Die kleinste Kampagne ist die italienische. Die Weltkarte ist hochdetailiert und besteht nur aus einem guten Dutzend Provinzen. Die größte Kampagne entspricht einer detaillierteren Europakarte aus Empire: Total War.

Vier Kampagnen mit drei "Weltkarten"

Genau genommen wird Napoleon drei Kampagnen bieten, jeweils mit eigener "Weltkarte". Die erste behandelt Napoleons ersten Feldzug als General, gegen das für die Franzosen lange Zeit "nicht besiegbare" Italien. Die entsprechende Karte beginnt im Westen etwa bei Nizza und zeigt ansonsten fast nur Italien, in einer hohen Zoomstufe. Durch dieses Ranzoomen sind Details wie Gebirgspässe und Wälder möglich, die nicht nur gut aussehen, sondern auch strategische Bewandnis haben -- der Maßstab von Empire ist so hoch, dass es kaum Möglichkeiten gibt, dem Gegner Fallen zu stellen oder auszuweichen. Die Karte Nordafrikas verwendet einen ähnlichen Zoomfaktor, sie ist für Napoleons (historisch gescheiterte) Ägypten-Expedition gedacht, der zweiten Kampagne. Entsprechend zum höheren Zoomfaktor ändert sich auch die Zeit, die eine Runde symbolisiert: Statt eines halben Jahrs wie bei Empire (oder eines ganzen bei Rome) steht nun jede Runde für zwei Wochen. Klar, die wichtigsten Feldzüge Napoleons fanden zwischen 1796 und 1821 statt.

Unter anderem die Russen (in der Mitte: ein Offizier) werden zu entschiedenen Gegnern Napoleons.

Die dritte Kampagne hat eine große Europakarte als Spielwelt, zwar weiter rausgezoomt dargestellt als die ersten beiden Kampagnen, aber deutlich detaillierter als das Europa in Empire total War. Sie reicht auf dem Festland ungefähr von Spanien bis zum Ural und zeichnet die spannendsten Jahre Napoleons nach, als er nach und nach jeden Gegner besiegte, der sich ihm in den Weg stellte. Jeder Gegner? Fast, denn England profitierte einmal mehr von seiner Insellage, und auch Russland konnte er nie restlos besiegen. Und in Spanien lieferten sich die französischen Truppen jahrelange Scharmützel mit den von den Engländern unterstützten "Aufständischen". Obwohl die Kampagnen stark auf Napoleon zugeschnitten sind und ihr wichtige Ereignisse seines Lebens per Textevent mitbekommt, seid ihr nicht dazu verdammt, eins zu eins in seine historischen Fußstapfen zu treten: Wie schon bei Rome die Senatsmissionen, so müsst ihr auch in Napoleon Total War die Missionen nicht erfüllen -- sie bringen euch aber wie gewohnt Vorteile in Form neuer Truppen oder Geldzuwendungen. Wer will, ignoriert einige oder alle -- und wird so vielleicht auch nicht vom wichtigeren startegischen Ziel abgelenkt, die eigentliche Kampagne zu gewinnen.

Wieso sprechen wir in der Überschrift von vier Kampagnen? Weil sich die Napoleon-Kampagne auf der große Europa-Karte auch auf Seiten der Koalition spielen lässt, und sich dann ganz anders präsentiert. Die Koaliton, das sind im Wesentlichen England, Österreich, Preußen, Russland und die deutschen Kleinstaaten -- offiziell gab es noch das "Heilige Römische Reich Deutscher Nation", das erst durch den von Napoleon gegründeten Rheinbund faktisch beendet wurde. Diese vierte Kampagne spielt sich anders als die von Napoleon, da ihr erstens keine Supermacht übernehmt und es zweitens (hier raten wir) weniger oder keine Missionen geben dürfte. Diplomatie, die auch in den drei Napoleon-Kampagnen wichtig ist, spielt als Koalitionsreich eine noch entscheidendere Rolle. Preußen beispielsweise geht es vorrangig darum, die deutschen Kleinstaaten unter dem eigenen Banner zu vereinen -- und könnte durchaus mit Frankreich paktieren, um dieses Ziel zu erreichen. Welche Staaten man genau spielen können wird, steht noch nicht fest -- vielleicht auch die Türkei, mit Sicherheit nicht die deutschen Kleinstaaten. Aber: Man wird eben nur ein Land übernehmen, statt, wie bei Axies & Allies, den gesamten Gegenpart der französischen Supermacht.

Zu den Seeschlachten haben wir nichts Neues erfahren -- es wird sicherlich einige neue Schiffstypen geben, aber eigentlich könnten wir auf dieses Spielelement auch verzichten.

Verbesserte Diplomatie -- ein leeres Versprechen?

