert. Wir sind sehr glücklich damit, wie es sich entwickelt.
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An Diablo 2 Resurrected arbeitet das kürzlich von Blizzard übernommene Team Vicarious Visions mit. Die Neuauflage in von Grund auf neu erstellter 3D-Grafik soll sehr nah am Original bleiben und nur Komfort-Anpassungen erhalten.
Hagen Gehritz Redakteur - P - 171904 - 3. März 2021 - 13:02 #

Viel Spaß mit den Einblicken!

Gedracon 19 Megatalent - - 19477 - 3. März 2021 - 14:09 #

Danke, die Fragen haben ziemlich viel abgedeckt. Wobei man merkt das die beiden Herrn Profis sind. Viel beantwortet ohne in die Verlegenheit zu kommen, zuviel zu verraten bzw. vom Markenimage wegzudriften.

Deepstar 16 Übertalent - 4916 - 3. März 2021 - 13:56 #

Diese Aussagen lassen mich befürchten, dass ein StarCraft 3 ganz anders werden würde :/.

Drapondur 30 Pro-Gamer - - 161579 - 3. März 2021 - 13:59 #

Interessantes Interview. Bin gespannt, was da in Zukunft noch kommt.

euph 30 Pro-Gamer - P - 129971 - 3. März 2021 - 14:00 #

Und noch ein Interview, nachher mal in ruhe durchlesen.

BIOCRY 17 Shapeshifter - - 7404 - 3. März 2021 - 15:54 #

Danke für die Einblicke. Top!

Hannes Herrmann Community-Moderator - P - 42902 - 3. März 2021 - 16:41 #

Danke für das lesbare Interview.

Toxoplasmaa 21 AAA-Gamer - - 25990 - 3. März 2021 - 20:26 #

Spannendes Interview! Gefällt mir sehr gut.

Blizzard war fast von Tag 1 meiner PC Spiele Erfahrung immer eine beständige Größe. Diablo 1 und 2, Warcraft, Starcraft und dann eine Ewigkeit WoW. Das sind viele sehr schöne Erinnerungen. Tolle spannende Stories, epische Welten, nervenzerreißende Multiplayer Matches. Ich bin sehr gespannt wie sich die Firma in Zukunft entwickeln wird. Aber gerade mit D2 Res bin ich stark gehyped und freue mich riesig.

Faerwynn 20 Gold-Gamer - P - 20222 - 3. März 2021 - 20:40 #

Schönes Interview, bis gespannt was von denen noch so alles kommt

Danywilde 30 Pro-Gamer - P - 163008 - 4. März 2021 - 8:16 #

Schönes Interview. Hagen, wieviele eigene Fragen konntest Du denn unterbringen?

Hagen Gehritz Redakteur - P - 171904 - 4. März 2021 - 9:23 #

Hab es geschafft, 2,5 Fragen unterzubekommen, was ganz ordentlich ist für die Größe der Runde.

euph 30 Pro-Gamer - P - 129971 - 4. März 2021 - 11:09 #

Was war denn die halbe Frage?

Hagen Gehritz Redakteur - P - 171904 - 4. März 2021 - 12:17 #

Die zu Warcraft 4, war ein Nachhaken zu meiner Genre-Frage, daher eher eine halbe. ;-]

Vampiro Freier Redakteur - - 121224 - 4. März 2021 - 9:17 #

Da haben echte Profis geantwortet.

Smutje 18 Doppel-Voter - 10384 - 4. März 2021 - 17:54 #

Ja, speziell die Antwort auf die Film- & Serienfrage ist fürchterlich ... warum macht man offene Fragerunden, wenn nicht bereit ist Antworten zu geben :(

Vampiro Freier Redakteur - - 121224 - 4. März 2021 - 20:50 #

Absolut. Ich wollte jetzt sehr höflich umschreiben, was ich von den Antworten halte. Neben Bullshitbingo sind zahlreiche Kracher dabei.

"Hearthstone ist ein gutes Beispiel dafür, ein bestehendes Universum zu nehmen und es in eine unerwartete Richtung zu entwickeln." Neben Hearthstone fällt mir nur das Warcraft Adventure ein. Und dein der mehr oder minder Assetswap Immortal direkt hinterher...