Die Diplomatie soll trotz der Fokussierung auf Napoleon nicht nur wieder wichtig sein, sondern noch ausgebaut werden. So wird man nun auch "negative Optionen" haben und etwa in einen Vereinbarung auch die Forderung einschnüren können, dass der Verhandlungspartner sein Bündnis mit einer dritten Nation beendet. In einen laufenden Krieg lassen sich zukünftig bislang Neutrale hineinziehen -- bislang entschied sich im Moment der Kriegserklärung, welche Verbündeten auf beiden Seiten mitmachen. Vor allem sollen sich die Computer-Herrscher sinnvoller verhalten. Das wäre zu schön, um wahr zu sein: Obwohl uns Kieran Bridgen erst vor wenigen Tagen im Video-Interview sagte, die Diplomatie hätte sich bereits in der neuesten Patch-Version von Empire Total War wesentlich verbessert, konnten wir das nicht bestätigen. Als wir für diesen Angetestet-Artikel eine weitere Partie mit Empire begannen, lehnten abermals engste Verbündete Angebote ab, bei denen sie drei oder vier Technologien von uns für eine (minderwertige) von ihnen hätten eintauschen sollen. Und (wir spielten Frankreich) ein deutscher Kleinstaat nach dem anderen erklärte uns den Krieg, sodass wir unsere überlegene Armee niemals abziehen mussten, sondern einfach immer weiter erobern konnten, ohne unsererseits auch nur einmal den Krieg zu erklären müssen.

Wir hoffen sehr, dass Creative Assembly solche unsinnigen Verhaltensweisen endlich in den Griff bekommen wird, statt es immer nur zu versprechen oder mit Platitüden wie "Du weißt ja nicht, was genau die KI vorhat" zu entschuldigen. Einem im Krieg befindlichen Land Militärtechnologie quasi schenken zu wollen und dafür eine Abfuhr erhalten? Mit der Grande Armee vor einem Zwergstaat wie Würtemberg zu stehen, und von diesem den selbstmörderisch eine Kriegserklärung zu erhalten, und nach dem fast sofortigen Sieg von Bayern, und dann vom Rheinbund? Uns graust davor, jemals zu erfahren, "was genau die KI vorhat" bei solchen unsinnigen Entscheidungen. Aber, so Kieran Bridgen (außerhalb des Video-Interviews): "Die Diplomatie der neuesten Version von Empire ist der Startpunkt, von dem aus Napoleon draufsatteln wird."

Beseitigung der Attention Span Disorder

Während wir eine spürbare Verbesserung der Diplomatie und damit auch der "Weltkarten-KI" zwar ersehnen, aber nach den letzten Erfahrungen erstmal bezweifeln müssen, scheint uns Creative Assembly bei der Schlachtfeld-KI auf dem richtigen Weg zu sein. Nun erwartet hoffentlich keiner, dass bei einem komplexen Spiel eine KI eingem geübten Menschen wirklich ebenbürtig ist, ohne dass sie etwas schummelt -- wenn dem so wäre, würden wir uns ehrlich gesagt Sorgen machen, dass auch der Job des Spieletesters demnächst von Maschinen übernommen wird. Doch auch hier lässt der aktuelle Stand der Total-War-Serie noch einigen Raum für Verbesserungen, ohne gleich zu einem H.A.L. 9000 zu werden. So krankt die Schlachtfeld-KI in Empire nicht nur an partiell unsinnigen Aktionen -- als tragisches Beispiel dafür wollen wir die Frontalangriffe einzelner Reiterschwadronen gegen hinter Mauern platzierte Kartäschen-Artillerie anführen --, sondern auch einem Aufmerksamkeitsspannendefizit.

Massierte Artillerie war neben seinen schnellen Märschen der Haupterfolgsgrund von Napoleon.

Dieses lässt sich mit einem Beispiel aus einem der ersten Echtzeitstrategiespiele, Command&Conquer, auf den Punkt bringen: Versperrte dort einem Sammler kurzzeitig eine andere eigene Einheit eine Brücke, so führte das dazu, dass der (noch weit von der Brücke entfernte) Sammler eine neue Route suchte, die ihn gerne mal mitten durchs feindliche Hauptquartier führte. Ähnlich ist es mit der Kampf-KI der Total-War-Serie: Wenn sie etwa einen Angriff auf unsere linke Flanke plant, wir sie aber mit einer eigenen Aktion ablenken -- etwa mit einem Plänkelangriff durch zwei Reiterschwadronen auf der anderen Seite -- führt das zu einer kompletten Neuorientierung der gesamten Streitkraft. Das wiederum lässt das KI-Verhalten erratisch wirken.

Dieses Verhalten will Creative Assembly in Napoleon auf zwei Arten verbessern: Zum einen soll die KI ihre eigene Streitkraft in mehreren Sektionen wahrnehmen und somit erkennen, das der geschilderte Angriff aus unserem Beispiel oben nur einen Teil der Front betrifft, und auch von nur wenigen eigenen Einheiten abgewehrt werden kann -- der KI-Flankenangriff kann also im Wesentlichen einfach weitergehen. Zum anderen soll die KI einen einmal gefassten Plan länger verfolgen, damit vorübergehende taktische Situationen sie nicht zum sofortigen Umdenken bringen. Das alles klingt sinnvoll -- wir freuen uns darauf, wenn dies wirklich spürbar umgesetzt wird.

Eine dritte Verbesserung soll die Wahrnehmung von Terrain und Topologie sein. Bereits im allerersten Serienteil Shogun (das sowieso in Sachen KI eines der stärksten Total-War-Spiele war!) wusste die KI um die Bedeutung von Hügeln. Das aber schien ihr im Laufe der Jahre abhanden gekommen zu sein. Auf jeden Fall soll in Napoleon die KI die Höheninformationen des Schlachtfelds "einlesen" und sich bewusster darum kümmern, Hügel zu erobern oder Kanonen auf Anhöhen zu stellen.

Stirbt ein General, ist er für immer verloren -- Napoleon auch, aber ein Storykniff versetzt in nach Paris.