Auch die Aussagen zur Echtzeitstrategie. Moba und Tower Defense als WEITERENTWICKLUNG? Lol. Komplett andere Genre. Zum Glück bläst Microsoft in ein anderes Horn.

Im gleichen Atemzug dann noch anpreisen, wie beliebt doch WC3 und SC sind. Joar, was für Idioten sind das eigentlich, die diesen rückständigen Schrott spielen und dann auch noch bissi falsch beworbene und im MP schlechtere und überhaupt durch die Entfernung des Originals dreiste Remaster kaufen. Ich höre besser auf ;)

Hagen Gehritz Redakteur - P - 171904 - 5. März 2021 - 12:19 #

Man kann den Herren vorwerfen, gerne erzählt zu haben, sie hätten überall Eisen im Feuer und Blizzard würde sich definitiv dieses und jenes ansehen.
Dass sich Tower Defense und MOBA wie wir sie heute kennen aus RTS entwickelt haben ist nun aber keine Exotenmeinung.

Vampiro Freier Redakteur - - 121224 - 5. März 2021 - 14:28 #

Da hast du absolut recht und ich sehe es so, wie du es schreibst. Hat sich aus RTS entwickelt. Weiterentwicklung würde ich es aber nicht nennen, weil das Fortschritt suggeriert. Auch im Sinne von Verbesserung. Das KANN man so sehen, wenn das jemand aber so sieht, halte ich dagegen ;)

Ich meinte das auch nicht zwingend als Vorwurf gegen die beiden, die machen halt einfach sehr professionell ihren Job.

Weryx 19 Megatalent - 15436 - 6. März 2021 - 17:39 #

Die Q&As zu WoW waren auch nicht besser. Die Leute sind mit einigen Sachen nicht zufrieden und es wird ignoriert oder gar als nicht so schlimm hingestellt. Viele antworten mit null Inhalt.

Vampiro Freier Redakteur - - 121224 - 7. März 2021 - 2:51 #

Oh je. Halt echte Profis ;) Ich kenne zwei WOW-Spieler die frage ich auch mal dazu :) Habe selbst bislang 2 Stunden die Trial gespielt.

hotzenrockz 17 Shapeshifter - 7402 - 4. März 2021 - 19:52 #

Danke für das interessante Interview ... gerne mehr davon :o)

Hoschimensch 15 Kenner - 2771 - 6. März 2021 - 19:13 #

Was mich verwirrt, ist die Aussage Diablo sei die zweitjüngste Marke. Das muss doch eigentlich Starcraft sein.

De Vloek 15 Kenner - 3300 - 6. März 2021 - 21:51 #

Wenn man Blackthorne und Lost Vikings mitzählt, ist Starcraft sogar nur die fünftjüngste eigene Marke.

Aber ich vermute beide Spiele wurden bei dieser Aussage schlicht ignoriert, daher ist die Reihenfolge dann Warcraft, Diablo, Starcraft.

Vampiro Freier Redakteur - - 121224 - 7. März 2021 - 2:58 #

Die jüngste Marke ist denke ich Overwatch.

Heroes of the Storm (ist das nicht eh quasi abgeschafft?) ist denke ich eher ein Markenmix.

Die neue Marke davor war Starcraft 1998 und dürfte damit die zweitjüngste Marke sein.

Diablo 1997 die drittjüngste.

Warcraft 1994.

Blackthorne 1994.

Rock'n'Roll Racing (zählt das als Marke, denke schon) 1993.

Lost Vikings 1992.

Krass, wenn man überlegt, was für ein Markenerfinder Blizzard so gerade 1994 bis 1998 war. Auch schon wieder 23 Jahre her. :-O

De Vloek 15 Kenner - 3300 - 7. März 2021 - 7:30 #

Ups, habe es irgendwie geschafft jüngste und älteste zu verwechseln, ihr habt natürlich recht.

Vampiro Freier Redakteur - - 121224 - 7. März 2021 - 14:13 #

Kein Problem, ich wusste es auch nicht, musste nachgucken :)